Terrorlisten

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Ausgehend von dem von den USA 1997 erstellten Verzeichnis internationaler terroristischer Organisationen entstanden nach dem 11.09.2001 sowohl in den USA als auch in anderen Staaten immer mehr Terrorlisten.

Derzeit gibt es solche oder ähnliche Verzeichnisse unter anderem in Australien, Indien, Kanada, Großbritannien, Rußland, UN, EU und der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Die Inhalte und Konsequenzen der Terrorlisten divergieren ebenso wie die Möglichkeiten, von einer Terrorliste wieder herunterzukommen.

Die Terrorliste der USA enthält unter anderem 45 Organisationen und mehr als 1 Million Einzelpersonen, Australien – 18 Organisationen, Indien – 34, Kanada – 19, Russland - 18, die UN-Liste enthält mehr als 450 Einzelpersonen und Organisationen, die EU - etwa 46 Personen- und 48 Organisationsnamen und die Schanghaier Organisation für die Zusammenarbeit – 15 Organisationen. Die mangelnde Koordinierung in diesem Bereich behindert wesentlich den Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Gründe für diese unübersichtliche Situation können sein:

Erstens: die Definition des Terrorismus ist mehrdeutig und vielschichtig, daher fehlen die gemeinsamen Standards für die internationale Anti-Terror-Gesetzgebung. Zweitens: jedes Land hat seine eigene Körperschaft, die Terrorlisten erstellen. In den Vereinigten Staaten von Amerika sind es unter anderem das State Department, das Justizministerium und das Ministerium für Finanzen, in Indien – das Ministerium für Inneres, in Großbritannien wird diese Liste von Innenministerium zusammengestellt, in Kanada - vom Justizministerium, in Russland - von Oberstem Gericht der russischen Föderation. In der UNO ist der sog. Sanktionsausschuss der Anti-Taliban-Resolution Nr. 1267 von Sicherheitsrat dafür zuständig, in der Europäischen Union wurde der Rahmenbeschluß des Rates „über Terrorismusbekämpfung“ vom 13. Juni 2002 als Grundlage für die Terrorlistenerstellung genommen. Jede dieser Strukturen hat seine eigenen Kriterien für die Auswahl der terroristischen Organisationen. In den USA ist es eine ausländische Organisation, deren Aktivitäten eine Bedrohung für die Sicherheit der US-Angehörigen oder nationale Sicherheit der USA stellen.

In Russland wird die Liste nach drei Kriterien gebildet.

  • Erstens: im Fall der Tätigkeiten, die auf eine Veränderung der verfassungsmäßigen Ordnung in Russland mittels Gewalt-, Waffenanwendung gerichtet sind.
  • Zweitens: der Zusammenhang mit illegalen bewaffneten Gruppierungen und anderer extremistischer Strukturen im Bereich der Nord-Kaukasus-Region (z.B. Tschetschenien).
  • Drittens: die Kooperation mit Organisationen, die von der internationalen Gemeinschaft (UN) als terroristisch anerkannt wurden. Der Fakt, dass Organisationen wie die Hamas und Hisbollah in der russischen Liste nicht erscheinen, wird durch die Tatsache erklärt, dass diese Organisationen nicht überall auf der Welt als terroristisch anerkannt wurden und zweitens, die Liste des FSB (russischer Innlandgeheimdienst, ehemals KGB) umfassen nur solche Organisationen, die die größte Gefahr für die Sicherheit Russlands darstellen Eingang in die russische Terrorliste finden.

Die Kanadier stützen sich auf das Verzeichnis des Auswärtigen Amtes der USA und den Vereinten Nationen, während die Briten als Grundlage die EU-Liste heranziehen sowie die terroristischen Organisationen, die im Vereinigten Königreich tätig sind (z.B. IRA), hinzufügen. Deshalb enthält die britische Liste, wie keine sonst, viele indische und pakistanische Gruppen. Die Terrorliste der Europäischen Union ist als politisch korrekteste bekannt: sie enthält keine aktiven terroristischen Gruppen wie die philippinische „Abu Sayyaf“, „Jemaah Islamiyah“, die für den Tod von 202 Menschen in Bali verantwortlich sind (Anschlag 2002), Sri Lanka Liberation Tigers of Tamil Eelam. Die Palästinensische Organisation „Hamas“ war für lange Zeit nicht in der Liste, wurde aber dahingehend gekennzeichnet, dass nicht die ganze Organisation als terroristisch gilt, sondern nur ihre bewaffneter militanter Flügel.

Die Liste der terroristischen Organisationen der SOZ (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit) wurde auf der Grundlage der nationalen Listen der SOZ-Mitgliedsstaaten (Volksrepublik China, Russland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan) gebildet. Es gab in diesem Bezug allerdings Unstimmigkeiten, da China als Schwerpunkt im Separatismus sieht und Usbekistan auf der Bekämpfung von religiösem Extremismus besteht. Daher wurden in die Liste der SOZ praktisch alle religiösen Organisationen in Usbekistan aufgenommen und auf Drängen von Peking - alle uighurischen Organisationen sowie ihre Führer (moslemische Minderheit). Es ist verständlich, dass diese Einstellung gegenüber dem Terrorismus nicht vollständig durch andere Mitglieder der SOZ geteilt wird.

Aber der Hauptgrund dafür, dass die Liste der terroristischen Organisationen aus verschiedenen Ländern sich unterscheiden, ist daß jedes Land seine eigenen Ziele verfolgt. Ein Beweis dafür war bisherige Zurückhaltung der USA gegenüber tschetschenischen Organisationen. Das US-State Department im Jahr 2001 erklärte offiziell, dass das Tschetschenien-Problem eine innere Angelegenheit Russlands ist. Die Situation hatte sich nach langen Verhandlungen Russlands und den Vereinigten Staaten nicht verändert. Erst nach Ereignissen wie der Geiselnahme in Moskau im Jahr 2002 während dessen ein Amerikaner getötet wurde, wurden drei an dem Terroranschlag beteiligten tschetschenische Organisationen: „Islamische Internationale Brigade"," Islamic Regiment of special purpose“ und die „Brigade der Schahiden Riyadus Salihiyn "in die US Liste aufgenommen. Es wurde betont, dass die USA nicht alle tschetschenischen Kämpfer für Terroristen halte.

Laut vielen Analysten ist die US-Terrorliste sehr zweifelhaft. Die im Mai 2009 aktualisierte "schwarze Liste" enthält 44 terroristischen Organisationen. Aber das bedeutet nicht, dass das Verzeichnis vollständig ist. Bei der Verfolgung der nationalen Interessen trug das State Department in die Liste 13 von 14 irischen Gruppen (solche wie "Official IRA", "Provisional IRA" und "Continuity IRA“), die in den Terrorlisten von Großbritannien und Irland widergespiegelt sind. Außerdem enthält die Liste nicht die Sikh (indische Glaubensrichtung) terroristische Organisation „Babbar Khalsa“, die Experten bezeichnen diese Tatsache als das Ergebnis resultierend aus dem Druck der britischen Sikh-Gemeinde. Es muss letztlich festgestellt werden, dass es keine einheitliche Terrorliste der internationalen terroristischen Organisationen gibt. Die Gründe dafür sind eine nur mangelhafte internationale Kooperation, das Fehlen von Standards die Definition terroristischer Vereinigungen und eine internationale Anti-Terror Gesetzgebung betreffend. Diese Prozesse werden durch die nationalen Interessen der verschiedenen Staaten behindert. Viele Länder benutzen den Kampf gegen den internationalen Terrorismus um unliebsame Organisationen ohne negative Folgen bekämpfen zu können. An dieser Stelle als Beispiel die USA mit der Schaffung rechtsfreier Räume (Guantanamo Bay) und eine drastische Beschneidung der Bürgerrechte durch den „Patriot Act“.

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