Terror, Terrorismus: Unterschied zwischen den Versionen

 
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Die kriminologische Beschäftigung mit Terrorismus in Deutschland geht auf die Zeit der RAF zurück, in diesem Zusammenhang ist als Überblick insbesondere auf den Forschungsbericht von Sack & Steinert 1984) und auf die zwei Bände von Hess (1988) zu verweisen.  
Die kriminologische Beschäftigung mit Terrorismus in Deutschland geht auf die Zeit der RAF zurück, in diesem Zusammenhang ist als Überblick insbesondere auf den Forschungsbericht von Sack & Steinert 1984) und auf die zwei Bände von Hess (1988) zu verweisen.  
Aus dem dargestellten Bedeutungswandel des Begriffs Terrorismus bis heute zu einem weltumspannenden netzwerkartigen Phänomen ist eine wichtige Erkenntnis für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Terrorismus abzuleiten. Jäger (1989: 64) betont, dass "in der Kriminalsoziologie die Tendenz des gängigen Wissenschaftsdiskurses kritisiert worden ist, den Terrorismus kleiner Gruppen zum Problem einzelner Biographien zu machen und damit zu individualisieren, während er „den politischen, sozialen und kulturellen Hauptelementen der Gesellschaft, in der es zum Terrorismus kam, implizit (oder gar explizit) eine Art Bonitätsbescheinigung ausstellt“ (Scheerer 1988: 79)". Diese Beobachtung und Kritik zu der damaligen Zeit bedeutet für Jäger, dass es sich bei "Verbrechen von Großkollektiven, insbesondere Kriegsverbrechen, umgekehrt [verhält]: sie werden zumeist aus der Makroperspektive gesehen; das Verhalten des Einzelnen wird daher als die mehr oder weniger zwangsläufige Folge kollektiver Ausnahmezustände betrachtet“ (Jäger 1989: 64). Doch diese Dichotomie von Makro- und Mikroperspektive scheint der Terrorismusdiskurs aufgegeben und stattdessen beide Aspekte miteinander vermischt zu haben. Daher spricht vieles daür, dass es sich bei Terrorismus nicht um Verbrechen oder Krieg, sondern um ein Phänomen sui generis handelt, was sich in der Dreickskonstellationen von Terroristen, Zielen und den zu beigeisternden Dritten besonders deutlich zeigt und den politischen Aspekt betont.
Aus dem dargestellten Bedeutungswandel des Begriffs Terrorismus bis heute zu einem weltumspannenden netzwerkartigen Phänomen ist eine wichtige Erkenntnis für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Terrorismus abzuleiten. Jäger (1989: 64) betont, dass "in der Kriminalsoziologie die Tendenz des gängigen Wissenschaftsdiskurses kritisiert worden ist, den Terrorismus kleiner Gruppen zum Problem einzelner Biographien zu machen und damit zu individualisieren, während er „den politischen, sozialen und kulturellen Hauptelementen der Gesellschaft, in der es zum Terrorismus kam, implizit (oder gar explizit) eine Art Bonitätsbescheinigung ausstellt“ (Scheerer 1988: 79)". Diese Beobachtung und Kritik zu der damaligen Zeit bedeutet für Jäger, dass es sich bei "Verbrechen von Großkollektiven, insbesondere Kriegsverbrechen, umgekehrt [verhält]: sie werden zumeist aus der Makroperspektive gesehen; das Verhalten des Einzelnen wird daher als die mehr oder weniger zwangsläufige Folge kollektiver Ausnahmezustände betrachtet“ (Jäger 1989: 64). Doch diese Dichotomie von Makro- und Mikroperspektive scheint der Terrorismusdiskurs aufgegeben und stattdessen beide Aspekte miteinander vermischt zu haben. Daher spricht vieles daür, dass es sich bei Terrorismus nicht um Verbrechen oder Krieg, sondern um ein Phänomen sui generis handelt, was sich in der Dreieckskonstellationen von Terroristen, Zielen und den zu beigeisternden Dritten besonders deutlich zeigt und den politischen Aspekt betont.
Terrorismusforschung kann daher nur interdisziplinär, nicht jedoch in einer genuin kriminologischen Art und Weise betrieben werden. Das Potential und damit auch die Relevanz kriminologischer Forschung kann in einer Enthysterisierung des Diskurses durch einen wissenschaftlichen Ansatz liegen, der den Akteuren "Rationalität, Authentizität, Kompetenz und Verantwortlichkeit" (Sack 1993: 335) zuerkennt. Ob die von Hess vorgeschlagene Definition von Terrorismus als Strategie und dem damit verbundenen Plädoyer gegen eine Verdinglichung einen Weg in diese Richtung weist, wird durch weitergehende Forschung zu überprüfen sein. Generell gilt es dabei zu beachten, dass im Sinne Foucaults die Beschäftigung mit als illegal definiertem Handeln kein Selbstzweck sein darf, sondern stets in den Kontext des Verstehens von als legal definiertem Handeln zu stellen  ist.
Terrorismusforschung kann daher nur interdisziplinär, nicht jedoch in einer genuin kriminologischen Art und Weise betrieben werden. Das Potential und damit auch die Relevanz kriminologischer Forschung kann in einer Enthysterisierung des Diskurses durch einen wissenschaftlichen Ansatz liegen, der den Akteuren "Rationalität, Authentizität, Kompetenz und Verantwortlichkeit" (Sack 1993: 335) zuerkennt. Ob die von Hess vorgeschlagene Definition von Terrorismus als Strategie und dem damit verbundenen Plädoyer gegen eine Verdinglichung einen Weg in diese Richtung weist, wird durch weitergehende Forschung zu überprüfen sein. Generell gilt es dabei zu beachten, dass im Sinne Foucaults die Beschäftigung mit als illegal definiertem Handeln kein Selbstzweck sein darf, sondern stets in den Kontext des Verstehens von als legal definiertem Handeln zu stellen  ist.


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