Subsidiaritätsprinzip: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Subsidiaritätsprinzip kann nur die Blickrichtung vorgeben und keine Detaillösungen liefern. Die moderne Institutionenanalyse kann das Anliegen der Subsidiarität aufgreifen und zu einer empirisch gehaltvollen und hinreichend komplexen Theorie institutioneller Reformen weiterentwickeln.<br>
Das Subsidiaritätsprinzip kann nur die Blickrichtung vorgeben und keine Detaillösungen liefern. Die moderne Institutionenanalyse kann das Anliegen der Subsidiarität aufgreifen und zu einer empirisch gehaltvollen und hinreichend komplexen Theorie institutioneller Reformen weiterentwickeln.<br>
Die Gefahr der Subsidiarität liegt in der missbräuchlichen Dogmatisierung als starre Zuständigkeitsregel oder nicht mehr überprüfte Effizienzvermutung. Ohne konzeptionelle Differenzierung und enge Verbindung zu den Erfahrungswissenschaften droht das Subsidiaritätsprinzip zum Schlagwort abzusinken, mit dem Ansprüche an öffentliche Aufgabenerfüllung pauschal abgewiesen oder beliebige Entscheidungen durch Rückgriff auf Prinzipen aufgewertet werden.<br>
Die Gefahr der Subsidiarität liegt in der missbräuchlichen Dogmatisierung als starre Zuständigkeitsregel oder nicht mehr überprüfte Effizienzvermutung. Ohne konzeptionelle Differenzierung und enge Verbindung zu den Erfahrungswissenschaften droht das Subsidiaritätsprinzip zum Schlagwort abzusinken, mit dem Ansprüche an öffentliche Aufgabenerfüllung pauschal abgewiesen oder beliebige Entscheidungen durch Rückgriff auf Prinzipen aufgewertet werden.<br>
Das Subsidiaritätsprinzip spielt auch eine Rolle in der [[EuropaeischeUnion Europäischen Union]] (das Subsidiaritätsprinzip wird als eine wichtige Grundlage der Verfassung der Europäischen Union angesehen, um die Macht des EU-Apparats zu beschneiden oder wenigstens nicht ausufern zu lassen), der [[Sozialhilfe]] (siehe § 2 BSHG) und dem [[Strafrecht]]. <br>Kriminologische Relevanz findet das Subsidiaritätsprinzip beispielsweise in der Diskussion des [[TaeterOpferAusgleich "Täter-Opfer-Ausgleichs"]]: " ...das dem Strafrecht zur Eigenlegitimation dienende Strafbedürfnis der Bevölkerung ist 'möglicherweise das Produkt einer vorenthaltenen realen Wiedergutmachung' (Sessar 1986, S. 88) - möglicherweise genügte dies den Opfern oder der Bevölkerung in vielen Fällen schon.<br>
Das Subsidiaritätsprinzip spielt auch eine Rolle in der [[EuropaeischeUnion Europäischen Union]] (das Subsidiaritätsprinzip wird als eine wichtige Grundlage der Verfassung der Europäischen Union angesehen, um die Macht des EU-Apparats zu beschneiden oder wenigstens nicht ausufern zu lassen), der [[Sozialhilfe]] (siehe § 2 BSHG) und dem [[Strafrecht]]. <br>Kriminologische Relevanz findet das Subsidiaritätsprinzip beispielsweise in der Diskussion des [[Täter-Opfer-Ausgleich|Täter-Opfer-Ausgleichs]]: " ...das dem Strafrecht zur Eigenlegitimation dienende Strafbedürfnis der Bevölkerung ist 'möglicherweise das Produkt einer vorenthaltenen realen Wiedergutmachung' (Sessar 1986, S. 88) - möglicherweise genügte dies den Opfern oder der Bevölkerung in vielen Fällen schon.<br>
Diskutiert man in diesem Zusammenhang den 'legitimierten Umfang strafrechtlicher Intervention" (Sessar, 1992, S. 254), so stellt sich die Frage, ob nicht Wiedergutmachung und Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des 'Subsidiaritätsprinzips', als einem genuinem Sozialprinzip, das unter anderem gegen die 'Kolonialisierung der Lebenswelt durch Verrechtlichung' steht (Sessar 1992, S. 254f.)eine sinnvolle Alternative ist.<br>
Diskutiert man in diesem Zusammenhang den 'legitimierten Umfang strafrechtlicher Intervention" (Sessar, 1992, S. 254), so stellt sich die Frage, ob nicht Wiedergutmachung und Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des 'Subsidiaritätsprinzips', als einem genuinem Sozialprinzip, das unter anderem gegen die 'Kolonialisierung der Lebenswelt durch Verrechtlichung' steht (Sessar 1992, S. 254f.)eine sinnvolle Alternative ist.<br>
Messmer jedenfalls resümiert, daß der 'Täter-Opfer-Ausgleich (TAO) nach einer nur verhältnismäßig kurzen Erprobungszeit mittlerweile einen festen Platz in der Diskussion um ambulante Maßnahmen im Jugendstrafrecht' hat (Messmer 1991, S. 56)" (Lamnek, 1994). <br>Überlegungen zu Subsidiarität und Subsidiaritätsprinzip finden sich auch in [[SebastianScheerer Sebastian Scheerers]] Abhandlung "Kritik der strafenden Vernunft" (2001, S. 76):
Messmer jedenfalls resümiert, daß der 'Täter-Opfer-Ausgleich (TAO) nach einer nur verhältnismäßig kurzen Erprobungszeit mittlerweile einen festen Platz in der Diskussion um ambulante Maßnahmen im Jugendstrafrecht' hat (Messmer 1991, S. 56)" (Lamnek, 1994). <br>Überlegungen zu Subsidiarität und Subsidiaritätsprinzip finden sich auch in [[Sebastian Scheerer|Sebastian Scheerers]] Abhandlung "Kritik der strafenden Vernunft" (2001, S. 76):
"...durch die Einführung des Subsidiaritätsprinzips würde der Einsatz staatlicher Gewalt zur unmittelbaren heteronomen Konfliktregelung zurückgenommen. Staatliche Regelungsmöglichkeiten blieben gleichwohl erhalten, wären aber nachrangig. Der Staat bliebe nicht untätig, aber er wäre Dienstleister für den Prozeß der [[Normvalidierung]], nicht Herr dieses Verfahrens (Ermittlung, Verfolgung, Verhaftung, ausüben und begrenzen unmittelbaren Zwangs, weitestmögliche Entlastung des Opfers vom Selbst-Betreiben der Angelegenheit, ohne es aber zu bevormunden)..."
"...durch die Einführung des Subsidiaritätsprinzips würde der Einsatz staatlicher Gewalt zur unmittelbaren heteronomen Konfliktregelung zurückgenommen. Staatliche Regelungsmöglichkeiten blieben gleichwohl erhalten, wären aber nachrangig. Der Staat bliebe nicht untätig, aber er wäre Dienstleister für den Prozeß der [[Normvalidierung]], nicht Herr dieses Verfahrens (Ermittlung, Verfolgung, Verhaftung, ausüben und begrenzen unmittelbaren Zwangs, weitestmögliche Entlastung des Opfers vom Selbst-Betreiben der Angelegenheit, ohne es aber zu bevormunden)..."


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