Staatsanwaltschaft: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Institut der Staatsanwaltschaft war in der Antike unbekannt. Man überließ es weitgehend den Verletzten, bzw. den Angehörigen, vor Gericht eine Bestrafung des Täters zu fordern. | |||
Dieser Grundsatz hielt sich bis in das Mittelalter. So sah das erste allgemeine deutsche Strafgesetzbuch, die „constitutio criminalis carolina“, auch die „die peinliche Halsgerichtsordnung“genannt, beschlossen 1532 auf dem Regensburger Reichstag unter Kaiser Karl V., den Akkusationsprozess vor. Dieser Prozess war bereits von den heute noch geltenden Grundsätzen der Öffentlichkeit, Mündlichkeit und Unmittelbarkeit geprägt, sah jedoch die Anklage durch einen privaten Kläger vor. | |||
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts weitete sich die Anwendung des Inquisitionsprozesses vom innerkirchlichen Bereich auf die weltliche Gerichtsbarkeit aus und der Akkusationsprozess wurde verdrängt. Der Inquisitionsprozess wurde auf Anzeige in Gang gebracht und unter Ausschaltung des Verletzten „ex officio“ heimlich und schriftlich durchgeführt. Der Untersuchungsführer , der die Beweise zusammentrug und oft auch die Folterung des Beschuldigten zur Erzwingung eines Geständnisses veranlasste, fällte auch das Urteil. | |||
Mit Verbreitung des liberalen Gedankenguts der Aufklärung regte sich schließlich Widerstand gegen diese Prozessform, so dass nach der französischen Revolution 1789 zuerst in Frankreich der Inquisitionsprozess durch den Anklageprozess abgelöst wurde, der als Kläger einen staatlichen Beamten, den „procureur d`etat“, bestimmte. | |||
Durch die Strafprozessreform von 1975 wurde die Stellung der Staatsanwaltschaft durch die Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung | Dieser Strafprozess wurde 1810 durch Napoleon an den Rhein gebracht und setzte sich zunehmend im gesamten Deutschen Reich durch. Mit Gesetz vom 17.07.1846 wurde die Staatsanwaltschaft in Preußen gegründet. | ||
Mit den Reichsjustizgesetzen vom 01.02.1877 und vom 22.01.1877 wurde eine einheitliche Ausgestaltung der Institution Staatsanwaltschaft vorgenommen und diese mit erheblichen Rechten ausgestattet. | |||
Durch die Strafprozessreform von 1975 wurde die Stellung der Staatsanwaltschaft unter anderem durch die Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung und der Ausweitung des Opportunitätsprinzips gestärkt. | |||
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Version vom 3. Juli 2009, 11:03 Uhr
Dieser Artikel wird bearbeitet von Boris M.
Eine Staatsanwaltschaft (StA) ist eine Behörde der Justiz, die für die Strafverfolgung und -vollstreckung zuständig ist.
Historie
Das Institut der Staatsanwaltschaft war in der Antike unbekannt. Man überließ es weitgehend den Verletzten, bzw. den Angehörigen, vor Gericht eine Bestrafung des Täters zu fordern. Dieser Grundsatz hielt sich bis in das Mittelalter. So sah das erste allgemeine deutsche Strafgesetzbuch, die „constitutio criminalis carolina“, auch die „die peinliche Halsgerichtsordnung“genannt, beschlossen 1532 auf dem Regensburger Reichstag unter Kaiser Karl V., den Akkusationsprozess vor. Dieser Prozess war bereits von den heute noch geltenden Grundsätzen der Öffentlichkeit, Mündlichkeit und Unmittelbarkeit geprägt, sah jedoch die Anklage durch einen privaten Kläger vor. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts weitete sich die Anwendung des Inquisitionsprozesses vom innerkirchlichen Bereich auf die weltliche Gerichtsbarkeit aus und der Akkusationsprozess wurde verdrängt. Der Inquisitionsprozess wurde auf Anzeige in Gang gebracht und unter Ausschaltung des Verletzten „ex officio“ heimlich und schriftlich durchgeführt. Der Untersuchungsführer , der die Beweise zusammentrug und oft auch die Folterung des Beschuldigten zur Erzwingung eines Geständnisses veranlasste, fällte auch das Urteil. Mit Verbreitung des liberalen Gedankenguts der Aufklärung regte sich schließlich Widerstand gegen diese Prozessform, so dass nach der französischen Revolution 1789 zuerst in Frankreich der Inquisitionsprozess durch den Anklageprozess abgelöst wurde, der als Kläger einen staatlichen Beamten, den „procureur d`etat“, bestimmte. Dieser Strafprozess wurde 1810 durch Napoleon an den Rhein gebracht und setzte sich zunehmend im gesamten Deutschen Reich durch. Mit Gesetz vom 17.07.1846 wurde die Staatsanwaltschaft in Preußen gegründet. Mit den Reichsjustizgesetzen vom 01.02.1877 und vom 22.01.1877 wurde eine einheitliche Ausgestaltung der Institution Staatsanwaltschaft vorgenommen und diese mit erheblichen Rechten ausgestattet. Durch die Strafprozessreform von 1975 wurde die Stellung der Staatsanwaltschaft unter anderem durch die Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung und der Ausweitung des Opportunitätsprinzips gestärkt.
Aufgaben
Der Staatsanwaltschaft obliegt die Leitung des Ermittlungsverfahrens („Herrin des Ermittlungsverfahrens“), die Erhebung der Anklage beim Strafgericht, die Vertretung der Anklage und nach einem Urteil in der Regel die Strafvollstreckung.
Ermittlung
Sobald die Staatsanwaltschaft durch Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erhält, hat sie zum Zwecke der Entschließung darüber, ob öffentliche Klage zu erheben sei, die Aufgabe den Sachverhalt zu erforschen (§ 160 StPO, Ermittlungsverfahren oder Vorverfahren). Dabei soll sie auch Gesichtspunkte ermitteln, die in die Ermessensausübung des Gerichts für die Bestimmung der Rechtsfolge der Tat einzustellen sind. Die Staatsanwaltschaft ist gehalten, nicht nur belastende, sondern auch die entlastende Umstände zu erforschen und diese später gleichermaßen zu berücksichtigen. Dies hat zu der gern zitierten Bezeichnung als „objektivste Behörde der Welt“ geführt (nach Franz von Liszt, vgl. aber das Originalzitat). Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe hat die Staatsanwaltschaft die Befugnis, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art selbst vorzunehmen oder von Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen. Einige Standardbefugnisse der Staatsanwaltschaft sind in der Strafprozessordnung besonders geregelt. Für viele Maßnahmen wird jedoch ein (ermittlungs-)richterlicher Beschluss benötigt. Dies gilt insbesondere für Ermittlungsmaßnahmen, die Grundrechte beschränken, wie etwa die Wohnungsdurchsuchung, den Erlass eines Haftbefehls oder die Überwachung der Telekommunikation. Da die Staatsanwaltschaft so gut wie keine eigenen Organe zur Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen hat, wird von ihr bisweilen als „Kopf ohne Hände“ gesprochen. Die erforderliche „Handarbeit“ wird von anderen Strafverfolgungsbehörden, insbesondere der Polizei in ihrer Funktion als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft, übernommen (§ 152 Gerichtsverfassungsgesetz). In der Praxis ist es so, dass die Polizei in den Fällen der Klein- und mittleren Kriminalität innerhalb einer Frist von etwa zehn Wochen Ermittlungen durchführt und die Akten dann der Staatsanwaltschaft mehr oder weniger ausermittelt vorlegt. Diese entscheidet dann, ob weitere Ermittlungen notwendig sind oder ob sie abgeschlossen sind und die Sache eingestellt oder angeklagt werden soll. In Ermittlungsverfahren, das von Ermittlungspersonen betrieben wird, obliegt ihr die Sachleitungsbefugnis („Herrin des Verfahrens“). Im Steuerstrafverfahren ist die Aufgabe der Staatsanwaltschaft weniger deutlich, weil der Steuerbehörde (Finanzamt, Hauptzollamt, Familienkasse, Bundeszentralamt für Steuern) Strafverfolgungsaufgaben zuwachsen.
Anklage
Kommt die Staatsanwaltschaft durch ihre Erforschungen zu der Überzeugung, dass ein hinreichender Tatverdacht des Beschuldigten bestehe, reicht sie eine Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht ein (Legalitätsprinzip). Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Die Staatsanwaltschaft kann jedoch, teilweise nur mit Zustimmung des Gerichts, obwohl die Ermittlungen genügend Anlass zur Anklageerhebung böten, von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen, falls verschiedene, in der Strafprozessordnung näher erläuterte, Gesichtspunkte mehr wiegen, als das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung (Opportunitätsprinzip). Entgegen einer verbreiteten Meinung ist die Staatsanwaltschaft nicht gezwungen, unter allen Umständen eine Verurteilung des Angeklagten zu erstreben. Sie hat vielmehr auch zugunsten des Beschuldigten bzw. Angeklagten zu ermitteln. Sie ist keine Partei im Strafprozess und arbeitet weder mit dem Gericht zusammen noch gegen den Angeklagten oder seinen Verteidiger.
Vollstreckung
Die Staatsanwaltschaft ist gemäß § 4 Strafvollstreckungsordnung (StVollstrO) auch Vollstreckungsbehörde. In dieser Funktion überwacht sie die Vollstreckung rechtskräftiger Strafurteile. Dazu gehört die Überwachung der Zahlung von Geldstrafen und Zahlungsauflagen. Sie lädt Personen, die zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, sich aber noch auf freiem Fuß befinden, zum Haftantritt, § 27 StVollstrO. Sie prüft, ob dieser Ladung Folge geleistet wird und erlässt gegebenenfalls einen Vorführungs- oder Haftbefehl, § 33 StVollstrO. Sie überwacht, dass Art und Dauer der Strafhaft dem Urteil entsprechen, § 36 StVollstrO. Sie kümmert sich um Einziehung und Verwertung oder Vernichtung zum Beispiel von Tatwaffen, Diebesgut und ähnlichem, §§ 60 ff StVollstrO.
sonstige Aufgaben
In Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 115 Ordnungswidrigkeitengesetz (Verkehr mit Gefangenen) und § 20 Rechtsdienstleistungsgesetz (unerlaubte Rechtsdienstleistung und ähnliches) ist die Staatsanwaltschaft die zuständige Verwaltungsbehörde nach § 36 OWiG. In Zivilsachen wirkt die Staatsanwaltschaft bei den Verfahren zur Todeserklärung nach §§ 16 Abs. 2, 22, 30 Abs. 1 Verschollenheitsgesetz im Rahmen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Aktenzeichen: Hs) mit. Außerdem vertritt die (General-)Staatsanwaltschaft teilweise Bund und Länder in Zivilprozessen gegen den Justizfiskus. In Ehesachen ist die Mitwirkung seit 1. Juli 1998 entfallen.