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Unter einer '''Sozialtherapeutischen Anstalt''' versteht man heute eine inhaltlich und strukturell eigenständige Einrichtung des Strafvollzugs, die spezielle therapeutische Mittel und soziale Hilfen zur Behandlung und Resozialisierung der Gefangenen vorhält. Zielgruppe sind besonders rückfallgefährdete Straftäter. Seit 1998 ist für [[Sexualstraftäter]] mit Verurteilungen zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe die Verlegung in eine Sozialtherapeutische Einrichtung gesetzlich vorgeschrieben. | Unter einer '''Sozialtherapeutischen Anstalt''' versteht man heute eine inhaltlich und strukturell eigenständige Einrichtung des Strafvollzugs, die spezielle therapeutische Mittel und soziale Hilfen zur Behandlung und Resozialisierung der Gefangenen vorhält. Zielgruppe sind besonders rückfallgefährdete Straftäter. Seit 1998 ist für [[Sexualstraftäter]] mit Verurteilungen zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe die Verlegung in eine Sozialtherapeutische Einrichtung gesetzlich vorgeschrieben. | ||
==Entwicklung des Konzepts== | ==Entwicklung des Konzepts== | ||
Zielsetzung und Anfänge: Die heutigen sozialtherapeutischen Anstalten haben ihren Ausgang von einer Strafrechtsreform von 1969 genommen. Geplant war, dass sozialtherapeutische Anstalten als Maßregel-Einrichtungen der Besserung und Sicherung nicht dem Strafvollzug unterstehen sollten, sondern wie der psychiatrische [[Maßregelvollzug]] und die [[Sicherungsverwahrung]] als selbständige Alternative zum Strafvollzug von den Gerichten angeordnet werden können. Vorgesehen war für sie eine Regelung in Form eines § 65 StGB (alter Fassung), der analog zu den §§ 63 (bei psychischer Erkrankung), 64 (bei Sucht) und 66 (Sicherheitsverwahrung) StGB | Zielsetzung und Anfänge: Die heutigen sozialtherapeutischen Anstalten haben ihren Ausgang von einer Strafrechtsreform von 1969 genommen. Geplant war, dass sozialtherapeutische Anstalten als Maßregel-Einrichtungen der Besserung und Sicherung nicht dem Strafvollzug unterstehen sollten, sondern wie der psychiatrische [[Maßregelvollzug]] und die [[Sicherungsverwahrung]] als selbständige Alternative zum Strafvollzug von den Gerichten angeordnet werden können. Vorgesehen war für sie eine Regelung in Form eines § 65 StGB (alter Fassung), der analog zu den §§ 63 (bei psychischer Erkrankung), 64 (bei Sucht) und 66 (Sicherheitsverwahrung) StGB bei den folgenden vier Personengruppen zur Anwendung kommen sollte: | ||
1. Rückfalltäter mit schweren Persönlichkeitsstörungen | 1. Rückfalltäter mit schweren Persönlichkeitsstörungen | ||
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===Sozialtherapie=== | ===Sozialtherapie=== | ||
ist in einem umfassenden Sinne eine Therapieform, die in Hinblick auf psychosoziale Störungen die Blickrichtung vom Individuum auf das gesamte Lebensumfeld des Klienten erweitert (z. B. Richter 1978 [http://de.wikipedia.org/wiki/Horst-Eberhard_Richter]), und die sich daher nicht notwendigerweise auf das Klientel der Delinquenten beschränken muss. Wegweisend ist dabei | ist in einem umfassenden Sinne eine Therapieform, die in Hinblick auf psychosoziale Störungen die Blickrichtung vom Individuum auf das gesamte Lebensumfeld des Klienten erweitert (z. B. Richter 1978 [http://de.wikipedia.org/wiki/Horst-Eberhard_Richter]), und die sich daher nicht notwendigerweise auf das Klientel der Delinquenten beschränken muss. Wegweisend ist dabei ein Verständnis von Störung, das die durchgehende Verknüpfung von psychischem Befund und sozialer Interaktion (Uchtenhagen [http://de.wikipedia.org/wiki/Ambros_Uchtenhagen]1978) berücksichtigt. Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich überall dort, wo der Einbezug des Lebensumfeldes insbesondere deshalb Sinn macht, weil Klienten von sich aus nicht in der Lage sind, ihre Lebensumstände soweit zu beeinflussen, dass sie ihre Leiden und Defizite beheben können. Sozialtherapeutische Interventionen in diesem Sinne sind in vielen Anwendungsfeldern denkbar, in Familien, Schulen, sozialen Brennpunkten etc.) | ||
Als breites Feld für die Anwendung hat sich im Laufe der Zeit Sozialtherapie im Straf- bzw. Justizvollzug entwickelt. Diese zeichnet sich aus durch | Als breites Feld für die Anwendung hat sich im Laufe der Zeit Sozialtherapie im Straf- bzw. Justizvollzug entwickelt. Diese zeichnet sich aus durch | ||
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Pollähne H (1996):Legalbewährung nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug. Werkstattschriften Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Nr. 6 . Lengerich (Pabst) | Pollähne H (1996):Legalbewährung nach Entlassung aus dem Maßregelvollzug. Werkstattschriften Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Nr. 6 . Lengerich (Pabst) | ||
Rehn, Gerhard (2008) Die Sozialtherapeutische Anstalt - das andere Gefängnis? Kriminologisches Journal (ISSN 0341-1966), Ausgabe 01, Jahr 2008, Seite 42 - 52 | |||
Richter, H.E. (1978a): Was ist Sozialtherapie? In: Richter, H.E.(1978): Engagierte Analysen. Über den Umgang des Menschen mit dem Menschen. Gießen (Psychozozial-Verlag), S. 165-175. | Richter, H.E. (1978a): Was ist Sozialtherapie? In: Richter, H.E.(1978): Engagierte Analysen. Über den Umgang des Menschen mit dem Menschen. Gießen (Psychozozial-Verlag), S. 165-175. | ||
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==Weblinks== | ==Weblinks== | ||
Arbeitskreis Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e.V.: http//www.krimz.de/sozialtherapie.html | Arbeitskreis Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e.V.: http://www.arbeitskreissozialtherapie.de/index.html | ||
Kriminologische zentralstelle e.V.: http://krimz.de/sozialtherapie.html | |||
Sozialtherapie im Strafvollzug 2009: http://www.krimz.de/fileadmin/dateiablage/forschung/texte/Sozialtherapie_im_Strafvollzug_2009.pdf | Sozialtherapie im Strafvollzug 2009: http://www.krimz.de/fileadmin/dateiablage/forschung/texte/Sozialtherapie_im_Strafvollzug_2009.pdf | ||
Ortmann R. Sozialtherapie im Strafvollzug (2002): http://www.gbv.de/dms/sbb-berlin/342120395.pdf | Ortmann R. Sozialtherapie im Strafvollzug (2002): http://www.gbv.de/dms/sbb-berlin/342120395.pdf |