Selbstabwertungs-Theorie: Unterschied zwischen den Versionen

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Die kriminologische Theorie der Selbstabwertung ('Self-Derogation') stammt von Howard B. Kaplan (1975) und erklärt delinquentes/kriminelles Handeln von Jugendlichen als Folge der negativen Einstellung einer Person zu sich selbst. Die Ablehnung der eigenen Person aufgrund negativer affektiver Komponenten des Selbstkonzepts (self-attitudes, self-feelings) erhöht die Bereitschaft zu und damit die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von kriminellen Verhaltensweisen. Dabei wird die Beziehung zwischen der Selbstablehnung einer Person (self-rejection) und kriminellem Handeln (behavior) durch die Verhaltensdisposition (disposition to deviance) vermittelt.
Die kriminologische Theorie der Selbstabwertung ('Self-Derogation') stammt von Howard B. Kaplan (1975) und erklärt delinquentes/kriminelles Handeln von Jugendlichen als Folge der negativen Einstellung einer Person zu sich selbst. Die Ablehnung der eigenen Person aufgrund negativer affektiver Komponenten des Selbstkonzepts (self-attitudes, self-feelings) erhöht die Bereitschaft zu und damit die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von kriminellen Verhaltensweisen. Dabei wird die Beziehung zwischen der Selbstablehnung einer Person (self-rejection) und kriminellem Handeln (behavior) durch die Verhaltensdisposition (disposition to deviance) vermittelt.
Grundlage der Theorie ist die Annahme eines Motivs der Selbstachtung (self-esteem motive): Menschen haben das Bedürfnis "to maximize the experience of positive self-attitudes and to minimize the experience of negative self-attitudes" (Kaplan 1980: 8).
Angesichts einer Bedrohung seines Selbstwertgefühls bieten sich für einen Menschen drei Strategien an: Vermeidung (avoidance), Angriff (attack) und Ersatz (substitution).
Wenn ein Mensch in seiner konventionellen Bezugsgruppe hauptsächlich ein negatives Bild von sich selbst zurückgemeldet bekommt und sich davon nicht befreien kann, sondern in Gefahr ist, dieses ungenügende und unbefriedigende Bild von sich selbst zu verinnerlichen, dann wächst seine Bereitschaft, sich alternative Quellen positiver Selbstbewertung zu suchen, auch und gerade in Bereichen, die abseits der konventionellen Anerkennungsbereiche (Schule, Beruf etc.) liegen, also etwa in delinquenten Subkulturen und ähnlichem.
Hier zeigt sich die Nähe von Kaplans Selbstabwertungstheorie zur Subkulturtheorie Albert K. Cohens (1955). Cohen nahm bekanntlich an, "dass Jugendliche der Unterschicht, die die Verhaltenserwartungen der Mittelschicht internalisiert haben, diesen jedoch nicht entsprechen können, in delinquentem und kriminellem Handeln alternative Statuskriterien bzw. Verhaltensanforderungen vorfinden, nach denen sie leben und positive Selbstbewertungen erfahren können" (Eifler 2002: 75).
Nach Eifler (2002: 76) kamen die häufigen Überprüfungsversuche der Selbstabwertungs-Theorie noch nicht zu einem einheitlichen Ergebnis: "Manche Untersuchungen fanden stärkere Einflüsse von Prozessen sozialen Lernens (peer associations) als von negativen Selbsteinstellungen, was eher die Theorien sozialen Lernens als die 'Self-Derogation Theory' unterstützt."
== Literatur ==

Version vom 7. Oktober 2007, 19:45 Uhr

Die kriminologische Theorie der Selbstabwertung ('Self-Derogation') stammt von Howard B. Kaplan (1975) und erklärt delinquentes/kriminelles Handeln von Jugendlichen als Folge der negativen Einstellung einer Person zu sich selbst. Die Ablehnung der eigenen Person aufgrund negativer affektiver Komponenten des Selbstkonzepts (self-attitudes, self-feelings) erhöht die Bereitschaft zu und damit die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von kriminellen Verhaltensweisen. Dabei wird die Beziehung zwischen der Selbstablehnung einer Person (self-rejection) und kriminellem Handeln (behavior) durch die Verhaltensdisposition (disposition to deviance) vermittelt. Grundlage der Theorie ist die Annahme eines Motivs der Selbstachtung (self-esteem motive): Menschen haben das Bedürfnis "to maximize the experience of positive self-attitudes and to minimize the experience of negative self-attitudes" (Kaplan 1980: 8).

Angesichts einer Bedrohung seines Selbstwertgefühls bieten sich für einen Menschen drei Strategien an: Vermeidung (avoidance), Angriff (attack) und Ersatz (substitution).

Wenn ein Mensch in seiner konventionellen Bezugsgruppe hauptsächlich ein negatives Bild von sich selbst zurückgemeldet bekommt und sich davon nicht befreien kann, sondern in Gefahr ist, dieses ungenügende und unbefriedigende Bild von sich selbst zu verinnerlichen, dann wächst seine Bereitschaft, sich alternative Quellen positiver Selbstbewertung zu suchen, auch und gerade in Bereichen, die abseits der konventionellen Anerkennungsbereiche (Schule, Beruf etc.) liegen, also etwa in delinquenten Subkulturen und ähnlichem.

Hier zeigt sich die Nähe von Kaplans Selbstabwertungstheorie zur Subkulturtheorie Albert K. Cohens (1955). Cohen nahm bekanntlich an, "dass Jugendliche der Unterschicht, die die Verhaltenserwartungen der Mittelschicht internalisiert haben, diesen jedoch nicht entsprechen können, in delinquentem und kriminellem Handeln alternative Statuskriterien bzw. Verhaltensanforderungen vorfinden, nach denen sie leben und positive Selbstbewertungen erfahren können" (Eifler 2002: 75).

Nach Eifler (2002: 76) kamen die häufigen Überprüfungsversuche der Selbstabwertungs-Theorie noch nicht zu einem einheitlichen Ergebnis: "Manche Untersuchungen fanden stärkere Einflüsse von Prozessen sozialen Lernens (peer associations) als von negativen Selbsteinstellungen, was eher die Theorien sozialen Lernens als die 'Self-Derogation Theory' unterstützt."


Literatur