Schuldprinzip

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Das Schuldprinzip, welches auch als Schuldgrundsatz bezeichnet wird, stellt eine wesentliche Maxime unseres Rechtssystems dar und hat laut ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Verfassungsrang. Es beinhaltet, dass jemand nur dann für eine Tat bestraft werden kann, wenn ihm diese auch individuell zuzurechnen und vorzuwerfen ist. Es gibt demnach „keine Strafe ohne Schuld“ (lateinisch: „nulla poena sine culpa“). Das Schuldprinzip umfasst zudem, dass die Höhe der gegen den Täter verhängten Strafe an seiner festgestellten Schuld zu messen ist.

Inhalt des Schuldprinzips

Voraussetzung für Strafe

Angemessenheit der Strafe

Gesetzliche Grundlagen

Das Bundesverfassungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung von einer Verankerung des Schuldprinzips in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 2 Grundgesetz (GG) aus. Gemäß Art. 1 Abs. 1 GG hat die staatliche Gewalt die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Die Abwehrfunktion der Menschenwürde ist im Bereich des Strafrechts von besonderer Bedeutung, da dort höchste Anforderungen an die Gerechtigkeit zu stellen sind. Die Auffassung vom Wesen der Strafe und das Verhältnis von Schuld und Sühne sind an der Menschenwürde zu messen. Jede Verurteilung stellt einen Eingriff in den Wert- und Achtungsanspruch des jeweils Betroffenen dar. Es ergibt sich das Gebot tatangemessener Strafe, welches Teil des Schuldprinzips ist.

§ 46 Abs. 1 des Strafgesetzbuches (StGB) ist Ausdruck des Schuldprinzips. Hier ist normiert, dass die Schuld des Täters die Grundlage für die Zumessung der Strafe bildet. Laut Bundesverfassungsgericht müssen dem Täter sowohl die Tat als auch seine Schuld nachgewiesen werden, da eine Bestrafung Schuld voraussetzt (s. BVerfGE 9, 167). Sieht eine Strafrechtsnorm aufgrund einer besonderen Folge einer Tat eine schwerere Strafe vor (z.B. § 227 StGB – Körperverletzung mit Todesfolge), so muss gemäß § 18 StGB auch die Schuld, hier zumindest eine Fahrlässigkeit des Täters, bezüglich dieser besonderen Folge geprüft werden. Weiter ist in § 29 StGB normiert, dass jeder Beteiligte einer Straftat, hierbei kann es sich um einen Mittäter, Anstifter oder Tatgehilfen handeln, nach seiner eigenen Schuld bestraft wird. Das bedeutet, dass für jeden Tatbeteiligten die Schuld gesondert festgestellt und auch bei der Bemessung der Strafe individuell berücksichtigt wird.

Im Rahmen der Prüfung der Schuld sind weitere Normen zu berücksichtigen, die zu dem Ergebnis führen können, dass dem Täter die Tat nicht vorzuwerfen ist und somit eine Strafe ausschließen. Bei den Normen, die bei Vorliegen zu einer Straffreiheit des Täters führen können, wird zwischen Schuldausschließungsgründen und Entschuldigungsgründen unterschieden.

Schuldausschließungsgründe

Gründe, die die Schuld des Täters für eine rechtswidrige Tat ausschließen können, sind die Schuldunfähigkeit oder der Verbotsirrtum. Einen Sonderfall stellt zudem die actio libera in causa dar.

Schuldunfähigkeit

Gemäß § 19 StGB ist grundsätzlich schuldunfähig, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist. Dem liegt die unwiderlegliche Vermutung zugrunde, dass eine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit hinsichtlich einer rechtswidrigen Tat bei Kindern nicht gegeben ist. Für Jugendliche im Alter von vierzehn bis achtzehn Jahren ist in § 3 Jugendgerichtsgesetz normiert, dass diese nur dann strafrechtlich verantwortlich sind, wenn sie zur Zeit der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sind, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Man spricht von einer bedingten Schuldfähigkeit. Die Schuldfähigkeit des Jugendlichen hat der Richter im Einzelfall festzustellen. Dabei sind die Persönlichkeit und die Entwicklung des Jugendlichen sowie die Umstände der konkreten Tat zu berücksichtigen. Gegen Kinder und strafrechtlich nicht verantwortliche Jugendliche können somit keine Strafen verhängt sondern lediglich Maßnahmen nach dem SGB VIII oder Erziehungsmaßnahmen des Familiengerichts auferlegt werden.

Eine Schuldunfähigkeit kann im Strafrecht gemäß § 20 StGB auch bei Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung, bei Schwachsinn oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit festgestellt werden, wenn der Täter aufgrund einer solchen Krankheit das Unrecht der Tat nicht einsehen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann. Ob ein solcher Schuldausschließungsgrund vorliegt, hat das Gericht in einer zweistufigen Prüfung, die sich aus dem Aufbau des § 20 StGB ergibt, festzustellen. Dabei wird meist durch einen gesondert beauftragten Gutachter zunächst das Vorliegen einer seelischen Störung zur Tatzeit und anschließend der Einfluss dieser Störung auf die Einsicht des Täters bzw. dessen Handeln hinterfragt. Neben der Schuldunfähigkeit gemäß § 20 sieht das Strafgesetzbuch in § 21 auch eine verminderte Schuldfähigkeit vor, wenn die Fähigkeit der Einsicht des Täters aufgrund einer in §20 StGB aufgeführten seelischen Störung gemindert ist. Die reguläre Strafe kann dann gemildert werden. Zudem kann eine Maßregel der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB) angeordnet werden, wenn festgestellt wird, dass jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen hat. Diese Maßregeln dienen dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren rechtswidrigen Handlungen des Täters, wenn dieser als gefährlich eingestuft wird.

Verbotsirrtum

§17 StGB – Verbotsirrtum

Sonderfall actio libera in causa

Einen rechtlichen Sonderfall stellt die Situation dar, in der sich der Täter bewusst in den Zustand der Schuldunfähigkeit, beispielsweise durch übermäßigen Konsum von Alkohol oder Betäubungsmitteln, versetzt, um dann eine Straftat zu begehen.

Entschuldigungsgründe

Neben den Schuldausschließungsgründen sieht das Strafgesetzbuch in § 33 und § 35 Entschuldigungsgründe vor.

Entschuldigender Notstand

§ 35 StGB

Notwehrexzess

§ 33 StGB

Neben dem entschuldigenden Notstand und dem Notwehrexzess kann auch ein Handeln aufgrund eines für verbindlich gehaltenen dienstlichen Befehls einen Entschuldigungsgrund darstellen.

Literatur

  • Degenhart, Christoph in: Sachs, Michael (2014): Grundgesetz – Kommentar
  • Dreier, Horst in: Dreier, Horst (2004): Grundgesetz – Kommentar, Band 1, Präambel, Artikel 1 – 19
  • Esser, Robert (2016): Deutsches Strafrecht – Allgemeiner Teil
  • Frister, Helmut (2015): Strafrecht – Allgemeiner Teil
  • van Gemmeren, Gerhard, in: von Heintschel-Heinegg, Bernd (2016): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 2, §§ 38 – 79 b
  • Miebach, Klaus; Maier, Stefan in: von Heintschel-Heinegg, Bernd (2016): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 2, §§ 38 – 79 b
  • Schild, Wolfgang in: Kindhäuser, Urs; Neumann, Ulfrid; Päffgen, Hans-Ullrich (2013), Strafgesetzbuch, Band 1
  • Streng, Franz in: von Heintschel-Heinegg, Bernd (2017): Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, Band 1, §§ 1 – 37
  • Streng, Franz in: Kindhäuser, Urs; Neumann, Ulfrid; Päffgen, Hans-Ullrich (2013), Strafgesetzbuch, Band 1
  • Theune, Werner in: Laufhütte, Heinrich Wilhelm; Rissing van Saan, Ruth; Tiedemann, Klaus (2006): Strafgesetzbuch – Leipziger Kommentar, Zweiter Band, §§ 32 bis 55
  • Weber, Klaus (2014): Rechtswörterbuch

Weblinks