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===Kriminologisch relevantes Spannungsfeld des Schuldbegriffs===
===Kriminologisch relevantes Spannungsfeld des Schuldbegriffs===
Bei Betrachtung der verschiedenen Definitionsversuche zeichnet sich eine unumgängliche Verstrickung von 'Schuld' mit den Begriffen Verantwortung, Moral, Gewissen, Scham, Wiedergutmachung, Vergeltung und [[Strafe]] ab. In diesem Zusammenhang sei nochmals die Begriffsbestimmung von Machlitt (2010) aufgegriffen, in der auf die Notwendigkeit einer Instanz mit Definitionsmacht hingewiesen wird. Nach [[Max Weber]] (1956 zit. nach Erdheim 2005, S. 12) bedeutet [[Macht]] "(…) jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen durchzusetzen, gleichwohl worauf diese  Chance beruht."  Zur Definitionsmacht zurückkommend wirft auch Safranski (2003, S. 34 u. 36) verschiedene Fragen auf, so z. B.: Ob der der Mensch sich überhaupt nach sich selbst richten kann? Und wenn ja, wonach richtet er sich dann tatsächlich und wie ist der jeweilige Mensch geworden, was er ist? Und was ist der Richtwert: die eigene Vernunft oder auf die gemeinschaftliche Tradition, derer man angehört? Aus kriminologischer Sicht erscheint es - wenn schon die Schuldfrage gestellt wird - zu eindimensional, diese ausschließlich an das Individuum zu richten, ohne die Institutionen der sozialen Kontrolle diesbezüglich zu betrachten und zu hinterfragen.  
Bei Betrachtung der verschiedenen Definitionsversuche zeichnet sich eine unumgängliche Verstrickung von 'Schuld' mit den Begriffen Verantwortung, Moral, Gewissen, Scham, Wiedergutmachung, Vergeltung und [[Strafe]] ab. In diesem Zusammenhang sei nochmals die Begriffsbestimmung von Machlitt (2010) aufgegriffen, in der auf die Notwendigkeit einer Instanz mit Definitionsmacht hingewiesen wird. Nach [[Max Weber]] (1956 zit. nach Erdheim 2005, S. 12) bedeutet [[Macht]] "(…) jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen durchzusetzen, gleichwohl worauf diese  Chance beruht."  Zur Definitionsmacht zurückkommend wirft auch Safranski (2003, S. 34 u. 36) verschiedene Fragen auf, so z. B.: Ob der der Mensch sich überhaupt nach sich selbst richten kann? Und wenn ja, wonach richtet er sich dann tatsächlich und wie ist der jeweilige Mensch geworden, was er ist? Und was ist der Richtwert: die eigene Vernunft oder auf die gemeinschaftliche Tradition, derer man angehört? Aus kriminologischer Sicht erscheint es - wenn schon die Schuldfrage gestellt wird - zu eindimensional, diese ausschließlich an das Individuum zu richten, ohne die Institutionen der sozialen Kontrolle diesbezüglich zu betrachten und zu hinterfragen.  
Zur Verdeutlichung des kriminologisch relevanten Spannungsfeldes sei hier das Beispiel der Situation pädophiler Männer aufgegriffen. Verwendet man den Begriff der Pädophilie im Sinne des [http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/index.htm ICD-10] oder des [http://www.psychology48.com/deu/d/dsm-iv/dsm-iv.htm DSM-IV], so handelt es sich um eine Störung der sexuellen Präferenz, also um einen auf das vorpubertierende Kind gerichteten und vom pädophilen Menschen nicht selbst gewählten sexuellen Stimulus. Allein hieraus lässt sich die Kritik von Hassemer (1993) angebrachte Kritik zur Schuldfrage ableiten: Kann nun allein dem pädophilen Menschen per se die Schuld an einem nicht selbst gewählten sexuellen Stimulus und an den etwaig daraus resultierenden delinquenten Verhaltensweisen gegeben werden? Nun ist dies eine Frage, der sich aus strafrechtlicher Sicht im Sinne der subjektiven Zurechnung genähert werden kann. Betrachtet man weitere zentrale kriminogene Merkmale für die Fragestellung, ob ein pädophil veranlagter Mensch auch tatsächlich entsprechend delinquentes Verhalten zeigt, wird die kriminologische Relevanz des Spannungsfeldes zum Schuldbegriff deutlicher. In der [[Präventionsprogramme und -projekte des sexuellen Missbrauchs von Kindern|(rückfall-)präventiven Arbeit mit pädophilen Menschen]] geht es neben der Betrachtung von Schutzfaktoren auch um Risikofaktoren. Sowohl Risiko- als auch Schutzfaktoren werden in statische - im Sinne einer Unveränderbarkeit - und in variable, also veränderbare Faktoren unterteilt. (Vgl. auch Nedopil 2005; Rotermann, Köhler & Hinrichs 2009) Zu den statischen Risikofaktoren zählen u. a. auch prägende sozialisatorische Aspekte, wie z. B. spezifische Belastungsfaktoren im Elternhaus. Als erwiesene und zentrale variable Risikofaktoren werden 'soziale Isolation' und 'Einsamkeit' benannt (vgl. Marshall 1989). Diesbezüglich sind aus kriminologischer folgende Aspekte im Hinblick auf  soziales Rückzugsverhalten pädophiler Menschen zu diskutieren:
Zur Verdeutlichung des kriminologisch relevanten Spannungsfeldes sei hier das Beispiel der Situation pädophiler Männer aufgegriffen. Verwendet man den Begriff der Pädophilie im Sinne des [http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/index.htm ICD-10] oder des [http://www.psychology48.com/deu/d/dsm-iv/dsm-iv.htm DSM-IV], so handelt es sich um eine Störung der sexuellen Präferenz, also um einen auf das vorpubertierende Kind gerichteten und vom pädophilen Menschen nicht selbst gewählten sexuellen Stimulus. Allein hieraus lässt sich die Kritik von Hassemer (1993) angebrachte Kritik zur Schuldfrage ableiten: Kann nun allein dem pädophilen Menschen per se die Schuld an einem nicht selbst gewählten sexuellen Stimulus und an den etwaig daraus resultierenden delinquenten Verhaltensweisen gegeben werden? Nun ist dies eine Frage, der sich aus strafrechtlicher Sicht im Sinne der subjektiven Zurechnung genähert werden kann. Betrachtet man weitere zentrale kriminogene Merkmale für die Fragestellung, ob ein pädophil veranlagter Mensch auch tatsächlich entsprechend delinquentes Verhalten zeigt, wird die kriminologische Relevanz des Spannungsfeldes zum Schuldbegriff deutlicher. In der [[Präventionsprogramme und -projekte des sexuellen Missbrauchs von Kindern|(rückfall-)präventiven Arbeit mit pädophilen Menschen]] geht es neben der Betrachtung von Schutzfaktoren auch um Risikofaktoren. Sowohl Risiko- als auch Schutzfaktoren werden in statische - im Sinne einer Unveränderbarkeit - und in variable, also veränderbare Faktoren unterteilt. (Vgl. auch Nedopil 2005; Rotermann, Köhler & Hinrichs 2009) Zu den statischen Risikofaktoren zählen u. a. auch prägende sozialisatorische Aspekte, wie z. B. spezifische Belastungsfaktoren im Elternhaus. Als erwiesene und zentrale variable Risikofaktoren werden 'soziale Isolation' und 'Einsamkeit' benannt (vgl. Marshall 1989). Aus kriminologischer Sicht sind bezüglich sozialen Rückzugsverhaltens pädophiler Menschen folgende Aspekte zu diskutieren:
* negative, mit Ekeln und Ablehnung besetzte Haltungen eines Großteils der Bevölkerung gegenüber pädophilen Menschen (vgl. Vogt 2006, S. 37),  
* negative, mit Ekeln und Ablehnung besetzte Haltungen eines Großteils der Bevölkerung gegenüber pädophilen Menschen (vgl. Vogt 2006, S. 37),  
* etikettierende mediale Aufbereitungen durch Sendungen wie beispielsweise "Tatort Internet" sowie  
* etikettierende mediale Aufbereitungen durch Sendungen wie beispielsweise "Tatort Internet" sowie  
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