Schuld: Unterschied zwischen den Versionen

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==Wortherkunft und Definitionsversuche==
==Wortherkunft und Definitionsversuche==
Nach Kluge (1999) handelt es sich bei 'Schuld' um ein germanisches Rechtswort, das in altnordisch ''syn'', altenglisch ''synn'', altfränkisch ''sinne'' und altsächsisch ''sunda'' abstammt. Ein weiterer Begriff der hieraus abgeleitet wurde ist 'Sünde’. Es existiert jedoch keine allgemein gültige Begriffsdefinition von 'Schuld'. Bereits Johann Christoph Adelung führte in seinem Grammatisch-kritischen Wörterbuch der hochdeutschen Mundart (1. Auflage 1774-1786) verschiedene Dimensionen des Begriffes an (zit. nach Kemper 2007):
Nach Kluge (1999) handelt es sich bei 'Schuld' um ein germanisches Rechtswort, das in altnordisch ''syn'', altenglisch ''synn'', altfränkisch ''sinne'' und altsächsisch ''sunda'' abstammt. Ein weiterer Begriff der hieraus abgeleitet wurde ist 'Sünde’. Es existiert jedoch keine allgemein gültige Begriffsdefinition von 'Schuld', was nicht zuletzt mit der Verwendung des Begriffs in unterschiedlichen Bezügen und Disziplinen verwandt wird. So versteht man beispielsweise aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter der 'Schuld' eine selbständig bewertbare und abgrenzbare Verbindlichkeit (vgl. auch Corsten & Reiß 2008).
Bereits Johann Christoph Adelung führte in seinem Grammatisch-kritischen Wörterbuch der hochdeutschen Mundart (1. Auflage 1774-1786) verschiedene Dimensionen des Begriffes an (zit. nach Kemper 2007):


"Die Schuld, (...) ein sehr altes Wort, welches in einer doppelten Hauptbedeutung vorkommt.
"Die Schuld, (...) ein sehr altes Wort, welches in einer doppelten Hauptbedeutung vorkommt.
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2. In der engsten und gewöhnlichsten Bedeutung, eine Geldsumme (…)."
2. In der engsten und gewöhnlichsten Bedeutung, eine Geldsumme (…)."


Haesler (2010, S. 47) weist auf die Unmöglichkeit einer einheitlichen Begriffsfindung hin und versteht 'Schuld' vielmehr als einen übergeordneten Konstruktionsbegriff, welcher der Zusammenfassung der vielfältigen Erfahrungsmöglichkeiten dient. Machlitt (2010) ergänzt dahingehend, dass sich Schuld das Bewertungsergebnis darstellt, an dem sowohl innere als auch äußere Instanzen beteiligt sind. Des Weiteren weist er auf das notwendige Vorhandensein mindestens einer Instanz hin, die über inhaltliche Definitionsmacht verfügt und auch die Person/en als Schuldige/n bezeichnet. 


===Strafrechtliche Sicht===
===Strafrechtliche Sicht===
Im Strafrecht ist die Frage der Schuld zentral verbunden mit der subjektiven Zurechnung. Hierdurch geht die Frage mit einher, ob jemand verantwortlich gemacht werden kann und wenn ja, in welchem Umfang und in welcher Form. Nach gültigem Strafrecht in Deutschland ist deshalb selbst im Falle der [[objektive Zurechnung|objektiven Zurechenbarkeit]] einer Tat zu einer Person, das Vorliegen etwaiger Entschuldigungsgründe zu prüfen, z. B. im Sinne einer fehlenden oder verringerten Schuldfähigkeit. Letzt genanntes bezieht sich auf den Aspekt der subjektiven Zurechnung.  
Im Strafrecht ist die Frage der Schuld zentral verbunden mit der subjektiven Zurechnung. Hierdurch geht die Frage mit einher, ob jemand verantwortlich gemacht werden kann und wenn ja, in welchem Umfang und in welcher Form. Nach gültigem Strafrecht in Deutschland ist deshalb selbst im Falle der [[objektive Zurechnung|objektiven Zurechenbarkeit]] einer Tat zu einer Person, das Vorliegen etwaiger Entschuldigungsgründe zu prüfen, z. B. im Sinne einer fehlenden oder verringerten Schuldfähigkeit. Letzt genanntes bezieht sich auf den Aspekt der subjektiven Zurechnung. (Vgl. Hassemer 1993)
 
===Kriminologische Sicht===
===Kriminologische Sicht===


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"Gar manches ist vorherbestimmt; das Schicksal führt ihn in Bedrängnis. Doch wie er sich dabei benimmt, ist seine Schuld und nicht Verhängnis."
"Gar manches ist vorherbestimmt; das Schicksal führt ihn in Bedrängnis. Doch wie er sich dabei benimmt, ist seine Schuld und nicht Verhängnis."
''Wilhelm Busch''
''Wilhelm Busch''
"Die Wahlphilosophie der Parlamentskandidaten besteht einfach darin, dass sie ihrer linken Hand erlauben, nicht zu wissen, was ihre rechte tut, und so waschen sie beide Hände in Unschuld."
''Karl Marx''


"Wer weiß, was er zu tun hat, und tut es nicht, der macht sich schuldig."
"Wer weiß, was er zu tun hat, und tut es nicht, der macht sich schuldig."
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===Schuld, Scham und Strafe===
===Schuld, Scham und Strafe===
Die Klärung einer Schuldfrage zieht im Falle einer Bejahung stets auch die Frage nach dem Umgang mit der Schuld mit sich. Bongardt (2010) spricht von einem Teufelskreis von Schuld und Strafe. Er wirft die Frage auf, womit ein Mensch der Schuld auf sich geladen hat außer mit Strafe zu rechnen hat - insbesondere im Falle schwerer Schuld. Hierdurch sieht Bongardt post-behavioral Rationalisierungen von Taten, z. B. in Form von Verleugnungen und Bagatellisierungen, begünstigt, was wiederum einen rückfallpräventiven Zugang zu den Tätern erschwert mitunter gänzlich verhindert. Stigmatisierungen, soziale Isolation, Widerstände in der Tatbearbeitung usw. werden als beispielhafte Folgen genannt (vgl. hierzu auch [[Labeling Approach]]). In der Täterarbeit werden Schuld und Scham einerseits als zentrale Mechanismen zur Herausbildung einer Opferempathie, zugleich aber auch als widerstandsfördernde Aspekte gewertet, weshalb ein reflektierter Umgang mit Schuld und Scham von Nöten erachtet wird (vgl. Machlitt 2010).


==Literatur==
==Literatur==
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