Robert J. Sampson: Unterschied zwischen den Versionen

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Nach beruflichen Stationen in den Soziologie-Departments der University of Illinois (7 Jahre) und der University of Chicago (12 Jahre) ist '''Robert J. Sampson''' (*1956 in Utica, N.Y.), der 2006 als erster Kriminologe überhaupt in die National Academy of the Sciences gewählt wurde, heute (2011) "Henry Ford II Professor für Sozialwissenschaften" und Leiter des Soziologie-Departments der Harvard University.
'''Robert J. Sampson''' (*1956 in Utica, N.Y.) veröffentlichte zusammen mit John H. Laub im Abstand von zehn Jahren zwei überaus wichtige Monographien, mit denen er die Forschungslandschaft der Kriminologie veränderte. Das erste (1993) war "Crime in the Making: Pathways and Turning Points Through Life", das zweite (2003) hieß "Shared Beginnings, Divergent Lives: Delinquent Men at Age 70". Als "Henry Ford II Professor für Sozialwissenschaften" leitet Sampson heute (2011) das Soziologie-Department der Harvard University. Seit 2006 ist er zudem Mitglied der National Academy of the Sciences - eine Ehrung, die zuvor noch keinem Kriminologen widerfahren war.  


Sampson erforscht Zusammenhänge zwischen der Dynamik, Zusammensetzung und sozialer Effektivität großstädtischer Nachbarschaften einerseits und Kriminalität andererseits. Die große Datenbank des von ihm geleiteten Project on Human Development in Chicago Neighborhoods (PHDCN) wird heute weltweit genutzt.
Nach seinem Soziologie-Studium (SUNY Buffalo und Albany), das er u.a. bei Travis Hirschi, Michael Hindelang und Peter Blau absolvierte - und während dessen er seine damaligen Kommilitionen John Laub und Casey Groves kennenlernte - fand Sampson seine erste Anstellung an der University of Illinois in Urbana-Champaign. Während dieser Zeit veröffentlichte er mit Groves (1989) "Community Structure and Crime: Testing Social Disorganization Theory" (AJS 94.4:774-802). Danach korrelierten Variationen zwischen Nachbarschaften im Hinblick auf soziale Desorganisation (hohe Anzahl nicht-beaufsichtigter junger Leute, wenig Freundschaftsnetzwerke, geringe Partizipation in Organisationen) stark mit Kriminalität und Delinquenz. Nach sieben Jahren wechselte er nach Chicago, wo er 12 Jahre lang blieb. Nach der Entdeckung des Datenarchivs von Sheldon und Eleanor Glueck - einer in den 1940er Jahren begonnenen Longitudinalstudie mit einem matched sample von 500 Delinquenten und 500 Nicht-Delinquenten aus Boston und Umgebung, die bis zum Alter von 32 weiterverfolgt wurden. Sampson und Laub entwickelten daran ihre age-graded theory informeller sozialer Kontrolle, die sich für Kontinuität und Wandel im Delinquenzverlauf interessiert - und entdeckten die Bedeutung von Eheschließungen, beruflichen Veränderungen und Zeiten beim Militär).
 
In "Shared Beginnings, Divergent Lives" setzten Sampson und Laub ihre Untersuchungen mit quantitativen und qualitativen Daten über Individuen von ihrer Kindheit bis zum Alter von 70 Jahren fort. Sie nutzten Auszüge aus den Strafregistern, Leichenscheine und Detektive, die sich auf Altfälle spezialisiert hatten, um so viele Personen wie möglich aus dem alten Sample zu finden. Sie interviewten 52 Personen über ihre Lebensgeschichte. Lebenslange Kriminalität zu prognostizieren, so die Autoren, sei aus Risikofaktoren heraus gar nicht möglich, denn sowohl die "kinds of people" als auch die "kinds of contexts" würden sich ändern: "desistance occurs for all types of offenders at different ages, but crucially in response to turning points that set in motion a long-term behavioural change" (Carr 2010: 299). Nach Sampson und Laub sind die üblichen Erklärungsansätze für das Aufhören, nämlich maturing out, Entwicklung, Rational Choice und soziales Lernen - nicht so gut geeignet wie der life-course approach. "Individual agency" und "routine activities" ergänzen ihren früheren Ansatz in diesem Buch.
 
Das zweite große Projekt, mit dem Robert Sampson das Denken in der Kriminologie beeinflusste, ist das Project on Human Development in Chicago Neighborhoods (PHDCN). Es untersucht die Lebenssituationen und -verläufe von Kindern, Familien und ihrem Gemeinschaften während (bislang) rund 15 Jahren. In "Neighborhoods and Violent Crime: A Multilevel Study of Collective Efficacy" konnten Sampson, Raudenbush und Earls im Jahre 1997 zeigen, dass es nicht die Benachteiligung an sich, sondern die mangelnde kollektive Effektivität ist - die "willingness of community members to intervene on behalf of the common good" - die zu höheren Delinquenzraten führt. Die große Datenbank des von Sampson geleiteten Project on Human Development in Chicago Neighborhoods (PHDCN) wird heute weltweit genutzt.


== Publikationen von Robert J. Sampson ==
== Publikationen von Robert J. Sampson ==
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