Risikoproband: Unterschied zwischen den Versionen

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Als '''Risikoproband''' wird in Bewährungshilfe und Führungsaufsicht ein rückfallgefährdeter Klient bezeichnet, bei dem ein Rückfall in die Straffälligkeit erhebliche Gefahren für Leib oder Leben anderer mit sich brächte. Diese Definition erfolgt nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums vom 07.04.1987 und 10.03.1999 unter dem Titel: ''„Der Umgang mit Probanden in der Führungsaufsicht und Bewährungshilfe, die der besonderen Betreuung und Überwachung bedürfen“.''


In der jüngsten Vergangenheit  begangene Sexualstraftaten und Gewalttaten
Eine Reihe von aufsehenerregenden Sexualstraftaten zwang Politik und Gesetzgeber Ende des 20. Jahrhunderts in Deutschland zum Handeln. In dem Zusammenhang wurde auch der Kontrollauftrag der Bewährungshilfe stärker betont. Das führte unter anderem dazu, dass von 2003 bis 2007 in Bayern neue fachliche Standards der Bewährungshilfe entwickelt wurden. Dabei wurde in Qualitätszirkeln, Steuerungsgruppen und Ministerien eine Kriterienliste entwickelt, mit denen eine individuelle Risikoeinschätzung von Bewährungsprobanden  vorgenommen werden kann. Diese Kriterienliste orientiert sich an psychiatrischen Erhebungsinstrumenten, obwohl sie selbst diesen nur teilweise entspricht.  
führten in den letzten Jahren dazu, dass Sexualkriminalität Gegenstand intensiver Bemühungen in der Gesetzgebung und Wissenschaft wurde. Insbesondere  Straftaten an Kindern und Jugendlichen von einschlägig vorbestraften Personen zerrüttete das Sicherheitsempfinden der Gesellschaft und zwang die Politik und Gesetzgeber zum handeln. Das führte zu einer Reihe von Gesetzesänderungen und Forderungen der Politik den Kontrollauftrag der Bewährungshilfe stärker in Fokus zu setzten um insbesondere Rückfälle von Risikostraftätern besser erkennen zu können. Von 2003 bis 2007 wurden in Zusammenarbeit mit allen Dienststellen der bayerischen Bewährungshilfen unter wissenschaftlicher Begleitung fachliche Standards entwickelt.


Im Rahmen dieser Qualitätsstandards der Bewährungshilfe in Bayern wurde in Qualitätszirkeln, Steuerungsgruppen und Ministerien eine Kriterienliste entwickelt, mit denen die individuelle Risikoeinschätzung von Bewährungsprobanden  vorgenommen werden kann. Diese Kriterienliste entspricht nur teilweise den psychiatrischen Prognoseinstrumenten. Der Aufbau  orientiert sich aber an den psychiatrischen Erhebungsinstrumenten. Hierbei wurden viele Module übernommen und nach Bedarf neu zusammengesetzt.
'''Funktion der Bewährungshilfe'''
 
Funktion der Bewährungshilfe


Die Aufgaben der Bewährungshilfe zielen darauf ab, den Verurteilten  von weiteren Straftaten abzuhalten (§ 56 bAbs.1 StGB). Die Bewährungshilfe steht dem Verurteilten helfend und betreuend zu Seite.  
Die Aufgaben der Bewährungshilfe zielen darauf ab, den Verurteilten  von weiteren Straftaten abzuhalten (§ 56 bAbs.1 StGB). Die Bewährungshilfe steht dem Verurteilten helfend und betreuend zu Seite.  
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Bei negativen Veränderungen in den Verhaltensweisen oder Lebensumständen des Probanden wird die Führungsaufsichtsstelle von der Bewährungshilfe unverzüglich  unterrichtet. Insbesondere bei groben Weisungsverstößen oder neuen Straftaten.
Bei negativen Veränderungen in den Verhaltensweisen oder Lebensumständen des Probanden wird die Führungsaufsichtsstelle von der Bewährungshilfe unverzüglich  unterrichtet. Insbesondere bei groben Weisungsverstößen oder neuen Straftaten.


Definition : Risikoproband
Die bisherige intuitive Risikoeinschätzung von Probanden wurde im Rahmen der Qualitätsstandards  bei der Bewährungshilfe in Bayern, durch  eine Kriterienliste ersetzt.  Anhand der Kriterienliste soll die Bewährungshilfe Risikoprobanden von normalen Bewährungshilfeprobanden unterscheiden oder auch die Entwicklung vom Probanden zum Risikoprobanden erkennen.
 
Risikoprobanden sind rückfallgefährdete Probanden der Führungsaufsicht und Bewährungshilfe, bei denen der Rückfall in die Straffälligkeit erhebliche Gefahren für Leib oder Leben anderer mit sich bringen würde.
 
Diese Definition erfolgt nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums vom 07.04.1987 und 10.03.1999:
 
„Der Umgang mit Probanden in der Führungsaufsicht und Bewährungshilfe die der besonderen Betreuung und Überwachung bedürfen“
 
Die bisherige intuitive Risikoeinschätzung von Probanden wurde im Rahmen der Qualitätsstandards  bei der Bewährungshilfe in Bayern, durch  eine Kriterienliste ersetzt.  Anhand der Kriterienliste soll die Bewährungshilfe Risikoprobanden von normalen Bewährungshilfeprobanden unterscheiden und erkennen oder auch die Entwicklung vom Probanden zum Risikoprobanden erkennen.


Bei dieser speziellen Zielgruppe von (Risiko)Probanden handelt sich um Personen bei denen nach
'''Bei dieser speziellen Zielgruppe von (Risiko)Probanden handelt sich um Personen bei denen nach'''


• Art und Schwere der begangenen Tat (vor allem grobe Gewaltdelikte, schwere Rauschgiftdelikte, erhebliche Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, unter Umständen schwere Brandstiftung) oder
• Art und Schwere der begangenen Tat (vor allem grobe Gewaltdelikte, schwere Rauschgiftdelikte, erhebliche Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, unter Umständen schwere Brandstiftung) oder
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Viele der Risikoprobanden haben infolge ihrer negativen Sozialprognose eine erhebliche Freiheitsstrafe vollständig verbüßt und bedürfen daher nach der Entlassung aus der Haft besonderer Kontrolle und Unterstützung.
Viele der Risikoprobanden haben infolge ihrer negativen Sozialprognose eine erhebliche Freiheitsstrafe vollständig verbüßt und bedürfen daher nach der Entlassung aus der Haft besonderer Kontrolle und Unterstützung.
Dieser Personenkreis wird bei der Bewährungshilfe und Strafvollstreckungsbehörde als Risikoprobanden geführt. Die Einstufung von Probanden als "Risikoproband" erfolgt zu 63 % durch die Führungsaufsichtsstellen bei den Landgerichten, zu 21 % von Gerichten und Strafvollstreckungskammern, zu 7 % von den Bewährungshelfern und zu 6 % durch die Staatsanwaltschaften  Der Begriff Risikoproband wird nach meinen Erkenntnissen nur in Bayern geführt.
Dieser Personenkreis wird bei der Bewährungshilfe und Strafvollstreckungsbehörde als Risikoprobanden geführt. Die Einstufung von Probanden als "Risikoproband" erfolgt zu 63 % durch die Führungsaufsichtsstellen bei den Landgerichten, zu 21 % von Gerichten und Strafvollstreckungskammern, zu 7 % von den Bewährungshelfern und zu 6 % durch die Staatsanwaltschaften  Der Begriff Risikoproband wird nach meinen Erkenntnissen nur in Bayern geführt.


Führungsaufsicht  
'''Führungsaufsicht'''


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In § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB ist deshalb vorgesehen, dass bei der Vollverbüßung einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat oder einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr  wegen einer in § 181 b StGB genannten Straftat kraft Gesetzes Führungsaufsicht eintritt.  
In § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB ist deshalb vorgesehen, dass bei der Vollverbüßung einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat oder einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr  wegen einer in § 181 b StGB genannten Straftat kraft Gesetzes Führungsaufsicht eintritt.  




 
'''Einstufung von Führungsaufsichtsprobanden zu Risikoprobanden'''
 
 
 
 
Einstufung von Führungsaufsichtsprobanden zu Risikoprobanden


Die Führungsaufsichtsprobanden die nach § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB oder § 181 b StGB, ihre Freiheitsstrafe vollverbüßt haben werden der Führungsaufsichtstelle unterstellt.  Die Einstufung zum Risikoprobanden obliegt  der Führungsaufsichts-stelle.
Die Führungsaufsichtsprobanden die nach § 68 f Abs. 1 Satz 1 StGB oder § 181 b StGB, ihre Freiheitsstrafe vollverbüßt haben werden der Führungsaufsichtstelle unterstellt.  Die Einstufung zum Risikoprobanden obliegt  der Führungsaufsichts-stelle.
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Behandlung von Bewährungsprobanden als Risikoprobanden
'''Behandlung von Bewährungsprobanden als Risikoprobanden'''


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Wenn der Bewährungshilfe bei der Beobachtung der Lebensführung Umstände erkennt, die auf Gefährdungsmomente und Rückfallrisiken hindeuten, behandelt er den Bewährungsprobanden als Risikoprobanden und macht es aufgrund der Kriterienliste aktenkundig. Diese Statusänderung wird dem zuständigen Gericht gemeldet.  
Wenn der Bewährungshilfe bei der Beobachtung der Lebensführung Umstände erkennt, die auf Gefährdungsmomente und Rückfallrisiken hindeuten, behandelt er den Bewährungsprobanden als Risikoprobanden und macht es aufgrund der Kriterienliste aktenkundig. Diese Statusänderung wird dem zuständigen Gericht gemeldet.  


Zusätzliche Leistungen im Kontroll – und  Unterstützungsprozess für Risikoprobanden.
'''Zusätzliche Leistungen im Kontroll – und  Unterstützungsprozess für Risikoprobanden.'''
 
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Die Kontrolle und Unterstützung von Probanden, die aufgrund ihrer Gefährlichkeit ein besonderes Risiko für die Gesellschaft darstellen, erfolgen nach der Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 7.04.1987 und 10.03.1999.
Die Kontrolle und Unterstützung von Probanden, die aufgrund ihrer Gefährlichkeit ein besonderes Risiko für die Gesellschaft darstellen, erfolgen nach der Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 7.04.1987 und 10.03.1999.
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1. Welche Situation könnte bei mir zum Rückfall führen?
1. Welche Situation könnte bei mir zum Rückfall führen?
2. Wie will ich mich verhalten? Welche Alternativen habe ich?
2. Wie will ich mich verhalten? Welche Alternativen habe ich?
3. Ich wende mich sofort an: Name, Adresse, Telefonnummer.
3. Ich wende mich sofort an: Name, Adresse, Telefonnummer.


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• Bei Gefahr in Verzug informiert die Bewährungshilfe in Führungsaufsichts-fällen neben der Aufsichtsstelle und das Gericht auch die örtliche zuständige Polizeiinspektion unter Angabe der zu erwarteten Gefahr die vom Probanden ausgehen könnte.
• Bei Gefahr in Verzug informiert die Bewährungshilfe in Führungsaufsichts-fällen neben der Aufsichtsstelle und das Gericht auch die örtliche zuständige Polizeiinspektion unter Angabe der zu erwarteten Gefahr die vom Probanden ausgehen könnte.
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Quellenhinweis:
Qualitätsstandards der Bewährungshilfe in Bayern
Intranet Justiz Bayern
31.738

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