Punitivität: Unterschied zwischen den Versionen

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In der einflußreichen und breit angelegten Studie von Garland (2001) wird ein verschärftes Sanktionsklima als Reaktion auf einen in den letzten Jahrzehnten augenscheinlich gewordenen Kriminalitätsanstieg gedeutet. Im harten und expressiven Strafen zeige sich der Versuch des Staates, seine traditionelle, aber mittlerweile illusorisch gewordene Rolle als Beschützer seiner Bürger vor Feinden nicht nur von außen, sondern auch von innen symbolisch zu bekräftigen und seine Macht gegenüber den Feinden von innen zu demonstrieren.
In der einflußreichen und breit angelegten Studie von Garland (2001) wird ein verschärftes Sanktionsklima als Reaktion auf einen in den letzten Jahrzehnten augenscheinlich gewordenen Kriminalitätsanstieg gedeutet. Im harten und expressiven Strafen zeige sich der Versuch des Staates, seine traditionelle, aber mittlerweile illusorisch gewordene Rolle als Beschützer seiner Bürger vor Feinden nicht nur von außen, sondern auch von innen symbolisch zu bekräftigen und seine Macht gegenüber den Feinden von innen zu demonstrieren.


In der [[Kritische Kriminologie | kritischen Kriminologie]] verlaufen die Diskussionslinien anders: Auf einer Seite wird einer Kriminologie, die sich nicht in erster Linie um die Delegitimierung von Strafbedürfnissen bemüht, Populismus vorgeworfen (Cremer-Schäfer und Steinert 1998). In anderen Teilen der kritischen Kriminologie wird Punitivität als neuer »Schlüsselbegriff« (Lautmann und Klimke 2004) gehandelt. Einerseits ist man damit in der Lage, nicht nur den Täter und seine Taten, den klassischen Mittelpunkt der Perspektive der administrativen Kriminologie zu thematisieren, sondern auch die gesellschaftliche Reaktion darauf: Gesellschaftliche Verhältnisse und die Instanzen sozialer Kontrolle werden wieder Gegenstand der Diskussion. Andererseits berührt Punitivität auch Fragen der Menschen- und Bürgerrechte, die das Thema auch für eine Diskussion mit größerer Öffentlichkeitswirkung attraktiv werden lassen. Der Begriff steht somit in einer Tradition mit dem des [[Abolitionismus]], der um 1980 ähnliche Anstöße geben konnte.  
In der [[Kritische Kriminologie | kritischen Kriminologie]] verlaufen die Diskussionslinien anders: Auf einer Seite wird einer Kriminologie, die sich nicht in erster Linie um die Delegitimierung von Strafbedürfnissen bemüht, Populismus vorgeworfen (Cremer-Schäfer und Steinert 1998). In anderen Teilen der kritischen Kriminologie wird Punitivität als neuer »Schlüsselbegriff« (Lautmann und Klimke 2004) gehandelt. Einerseits ist man damit in der Lage, nicht nur den Täter und seine Taten, den klassischen Mittelpunkt der Perspektive der administrativen Kriminologie zu thematisieren, sondern auch die gesellschaftliche Reaktion darauf: Gesellschaftliche Verhältnisse und die Instanzen sozialer Kontrolle werden wieder Gegenstand der Diskussion. Andererseits berührt Punitivität auch Fragen der Menschen- und Bürgerrechte, die das Thema auch für eine Diskussion mit größerer Öffentlichkeitswirkung attraktiv werden lassen. Der Begriff steht daher in einer Tradition mit dem des [[Abolitionismus]], der um 1980 ähnliche Anstöße geben konnte.
 
<b>Im internationalen und Vergleich (etwa Kesteren et&nbsp;al. 2000, Besserer 2002, Roberts et&nbsp;al. 2002, Kommerer 2004) wird deutlich, daß das Verhältnis von Verhalten und gesellschaftlicher Reaktion, von Verbrechen und [[Strafe]] kein naturgegebenes und zwangsläufiges ist, sondern durchaus variabel.</b>


== Verwandte Konzepte und Begriffe ==
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