Organisierte Kriminalität: Unterschied zwischen den Versionen

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== Organisierte Kriminalität (OK) ==


== Definitionen ==


Die "offizielle" Definition in Deutschland für Organisierte Kriminalität erfolgte am 01.05.1991 durch die AG Polizei / Justiz, die in der Anlage E, Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) festgeschrieben worden ist.
Danach soll "Organisierte Kriminalität" (OK) sein: "die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die Einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig
• unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
• unter Anwendung von [[Gewalt]] oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
• unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft
zusammenwirken."


Nach diesem Definitionsvorschlag umfasst der Begriff - ungeachtet des tatsächlichen Organisationsgrades dieser Delikte - nicht Phänomene von [[Terror, Terrorismus]].


== Allgemeines ==


In der öffentlichen Diskussion unserer Zeit wird der Begriff der organisierten Kriminalität häufig für alle Arten von gemeinschaftlicher Begehung von Straftaten verwendet. Dabei handelt es sich meist jedoch um gewerbsmäßige Tatbegehungsweisen, die nicht unter dem Begriff der OK definiert werden können, wie z.B. gewerbsmäßig und Bande. Entsprechend wird damit nicht selten das Bild einer geheimbundartigen, im Verborgenen agierenden Gemeinschaft verbunden. Medien, teilweise auch Künstler und Journalisten, projizieren ein von Mythen umranktes Bild in die gesellschaftliche Wirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland. Befördert wird dieser Umstand dadurch, dass Strafverfolgungsbehörden und Wissenschaftler von Verschleierungstendenzen und einem großen Dunkelfeld im Bereich der OK sprechen.
Kritik für diese offizielle Definitionen kommen unter anderem von Heiner Busch, der dazu ausführt:" Wie sehr es sich hier um eine Nicht-Definition handelt, zeigt sich schon allein daran, daß in einem einzigen Satz siebenmal das Wort "oder" auftaucht."
Bei der Organisierten Kriminalität handelt es sich jedoch um syndikatsähnliche Erscheinungsformen, die sich in früherer Zeit fast ausschließlich in den Vereinigten Staaten von Amerika vorfanden.


== Definitionen ==


Unter dem Begriff "Organisierte Kriminalität" versteht man im weitesten Sinne eine besondere Art gemeinschaftlicher krimineller Betätigung, die sich durch eine strenge hierarchiesche Gliederung sowie durch kaufmännisch geplantes und kontrolliertes Vorgehen auszeichnet.
Die Erscheinungsformen innerhalb der Organisierten Kriminalität sind sehr vielfältig. Die Organisationen sind innerlich strukturiert und streng hierarchisch aufgebaut. Weiterhin kommen ethnische Solidarität, die gemeinsame Sprache, Sitten und familiäre Hintergründe hinzu. Dabei haben die Mitglieder häufig noch zusätzlich geschäftliche und kriminell genutzte Verbindungen untereinander, die häufig einen hohen Bindungsgrad haben.  




Die offizielle Definition in Deutschland für Organisierte Kriminalität lautet:
Weitere Definitionen von "OK" finden sich in der kriminologischen Literatur. So bezeichnet zum Beispiel Hans-Jürgen Kerner, 1974 die "Organisierte Kriminalität" als ein geordnetes Zusammenwirken mehrerer Personen, die auf Dauer direkt oder indirekt
geschäftsmäßig durch Beschaffung und Anbieten von gesetzlich verbotenen oder kontrollierten Produkten oder Leistungen, durch Besitznahme bzw. Kontrolle legaler Unternehmen, durch strafbare Handlungen in Bereicherungsabsicht, durch Anstreben von tatsächlichen Monopolen, durch illegale Methoden regelmäßig verdeckte Gewinne oder Einfluß in Bereiche des öffentlichen Lebens (Wirtschaft, Verwaltung, Politik) zu erlangen suchen.
Methoden sind hierbei Ausbeuten, Erpressung, Drohung, Gewalt, Zwangsschutz, Terror und aktive Bestechung.
Diesem illegalen Streben kommen Bedürfnisse und Nachfragen der Bevölkerung entgegen wie u.a. Alkohol, Prostitution, Massage, Striptease, Pornographie, Rauschgift, Waffen.


Organisierte Kriminalität (Abkürzung OK) ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die Einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig
• unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
• unter Anwendung von [[Gewalt]] oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
• unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft
zusammenwirken.


Eine weitere Definition wurde 1986 durch Hans Fernstädt erstellt. Danach umfaßt "Organisierte Kriminalität" im Sinne einer kriminalistisch/kriminologischen Begriffsbestimmung Straftaten, die von mehr als zweistufig gegliederten Verbindungen oder von mehreren Gruppen in arbeitsteiligem Zusammenwirken begangen werden, um Gewinne zu erzielen oder Einfluß im öffentlichen Leben zu nehmen.


Der Begriff umfasst nicht Straftaten des [[Terror, Terrorismus]].


Die Erscheinungsformen innerhalb der Organisierten Kriminalität sind sehr vielfältig. Die Organisationen sind innerlich strukturiert und streng hierarchisch aufgebaut. Weiterhin kommen ethnische Solidarität, die gemeinsame Sprache, Sitten und familiäre Hintergründe hinzu. Dabei haben die Mitglieder häufig noch zusätzlich geschäftliche und kriminell genutzte Verbindungen untereinander, die häufig einen hohen Bindungsgrad haben.




                           
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'''Person 1'''    +Passende kriminelle Disposition+      '''Person2'''       


'''Person 1'''    +Passende kriminelle Disposition+      ''' Person 2  ''' 
Vertrauensbasis (Verwandschaft,
                               
Freundschaft, Zugehörigkeit zu  
                    Vertrauensbasis (Verwandschaft,
ethnischer Gruppe)
                    Freundschaft, Zugehörigkeit zu  
                        ethnischer Gruppe)
   
   
Ein Beispiel:
Die Grundkonstellation sieht so aus: Zwei Personen haben die gleichen kriminellen Dispositionen und wollen zusammen agieren. Bei der Betrachtung von kriminellen Netzwerken ist es wichtig, dass sie die gleichen kriminellen „Interessen“ haben. Sollten Vorbehalte des kriminellen (z.B. Verdeckter Ermittler?) aus dem Weg geräumt sein, liegt eine vertrauensvolle Basis vor (z.B. gemeinsame Jugend, Gefängnis etc.)
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Die Definition der OK ist keine Strafrechtsnorm an sich. Die Definition ist für Strafverfolgungsbehörden (Fachdienststellen) gedacht, die im Bereich der OK-Bekämpfung tätig sind und andere Delikte abgrenzen, um gegen die Organisierte Kriminalität vorzugehen.
Die Definition der OK ist keine Strafrechtsnorm an sich. Die Definition ist für Strafverfolgungsbehörden (Fachdienststellen) gedacht, die im Bereich der OK-Bekämpfung tätig sind und andere Delikte abgrenzen, um gegen die Organisierte Kriminalität vorzugehen.


== Entwicklung der OK in Deutschland ==
== Allgemeines ==
 
Unter dem Begriff "Organisierte Kriminalität" versteht man im weitesten Sinne eine besondere Art gemeinschaftlicher krimineller Betätigung, die sich durch eine strenge hierarchische Gliederung sowie durch kaufmännisch geplantes und kontrolliertes Vorgehen auszeichnet.
 
In der öffentlichen Diskussion wird der Begriff der organisierten Kriminalität häufig für alle Arten von gemeinschaftlicher Begehung von Straftaten verwendet. Dabei handelt es sich meist jedoch um gewerbsmäßige Tatbegehungsweisen, die nicht unter dem Begriff der OK definiert werden können, wie z.B. gewerbsmäßig und Bande. Entsprechend wird damit nicht selten das Bild einer geheimbundartigen, im Verborgenen agierenden Gemeinschaft verbunden. Medien, teilweise auch Künstler und Journalisten, projizieren ein von Mythen umranktes Bild in die gesellschaftliche Wirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland. Befördert wird dieser Umstand dadurch, dass Strafverfolgungsbehörden und Wissenschaftler von Verschleierungstendenzen und einem großen Dunkelfeld im Bereich der OK sprechen.
Bei der Organisierten Kriminalität handelt es sich jedoch um syndikatsähnliche Erscheinungsformen, die sich in früherer Zeit fast ausschließlich in den Vereinigten Staaten von Amerika vorfanden.
 
 
 
 
 
 
== Entwicklung der OK in Deutschland == '''In Bearbeitung'''




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*Zunehmend straffere Organisation innerhalb der Tätergruppen
*Zunehmend straffere Organisation innerhalb der Tätergruppen
*Planvollere Tatausführung
*Planvollere Tatausführung
*Orientierung an besonders gewinnträchtigen Bereichen
*Orientierung an besonders gewinnträchtigen Bereichen (z.B. dem [[Menschenhandel]])
*Ausüben von Druck auf Zeugen und Mittäter
*Ausüben von Druck auf Zeugen und Mittäter
*Konspiration  
*Konspiration  
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In den folgenden Jahren entwickelte sich unter Wissenschaftlern und Praktikern ein Meinungsstreit über Existenz und Inhalt von OK. Erste Definitionsentwürfe entstehen. Für die Praxis der Strafverfolgung erwuchs die Notwendigkeit, das OK phänomenologisch zuzuordnen und zu definieren.
In den folgenden Jahren entwickelte sich unter Wissenschaftlern und Praktikern ein Meinungsstreit über Existenz und Inhalt von OK. Erste Definitionsentwürfe entstehen. Für die Praxis der Strafverfolgung erwuchs die Notwendigkeit, das OK phänomenologisch zuzuordnen und zu definieren.


== Internationale Entwicklung ==
== Internationale Entwicklung == '''In Bearbeitung'''




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'''1919'''  
'''1919'''  
Prohibition (totale Alkoholverbot) Mafia bis dahin nur unter Landsleuten bekannt. Danach finanzielle neue Möglichkeiten durch Alkoholherstellung.
Prohibition (totale Alkoholverbot) Mafia bis dahin nur unter Landsleuten bekannt. Danach finanzielle neue Möglichkeiten durch Alkoholherstellung. In dem gleichen Jahr wird der Begriff des "organiced crime" erstmals in Chicago, USA, verwendet und ist nunmehr über 80 Jahre alt.


'''1933'''
'''1933'''
Die in der Prohibitionszeit gut organisierten Banden von Alkoholschmugglern und Händlern suchten sich nach '''1933''' neue Betätigungsfelder. Sie fanden sie zunächst im Glücksspiel, dem Rauschgiftschmuggel und –handel sowie im Bereich der Prostitution. Die dominierende Rolle italo-amerikanischer Tätergruppen hat ihren Ursprung nicht nur in den 2,1 Millionen italienischen Auswanderern, die bis zum Ausbruch des 1.Weltkrieges in die USA kamen.  
Die in der Prohibitionszeit gut organisierten Banden von Alkoholschmugglern und Händlern suchten sich nach '''1933''' neue Betätigungsfelder. Sie fanden sie zunächst im [[Glücksspiel]], dem Rauschgiftschmuggel und –handel sowie im Bereich der Prostitution. Die dominierende Rolle italo-amerikanischer Tätergruppen hat ihren Ursprung nicht nur in den 2,1 Millionen italienischen Auswanderern, die bis zum Ausbruch des 1.Weltkrieges in die USA kamen.  
Sie steht auch in Verbindung der mit der Machtergreifung Mussolinis verbundenen Kampfansage gegen die sizilianische Mafia und die neapolitanische Camorra, die eine Vielzahl ehemaliger Mitglieder dieser Organisation vertrieb.
Sie steht auch in Verbindung der mit der Machtergreifung Mussolinis verbundenen Kampfansage gegen die sizilianische Mafia und die neapolitanische Camorra, die eine Vielzahl ehemaliger Mitglieder dieser Organisation vertrieb.


==Phänomenologische und ätiologische Aspekte der Organisierten Kriminalität==
==Phänomenologische und ätiologische Aspekte der Organisierten Kriminalität==


 
'''In Bearbeitung'''
Folgt man der Definition der OK und beachtet die Erkenntnisse zu den aktuellen Erscheinungsformen und den bisher durchgeführten Analyseprojekten zu diesem Phänomenbereich, so lässt sich im Ergebnis ein klar umrissenes Oberziel organisierter Gruppierungen feststellten: Die planmäßige Begehung von Straftaten vor dem Motivhintergrund Streben nach Macht und/oder Gewinn.
Folgt man der Definition der OK und beachtet die Erkenntnisse zu den aktuellen Erscheinungsformen und den bisher durchgeführten Analyseprojekten zu diesem Phänomenbereich, so lässt sich im Ergebnis ein klar umrissenes Oberziel organisierter Gruppierungen feststellten: Die planmäßige Begehung von Straftaten vor dem Motivhintergrund Streben nach Macht und/oder Gewinn.


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'''In Bearbeitung'''


== Probleme ==
== Probleme ==
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Anlage E, Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) in der ab 01.05.1991 bundeseinheitlich geltenden Fassung
Anlage E, Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) in der ab 01.05.1991 bundeseinheitlich geltenden Fassung
Rebscher, Erich/Vahlenkamp, Werner, Organisierte Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland: Bestandsaufnahme, Entwicklungstendenzen und Bekämpfung aus der Sicht der Polizeipraxis, Wiesbaden: Bundeskriminalamt, 1988
Klaus von Lampe, Organized Crime: Begriff und Theorie organisierter Kriminalität in den USA, Frankfurt am Main: Lang, Frankfurter kriminalwissenschaftliche Studien 67, 1999.
Heiner Busch in: Demokratie und Recht 4/1992, S. 382
Kerner: zit. n. LKA NRW, Tischvorlage zur 71. Sitzung der AG Kripo am 17./18. September 1975, Anlage, S. 16
== Zitat ==
*"Organized crime is a plight on our nation. While many young Americans are lured into a career of crime by its promise of an easy life, most criminals actually must work long hours, frequently in buildings without air conditioning" (Woody Allen in: "Getting even"; 1978)