Normgenese: Unterschied zwischen den Versionen

54 Bytes hinzugefügt ,  13:00, 11. Mär. 2010
K
Zeile 113: Zeile 113:
=== 3.1 Normgenese aus Sicht des Labeling Approaches ===
=== 3.1 Normgenese aus Sicht des Labeling Approaches ===


In den 1970’er Jahren brachte die Kritische Kriminologie, namentlich an dieser Stelle zu erwähnen, Fritz Sack, einen Paradigmenwechsel, der die bisherigen Grundannahmen ätiologischer Theorien in Frage stellte. Waren es zuvor positivistische Annahmen über eine biologisch, psychologisch, oder soziologisch begründete Determiniertheit menschlichen Verhaltens, welche den kriminologischen Diskurs beherrschten, so erkannte die Kritische Kriminologie den Akteuren „Rationalität“, „Authentizität“, „Kompetenz und Verantwortlichkeit“ (Sack, 1993, S. 335) zu.
In den 1970’er Jahren brachte die Kritische Kriminologie, namentlich an dieser Stelle zu erwähnen, [http://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Sack Fritz Sack], einen Paradigmenwechsel, der die bisherigen Grundannahmen ätiologischer Theorien in Frage stellte. Waren es zuvor positivistische Annahmen über eine biologisch, psychologisch, oder soziologisch begründete Determiniertheit menschlichen Verhaltens, welche den kriminologischen Diskurs beherrschten, so erkannte die Kritische Kriminologie den Akteuren „Rationalität“, „Authentizität“, „Kompetenz und Verantwortlichkeit“ (Sack, 1993, S. 335) zu.
Ausgestattet mit dem Rüstzeug des Labeling Approach machte sich die Kritische Kriminologie daran die undifferenzierte Akzeptanz gesellschaftlicher Normen und Moralvorstellungen, sowie die daraus resultierende Marginalisierung devianten Verhaltens, zu hinterfragen. Normen büßen, im Lichte dieser Betrachtung, ihren vorsozialen Pathos ein und werden schließlich zu variablen Produkten gesellschaftlichen Interessenhandelns. Durch den Prozess der Normgenese werden bestimmte Verhaltensweisen als abweichend bezeichnet. Dieser Zuschreibungsprozess verläuft individuell und kontextabhängig, je nach der ihn beherbergenden Gesellschaft. So richtet der Labeling Approach den Blick vom (devianten) Individuum auf gesamtgesellschaftliche Definitions- und Aushandlungsprozesse. Verkürzt könnte man, in gewollter Anlehnung an den §1 StGB also auch sagen: „Keine Straftat ohne Gesetz“.
Ausgestattet mit dem Rüstzeug des [[Labeling|Labeling Approach] machte sich die Kritische Kriminologie daran die undifferenzierte Akzeptanz gesellschaftlicher Normen und Moralvorstellungen, sowie die daraus resultierende Marginalisierung devianten Verhaltens, zu hinterfragen. Normen büßen, im Lichte dieser Betrachtung, ihren vorsozialen Pathos ein und werden schließlich zu variablen Produkten gesellschaftlichen Interessenhandelns. Durch den Prozess der Normgenese werden bestimmte Verhaltensweisen als abweichend bezeichnet. Dieser Zuschreibungsprozess verläuft individuell und kontextabhängig, je nach der ihn beherbergenden Gesellschaft. So richtet der Labeling Approach den Blick vom (devianten) Individuum auf gesamtgesellschaftliche Definitions- und Aushandlungsprozesse. Verkürzt könnte man, in gewollter Anlehnung an den §1 StGB also auch sagen: „Keine Straftat ohne Gesetz“.
Carolin Reese schreibt zur Bedeutung der Normgenese folgendes:
Carolin Reese schreibt zur Bedeutung der Normgenese folgendes:
„Insbesondere die Normgenese geriet verstärkt in den Blick der Kriminologen; damit einher ging ein völlig anderes Verständnis der Definition von Kriminalität. Die letztlich als kriminell eingestufte Handlung sei nur ein Teil des schwierigen Prozesses der Kriminalisierung, fraction sei sie statt action“ (Reese, 2004, S. 110).
„Insbesondere die Normgenese geriet verstärkt in den Blick der Kriminologen; damit einher ging ein völlig anderes Verständnis der Definition von Kriminalität. Die letztlich als kriminell eingestufte Handlung sei nur ein Teil des schwierigen Prozesses der Kriminalisierung, fraction sei sie statt action“ (Reese, 2004, S. 110).
45

Bearbeitungen