Naikan: Unterschied zwischen den Versionen

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== Ursprung ==
== Ursprung ==
Naikan wurde in den 1950er Jahren von dem buddhistischen Geschäftsmann [[Yoshimoto Ishin]](1916-1988), einem Mitglied der [[Jodo Shinshu]] Sekte. Seine Absicht war es, die Introspektion, die ihm durch die anstrengende und komplizierte Meditationsmethode [[mishirabe]] ermöglicht worden war, einem weiteren Kreis von Personen zugänglich zu machen. Er führte die Methode im japanischen Strafvollzug ein. Nach einer Evaluationsstudie von Akira Ishii aus den 1980er Jahren wiesen Naikan-Teilnehmer eine um rund ein Viertel niedrigere Rückfallquote als Nicht-Naikan-Teilnehmer auf (Müller-Ebling 2008: 184).
Naikan wurde in den 1950er Jahren von dem buddhistischen Geschäftsmann [[Yoshimoto Ishin]](1916-1988), einem Mitglied der [[Jodo Shinshu]] Sekte. erfunden.
Seine Absicht war es, die Introspektion, die ihm durch die anstrengende und komplizierte Meditationsmethode [[mishirabe]] ermöglicht worden war, einem weiteren Kreis von Personen zugänglich zu machen. Er führte die Methode im japanischen Strafvollzug ein. Nach einer Evaluationsstudie von Akira Ishii aus den 1980er Jahren wiesen Naikan-Teilnehmer eine um rund ein Viertel niedrigere Rückfallquote als Nicht-Naikan-Teilnehmer auf (Müller-Ebling 2008: 184).


== Methode ==
== Methode ==
Drei Fragen strukturieren den Prozess:
Bei Naikan geht es darum, innerlich - in aller unabgelenkten Stille - sich mit drei Fragen auseinanderzusetzen.
*"Was hat mir ein bestimmter Mensch Gutes getan?
 
*Was hat mir ein bestimmter Mensch Gutes getan?
*Was habe ich diesem Menschen Gutes getan?
*Was habe ich diesem Menschen Gutes getan?
*Welche Schwierigkeiten habe ich dieser Person bereitet?
*Welche Schwierigkeiten habe ich dieser Person bereitet?


Diese Fragen werden innerlich, in der Stille, beantwortet. Begonnen wird mit der Mutter, für jeweils aufeinanderfolgende Lebensabschnitte von etwa fünf Jahren. Dabei wird das gesamtes Leben mit der Mutter betrachtet, von der Geburt bis zur letzten Erinnerung. Dies wird mit allen wichtigen [[Bezugsperson]]en wiederholt. Der Naikan-Leiter kommt in regelmäßigen Abständen an den Platz und begleitet den Naikan-Praktizierenden bei dieser besonderen Schau der Vergangenheit.
Begonnen wird mit der Mutter, für jeweils aufeinanderfolgende Lebensabschnitte von etwa fünf Jahren. Dabei wird das gesamtes Leben mit der Mutter betrachtet, von der Geburt bis zur letzten Erinnerung. Dies wird mit allen wichtigen [[Bezugsperson]]en wiederholt. Der Naikan-Leiter kommt in regelmäßigen Abständen an den Platz und begleitet den Naikan-Praktizierenden bei dieser Schau der Vergangenheit.


Dabei  geht es in der
Dabei  geht es in der
*1.Frage um die Beziehungen (zur Mutter, zum Vater,..)
*1.Frage um die Beziehungen (zur Mutter, zum Vater,..)
*2.Frage um das Miteinander im Tun mit der entsprechenden Bezugsperson. Hier tritt eine erste Beschämung auf: Ich habe für sie nichts oder wenig gemacht...
*2.Frage um das Miteinander im Tun mit der entsprechenden Bezugsperson. Hier tritt eine erste Beschämung auf: Ich habe für sie nichts oder wenig gemacht...
*3.Frage um die soziale Verantwortung, das ist meist schmerzhaft und spricht das Ehr- u Schamgefühl an. Oft kommt es dann zu Tränen. Sie führt dann dazu, aktiv die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Sie lehrt, sich selbst von außen zu sehen. Und wenn ich das kann, dann beziehe ich das auch auf andere Menschen und kann mich in sie hineinversetzen. Eine Stärkung der sozialen Kompetenz ist die Folge.
*3.Frage um die soziale Verantwortung, das ist meist schmerzhaft und spricht das Ehr- u Schamgefühl an. Oft kommt es dann zu Tränen. Sie führt dann dazu, aktiv die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Sie lehrt, sich selbst von außen zu sehen. Das kann das Empathievermögen und die soziale Kompetenz stärken.


Claudia Müller-Ebeling (2008: 184) schreibt zu den Zielen von Naikan-Übungen: "Diesesr Prozess der Innenschau bewirkt eine Veränderung der eigenen Perspektive. Man erkennt die Tragweite der Selbstverantwortung und wie sehr man tatsächlich seines eigenen Glückes Schmied ist. Die Konzentration auf diese drei Fragen und das Fehlen der vierten Frage 'Welche Schwierigkeiten haben andere mir bereitet?', die normalerweise unseren inneren Monolog beherrscht, führen dazu, dass man sich als Handlender und nicht als Opfer wahrnimmt."
Claudia Müller-Ebeling (2008: 184) schreibt zu den Zielen von Naikan-Übungen: "Diesesr Prozess der Innenschau bewirkt eine Veränderung der eigenen Perspektive. Man erkennt die Tragweite der Selbstverantwortung und wie sehr man tatsächlich seines eigenen Glückes Schmied ist. Die Konzentration auf diese drei Fragen und das Fehlen der vierten Frage 'Welche Schwierigkeiten haben andere mir bereitet?', die normalerweise unseren inneren Monolog beherrscht, führen dazu, dass man sich als Handlender und nicht als Opfer wahrnimmt."


Naikan beruht auf der Idee, dass wir unsere [[Persönlichkeit]] und Sicht der Welt selbst erschaffen haben, und damit auch viele unserer Blockaden und [[Konflikt]]e. Naikan soll eine Möglichkeit bieten, die eigene Vergangenheit, andere Menschen und sich selbst in neuem Licht zu sehen. Naikan hat nicht zum Ziel, die Persönlichkeit zu verändern. Es gibt im Naikan keinen [[Therapeut]]en, keine [[Interpretation]]en, keine Kommentare, und es finden weder [[Dialog]]e noch Gruppenprozesse statt. Alles, was geübt wird, ist eine neue [[Wahrnehmung]], die alte Blockaden und Beziehungsmuster auflösen soll.  
Naikan macht es möglich, die eigene Vergangenheit, andere Menschen und sich selbst in neuem Licht zu sehen. Ziel ist nicht die Veränderung der Persönlichkeit. Es gibt keinen [[Therapeut]]en, keine [[Interpretation]]en, keine Kommentare. Es finden weder [[Dialog]]e noch Gruppenprozesse statt. Alles, was geübt wird, ist eine neue [[Wahrnehmung]], die alte Blockaden und Beziehungsmuster auflösen soll.  


Erinnert werden sollen nur tatsächliche Ereignisse - alle [[Meinung]]en, [[Wertung]]en und Interpretationen werden beiseite gelassen. Die Fragen klingen einfach, doch sie sollen tief in die innere Erlebniswelt führen und nach und nach ihre Wirkung entfalten.
Erinnert werden sollen nur tatsächliche Ereignisse - alle [[Meinung]]en, [[Wertung]]en und Interpretationen werden beiseite gelassen. Die Fragen klingen einfach, doch sie sollen tief in die innere Erlebniswelt führen und nach und nach ihre Wirkung entfalten.


Im Naikan werden nicht die Probleme betrachtet, sondern es wird versucht, Lösungen zu erfinden. Diese sollen darin bestehen, das Erlebte anders zu betrachten und soll im psychischen und spirituellen Sinn heilsam und erfüllend wirken. Am Beginn steht eine besondere, intensive Versöhnung mit den Eltern und anderen Angehörigen. Die Naikan-Erfahrung weitet sich aus zu den Beziehungen zu Menschen und Dingen unseres Alltags. Die Wahrnehmung der Welt soll sich verändern.
Im Naikan werden nicht die Probleme betrachtet, sondern es wird versucht, Lösungen zu erfinden. Diese sollen darin bestehen, das Erlebte anders zu betrachten. Am Beginn steht eine besondere, intensive Versöhnung mit den Eltern und anderen Angehörigen. Die Naikan-Erfahrung weitet sich aus zu den Beziehungen zu Menschen und Dingen unseres Alltags.




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