Liwat: Unterschied zwischen den Versionen

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Sure VII, Vers 80f. handelt von der der Lot-Geschichte, die eine Nacherzählung der alt-testamentarischen Mythe von Sodom und Gomorrha ist. Sie thematisiert die von Gott ausgeführte Bestrafung der Sodomiter für ihre maßlosen Begierde. In ihr finden sich auch Andeutungen zu gleichgeschlechtlichem Verkehr:
Sure VII, Vers 80f. handelt von der der Lot-Geschichte, die eine Nacherzählung der alt-testamentarischen Mythe von Sodom und Gomorrha ist. Sie thematisiert die von Gott ausgeführte Bestrafung der Sodomiter für ihre maßlosen Begierde. In ihr finden sich auch Andeutungen zu gleichgeschlechtlichem Verkehr:


:: "Und (wir haben) den Lot (als unseren Boten gesandt). (Damals) als er zu seinen Leuten sagte: 'Wollt ihr denn etwas Abscheuliches begehen, wie es noch keiner von den Menschen in aller Welt vor euch begangen hat? Ihr gebt euch in (eurer) Sinnenlust wahrhaft mit Männern ab, statt mit Frauen. Nein, ihr seid ein Volk, das nicht maßhält". (Quelle)
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''„Und (wir'' [Gott] ''haben) den Lot (als unseren Boten gesandt). (Damals) als er zu seinen Leuten sagte: ‚Wollt ihr denn etwas Abscheuliches begehen, wie es noch keiner von den Menschen in aller Welt vor euch begangen hat? Ihr gebt euch in (eurer) Sinnenlust wahrhaftig mit Männern ab, statt mit Frauen. Nein, ihr seid ein Volk, das nicht maßhält.“''<ref>Übersetzung von Rudi Paret, ''Der Koran,'' 3. Auflage, 1983, S. 115; vgl. Adel Theodor Khoury, ''Der Koran. Arabisch-Deutsch. Übersetzung und wissenschaftlicher Kommentar'', Band 7, Gütersloh 1996, S. 86 und 100-101. Ausführlicher: Andreas Ismail Mohr: „Wie steht der Koran zur Homosexualität?“, in: LSVD Berlin-Brandenburg e.V. (Hrsg.): ''Muslime unter dem Regenbogen. Homosexualität, Migration und Islam.'' Berlin: Querverlag, 2004, S. 9-38; hier S. 12-16 zur Lot-Geschichte.</ref>
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Diese Formulierung taucht in leichten Variationen insgesamt viermal im Koran auf, die Lot-Geschichte 15mal<ref name="Klauda">Klauda, Georg, ''Die Vertreibung aus dem Serail'', 2008, Männerschwarm, Hamburg, S.28 - 63</ref>. Dies ist aber kein Beleg für eine besondere Relevanz, da Wiederholungen ein gängiges Stil-Mittel im Koran sind. Ihre Funktion ist nicht, die Bedeutung der  konkreten (Un)Tat  hervorzuheben, sondern vor allem die Missachtung des Propheten zu problematisieren.<ref name="Schmitt"></ref>
Diese Formulierung taucht in leichten Variationen insgesamt viermal im Koran auf, die Lot-Geschichte 15mal<ref name="Klauda">Klauda, Georg, ''Die Vertreibung aus dem Serail'', 2008, Männerschwarm, Hamburg, S.28 - 63</ref>. Dies ist aber kein Beleg für eine besondere Relevanz, da Wiederholungen ein gängiges Stil-Mittel im Koran sind. Ihre Funktion ist nicht, die Bedeutung der  konkreten (Un)Tat  hervorzuheben, sondern vor allem die Missachtung des Propheten zu problematisieren.<ref name="Schmitt"></ref>


Bezüglich einer konkreten Bestrafung von gleichgeschlechtlichem Geschlechtsverkehr ist der Inhalt von Sure IV, Vers 16 umstritten:
Bezüglich einer konkreten Bestrafung von gleichgeschlechtlichem Geschlechtsverkehr ist der Inhalt von Sure IV, Vers 16 umstritten:
:: "(15) Gegen diejenigen von euren Frauen [Plural], die eine schändliche Tat begehen, müsst ihr vier von euch als Zeugen haben. Wenn sie es bezeugen, dann haltet sie [die Frauen, Plural] in den Häusern fest, bis der Tod sie abberuft oder Gott ihnen einen Ausweg verschafft. (16) Und die beiden [Dual], die es von euch begehen, fügt beiden Ungemach zu. Wenn sie [Dual] dann bereuen und sich bessern, so lasst ab von ihnen [Dual]. Siehe, Gott ist vergebend und barmherzig." (Quelle)
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(15) ''Gegen diejenigen von euren Frauen'' [Plural], ''die eine schändliche Tat begehen, müsst ihr vier von euch als Zeugen haben. Wenn sie es bezeugen, dann haltet sie'' [die Frauen, Plural] ''in den Häusern fest, bis der Tod sie abberuft oder Gott ihnen einen Ausweg verschafft.'' (16) ''Und die beiden'' [Dual], ''die es von euch begehen, fügt beiden Ungemach zu. Wenn sie'' [Dual] ''dann bereuen und sich bessern, so lasst ab von ihnen'' [Dual]. ''Siehe, Gott ist vergebend und barmherzig.''<ref>Sure 4, Verse 15-16. Vgl. die unterschiedlichen Interpretationen auch in den Koranübersetzungen, z.B. [[Rudi Paret]], ''Der Koran. Übersetzung'', 3. Auflage, Stuttgart 1983, S. 61-62; Adel Theodor Khoury, ''Der Koran. Arabisch-Deutsch. Übersetzung und wissenschaftlicher Kommentar'', Band 5, Gütersloh 1994, S. 56 und 61; ''Der edle Qurʾān und die Übersetzung seiner Bedeutungen in die deutsche Sprache'', Übersetzung von ʿAbdullāh [[Frank Bubenheim]] und [[Nadeem Elyas]], Medina, 2004, S. 80; Maulana 3. [[Sadr ud-Din|Sadr-ud-Din]]: ''Der Koran, Arabisch-Deutsch, Uebersetzung, Einleitung und Erklärung'', Berlin, Verlag der Moslemischen Revue, 1939, 2. Auflage Berlin 1964, S. 141.</ref>
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Bestimmte Koran-Ausleger wie >>><<<< deuten die "schändliche Tat" (''fāḥiša'') in Vers 15 als gleichgeschlechtichen Verkehr zwischen Frauen und interpretieren daher den Vers 16 als das Equivalent für Männer. Andere wie >>><<< beziehen die Stelle lediglich auf Unzucht (''zani''), also den nicht durch Heirat legitimierten Geschlechtsverkehr, während der Interpret Abū l-Aʿlā Maudūdī  die Deutung bezogen auf gleichgeschlechtliche Akte explizit ablehnt. (Quelle)  
Nach dem Korankommentator [http://de.wikipedia.org/wiki/At-Tabar%C4%AB At-Tabarī] bezieht sich diese Stelle lediglich auf Unzucht (''zani'')<ref>aṭ-Ṭabarī, ''Tafsīr aṭ-Ṭabari, al-musammā Ǧāmiʿ al-bayān ʿan taʾwīl al-Qurʾān,'' 3. Auflage, Beirut 1999, Band 3, zu Sure 4:15-16; auch ''Tafsīr aṭ-Ṭabari, al-musammā Ǧāmiʿ al-bayān fī taʾwīl al-Qurʾān,'' hg. von Hānī al-Ḥāǧǧ, ʿImād Zakī al-Bārūdī und Ḫairī Saʿd, Kairo: al-Maktaba at-Taufīqiyya, o.J. (2004), Band ((nn)), Teil 4, Seite ((nn-nn)) (wird ergänzt) zu Sure 4:15-16.</ref>, also den nicht durch Heirat legitimierten Geschlechtsverkehr, während der Interpret [http://de.wikipedia.org/wiki/Sayyid_Abul_Ala_Maududi Abū l-Aʿlā Maudūdī] die Deutung bezogen auf gleichgeschlechtliche Akte explizit ablehnt. <ref>Maudūdī, ''Tafhīmu-l-Qurʾān'' ([[Urdu]]), Band I, S. 331-333 zu 4:15-16; englische Übersetzung [16 Bände, Lahore 1967-1988]: S. Abul Aʿlā: Maudūdī, ''The Meaning of the Quran,'' volume II, English Rendering by Ch. Muhammad Akbar, hg. von Abdul Aziz Kamal, 7. Auflage, Lahore 1985, S. 103. 105 und 108.</ref> [http://de.wikipedia.org/wiki/Az-Zamachschar%C4%AB Az-Zamachscharī] stimmt der Auslegung in Bezug auf ''zani'' zu, verweist aber darauf, dass eine Minderheit der Koranausleger die "schändliche Tat" (''fāḥiša'') in Vers 15 als gleichgeschlechtichen Verkehr zwischen Frauen und interpretieren daher den Vers 16 als das Equivalent für Männer.


Zudem ist innerhalb der gegenwärtigen islamischen Theologie umstritten, ob sich diese Anweisung – wenn sie denn auf gleichgeschlechtliche Sexualkontakte anwendbar sein sollte – nur auf historisch bedingte Ausprägungen gleichgeschlechtlicher Sexualität bei den Beduinenvölkern des frühislamischen Orients bezieht oder ob sie auf sämtliche Erscheinungsformen homosexueller Lebensgestaltung in den Gesellschaften der Gegenwart übertragbar ist. So vertritt etwa der [http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralrat_der_Muslime_in_Deutschland Zentralrat der Muslime] eine liberalere Auffassung:
Zudem ist innerhalb der gegenwärtigen islamischen Theologie und unter Muslimen umstritten, ob sich diese Anweisung – wenn sie denn auf gleichgeschlechtliche Sexualkontakte anwendbar sein sollte – nur auf historisch bedingte Ausprägungen gleichgeschlechtlicher Sexualität bei den Beduinenvölkern des frühislamischen Orients bezieht oder ob sie auf sämtliche Erscheinungsformen homosexueller Lebensgestaltung in den Gesellschaften der Gegenwart übertragbar ist. So vertritt etwa der [http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralrat_der_Muslime_in_Deutschland Zentralrat der Muslime] eine liberalere Auffassung:


:: "Heutige Paare stehen nicht mehr vor der Aufgabe, möglichst viele eigene Kinder aufzuziehen, um die Gemeinschaft und das eigene Alter zu sichern; man kümmert sich mit um die Kinder des Partners aus einer früheren Ehe, man versucht, in schwierigen Zeiten seinen Job zu behalten oder einen zu finden; bemüht sich, ein paar Träume zu verwirklichen, gleichzeitig realistisch zu sein und in dem ganzen Chaos halbwegs anständig zu bleiben. All das tun viele Menschen lieber zu zweit als allein; und wieso soll es nicht mit einem Partner gleichen Geschlechts möglich sein? Eben deswegen kann ich mir so schlecht vorstellen, dass Gott etwas dagegen haben soll, wenn sich zwei Menschen lieben. Egal, wie ihre Körper aussehen. Was zählt, denke ich, ist, wie sie miteinander umgehen: ob sie ehrlich sind, vertrauensvoll, zärtlich, hilfsbereit. Das ist wichtig." <ref>[http://www.swr.de/contra/-/id=5743576/property=download/nid=7612/1y2433/Hilal+Sezgin%2C+Januar+2010.pdf Hilal Sezgin, ''Liebe und Gottgefälligkeit'', 2010]  </ref>
<blockquote> "Heutige Paare stehen nicht mehr vor der Aufgabe, möglichst viele eigene Kinder aufzuziehen, um die Gemeinschaft und das eigene Alter zu sichern; man kümmert sich mit um die Kinder des Partners aus einer früheren Ehe, man versucht, in schwierigen Zeiten seinen Job zu behalten oder einen zu finden; bemüht sich, ein paar Träume zu verwirklichen, gleichzeitig realistisch zu sein und in dem ganzen Chaos halbwegs anständig zu bleiben. All das tun viele Menschen lieber zu zweit als allein; und wieso soll es nicht mit einem Partner gleichen Geschlechts möglich sein? Eben deswegen kann ich mir so schlecht vorstellen, dass Gott etwas dagegen haben soll, wenn sich zwei Menschen lieben. Egal, wie ihre Körper aussehen. Was zählt, denke ich, ist, wie sie miteinander umgehen: ob sie ehrlich sind, vertrauensvoll, zärtlich, hilfsbereit. Das ist wichtig." <ref>[http://www.swr.de/contra/-/id=5743576/property=download/nid=7612/1y2433/Hilal+Sezgin%2C+Januar+2010.pdf Hilal Sezgin, ''Liebe und Gottgefälligkeit'', 2010]  </ref></blockquote>


== Hadithen ==
== Hadithen ==
== Rechtsschulen ==
'''Hanafiten'''
'''Schafiten'''
'''Malikiten'''
'''Hanbaliten'''
'''Dschafariten'''
== Prozessrecht ==




== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references>
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