Kritik der Prohibition: Unterschied zwischen den Versionen

 
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Dieses Projekt ist gescheitert. Die Prohibition ist nicht das richtige Mittel zur Erreichung dieses Zwecks.
Dieses Projekt ist gescheitert. Die Prohibition ist nicht das richtige Mittel zur Erreichung dieses Zwecks.


=== Prohibition als ungeeignetes Mittel ===
=== Eignung ===
==== Beispiel Alkoholverbot in den USA (1920-1932) ====
==== Alkoholverbot in den USA (1920-1932) ====




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Diese Gründe sind heute auch wieder aktuell.
Diese Gründe sind heute auch wieder aktuell.


==== Der War on Drugs ====
==== War on Drugs ====
*Investitionen: Weltweit flossen Billionen in den War on Drugs. Eine Billion allein in den USA für die letzten 40 Jahre. (Nach 100 Mio. USA im Jahre 1971 Aufstockung auf bis zu 15 Mia. USD allein für die USA im Jahre 2013.)
*Investitionen: Weltweit flossen Billionen in den War on Drugs. Eine Billion allein in den USA für die letzten 40 Jahre. (Nach 100 Mio. USA im Jahre 1971 Aufstockung auf bis zu 15 Mia. USD allein für die USA im Jahre 2013.)


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==== Reform ====
==== Reform ====
Vier Jahre vor Ablauf der Frist ist die Lage ausgesprochen übersichtlich. Es gibt mehr Drogenanbau als jemals zuvor. Es gibt mehr Drogen als jemals zuvor. Die Drogen sind billiger und besser als jemals zuvor. Die Verfügbarkeit ist so hoch wie nie. Die meisten Drogenkonsumenten kontrollieren ihren Konsum und führen - wenn sie nicht geschnappt werden - ein normales und produktives Leben (Carl Hart). Sie haben keine Probleme mit Drogen, sie haben aber manchmal erhebliche Probleme mit der Polizei (Keith Richards). Der Konsum dieser Drogen ist in der Gesellschaft angekommen. So wie im Laufe der Geschichte immer wieder neue Drogen enkulturiert wurden. Der Prozess der Enkulturation wird sich nicht aufhalten lassen - und braucht auch nicht aufgehalten zu werden. Die Befürchtungen verschwinden im Laufe der Normalisierung.  
Die Erfolglosigkeit der Prohibition kann zu einer bloßen Intensivierung der Anstrengungen im Sinne des ''more of the same'' führen. Bleibt auch eine Vervielfachung der Anstrengungen nach Jahrzehnten immer noch erfolglos, kann nach neuen Methoden zur Erreichung des Ziels gesucht werden. Man kann die Anstrengungen von der Angebots- auf die Nachfrageseite verlagern, man kann strafrechtliche Anstrengungen durch therapeutische ergänzen oder ersetzen - und wenn man dem Ziel der ''drug free world'' trotzdem nicht näherkommt, kann man auch die Ziele der Politik einer Neubewertung unterziehen.
 
Man kann resignierend feststellen: das Ziel einer drogenfreien Welt ist unrealistisch, also müssen wir bescheidener werden. Ein bescheideneres Ziel ist Schadensminimierung. Man akzeptiert die Existenz von Drogen und versucht, die Schäden so gut es geht zu begrenzen. Es ist eine Art Kapitulation vor der Größe der Aufgabe. Eigentlich wäre die beste Schadensminimierung - so könnte man sagen - die völlige Eliminierung der Drogen. Dann gibt es auch keine Schäden durch Drogen. Aber wenn das nicht geht, tut man eben soviel man kann.
 
Tatsache ist eben: Es gibt mehr Drogenanbau als jemals zuvor. Es gibt mehr Drogen als jemals zuvor. Die Drogen sind billiger und besser als jemals zuvor. Die Verfügbarkeit ist so hoch wie nie.
 
Möglicherweise hat diese Situation aber auch mehr zu bedeuten als nur das Versagen der bisherigen Bekämpfung. Vielleicht drückt sich darin auch eine ungelöste Wertproblematik aus. Vielleicht ist die Prohibition mit den Werten der modernen rechtsstaatlichen Gesellschaft nicht vereinbar - und möglicherweise ist sie daran gescheitert.
 
Millionen von Menschen verletzen die Drogengesetze - und zeigen wenig Reue. Sie haben kein Unrechtsbewußtsein. Aber sie hätten ein schlechtes Gewissen, wenn sie einen Betrug, einen Diebstahl, eine Vergewaltigung oder einen Mord begingen.
 
Warum ist das so? Das ist so, weil sie es nicht leiden können, wenn sich der Staat in ihre Privatangelegenheiten einmischt. Und weil wir ihnen beigebracht haben, dass sie in einem freiheitlichen Rechtsstaat leben, in dem sie das Recht haben zu tun und zu lassen, was sie wollen, solange sie nicht andere Menschen verletzen. Und genau das tun sie ja, wenn sie zum Beispiel Cannabis konsumieren.
 
Die meisten Drogenkonsumenten kontrollieren ihren Konsum und führen - wenn sie nicht geschnappt werden - ein normales und produktives Leben (Carl Hart). Sie haben keine Probleme mit Drogen, sie haben aber manchmal erhebliche Probleme mit der Polizei (Keith Richards). Der Konsum dieser Drogen ist in der Gesellschaft angekommen. So wie im Laufe der Geschichte immer wieder neue Drogen enkulturiert wurden. Der Prozess der Enkulturation wird sich nicht aufhalten lassen - und braucht auch nicht aufgehalten zu werden. Die Befürchtungen verschwinden im Laufe der Normalisierung.  


Ziele werden neu definiert. Oft werden illusorische Ziele durch realistische Ziele ersetzt, ideologische Radikalität weicht pragmatischem Handeln. So könnte das Ziel der Eliminierung aller Drogen durch das Ziel der Verminderung von problematischem Konsum ersetzt werden.
Ziele werden neu definiert. Oft werden illusorische Ziele durch realistische Ziele ersetzt, ideologische Radikalität weicht pragmatischem Handeln. So könnte das Ziel der Eliminierung aller Drogen durch das Ziel der Verminderung von problematischem Konsum ersetzt werden.
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=== Der Wert der Freiheit für den Menschen ===
=== Der Wert der Freiheit für den Menschen ===


Menschen wollen frei sein in der Gestaltung ihres Lebens. Sie wollen sich auch ein- und unterordnen, doch sie wollen frei sein in der Entscheidung dafür. Eine Brechung ihres Willens, die sie als Respektlosigkeit empfinden, widerstrebt ihnen sehr und ruft meist den willen zum Widerstand hervor.  
Menschen wollen frei sein in der Gestaltung ihres Lebens. Sie wollen sich auch ein- und unterordnen, doch sie wollen frei sein in der Entscheidung dafür. Eine Brechung ihres Willens, die sie als Respektlosigkeit empfinden, widerstrebt ihnen sehr und ruft meist den willen zum Widerstand hervor.
 
Das Recht auf Drogenkonsum existiert unabhängig von jeder Positivierung (Kant). Es gehört zum Kernbereich des Persoenlichkeitsrechts. Die Grenze der Schädigung anderer wird nicht tangiert. Eine Ausnahme, die eine Prohibition rechtfertigen könnte, ist nicht gegeben: die Entscheidung für den Konsum ist frei und rational genug, die Folgen des Konsums bestehen nicht in einer ausweglosen Versklavung. Für Konsumenten handelt es sich um eine gewollte und riskante Freizeitgestaltung.
 
Superamos a escravidão, superamos a perseguição dos homossexuais, vamos superar esta coisa absurda também, vamos saír da prohibição e de toda a miséria e injustiça que ela traz. Xõ.


Reaktanz ist der Widerstand des kleinen Mannes. Wer in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingreift, wird immer auf Reaktanz stossen, auf ein quasi-instinktives Abwehrverhalten gegenüber dem Anspruch auf Dominanz.  
Reaktanz ist der Widerstand des kleinen Mannes. Wer in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingreift, wird immer auf Reaktanz stossen, auf ein quasi-instinktives Abwehrverhalten gegenüber dem Anspruch auf Dominanz.


=== Der Wert des Rechtsstaats für den Menschen ===
=== Der Wert des Rechtsstaats für den Menschen ===
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Schwule haben ein Recht auf ihre Suche nach ihrem Glueck. Und das ist eine Angelegenheit jedes einzelnen Menschen, die mit der Art und Weise zu tun hat, an was man glauben will, mit wem man sich sexuell verbinden will, oder institutionell, und wie man sich kleidet, frisiert, was man isst, trinkt, raucht oder sonst zu sich nimmt. Alles das sind Grundelemente der persoenlichen Freiheit, die das ausmachen, was man eine freie Gesellschaft nennt.
Schwule haben ein Recht auf ihre Suche nach ihrem Glueck. Und das ist eine Angelegenheit jedes einzelnen Menschen, die mit der Art und Weise zu tun hat, an was man glauben will, mit wem man sich sexuell verbinden will, oder institutionell, und wie man sich kleidet, frisiert, was man isst, trinkt, raucht oder sonst zu sich nimmt. Alles das sind Grundelemente der persoenlichen Freiheit, die das ausmachen, was man eine freie Gesellschaft nennt.


Damit sind wir auch schon bei der Problematik des Drogenverbots. Wird auch die Verfolgung von Drogenkonsumenten einst im Rueckblick als abstossend empfunden werden? Ich glaube, das wird so kommen. Und es sollte so kommen. Und ich bin ueberzeugt, dass das, was das Drogenverbot heute anrichtet, von selbst denkenden Zeitgenossen auch schon heute als abstossend wahrgenommen werden kann. Oder besser: muss.
Damit sind wir auch schon bei der Problematik des Drogenverbots. Künftige Generationen werden hoffentlich mit Schaudern an die Zeit der Drogenverfolgung denken. So wie wir mit Schaudern an die Zeit der Schwulenverfolgung denken. Selbst denkende Zeitgenossen finden die Drogenpolitik schon heute abstoßen.
 
Denn die Absurditaet des Systems liegt auf der Hand. Ebenso wie seine Schaedlichkeit.
 
== Das Recht auf Drogenkonsum ==
Das Recht auf Drogenkonsum existiert unabhaengig von jeder Positivierung (Kant). Es gehoert zum Kernbereich des Persoenlichkeitsrechts. Die Grenze der Schaedigung anderer wird nicht tangiert. Eine Ausnahme, die eine Prohibition rechtfertigen koennte, ist nicht gegeben. Dafuer versklaven die Drogen nicht genug und dafuer ist die Entscheidung der Konsumenten fuer den Konsum zu rational und zu frei. Vorteile des Drogenkonsums fuer die Konsumenten. Riskante Freizeitgestaltung.
 
 
Bsp. Homosexualitaet
 
Entscheidender Grund: der Ansatz, das Angebot zu bekaempfen, funktioniert nicht. Und der andere Weg waere nicht mit Waffen zu erreichen, sondern nur mit Vernunft wie bei Tabak.
 
 
== Strukturelle Absurditaet des Strafrechtseinsatzes ==
 
Jeder ist dem Recht unterworfen, von der einfachen Person bis zu den Inhabern privilegierter Positionen. Normenhierarchie, Gewaltenteilung und Grundrechte.
 
Das setzt voraus, dass die Gesetze verfassungsmaessig sind, d.h. die Freiheit schuetzen, und dass die Gewalten sich an die Gesetze halten.
 
Beides stimmt nicht mehr. Die Strafgesetze folgen der Logik der Ueberkriminalisierung, die Gewalten halten sich nicht an die Gesetze, sie fuehren Krieg und/oder sind korrupt.  
 
Strukturelle Kopplung muesste mit der Lebenswelt der Konsumenten erfolgen. Und mit dem Markt. Angebot legal kontrolliert, Nachfrage mit schwachem Paternalismus beeinflussen. Das wuerde die Freiheitsrechte aller respektieren und die Verfolgung der Interessen des oeffentlichen Gesundheitssystems optimieren.
 
Stattdessen wird die Strategie der Konfrontation, der Repression und der Eliminierung gewaehlt. Es fehlt sozusagen die von Zygmunt Baumann eingeklagte Ambiguitaetstoleranz.
 
1. Keine Anzeigen. Beweisprobleme. Keine Zeugen. Das ist vor allem deshalb ein Problem, weil es keine Anknuepfungspunkte an soziale Interessen dafuer gibt. Waeren Drogensachen Anzeigedelikte mit Geschaedigten, dann koennte das Strafjustizsystem auf deren Interessen reagieren. Das wuerde Art und Umfang der Strafverfolgung bestimmen und begrenzen.
 
Da es sich aber um konsensual begangene Delikte handelt, steht der Staat als proaktiver Akteur da, der selbst ueber Art und Umfang der Verfolgung bestimmt.
 
2. Konstruktion von Zeugen, Situationen, Beweisen. Hang zur artifiziellen Kriminalisierung. Kriminalisierung aus Bequemlichkeit. Invasion der Drogenszene. Assimilation. Teilnahme. Betrug. Weil man die Haendler und Schmuggler nicht kriegt, kriminalisiert man alle Personen und Handlungen und Situationen, die irgendwie mit ihnen zu tun haben. Geldwaesche. Besitz. Konsumenten. Irgendwie wird man sie dann schon kriegen. Jedenfalls dann, wenn man proaktiv vorgeht und geheim und unter falscher Flagge taetig wird. Wenn man schummelt. Betruegt. Anstiftet. Reichtum. Verdacht. Geldwaesche. Kriminalisieren. Abhoeren. Unterwandern. Informanten einschleusen. Farejadores. Arapongas. Taten begehen. Geheimbereich wird immer groesser. Ancillary crimes.
 
3. Invasion der Verbrechenswelt und Assimilation.
 
4. Ausdehnung der Verbrechenswelt. Man wertet Handlungen zu selbstaendigen Straftaten auf, um die Leute fuer etwas zu bestrafen, was man ihnen nicht nachweisen kann.
Konsumenten werden bestraft, weil man sie so zu Helfern bei der Verfolgung der Dealer machen kann. Und sogar der Besitz von Drogen wird bestraft. USA: Besitz im Koerper.
 
5. Abtrennung von begrenzenden Prinzipien des Strafrechts. Rechtsgut. Die Konstruktion eines grossflaechigen Scheinrechtsguts erlaubt die grenzenlose Ausdehnung des Strafens. Kein Rechtsgut. Nur ein oeffentliches Interesse. Um jeden Preis will man aber nicht kommunizieren, sondern eben Macht und Status demonstrieren. Gusfield.
 
6. Das Ignorieren des Akzessorietaetsprinzips (Wertungswiderspruch zu Waffen und Autos) faz muito mal ao traficante. Er gilt als Inbegriff des Boesen, dabei ist er nur neutraler Haendler einer neutralen Sache. Auch Alkohol erhaelt seinen sozialen Sinn erst im Konsum.
 
7. Schlussfolgerung: Das Strafrecht wird vom Instrument des Schutzes der Freiheit zum Instrument der Vernichtung von Freiheit.
*Drogenleute im Gefaengnis fuer ihren Lebensstil. Politische Gefangene.
*Justiz als Privileg. Wer bis zur Justiz kommt, hat aber schon Glueck gehabt. Sniper. BOPE. Thaksin: if we execute 60 000 our land will rise ... 2003: 6 Monate, 2200 Tote. Only 50% at the hands of the police. Menschenrechte: faires Verfahren. Sniper. Thaksin. 60 000. only 2000. half police, half no connection. aber wer 60 000 geschafft hat, ist felipe calderón.
 
8. Doppelstaat und privatkrieg.
 
9. Modell Tabakpolitik.
 
Superamos a escravidão, superamos a perseguição dos homossexuais, vamos superar esta coisa absurda também, vamos saír da prohibição e de toda a miséria e injustiça que ela traz. Xõ a esta merdra.


== Weblinks und Literatur ==
== Weblinks und Literatur ==
*[http://www.huffingtonpost.com/judge-frederic-block/war-on-drugs_b_2384624.html Racism's Hidden History in the War on Drugs]


*[http://en.wikipedia.org/wiki/Thaksin_Shinawatra Thaksin Shinawatra in: en.wikipedia]
*[http://en.wikipedia.org/wiki/Thaksin_Shinawatra Thaksin Shinawatra in: en.wikipedia]
*[http://bmjopen.bmj.com/content/3/9/e003077.full Werb, Dan et al. (2013) The temporal relationship between drug supply indicators: an audit of international government surveillance systems. In: BMJ Open 2013;3:e003077 doi:10.1136/bmjopen-2013-003077 (formerly known as British Medical Journal; then BMJ; since 2014: The BMJ)]
*[http://bmjopen.bmj.com/content/3/9/e003077.full Werb, Dan et al. (2013) The temporal relationship between drug supply indicators: an audit of international government surveillance systems. In: BMJ Open 2013;3:e003077 doi:10.1136/bmjopen-2013-003077 (formerly known as British Medical Journal; then BMJ; since 2014: The BMJ)]


== YouTube ==
*[https://www.youtube.com/watch?v=0Nf7Y5vzcx0 Cristiano Avila Maronna]


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
*[[Maria Lúcia Karam]]
*[[Maria Lúcia Karam]]
*[https://www.youtube.com/watch?v=46XwCRJOqqk The Victims of the War on Drugs by Moms for Marijuana International]
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