Kriminalprognose: Unterschied zwischen den Versionen
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Kriminalprognosen sind (Wahrscheinlichkeits-) Aussagen über künftige "kriminelle" Ereignisse oder Entwicklungen. | Kriminalprognosen sind (Wahrscheinlichkeits-) Aussagen über künftige "kriminelle" Ereignisse oder Entwicklungen. Es gibt Individualprognosen und Kollektivprognosen. Zu den Individualprognosen gehören die (psychologische) Kriminalrückfallprognose, aber auch die Prognose künftiger Delinquenz bei Kindern und Jugendlichen. Die Kollektivprognosen können Gruppenphänomene betreffen (die künftige Entwicklung von Banden, Kartellen, Terrorgruppen usw.) oder die (makro-soziologische) Vorhersage der "Zukunft des Verbrechens" (Henner Hess) bzw. der Entwicklung von Kriminalitätsraten oder -erscheinungsformen in einer Region, einem Staat oder weltweit. | ||
Probleme der Kriminalprognose können technischer Art sein (Zuverlässigkeit), sie können aber auch rechtlicher Art sein (Zulässigkeit). Beide Arten von Problemen bergen hohe Risiken für die von Fehlprognosen Betroffenen. Möglicherweise gibt es aber auch eine Tendenz, die Gutachter zur Verantwortung stärker als bisher zur Verantwortung zu ziehen, die aufgrund von fehlerhaft erstellten Prognosen eine Schädigung der Probanden oder Dritter (mit-) verursachen. | |||
Individuelle Kriminalprognosen verlangt das Gesetz (u.a. in Deutschland, Österreich und der Schweiz) an mehreren Stellen im Sanktionsprozess - so etwa bei der Verhängung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, bei der Gewährung von Vollzugslockerungen und Beurlaubungen und bei der Aussetzung des Strafrestes. Die Nachfrage nach Prognosen erhöhte sich in Deutschland noch einmal durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten aus dem Jahre 1998. Darüber hinaus spielen individuelle Prognosen auch bei der Bestimmung von Resozialisierungs- und Behandlungsmaßnahmen im (sozialtherapeutischen) Straf- und Maßregelvollzug eine erhebliche Rolle (Bliesener 2007). Im Bereich der Jugendhilfe besteht Interesse an Prognoseinstrumenten, um Entwicklungen in Richtung auf "junge Intensivtäter" frühzeitig zu begegnen. Denkbar sind auch Prognosen, die bereits im frühen Kindesalter die relative Anfälligkeit für spätere delinquente Karrieren zu bestimmen versuchen. | Individuelle Kriminalprognosen verlangt das Gesetz (u.a. in Deutschland, Österreich und der Schweiz) an mehreren Stellen im Sanktionsprozess - so etwa bei der Verhängung von Maßregeln der Besserung und Sicherung, bei der Gewährung von Vollzugslockerungen und Beurlaubungen und bei der Aussetzung des Strafrestes. Die Nachfrage nach Prognosen erhöhte sich in Deutschland noch einmal durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten aus dem Jahre 1998. Darüber hinaus spielen individuelle Prognosen auch bei der Bestimmung von Resozialisierungs- und Behandlungsmaßnahmen im (sozialtherapeutischen) Straf- und Maßregelvollzug eine erhebliche Rolle (Bliesener 2007). Im Bereich der Jugendhilfe besteht Interesse an Prognoseinstrumenten, um Entwicklungen in Richtung auf "junge Intensivtäter" frühzeitig zu begegnen. Denkbar sind auch Prognosen, die bereits im frühen Kindesalter die relative Anfälligkeit für spätere delinquente Karrieren zu bestimmen versuchen. | ||