Kriminalprävention im Städtebau: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Entscheidung der "International CPTED Association" (ICA)[http://www.cpted.net/], soziale und kommunale Ansätze in das CPTED-Konzept zu integrieren (= 2. Generation), wird als eine der wichtigsten Weiterentwicklungen der CPTED-Konzepte betrachtet. Dadurch weitet sich der kriminologische Ansatz von der Perspektive der situativen Prävention mit dem Ziel der ausschließlichen Beeinflussung der "Tatgelegenheitsstruktur" auf die Perspektive der verhaltensorientierten oder sozialen Prävention.
Die Entscheidung der "International CPTED Association" (ICA)[http://www.cpted.net/], soziale und kommunale Ansätze in das CPTED-Konzept zu integrieren (= 2. Generation), wird als eine der wichtigsten Weiterentwicklungen der CPTED-Konzepte betrachtet. Dadurch weitet sich der kriminologische Ansatz von der Perspektive der situativen Prävention mit dem Ziel der ausschließlichen Beeinflussung der "Tatgelegenheitsstruktur" auf die Perspektive der verhaltensorientierten oder sozialen Prävention.
Bislang bestand die Antwort auf Straftaten im Einsatz von Polizei, Sicherheitsorganen sowie dem Strafrechtssystem. Dies sind wichtige Elemente einer jeden Strategie der Kriminalitätsbekämpfung. Sie sind zwar wichtig, jedoch auch kostenintensiv, befassen sich häufig nicht mit den Beweggründen für die Tat und können zu einer Diskriminierung der Armen und Schwachen führen (EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 13).




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Städtebauliche Sicherheit umfasst in diesem Zusammenhang räumlich-gestalterische sowie sozialräumliche Maßnahmen, die die materiellen, sozialen und kulturellen Ressourcen sowie Sozialisationseffekte eines Quartiers oder anderer öffentlicher Räume betreffen und letztlich die technisch-mechanische Sicherheit mit einschließt.
Städtebauliche Sicherheit umfasst in diesem Zusammenhang räumlich-gestalterische sowie sozialräumliche Maßnahmen, die die materiellen, sozialen und kulturellen Ressourcen sowie Sozialisationseffekte eines Quartiers oder anderer öffentlicher Räume betreffen und letztlich die technisch-mechanische Sicherheit mit einschließt.
'''* UN Leitlinien zur Kriminalprävention (2002) zum Rahmen der Kriminalprävention:'''
'''1'''. Förderung des Wohls der Menschen und die Stärkung prosozialen Verhaltens durch soziale, ökonomische, gesundheitsbezogene und Bildungsmaßnahmen mit besonderem Schwerpunkt auf Kindern und Jugendlichen, und die Konzentration auf die Risiko- und Schutzfaktoren, die in Zusammenhang stehen mit Kriminalität und Viktimisierung (Prävention durch soziale Entwicklung oder soziale Kriminalprävention).
'''2.''' Veränderung solcher Bedingungen in Wohnvierteln, die Einfluss haben auf die Begehung von Straftaten, auf Viktimisierung und auf aus der Kriminalität resultierende Unsicherheit mit Hilfe von Initiativen, Fachwissen und Bürgerengagement (kommunale Kriminalprävention).
'''3.''' Verringerung der Gelegenheiten für Straftaten, Erhöhung des Risikos, verhaftet zu werden und Minimierung der Vorteile der Kriminalität, u. a. durch Gestaltung der Umwelt, Anbieten von Hilfestellungen und Informationen für tatsächliche und potenzielle Opfer ([[situationale Kriminalprävention]]).
'''4.''' Verhinderung von Rückfälligkeit durch Hilfe bei der sozialen Reintegration von Straftätern sowie andere präventive Mechanismen (Wiedereingliederungsprogramme)




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====''' 1. Ebene: Stadt bzw. Gemeinde (Kooperationen, Methodiken, Dialogsysteme)'''====
====''' 1. Ebene: Stadt bzw. Gemeinde (Kooperationen, Methodiken, Dialogsysteme)'''====
Ein strategischer Ansatz, d.h. die Entwicklung eines Langzeitplanes, der auf einer situativen Analyse basiert, von den Werten und Perspektiven beeinflusst ist und auf die Erreichung der vereinbarten Ziele angelegt ist, ist der beste Weg zu effektiven und nachhaltigen Reaktionen, die die knappen Ressourcen optimal ausnutzen.  Der erste Schritt muss dabei die Mobilisierung der wichtigsten Stakeholder sein. Zu ihren wichtigsten Mitgliedern gehören insbesondere der Bürgermeister und der Polizeichef (vgl. EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 16).


Die Bildung von interdisziplinären Kooperationen (z. B. "Sicherheitspartnerschaften") auf kommunalen Ebenen zwischen Polizei und Städten bzw. Gemeinden wird als Erfolgsfaktor zur Umsetzung der „Kriminalprävention durch Stadtplanung und Design“ betrachtet. Sie bieten darüber hinaus die Möglichkeit der Benennung gemeinsamer Ziele, Handlungsfelder und Vereinbarungen von Verfahrensabläufen bzw Dialogsysteme sowie Methodiken. Dadurch können standardisiert kriminalpräventive Aspekte in unterschiedlichen Planungsphasen in einem formellen bzw. informellen Dialog Berücksichtigung finden.
Die Bildung von interdisziplinären Kooperationen (z. B. "Sicherheitspartnerschaften") auf kommunalen Ebenen zwischen Polizei und Städten bzw. Gemeinden wird als Erfolgsfaktor zur Umsetzung der „Kriminalprävention durch Stadtplanung und Design“ betrachtet. Sie bieten darüber hinaus die Möglichkeit der Benennung gemeinsamer Ziele, Handlungsfelder und Vereinbarungen von Verfahrensabläufen bzw Dialogsysteme sowie Methodiken. Dadurch können standardisiert kriminalpräventive Aspekte in unterschiedlichen Planungsphasen in einem formellen bzw. informellen Dialog Berücksichtigung finden.
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Eine hohe Bedeutung hat der Raum, der in einem engen räumlichen Bezug zueinander steht und z. B. ein Quartier bildet. Wahrnehmung, Orientierung, Zustand, Mobilität, Frequentierung, Mischung, Image, soziale Netzwerke und Infrastruktur wirken auf Bewohner, Nutzer sowie tatgeneigte Personen, erzeugen Rückkoppelungseffekte und können benachteiligende Prozesse sowie Devianz beeinflussen.
Eine hohe Bedeutung hat der Raum, der in einem engen räumlichen Bezug zueinander steht und z. B. ein Quartier bildet. Wahrnehmung, Orientierung, Zustand, Mobilität, Frequentierung, Mischung, Image, soziale Netzwerke und Infrastruktur wirken auf Bewohner, Nutzer sowie tatgeneigte Personen, erzeugen Rückkoppelungseffekte und können benachteiligende Prozesse sowie Devianz beeinflussen.


Ob und in welchem Umfang relevante Faktoren Benachteiligungen bzw. Kriminalität begünstigende Umstände bestehen, wird insbesondere durch kleinräumige Analysen, Audits oder '''Lagebilder zur städtebaulichen Kriminalprävention''' dargestellt, welche Teil einer Analyse sein können und idealerweise um weitere sozialräumliche Informationen zu ergänzen ist.
Ob und in welchem Umfang relevante Faktoren Benachteiligungen bzw. Kriminalität begünstigende Umstände bestehen, wird insbesondere durch kleinräumige Analysen, Audits oder '''Lagebilder zur städtebaulichen Kriminalprävention''' dargestellt, welche Teil einer Analyse sein können und idealerweise um weitere sozialräumliche Informationen zu ergänzen ist. Die Analyse ist ein wesentlicher Bestandteil des Prozesses der Entwicklung einer Präventionsstrategie für eine Stadt/Gemeinde ist (EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 16).




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===Präventions- und Interventionsmodelle===
===Präventions- und Interventionsmodelle===
Eine Sicherheitsanalyse muss nicht nur Kriminalität und Viktimisierung untersuchen, sondern auch deren Beziehung zu sozioökonomischen Faktoren und bestehenden öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen, ebenso wie den breiteren politischen und institutionellen Zusammenhängen, in denen Probleme auftreten (EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 9).
====Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen[http://www.beccaria.de/Kriminalpraevention/de/Dokumente/Leitfaden%20Sicherheitsanalyse.pdf]====
Der Leitfaden wurde  in Anlehnung an die EU-Leitlinien zur Kriminalprävention vom Europäischen Forum für Urbane Sicherheit primär für die Unterstützung der Präventionsarbeit im städtischen Umfeld  entwickelt und hat im Kontext mit Kriminalprävention einen ganzheitlichen Ansatz, der sich nicht auf die  engen Bezüge der situativer Kriminalprävention begrenzt.  Zu einer stadtweiten Analyse gehört:
*'''Umfelddarstellung''' mit einer Übersicht städtischer Eigenschaften
*'''Kriminalitäts- und Gewaltanalys''' einschl. ''Disorder'' (Störung der öffentlichen Ordnung) und ''Incivilities'' (Phänomene wie Vandalismus, Graffiti, Bettelei etc.), einschließlich des Ausmaßes, der Entwicklung, Verteilung und Auswirkungen ihres Auftretens
*'''Struktur von Risikofaktoren''' zur Auftretenswahrscheinlichkeit von Kriminalität und Gewalt
*'''Effektivität von Projekten und Programmen der Prävention''', z.B. Gesundheits-, Wohnungs-, Sozialdienste, Erziehung und Bildung;
*'''Bewertung der institutionellen Bewertung'''
* '''Chancen, Stärken und Potentiale''' der Gegend ermitteln (einschl. Grad des sozialen Zusammenhaltes)




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Diese Ebene bezieht sich auf den gesamten Siedlungsraum. Nach dem situativen Präventionsansatz kommt es hier darauf an, den städtischen Raum so zu gestalten, dass Tatgelegenheiten minimiert und Angst erzeugende Bereiche planerisch ausgeschlossen werden.
Diese Ebene bezieht sich auf den gesamten Siedlungsraum. Nach dem situativen Präventionsansatz kommt es hier darauf an, den städtischen Raum so zu gestalten, dass Tatgelegenheiten minimiert und Angst erzeugende Bereiche planerisch ausgeschlossen werden.






===='''SARA-Problemlösungsmodell'''[http://www.crimereduction.homeoffice.gov.uk/skills/skills04.htm]====
===='''SARA-Problemlösungsmodell'''[http://www.crimereduction.homeoffice.gov.uk/skills/skills04.htm]====
Scanning, Analysis, Response, Assessment (SARA) ist ein Problemlösungs-Modell, welches durch die Polizei als integraler Bestandteil der Philosophie des [[Community Policing]] angewendet werden kann.


Es ist eine Standardmethodik für den Umgang mit bestimmten wiederkehrenden Straftaten und Störungen der öffentlichen Ordnung in vier Phasen:


* Scanning (Bestandsaufnahme)
* Analysis (Analysieren)
* Response (Reaktion/Maßnahme)
* Assessment (Bewertung)






===='''Der Weg zur Problemlösung durch Kriminalitätsanalyse. In 55 kleinen Schritten'''====
===='''Der Weg zur Problemlösung durch Kriminalitätsanalyse. In 55 kleinen Schritten'''====




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===='''"Beccaria: In 7 Schritten zum erfolgreichen Präventionsprojekt"'''====
===='''"Beccaria: In 7 Schritten zum erfolgreichen Präventionsprojekt"'''====
In einem 7-Schritte-Konzept des Beccaria-Projekts [http://www.beccaria.de/nano.cms/de/7_Schritte/Page/1/] werden praxisnahe und nützliche Hilfen zur Planung, Umsetzung und Überprüfung auf dem Weg zu einem erfolgreichen Präventionsprojekt sowie Arbeitsmaterialien und –hilfen angeboten.
In einem 7-Schritte-Konzept des Beccaria-Projekts [http://www.beccaria.de/nano.cms/de/7_Schritte/Page/1/] werden praxisnahe und nützliche Hilfen zur Planung, Umsetzung und Überprüfung auf dem Weg zu einem erfolgreichen Präventionsprojekt sowie Arbeitsmaterialien und –hilfen angeboten.
===Qualitätskriterien===






===Integration in sozialräumliche Netzwerke===


====Städtebauförderprogramm Soziale Stadt====


===Städtebauförderprogramm Soziale Stadt===
==Stadtsoziologische Aspekte==




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http://www.beccaria.de/nano.cms/de/Kriminalitaetsanalyse/Page/1/
http://www.beccaria.de/nano.cms/de/Kriminalitaetsanalyse/Page/1/
http://www.beccaria.de/Kriminalpraevention/de/Dokumente/Leitfaden%20Sicherheitsanalyse.pdf


http://www.bpb.de/publikationen/OSCVRX,0,Sicherheit_durch_pr%E4ventive_Stadtgestaltung_Deutschland_und_Gro%DFbritannien.html
http://www.bpb.de/publikationen/OSCVRX,0,Sicherheit_durch_pr%E4ventive_Stadtgestaltung_Deutschland_und_Gro%DFbritannien.html
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http://www.ms.niedersachsen.de/servlets/download?C=14126285&L=20
http://www.ms.niedersachsen.de/servlets/download?C=14126285&L=20
http://www.crimereduction.homeoffice.gov.uk/skills/skills04.htm


http://www.securedbydesign.com/
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http://www.theatlantic.com/doc/198203/broken-windows
http://www.theatlantic.com/doc/198203/broken-windows
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