Kriminalprävention im Städtebau: Unterschied zwischen den Versionen

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===CEN (TR) 14383-2 - Norm für eine Kriminalprävention durch Raumplanung und Architektur [http://www.e-doca.eu/content/docs/Hannover060204.pdf]===
===CEN (TR) 14383-2 - Norm für eine Kriminalprävention durch Raumplanung und Architektur [http://www.e-doca.eu/content/docs/Hannover060204.pdf]===
Die Norm ist  Sie eine Zusammenfassung der CPTED-Standards für eine Kriminalprävention durch Raumplanung und Architektur. Sie ist Teil eines Bündel ineinander greifender Normen und dient als Planungsinstrument und Nachschlagwerk für Planer, Architekten, Polizisten und Politiker. Da sie nicht als einheitliches europäisches Instrument (EN) etabliert wurde, findet sie als Technical Report (TR) Anwendung.
Seit Mitte der 1990er Jahre arbeitet eine europäsiche Kommission (Technische Kommission 325) an einer einheitlichen europäischen Norm zur Kriminalprävention durch Raumplanung und -gestaltung.
Hierbei handelt es sich um eine Zusammenfassung der CPTED-Standards als Teil eines Bündel ineinander greifender Normen, die als Planungsinstrument und Nachschlagwerk für Planer, Architekten, Polizisten und Politiker dienen soll. Da sie nicht als einheitliches europäisches Instrument (EN) etabliert wurde (2004), findet sie als Technical Report (TR) Anwendung.




===Deutschland===
===Deutschland===
Lag bzw. liegt der Schwerpunkt im Zusammenhang mit sicherem Wohnen in Deutschland bislang überwiegend in der technischen Sicherung, so sind zunehmend Entwicklungen festzustellen, die das Wohnumfeld, Quartier, Stadtteil oder die Stadt / Gemeinde [http://www.polizei.schleswig-holstein.de/internet/DE/VorbeugungBeratung/Staedtebau/__download/sachstandsbericht,templateId=raw,property=publicationFile.pdf] bzw. die Landesebene [http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C14126285_L20.pdf] betreffen. Hierbei sind Tendenzen erkennbar, die nicht ausschließlich auf räumlich-gestalterische Aspekte verharren, sondern auch sozialräumliche Faktoren berücksichtigen [http://www.bpb.de/publikationen/OSCVRX,3,0,Sicherheit_durch_pr%E4ventive_Stadtgestaltung_Deutschland_und_Gro%DFbritannien.html#art3].
Seit den 1990er Jahren werden in Deutschland Zusammenhänge von Städtebau und Sicherheit, die Übertragung des Defensible-Space-Ansatzes sowie die kriminalpräventive Siedlungsgestaltung analog des CPTED-Designs thematisiert. Lag bzw. liegt der Schwerpunkt im Zusammenhang mit sicherem Wohnen in Deutschland bislang überwiegend in der technischen Sicherung von Häuser und Gebäuden, so sind zunehmend Entwicklungen festzustellen, die das Wohnumfeld, Quartier, Stadtteil oder die Stadt/Gemeinde betreffen. Vorrangig durch die Polizeien der Länder wurden Konzepte entwickelt, Kriminalprävention und Stadtplanung zu verbinden. Innerhalb der Polizei wurden Ansprechparnter genannt, Checklisten entwickelt und Leitlinien zur Kriminalprävention angepasst. Es mangelt jedoch an standardisierten Verfahren bzw. Aktzeptanz.[http://www.polizei.schleswig-holstein.de/internet/DE/VorbeugungBeratung/Staedtebau/__download/sachstandsbericht,templateId=raw,property=publicationFile.pdf] bzw. die Landesebene [http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C14126285_L20.pdf]




Seit den 1990er Jahren werden in Deutschland Zusammenhänge von Städtebau und Sicherheit, die Übertragung des Defensible-Space-Ansatzes sowie die kriminalpräventive Siedlungsgestaltung analog des CPTED-Designs thematisiert. Es entwickelten sich innerhalb der situationalen bzw. situativen Kriminalprävention zunehmend Verlagerungstendenzen von einem täterorientierten Ansatz zur Beeinflussung von Tatgelegenheitsstrukturen. Analog der Trends in den USA ("'''community [[policing]]'''") sowie in Skandinavien wurden kooperative Sicherheitskonzepte auf lokalen Ebenen entwickelt. Es entstanden in Deutschland über 2000 Präventionsräte, der Schwerpunkt im Kontext städtebaulicher Kriminalprävention lag (bzw. liegt) allerdings in der technischen Einbruchsprävention. So entstanden zunächst Netzwerke, die - nach niederländischem Vorbild ("Veilig Wonen") - lediglich auf technische Einbruchssicherheit begrenzt waren bzw. sind.
Hierbei sind Tendenzen erkennbar, die nicht ausschließlich auf räumlich-gestalterische Aspekte verharren, sondern auch sozialräumliche Faktoren berücksichtigen [http://www.bpb.de/publikationen/OSCVRX,3,0,Sicherheit_durch_pr%E4ventive_Stadtgestaltung_Deutschland_und_Gro%DFbritannien.html#art3].
 
 
Seit 2003 finden vereinzelt weitergehende Ansätze städtebaulicher Kriminalprävention, z. B. in Niedersachsen ("Sicheres Wohnen ist planbar...") Berücksichtigung. Hierbei wurden Kooperationen auf Landesebene sowie kommunalen Ebenen gebildet ("Sicherheitspartnerschaften"[http://www.ms.niedersachsen.de/servlets/download?C=14126285&L=20]), in denen sich die Kooperationspartner zum Ziel setzten, in ihren Disziplinen städtebauliche Kriminalprävention zu etablieren.




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===Verbindung von Städtebau und Kriminalprävention am Beispiel interdisziplinärer Kooperationen in Niedersachsen [http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C50167062_L20.pdf]===
===Verbindung von Städtebau und Kriminalprävention am Beispiel interdisziplinärer Kooperationen in Niedersachen===


[[Bild:Kommunale Handlungsebenen städtebaulicher Kriminalprävention.jpg|thumb|right|Handlungsebenen einer Sicherheitspartnerschaft]] Unter Berücksichtigung der auf Landesebene etablierten "'''Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen'''" [http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C14126285_L20.pdf] sieht das '''''erweiterte `Lingener Verfahren'''`''  "''Sicherheitspartnerschaften''" zwischen Städten und Gemeinden mit der Polizei' Aktivitäten städtebauliche Kriminalprävention auf vier kommunalen Handlungsebenen vor:
Seit 2003 werden in Niedersachsen Konzepte zur städtebaulichen Kriminalprävention entwickelt, in denen deutsche bzw. europäische Erfahrungen unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen in Deutschland Berücksichtigung finden können.  [http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C50167062_L20.pdf]
 
Kern des niedersächsischen Weges ist eine Vernetzung innerhalb der Institutionen und Akteure in Form einer Kooperation ("'''Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen'''") auf Landesebene sowie vorrangig zwischen Polizei und Städten bzw. Gemeinden auf kommunaler Ebene.
 
Eine kommunale Form der Kooperation zur systematischen Berücksichtung von Kriminalprävention im Städtebau ist das erweiterte `Lingener Verfahren` der "'''Sicherheitspartnerschaften'''" zwischen Städten und Gemeinden mit der Polizei' auf '''vier Handlungsebenen''':
 
 
[[Bild:Kommunale Handlungsebenen städtebaulicher Kriminalprävention.jpg|thumb|right|Handlungsebenen einer Sicherheitspartnerschaft]] Unter Berücksichtigung der auf Landesebene etablierten "'''Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Niedersachsen'''" [http://cdl.niedersachsen.de/blob/images/C14126285_L20.pdf] wurde zwischen Städten und Gemeinden mit der Polizei' Aktivitäten städtebauliche Kriminalprävention auf vier kommunalen Handlungsebenen vor:


'''1. Ebene''': Stadt bzw. Gemeinde
'''1. Ebene''': Stadt bzw. Gemeinde
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==Präventionsansätze- und Interventionsmodelle==
==='''ISIS-Modell der präventiven Stadtgestaltung'''=== (Schubert et al. 2009: 5)
 
'''Infrastruktur für die öffentliche Darseinsvorsorge''': Im Zentrum stehen sozialpädagogische Präventionsansätze zur Stärkung sozialer '''Schutz-''' und Verminderung sozialer '''Risikofaktoren'''. Neben der Präventionslogik dienen Infrastrukturen auch der lokalen Lebensqualität und damit der Integration der Bewohner/innen.
 
'''Sozialmanagement und [[soziale Kontrolle]]''': Wohnungsgesellschaften etablieren durch Hausmeister und Conciergefunktionen Strategien der sozialen Kontrolle und Sanktionierung. Wenn die Wohnbevölkerung vom Sozialmanagement der Wohnungsgesellschaften aktiviert und beteiligt wird, stabilisieren sich sicherheitsfördernde Kräfte im Wohnumfeld. Das Sozialmanagement wird zudem durch [[polizei]]liche Arbeit unterstützt.
 
'''Intermediäre Akteure''': Auf der kooperativen Ebene entwickelt sich aus der Zusammenarbeit zwischen Professionellen, Organisationen und Institutionen ein präventives Milieu im Wohnquartier und im Stadtteil. Neben der horizontalen Vernetzung ist auch die vertikale Integration des Stadtteils in das politische Gefüge der Stadtentwicklung relevant.
 
'''Städtebauliche Gestaltung''': Diese Ebene bezieht sich auf den gesamten Siedlungsraum. Nach dem situativen Präventionsansatz kommt es hier darauf an, den städtischen Raum so zu gestalten, dass Tatgelegenheiten minimiert und Angst erzeugende Bereiche planerisch ausgeschlossen werden. Die Qualität der städtebaulichen Gestaltung ist zudem ein Faktor der lokalen Wohnzufriedenheit und damit der Quartiesstabilität.
 
 
 
===Städtebauförderprogramm Soziale Stadt [http://www.sozialestadt.de/programm/]===
Das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“  ist ein reaktiver Ansatz. Es wurde 1999 mit dem Ziel gestartet, die „Abwärtsspirale“ in benachteiligten Stadtteilen aufzuhalten und die Lebensbedingungen vor Ort umfassend zu verbessern. Die Soziale Stadt startete im Jahr 1999 mit 161 Stadtteilen in 124 Gemeinden; 2008 sind es 523 Gebiete in 326 Gemeinden.
 
 
 
 
==Interventionsmodelle==
Eine Sicherheitsanalyse muss nicht nur Kriminalität und Viktimisierung untersuchen, sondern auch deren Beziehung zu sozioökonomischen Faktoren und bestehenden öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen, ebenso wie den breiteren politischen und institutionellen Zusammenhängen, in denen Probleme auftreten (EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 9).
Eine Sicherheitsanalyse muss nicht nur Kriminalität und Viktimisierung untersuchen, sondern auch deren Beziehung zu sozioökonomischen Faktoren und bestehenden öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen, ebenso wie den breiteren politischen und institutionellen Zusammenhängen, in denen Probleme auftreten (EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 9).


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* '''Chancen, Stärken und Potentiale''' der Gegend ermitteln (einschl. Grad des sozialen Zusammenhaltes)
* '''Chancen, Stärken und Potentiale''' der Gegend ermitteln (einschl. Grad des sozialen Zusammenhaltes)


==='''ISIS-Modell der präventiven Stadtgestaltung'''=== (Schubert et al. 2009: 5)
'''Infrastruktur für die öffentliche Darseinsvorsorge''': Im Zentrum stehen sozialpädagogische Präventionsansätze zur Stärkung sozialer '''Schutz-''' und Verminderung sozialer '''Risikofaktoren'''. Neben der Präventionslogik dienen Infrastrukturen auch der lokalen Lebensqualität und damit der Integration der Bewohner/innen.
'''Sozialmanagement und [[soziale Kontrolle]]''': Wohnungsgesellschaften etablieren durch Hausmeister und Conciergefunktionen Strategien der sozialen Kontrolle und Sanktionierung. Wenn die Wohnbevölkerung vom Sozialmanagement der Wohnungsgesellschaften aktiviert und beteiligt wird, stabilisieren sich sicherheitsfördernde Kräfte im Wohnumfeld. Das Sozialmanagement wird zudem durch [[polizei]]liche Arbeit unterstützt.
'''Intermediäre Akteure''': Auf der kooperativen Ebene entwickelt sich aus der Zusammenarbeit zwischen Professionellen, Organisationen und Institutionen ein präventives Milieu im Wohnquartier und im Stadtteil. Neben der horizontalen Vernetzung ist auch die vertikale Integration des Stadtteils in das politische Gefüge der Stadtentwicklung relevant.
'''Städtebauliche Gestaltung''': Diese Ebene bezieht sich auf den gesamten Siedlungsraum. Nach dem situativen Präventionsansatz kommt es hier darauf an, den städtischen Raum so zu gestalten, dass Tatgelegenheiten minimiert und Angst erzeugende Bereiche planerisch ausgeschlossen werden. Die Qualität der städtebaulichen Gestaltung ist zudem ein Faktor der lokalen Wohnzufriedenheit und damit der Quartiesstabilität.




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===Städtebauförderprogramm Soziale Stadt [http://www.sozialestadt.de/programm/]===
Das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“  ist ein reaktiver Ansatz. Es wurde 1999 mit dem Ziel gestartet, die „Abwärtsspirale“ in benachteiligten Stadtteilen aufzuhalten und die Lebensbedingungen vor Ort umfassend zu verbessern. Die Soziale Stadt startete im Jahr 1999 mit 161 Stadtteilen in 124 Gemeinden; 2008 sind es 523 Gebiete in 326 Gemeinden.


==Kritik==
==Kritik==
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