Kriminalprävention im Städtebau: Unterschied zwischen den Versionen

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Seit 2003 finden weitergehende Ansätze städtebaulicher Kriminalprävention in Niedersachsen ("Sicheres Wohnen ist planbar...") sowie zunehmend auch in anderen Bundesländern (Hessen: "Sicher Wohnen in Hessen") Berücksichtigung. In Niedersachsen bildeten sich Kooperationen auf Landes- und kommunaler Ebene ("Sicherheitspartnerschaften"[http://www.ms.niedersachsen.de/servlets/download?C=14126285&L=20]), in denen sich die Kooperationspartner zum Ziel setzten, in ihren Disziplinen städtebauliche Kriminalprävention zu etablieren.
Seit 2003 finden weitergehende Ansätze städtebaulicher Kriminalprävention in Niedersachsen ("Sicheres Wohnen ist planbar...") sowie zunehmend auch in anderen Bundesländern (Hessen: "Sicher Wohnen in Hessen") Berücksichtigung. In Niedersachsen bildeten sich Kooperationen auf Landes- und kommunaler Ebene ("Sicherheitspartnerschaften"[http://www.ms.niedersachsen.de/servlets/download?C=14126285&L=20]), in denen sich die Kooperationspartner zum Ziel setzten, in ihren Disziplinen städtebauliche Kriminalprävention zu etablieren.




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Bislang bestand die Antwort auf Straftaten im Einsatz von Polizei, Sicherheitsorganen sowie dem Strafrechtssystem. Dies sind wichtige Elemente einer jeden Strategie der Kriminalitätsbekämpfung. Sie sind zwar wichtig, jedoch auch kostenintensiv, befassen sich häufig nicht mit den Beweggründen für die Tat und können zu einer Diskriminierung der Armen und Schwachen führen (EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 13).  
Bislang bestand die Antwort auf Straftaten im Einsatz von Polizei, Sicherheitsorganen sowie dem Strafrechtssystem. Dies sind wichtige Elemente einer jeden Strategie der Kriminalitätsbekämpfung. Sie sind zwar wichtig, jedoch auch kostenintensiv, befassen sich häufig nicht mit den Beweggründen für die Tat und können zu einer Diskriminierung der Armen und Schwachen führen (EU-Forum, Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen, S. 13).  




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Auf dieser (Mikro-)Ebene kommt die Einbruchsprävention, also die Vermeidung von Einbruchdiebstählen [http://wikipedia.org/wiki/Einbruch] in Wohnungen, Häusern oder Gebäuden [http://www.polizei-beratung.de/vorbeugung/diebstahl_einbruch/einbruchsdiebstahl/] zur Anwendung. Relevante Faktoren sind Verhaltensprävention, eine Gestaltung des Gebäudes bzw- Grundstückes unter Wahrung von Sichtbeziehungen auf das Wohnumfeld, gesicherte Abstellmöglichkeiten für Fahrzeuge, Beleuchtungsaspekte, Überschaubarkeit und "Verteidigungsfähigkeit" des Wohnumfeldes (vgl. defensible space) sowie technische Einbruchhemmungsmechanismen für Gebäudeöffnungen (Fenster, Türen, pp.) sowie Brandschutz (Rauchmelder). Siehe dazu Informationsangebot der Polizei: [http://einbruchschutz.polizei-beratung.de/].
Auf dieser (Mikro-)Ebene kommt die Einbruchsprävention, also die Vermeidung von Einbruchdiebstählen [http://wikipedia.org/wiki/Einbruch] in Wohnungen, Häusern oder Gebäuden [http://www.polizei-beratung.de/vorbeugung/diebstahl_einbruch/einbruchsdiebstahl/] zur Anwendung. Relevante Faktoren sind Verhaltensprävention, eine Gestaltung des Gebäudes bzw- Grundstückes unter Wahrung von Sichtbeziehungen auf das Wohnumfeld, gesicherte Abstellmöglichkeiten für Fahrzeuge, Beleuchtungsaspekte, Überschaubarkeit und "Verteidigungsfähigkeit" des Wohnumfeldes (vgl. defensible space) sowie technische Einbruchhemmungsmechanismen für Gebäudeöffnungen (Fenster, Türen, pp.) sowie Brandschutz (Rauchmelder). Siehe dazu Informationsangebot der Polizei: [http://einbruchschutz.polizei-beratung.de/].




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====Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen[http://www.beccaria.de/Kriminalpraevention/de/Dokumente/Leitfaden%20Sicherheitsanalyse.pdf]====
===Leitfaden für lokale Sicherheitsanalysen[http://www.beccaria.de/Kriminalpraevention/de/Dokumente/Leitfaden%20Sicherheitsanalyse.pdf]====


Der Leitfaden wurde  in Anlehnung an die EU-Leitlinien zur Kriminalprävention vom Europäischen Forum für urbane Sicherheit primär für die Unterstützung der Präventionsarbeit im städtischen Umfeld  entwickelt und hat im Kontext mit Kriminalprävention einen ganzheitlichen Ansatz, der sich nicht auf die  engen Bezüge situativer Kriminalprävention begrenzt.  Zu einer stadtweiten Analyse gehört:
Der Leitfaden wurde  in Anlehnung an die EU-Leitlinien zur Kriminalprävention vom Europäischen Forum für urbane Sicherheit primär für die Unterstützung der Präventionsarbeit im städtischen Umfeld  entwickelt und hat im Kontext mit Kriminalprävention einen ganzheitlichen Ansatz, der sich nicht auf die  engen Bezüge situativer Kriminalprävention begrenzt.  Zu einer stadtweiten Analyse gehört:
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* '''Chancen, Stärken und Potentiale''' der Gegend ermitteln (einschl. Grad des sozialen Zusammenhaltes)
* '''Chancen, Stärken und Potentiale''' der Gegend ermitteln (einschl. Grad des sozialen Zusammenhaltes)


===='''ISIS-Modell der präventiven Stadtgestaltung''' [http://www1.bpb.de/themen/5URN4A,3,0,Sicherheit_durch_pr%E4ventive_Stadtgestaltung_.html]====
 
 
 
==='''ISIS-Modell der präventiven Stadtgestaltung''' [http://www1.bpb.de/themen/5URN4A,3,0,Sicherheit_durch_pr%E4ventive_Stadtgestaltung_.html]===


'''Integrationsmaßnahmen'''
'''Integrationsmaßnahmen'''
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Diese Ebene bezieht sich auf den gesamten Siedlungsraum. Nach dem situativen Präventionsansatz kommt es hier darauf an, den städtischen Raum so zu gestalten, dass Tatgelegenheiten minimiert und Angst erzeugende Bereiche planerisch ausgeschlossen werden.
Diese Ebene bezieht sich auf den gesamten Siedlungsraum. Nach dem situativen Präventionsansatz kommt es hier darauf an, den städtischen Raum so zu gestalten, dass Tatgelegenheiten minimiert und Angst erzeugende Bereiche planerisch ausgeschlossen werden.


===='''SARA-Problemlösungsmodell'''[http://www.crimereduction.homeoffice.gov.uk/skills/skills04.htm]====
 
 
 
==='''SARA-Problemlösungsmodell'''[http://www.crimereduction.homeoffice.gov.uk/skills/skills04.htm]===
Scanning, Analysis, Response, Assessment (SARA) ist ein Problemlösungs-Modell, welches durch die Polizei als integraler Bestandteil der Philosophie des [[Community Policing]] angewendet werden kann.  
Scanning, Analysis, Response, Assessment (SARA) ist ein Problemlösungs-Modell, welches durch die Polizei als integraler Bestandteil der Philosophie des [[Community Policing]] angewendet werden kann.  


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===='''Der Weg zur Problemlösung durch Kriminalitätsanalyse. In 55 kleinen Schritten'''[http://www.beccaria.de/Kriminalpraevention/de/Dokumente/55steps_deutsch.pdf]====
 
==='''Der Weg zur Problemlösung durch Kriminalitätsanalyse. In 55 kleinen Schritten'''[http://www.beccaria.de/Kriminalpraevention/de/Dokumente/55steps_deutsch.pdf]===
Hierbei handelt es sich um ein Handbuch problemorientierter Polizeiarbeit (POP) in 55 "kleinen Schritten".
Hierbei handelt es sich um ein Handbuch problemorientierter Polizeiarbeit (POP) in 55 "kleinen Schritten".


===='''"Beccaria: In 7 Schritten zum erfolgreichen Präventionsprojekt"'''====
 
 
 
==='''"Beccaria: In 7 Schritten zum erfolgreichen Präventionsprojekt"'''===
In einem 7-Schritte-Konzept des Beccaria-Projekts [http://www.beccaria.de/nano.cms/de/7_Schritte/Page/1/] werden praxisnahe und nützliche Hilfen zur Planung, Umsetzung und Überprüfung auf dem Weg zu einem erfolgreichen Präventionsprojekt sowie Arbeitsmaterialien und –hilfen angeboten.
In einem 7-Schritte-Konzept des Beccaria-Projekts [http://www.beccaria.de/nano.cms/de/7_Schritte/Page/1/] werden praxisnahe und nützliche Hilfen zur Planung, Umsetzung und Überprüfung auf dem Weg zu einem erfolgreichen Präventionsprojekt sowie Arbeitsmaterialien und –hilfen angeboten.


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====Städtebauförderprogramm Soziale Stadt [http://www.sozialestadt.de/programm/]====
===Städtebauförderprogramm Soziale Stadt [http://www.sozialestadt.de/programm/]===
Das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“  ist ein reaktiver Ansatz. Es wurde 1999 mit dem Ziel gestartet, die „Abwärtsspirale“ in benachteiligten Stadtteilen aufzuhalten und die Lebensbedingungen vor Ort umfassend zu verbessern. Die Soziale Stadt startete im Jahr 1999 mit 161 Stadtteilen in 124 Gemeinden; 2008 sind es 523 Gebiete in 326 Gemeinden.
Das Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – Soziale Stadt“  ist ein reaktiver Ansatz. Es wurde 1999 mit dem Ziel gestartet, die „Abwärtsspirale“ in benachteiligten Stadtteilen aufzuhalten und die Lebensbedingungen vor Ort umfassend zu verbessern. Die Soziale Stadt startete im Jahr 1999 mit 161 Stadtteilen in 124 Gemeinden; 2008 sind es 523 Gebiete in 326 Gemeinden.


==Kritik==
==Kritik==
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Innerhalb einer postulierten Forcierung einer Neuetablierung und Verlagerung von Sicherheitspolitiken auf die kommunale und subkommunale Ebene durch Projekte wie „Aufmerksamer Nachbar“ (neighbourhood watch) oder „Freiwillige Polizeihelfer“ wird bei vielen dieser Sicherheitspolitiken die Verfolgung raumorientierter Strategien mit dem Ziel, „sichere Räume“ zu schaffen, ohne soziale Ursachen von Unsicherheit und Kriminalität zu bekämpfen, kritisiert. Werden bestimmte Formen abweichender Verhaltensweisen, wie Betteln, Lagern der Obdachlosen verboten, dann ist ihr Alltag in grundlegender Weise beeinträchtigt und die Andersartigkeiten werden zunehmend zu Gegenständen der Kriminalpolitik. Nicht Armut wird bekämpft, sondern Arme, nicht Obdachlosigkeit, sondern Obdachlose. Es gibt Ansätze dafür, dass sich in den Städten Segregation durch Sicherheit überhöht und Kategorien von Personen von der Teilhabe am Leben in bestimmten Räumen der Städte ausgeschlossen werden (vgl. Belinea, 2006: 9 ff).
Innerhalb einer postulierten Forcierung einer Neuetablierung und Verlagerung von Sicherheitspolitiken auf die kommunale und subkommunale Ebene durch Projekte wie „Aufmerksamer Nachbar“ (neighbourhood watch) oder „Freiwillige Polizeihelfer“ wird bei vielen dieser Sicherheitspolitiken die Verfolgung raumorientierter Strategien mit dem Ziel, „sichere Räume“ zu schaffen, ohne soziale Ursachen von Unsicherheit und Kriminalität zu bekämpfen, kritisiert. Werden bestimmte Formen abweichender Verhaltensweisen, wie Betteln, Lagern der Obdachlosen verboten, dann ist ihr Alltag in grundlegender Weise beeinträchtigt und die Andersartigkeiten werden zunehmend zu Gegenständen der Kriminalpolitik. Nicht Armut wird bekämpft, sondern Arme, nicht Obdachlosigkeit, sondern Obdachlose. Es gibt Ansätze dafür, dass sich in den Städten Segregation durch Sicherheit überhöht und Kategorien von Personen von der Teilhabe am Leben in bestimmten Räumen der Städte ausgeschlossen werden (vgl. Belinea, 2006: 9 ff).
Den Erkenntnissen über Wirkungen kriminalpräventiver Maßnahmen zufolge wird davon ausgegangen, dass "Sicherheit in einem Stadtquartier nicht über eine einzelne Strategie, sondern über ein  integriertes Bündel von Handlungsformen bewerkstelligen lässt".  Die bedeutet insbesondere, dass "''die Polizei und die anderen am Planungs- und Bauprozess beteiligten Einrichtungen sich nicht damit begnügen können, lediglich unter Sicherheitsaspekten akzeptable Bau- und Gestaltungsstandards umzusetzen''" (vgl. H. Pfeiffer in `Die Sichere Stadt als interdisziplinäre Disziplin, 2006: 10 ff).






Den Erkenntnissen über Wirkungen kriminalpräventiver Maßnahmen zufolge wird davon ausgegangen, dass "Sicherheit in einem Stadtquartier nicht über eine einzelne Strategie, sondern über ein  integriertes Bündel von Handlungsformen bewerkstelligen lässt".  Die bedeutet insbesondere, dass "''die Polizei und die anderen am Planungs- und Bauprozess beteiligten Einrichtungen sich nicht damit begnügen können, lediglich unter Sicherheitsaspekten akzeptable Bau- und Gestaltungsstandards umzusetzen''" (vgl. H. Pfeiffer in `Die Sichere Stadt als interdisziplinäre Disziplin, 2006: 10 ff).


==Literatur==
==Literatur==
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*Laue (2002) Taylor / Shumaker / Gottfredson (1985) S. 274 in Düsseldorfer Gutachten
*Laue (2002) Taylor / Shumaker / Gottfredson (1985) S. 274 in Düsseldorfer Gutachten
*Innenministerium Schleswig-Holstein, Landeskriminalamt (2006), Sachstandsbericht Kriminalprävention im Städtebau "Soziale und sichere Stadt - Sozialraum-Management"
*Innenministerium Schleswig-Holstein, Landeskriminalamt (2006), Sachstandsbericht Kriminalprävention im Städtebau "Soziale und sichere Stadt - Sozialraum-Management"


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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