Kriminalpolitik und Rechtsstaat: Unterschied zwischen den Versionen

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===Starke und schwache Konzepte===
===Starke und schwache Konzepte===
Die Minimalvoraussetzung eines Rechtsstaats ist rule by law, d.h. eine funktionierende Strafgerichtsbarkeit und ein Erwartungssicherheit garantierendes Wirtschaftsrecht. Danach wäre z.B. Singapur ein Rechtsstaat.
Der Rechtsstaat ist mehr als nur rule by law. Er bedeutet ''rule of law, not of men'' (John Adams).


Meistens wird jedoch mehr gefordert, nämlich rule of law, not of men (John Adams). Danach wäre Singapur kein Rechtsstaat, weil hier hinter einer demokratischen Fassade doch nur Oligarchen herrschen: "Ein Staat, der elementare Bürgerrechte, wie die Meinungs- und Pressefreiheit, einschränkt, die Justiz bewusst einsetzt, um die Arbeit der legalen politischen Opposition zu behindern, und mehrfach die Verfassung de facto mit dem primären Ziel ändert, einem bestimmten politischen Akteur überproportionale Vorteile bei Wahlen zu verschaffen, kann bei näherem Hinsehen kaum als Rechtsstaat gelten. Auch in Singapur ist evident, dass die politische Herrschaftselite Recht und Gesetz zum Zwecke des Machterhalts in ihrem Sinne gestaltet und interpretiert und, wann immer ihr dies nötig erscheint, revidiert. In Singapur (und in etlichen anderen Ländern der Region) gilt die Formel rule by law, not rule of law.
Danach wäre z.B. Singapur kein Rechtsstaat, weil hier hinter einer demokratischen Fassade doch nur Oligarchen herrschen: "Ein Staat, der elementare Bürgerrechte, wie die Meinungs- und Pressefreiheit, einschränkt, die Justiz bewusst einsetzt, um die Arbeit der legalen politischen Opposition zu behindern, und mehrfach die Verfassung de facto mit dem primären Ziel ändert, einem bestimmten politischen Akteur überproportionale Vorteile bei Wahlen zu verschaffen, kann bei näherem Hinsehen kaum als Rechtsstaat gelten. Auch in Singapur ist evident, dass die politische Herrschaftselite Recht und Gesetz zum Zwecke des Machterhalts in ihrem Sinne gestaltet und interpretiert und, wann immer ihr dies nötig erscheint, revidiert.
:[http://www.bpb.de/apuz/25599/der-beschwerliche-weg-zur-rechtsstaatlichen-demokratie-in-suedostasien Jörn Dosch (2000) Der beschwerliche Weg zur rechtsstaatlichen Demokratie in Südostasien. Aus Politik und Zeitgeschichte].
:[http://www.bpb.de/apuz/25599/der-beschwerliche-weg-zur-rechtsstaatlichen-demokratie-in-suedostasien Jörn Dosch (2000) Der beschwerliche Weg zur rechtsstaatlichen Demokratie in Südostasien. Aus Politik und Zeitgeschichte].


In einem Rechtsstaat dürfen Regierung und Verwaltung nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln. Die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger sind garantiert. Dies gilt insbesondere für die Justiz-Grundrechte. Staatliche Entscheidungen können von unabhängigen Gerichten überprüft werden. Der [[Rechtsstaat]] drückt eine Hoffnung auf doppelte Sicherheit aus: auf Schutz vor Kriminalität einerseits und vor staatlicher Willkür andererseits. Bürger verzichten auf gewaltsame Selbsthilfe und ordnen sich dem Gesetz unter. Dafür beschränkt auch der Staat seine Macht über den Bürger und setzt seine Gewalt nur noch sparsam ein. Im Idealfall nur zum Schutz der Bürger gegen illegal agierende Individuen oder Kollektive. Und nur zur Garantie von Recht und Freiheit. Die Folge: ein niedriges Gewaltniveau, Frieden und ein gewisser Wohlstand. Im Rechtsstaat sorgen Gesetze, Polizei und Justiz dafür, dass es in der Gesellschaft friedlich zugeht. Nicht nur die Sozialpolitik, sondern auch die Kriminalpolitik sorgt für ein friedliches Miteinander. In funktionierenden Rechtsstaaten gibt es nur wenig Kriminalität. Tötungsdelikte sind selten. Zugleich wendet aber auch die Staatsgewalt nur selten unmittelbaren Zwang an. Einzelne Fälle von Korruption, Erpressung oder gar außergerichtlichen Tötungen durch Staatsdiener kennt man im Rechtsstaat nur als absolut außergewöhnliche Skandale. Die Länder mit einem hohen Maß an Rechtsstaatlichkeit, bzw. rule of law, sind denn auch diejenigen mit den wenigsten Tötungsdelikten.
In einem Rechtsstaat handeln Regierung, Justiz und Verwaltung - insbesondere die Polizei - nur im Rahmen der bestehenden Gesetze. Die Bürger können die Rechtmäßigkeit des obrigkeitlichen Handelns jederzeit durch unabhängige Gerichte überprüfen lassen. Die Polizei selbst wird intern und extern streng kontrolliert, um Machtmissbrauch und Korruption vorzubeugen.
 
In einem Rechtsstaat werden die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger garantiert. Dies gilt insbesondere für die Justiz-Grundrechte. Der [[Rechtsstaat]] drückt eine Hoffnung auf doppelte Sicherheit aus: auf Schutz vor Kriminalität einerseits und vor staatlicher Willkür andererseits. Bürger verzichten auf gewaltsame Selbsthilfe und ordnen sich dem Gesetz unter. Dafür beschränkt auch der Staat seine Macht über den Bürger und setzt seine Gewalt nur noch sparsam ein. Im Idealfall nur zum Schutz der Bürger gegen illegal agierende Individuen oder Kollektive. Und nur zur Garantie von Recht und Freiheit. Die Folge: ein niedriges Gewaltniveau, Frieden und ein gewisser Wohlstand.
 
Im Rechtsstaat sorgen Gesetze, Polizei und Justiz dafür, dass es friedlich zugeht. Das Gewaltniveau ist niedrig und selbst der Staat wendet nur wenig Gewalt an. Einzelne Fälle von Korruption, Erpressung oder gar außergerichtlichen Tötungen durch Staatsdiener kennt man im Rechtsstaat nur als Skandal. So etwas ist dort einfach nicht normal. Die Länder mit einem hohen Maß an Rechtsstaatlichkeit, bzw. rule of law, sind denn auch diejenigen mit den wenigsten Tötungsdelikten.


=== Polizei und Gericht: keine Korruption, kein Machtmissbrauch ===
=== Polizei und Gericht: keine Korruption, kein Machtmissbrauch ===
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