Kriminalpolitik: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''konservative Diskurs''' fordert einen starken Staat. Hierbei tritt der Staat dann als Garant für den Schutz seiner loyalen Bürger gegen Gefahren von innen und außen auf. So avanciert die Sicherheit von Staat und Gesellschaft zur entscheidenden Rahmensetzung für Frieden, Wohlstand und rechtsstaatlich regulierte Freiheit. Den Gesetzen Respekt zu verschaffen, hart durchzugreifen, wenn sich Einzelne oder Gruppen der gesetzten Wertordnung entziehen, dadurch Integration und Funktionsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten, ist gleichermaßen Voraussetzung, Zweck und Bestimmung der Staatsräson.
Der '''konservative Diskurs''' fordert einen starken Staat. Hierbei tritt der Staat dann als Garant für den Schutz seiner loyalen Bürger gegen Gefahren von innen und außen auf. So avanciert die Sicherheit von Staat und Gesellschaft zur entscheidenden Rahmensetzung für Frieden, Wohlstand und rechtsstaatlich regulierte Freiheit. Den Gesetzen Respekt zu verschaffen, hart durchzugreifen, wenn sich Einzelne oder Gruppen der gesetzten Wertordnung entziehen, dadurch Integration und Funktionsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten, ist gleichermaßen Voraussetzung, Zweck und Bestimmung der Staatsräson.


Der '''anti-staatliche Diskurs''' gilt als Antipode des konservativen und vermutet dort, wo sich der Staat und seine Sicherheitsbehörden als  umfassender Sicherheitsgarant sehen, eine garantierte Negation der Freiheit. Auf der einen Seite avanciert der "linke" Sicherheitsdiskurs zum Advokaten von Freiheitsrechten, Randgruppen und Minderheiten, auf der anderen Seite bleibt er jedoch latenten Kritik ausgesetzt, einem berechtigten Sicherheitsinteresse der Bevölerung nicht gerecht zu werden.
Der '''anti-staatliche Diskurs''' gilt als Antipode des konservativen und vermutet dort, wo sich der Staat und seine Sicherheitsbehörden als  umfassender Sicherheitsgarant sehen, eine garantierte Negation der Freiheit. Auf der einen Seite avanciert der "linke" Sicherheitsdiskurs zum Advokaten von Freiheitsrechten, Randgruppen und Minderheiten, auf der anderen Seite bleibt er der latenten Kritik ausgesetzt, einem berechtigten Sicherheitsinteresse der Bevölerung nicht gerecht zu werden.


Der '''liberale Diskurs''' unterscheidet sich von anderen beiden, indem er sich im Regelfall einer klug argumentierten Einseitigkeit entzieht. Er akzeptiert die Notwendigkeit von Sicherheitsleistungen, betont aber dabei, dass diese stets, auch beim unterstellten besten rechtsstaatlichen Willen der an ihrer Umsetzung beteiligten Personen, umschlagen kann in Einschränkungen und Gefährungen dessen, was sie schützen will: die Freiheit der Gesellschaft
Der '''liberale Diskurs''' unterscheidet sich von anderen beiden, indem er sich im Regelfall einer klug argumentierten Einseitigkeit entzieht. Er akzeptiert die Notwendigkeit von Sicherheitsleistungen, betont aber dabei, dass diese stets, auch beim unterstellten besten rechtsstaatlichen Willen der an ihrer Umsetzung beteiligten Personen, umschlagen kann in Einschränkungen und Gefährungen dessen, was sie schützen will: die Freiheit der Gesellschaft

Version vom 26. Februar 2009, 09:35 Uhr

Artikel wird bearbeitet von Henning S.

Kriminalpolitik (lat. crimen - das Verbrechen) ist die Gesamtheit aller gewollten staatlichen und nicht-staatlichen Einwirkungen auf den Umgang mit Straftaten, Straftätern, Opfern und weiteren Beteiligten. So geht es in der Kriminalpolitik z.B. um Fragen der Strafgesetzgebung (Kriminalisierung, Entkriminalisierung), des Strafvollzugs, der Kriminalitätsprävention, des Opferschutzes und der Opferentschädigung.

Als Grundlagen ihrer Entscheidungen stützt sich die Kriminalpolitik weitgehend auf die Erkenntnisse der Kriminologie und der sonstigen Strafrechtswissenschaften. Überdies hat sie aber auch Bezüge zur Sozial-, Wirtschaftspolitik pp., selbst zur Außenpolitik (Internationalität des Verbrechens). Das Ziel der Politik ist, die innere Sicherheit und die individuellen Freiheitsrechte, die in einem Spannungsverhältnis stehen, zu gewährleisten.


Begriffsentstehung

Erstmals dürfte der Begriff um 1800 verwandt worden sein. Es folgten seither recht unterschiedliche Definitionsansätze und Beschreibungsversuche. So verstand man die Kriminalpolitik zeitweise als eine Symbiose von Erkenntnis und Politik oder die Inkorporation der "gesetzgebenden Staatsweisheit". Rechtswissenschaftler subsumieren unter Kriminalpolitik überwiegend gesetzgeberische Reformvorhaben im Bereich des materiellen und formellen Strafrechts einschließlich der Rechtsanwendung und des Strafvollzugs. In der Kriminologie wird heute zwischen praktischer und wissenschaftlicher Kriminalpolitik unterschieden.

Wissenschaftliche Kriminalpolitik

Man kann unter dem Aspekt der einer strengen Abgrenzung zur Kriminologie die wissenschaftliche Kriminalpolitik als eine Wissenschaft umreissen, die sich neben den allgemein sicherheitspolitischen und -strategischen Fragen auch mit Reformmaßnahmen der Strafrechtsgenese im weiteren Sinne und der Durchführung der Kriminalitätsbekämpfung mittels Strafrechts und -vollzugs auseinandersetzt. Die umfasst die "systematisch geordnete Darstellung der gesellschaftlichen Strategien, Taktiken und Sanktionsmittel zur Erreichung optimaler Verbrechenskontrolle."

Praktische Kriminalpolitik

Die praktische Kriminalpolitik ist gehalten, Verbrechen und Kriminalität zu bekämpfen. Sie soll dynamisch sein und sich den von der Wissenschaft aufgezeigten sozialen Transformationen in stetiger Reformierung des Strafrechts und der Strafrechtspflege anpassen. Zum Postulat einer harmonischen Kriminalitätskontrolle ist sie gehalten, rechtsstaatliche/-politische Prinzipien wie u.a. Humanität, Gleichheit vor dem Gesetz und Verhältnismässigkeitsgrundsätze zu berücksichtigen und innerhalb formal gezogener Grenzen effiziente Techniken und Methoden der Kriminalitätskontrolle erarbeiten und der Gesellschaftsstruktur zu adaptieren.

Globalisierung und Kriminalpolitik

Nach Henner Hess (2002: 227) senkt die Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer direkt und indirekt den Lebensstandard großer Teile der Bevölkerung. Dadurch - und durch beschleunigte Migrationsbewegungen - nimmt zum einen die Armutsbevölkerung zu. Höhere kriminalitätsraten können Ausdruck sozialer Umwälzungsprozesse (Erhöhung der sozialen Ungleichheit, gesteigerte Migration, Intensivierung sozialer Konflikte). Dabei zeigt sich, dass der Abbau sozialstaatlicher Sicherungselemente oftmals mit einem Ausbau ordnungssattlicher (kriminalpolitischer) instrumente einhergeht. Steigt die gesellschaftliche Konfliktintensität, so werden auch Verfolgungsleistungen intensiviert. DAbei werden oftmals (etwa am Beispiel der Suchtkriminalität, der organisierten Kriminalität oder der "Bettelei") Delikte und Tätergruppen symbolisch verstärkt hervorgehoben.


Diskurse der Kriminalpolitik

Kriminalpolitik reagiert und reflektiert gesellschaftliche Bewusstseinsveränderungen der unterschiedlichen Partikularinteressen. Hierbei muss sie eine Vielzahl von ökonmomischen und sozialpsychologischen Tendenzen in Rechnung stellen, die sich wiederum somit auch auf unterschiedliche politische Diskurse auswirken.

Der konservative Diskurs fordert einen starken Staat. Hierbei tritt der Staat dann als Garant für den Schutz seiner loyalen Bürger gegen Gefahren von innen und außen auf. So avanciert die Sicherheit von Staat und Gesellschaft zur entscheidenden Rahmensetzung für Frieden, Wohlstand und rechtsstaatlich regulierte Freiheit. Den Gesetzen Respekt zu verschaffen, hart durchzugreifen, wenn sich Einzelne oder Gruppen der gesetzten Wertordnung entziehen, dadurch Integration und Funktionsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten, ist gleichermaßen Voraussetzung, Zweck und Bestimmung der Staatsräson.

Der anti-staatliche Diskurs gilt als Antipode des konservativen und vermutet dort, wo sich der Staat und seine Sicherheitsbehörden als umfassender Sicherheitsgarant sehen, eine garantierte Negation der Freiheit. Auf der einen Seite avanciert der "linke" Sicherheitsdiskurs zum Advokaten von Freiheitsrechten, Randgruppen und Minderheiten, auf der anderen Seite bleibt er der latenten Kritik ausgesetzt, einem berechtigten Sicherheitsinteresse der Bevölerung nicht gerecht zu werden.

Der liberale Diskurs unterscheidet sich von anderen beiden, indem er sich im Regelfall einer klug argumentierten Einseitigkeit entzieht. Er akzeptiert die Notwendigkeit von Sicherheitsleistungen, betont aber dabei, dass diese stets, auch beim unterstellten besten rechtsstaatlichen Willen der an ihrer Umsetzung beteiligten Personen, umschlagen kann in Einschränkungen und Gefährungen dessen, was sie schützen will: die Freiheit der Gesellschaft

Literatur

  • Hess, Henner (2002) Globalisierung und Kriminalpolitik. Vom gegenwärtigen Wandel sozialer Kontrolle. In: De Giorgi, Raffaele (Hg.) Il Diritto e La Differenza. Scritti in onore di Alessandro Baratta. Lecce: Pensa: 227-245.
  • Neue Kriminalpolitik (NK). Zeitschrift im Nomos Verlag. Baden-Baden.
  • Zipf, Heinz (1980) Kriminalpolitik. Ein Lehrbuch. 2. Aufl. Karlsruhe. C.F. Müller.

Links