Kriminalbiologische Gesellschaft: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Gesellschaft "baute auf der von Lombroso geschaffenen kriminalanthropologischen Grundlage auf" und bemühte sich "in erster Linie darum, die verbrecherische Persönlichkeit in ihrem Wesen und Werden zu erfassen. Es soll hinter die 'Aktualität' der Tat zurückgegangen werden, um die 'Potentialität' des Verbrechers, vor allem seine vorgegebenen Dispositionen zum Verbrechen zu erfassen." Der Schwerpunkt der Vereinigung lag auf Psychiatrie und Konstitutionsbiologie (Kretschmer), von deren Ergebnissen man hoffte, dass sie "ihren Niederschlag in Gseetzgebung, Strafrechtspflege und Strafvollzug finden" würden. Die Einführung eines Kriminalbiologischen Dienstes ging maßgeblich auf sie zurück (Würtenberger 1977: 265).  
Die Gesellschaft "baute auf der von Lombroso geschaffenen kriminalanthropologischen Grundlage auf" und bemühte sich "in erster Linie darum, die verbrecherische Persönlichkeit in ihrem Wesen und Werden zu erfassen. Es soll hinter die 'Aktualität' der Tat zurückgegangen werden, um die 'Potentialität' des Verbrechers, vor allem seine vorgegebenen Dispositionen zum Verbrechen zu erfassen." Der Schwerpunkt der Vereinigung lag auf Psychiatrie und Konstitutionsbiologie (Kretschmer), von deren Ergebnissen man hoffte, dass sie "ihren Niederschlag in Gseetzgebung, Strafrechtspflege und Strafvollzug finden" würden. Die Einführung eines Kriminalbiologischen Dienstes ging maßgeblich auf sie zurück (Würtenberger 1977: 265).  


Tagungen in: Wien (1927, 1961), Dresden (1928), Graz (1931, 1933, 1954), München (1937, 1951, 1953), Freiburg (1957), Tübingen (1959), Heidelberg (1963), Gießen (1965), Köln (1967). Seit 1952 erschienen die Tagungsreferate in den "Kriminalbiologischen Gegenwartsfragen". Publikationsorgan der Gesellschaft war die "Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform" (in ihren jeweiligen Bezeichnungen).  
Tagungen in: Wien (1927, 1961), Dresden (1928), Graz (1931, 1933, 1954), München (1937, 1951, 1953), Freiburg (1957), Tübingen (1959), Heidelberg (1963), Gießen (1965), Köln (1967). Die ersten fünf Tagungen wurden in den "Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft" publiziert. Seit 1952 erschienen die Tagungsreferate in den "Kriminalbiologischen Gegenwartsfragen". Publikationsorgan der Gesellschaft war ansonsten die "Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform" (in ihren jeweiligen Bezeichnungen).  


Die Münchener Tagung von 1937: neu im Vorstand waren Mezger und Exner. Zum Vorsitzenden wurde Theodor Viernstein gewählt. Die Tagung wurde von Adolf Lenz eröffnet, der auf 10 Jahre der Existenz der Kriminalbiologischen Gesellschaft zurückblicken konnte. In seiner Ansprache würdigte Mezger die erb- und rassenbiologische Ausrichtung des Staates und schloss mit den Worten: "Dass dies so ist, danken wir dem Manne, der Deutschland wieder auf die Höhe geführt hat, unserem Führer Adolf Hitler. Ihm huldigen wir zu Beginne unserer Tagung und unserer Beratungen. Unser Führer - Sieg Heil" (Simon 2001: 158).
Der Prozess der Umbenennung in "Gesellschaft für die gesamte Kriminologie" wird dokumentiert bei Imanuel Baumann (2006: 258-266).
Der Prozess der Umbenennung in "Gesellschaft für die gesamte Kriminologie" wird dokumentiert bei Imanuel Baumann (2006: 258-266).
   
   
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*Mezger, Edmund (1952) Die Geschichte der Kriminologie und der Kriminalbiologischen Gesellschaft. Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft, Nr. 6, München: 7-16.
*Mezger, Edmund (1952) Die Geschichte der Kriminologie und der Kriminalbiologischen Gesellschaft. Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft, Nr. 6, München: 7-16.
*Simon, Jürgen (2001) Kriminalbiologie und Zwangssterilisation. Eugenischer Rassismus 1920-1945. Münster, New York ...: Waxmann.


*Würtenberger, Thomas (1968) Die Kriminalbiologische Gesellschaft in Vergangenheit und Gegenwart. In: Hans Göppinger und Heinz Leferenz (Hrsg.): Kriminologische Gegenwartsfragen, Heft 8. Stuttgart: Enke, 1-9.
*Würtenberger, Thomas (1968) Die Kriminalbiologische Gesellschaft in Vergangenheit und Gegenwart. In: Hans Göppinger und Heinz Leferenz (Hrsg.): Kriminologische Gegenwartsfragen, Heft 8. Stuttgart: Enke, 1-9.

Version vom 15. September 2010, 10:59 Uhr

Die Kriminalbiologische Gesellschaft existierte von 1927 (Gründung in Wien auf Betreiben des Grazer Kriminologen Adolf Lenz) bis 1967/1968 (Umbenennungsbeschluss der Mitgliederversammlung am 14.10.1967 in Köln; Veröffentlichung der neuen Satzung der nunmehr in "Gesellschaft für die gesamte Kriminologie" umbenannten Vereinigung im September 1968).

Die Gesellschaft "baute auf der von Lombroso geschaffenen kriminalanthropologischen Grundlage auf" und bemühte sich "in erster Linie darum, die verbrecherische Persönlichkeit in ihrem Wesen und Werden zu erfassen. Es soll hinter die 'Aktualität' der Tat zurückgegangen werden, um die 'Potentialität' des Verbrechers, vor allem seine vorgegebenen Dispositionen zum Verbrechen zu erfassen." Der Schwerpunkt der Vereinigung lag auf Psychiatrie und Konstitutionsbiologie (Kretschmer), von deren Ergebnissen man hoffte, dass sie "ihren Niederschlag in Gseetzgebung, Strafrechtspflege und Strafvollzug finden" würden. Die Einführung eines Kriminalbiologischen Dienstes ging maßgeblich auf sie zurück (Würtenberger 1977: 265).

Tagungen in: Wien (1927, 1961), Dresden (1928), Graz (1931, 1933, 1954), München (1937, 1951, 1953), Freiburg (1957), Tübingen (1959), Heidelberg (1963), Gießen (1965), Köln (1967). Die ersten fünf Tagungen wurden in den "Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft" publiziert. Seit 1952 erschienen die Tagungsreferate in den "Kriminalbiologischen Gegenwartsfragen". Publikationsorgan der Gesellschaft war ansonsten die "Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform" (in ihren jeweiligen Bezeichnungen).

Die Münchener Tagung von 1937: neu im Vorstand waren Mezger und Exner. Zum Vorsitzenden wurde Theodor Viernstein gewählt. Die Tagung wurde von Adolf Lenz eröffnet, der auf 10 Jahre der Existenz der Kriminalbiologischen Gesellschaft zurückblicken konnte. In seiner Ansprache würdigte Mezger die erb- und rassenbiologische Ausrichtung des Staates und schloss mit den Worten: "Dass dies so ist, danken wir dem Manne, der Deutschland wieder auf die Höhe geführt hat, unserem Führer Adolf Hitler. Ihm huldigen wir zu Beginne unserer Tagung und unserer Beratungen. Unser Führer - Sieg Heil" (Simon 2001: 158).

Der Prozess der Umbenennung in "Gesellschaft für die gesamte Kriminologie" wird dokumentiert bei Imanuel Baumann (2006: 258-266).

Literatur

  • Baumann, Imanuel (2006) Dem Verbrechen auf der Spur. Eine Geschichte der Kriminologie und Kriminalpolitik in Deutschland 1880-1980. Göttingen: Wallstein.
  • Mezger, Edmund (1952) Die Geschichte der Kriminologie und der Kriminalbiologischen Gesellschaft. Mitteilungen der Kriminalbiologischen Gesellschaft, Nr. 6, München: 7-16.
  • Simon, Jürgen (2001) Kriminalbiologie und Zwangssterilisation. Eugenischer Rassismus 1920-1945. Münster, New York ...: Waxmann.
  • Würtenberger, Thomas (1968) Die Kriminalbiologische Gesellschaft in Vergangenheit und Gegenwart. In: Hans Göppinger und Heinz Leferenz (Hrsg.): Kriminologische Gegenwartsfragen, Heft 8. Stuttgart: Enke, 1-9.
  • Würtenberger, Thomas (1977) Organisationen und Institute. In: Sieverts/Schneider, Hg., Handwörterbuch der Kriminologie. 2. Band, Berlin, New York: de Gruyter: 259-279.