Kindesmisshandlung: Unterschied zwischen den Versionen

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==Kriminologie der Kindesmisshandlung==  
==Kriminologie der Kindesmisshandlung==  
Kleinkinder (2. – 4. Lebensjahr) sind besonders gefährdet. Ca. 75 % der Fälle geschehen in einem Lebensalter unter 7 Jahren. Zu beachten ist eine Wiederholungsgefahr bei Geschwistern.   
* Kleinkinder (2. – 4. Lebensjahr) sind besonders gefährdet. Ca. 75 % der Fälle geschehen in einem Lebensalter unter 7 Jahren. Zu beachten ist eine Wiederholungsgefahr bei Geschwistern.   
Gefährdung unerwünschter, entwicklungsgestörter, behinderter Kinder.
* Gefährdung unerwünschter, entwicklungsgestörter, behinderter Kinder.
Keine oder nur unzureichende Erklärungen für die Verletzungsentstehung. Teilweise wird eine Verletzungsbeibringung durch Geschwister oder eine erhöhte Verletzungsneigung durch Ungeschicktheit des Kindes selbst angegeben.   
* Keine oder nur unzureichende Erklärungen für die Verletzungsentstehung. Teilweise wird eine Verletzungsbeibringung durch Geschwister oder eine erhöhte Verletzungsneigung durch Ungeschicktheit des Kindes selbst angegeben.   
Kleinkinder und Vorschulkinder erleiden oftmals absichtlich zugefügte Knochenbrüche, Verbrennungen und blaue Flecken.  
* Kleinkinder und Vorschulkinder erleiden oftmals absichtlich zugefügte Knochenbrüche, Verbrennungen und blaue Flecken.  
Täter sind Eltern (jüngere Erwachsene) bzw. Lebensgefährten der Kindsmutter; es sind alle sozialen Schichten betroffen. Männer seien zumeist „aktive“ Misshandler, Frauen eher „passive“.  
* Täter sind Eltern (jüngere Erwachsene) bzw. Lebensgefährten der Kindsmutter; es sind alle sozialen Schichten betroffen. Männer seien zumeist „aktive“ Misshandler, Frauen eher „passive“.  
Meistens handelt es sich um impulsive Handlungen in Stresssituationen (mangelnde Frustrationstoleranz). Dabei gilt Alkoholmissbrauch als begünstigender Faktor.   
* Meistens handelt es sich um impulsive Handlungen in Stresssituationen (mangelnde Frustrationstoleranz). Dabei gilt Alkoholmissbrauch als begünstigender Faktor.   
Zeitlich verzögertes Aufsuchen medizinischer Hilfe trotz erkennbar schwerer Verletzungen. Es liegen ältere, unbehandelte Verletzungen vor.  
* Zeitlich verzögertes Aufsuchen medizinischer Hilfe trotz erkennbar schwerer Verletzungen. Es liegen ältere, unbehandelte Verletzungen vor.  
Es erfolgt keine kontinuierliche Arztbeetreuung, es werden vielmehr andere Ärzte aufgesucht (sog. doctor-hopping).     
* Es erfolgt keine kontinuierliche Arztbeetreuung, es werden vielmehr andere Ärzte aufgesucht (sog. doctor-hopping).     


==Hohe Dunkelziffer der Kindesmisshandlung==  
==Hohe Dunkelziffer der Kindesmisshandlung==  
Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Schätzungen sprechen von 20.000-100.000 Fällen pro Jahr.   
Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Schätzungen sprechen von 20.000-100.000 Fällen pro Jahr.   
Ursachen der hohen Dunkelziffer  
Ursachen der hohen Dunkelziffer  
Intrafamiliäres Ereignis (keine unabhängigen Zeugen)  
*      Intrafamiliäres Ereignis (keine unabhängigen Zeugen)  
Mangelndes Problembewusstsein bei Zeugen und behandelnden Ärzten  
* Mangelndes Problembewusstsein bei Zeugen und behandelnden Ärzten  
Fehldeutung von Verletzungen als Unfallfolge   
* Fehldeutung von Verletzungen als Unfallfolge   
Abhängigkeit des Kindes von den Eltern  
* Abhängigkeit des Kindes von den Eltern  


==Allgemeine Hinweise auf Kindesmisshandlung – Abgrenzung von Unfall und Misshandlung==  
==Allgemeine Hinweise auf Kindesmisshandlung – Abgrenzung von Unfall und Misshandlung==  
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Bei einer Kindesmisshandlung können alle Formen von Gewalteinwirkungen auftreten. Am häufigsten kommen Folgen stumpfer Gewalteinwirkung vor.  
Bei einer Kindesmisshandlung können alle Formen von Gewalteinwirkungen auftreten. Am häufigsten kommen Folgen stumpfer Gewalteinwirkung vor.  


Knöcherne Verletzungen  
* Knöcherne Verletzungen  
Kopfverletzungen und Schädelfrakturen  
* Kopfverletzungen und Schädelfrakturen  
Thermische Verletzungen  
* Thermische Verletzungen  
Bissverletzungen  
* Bissverletzungen  
Verletzungen im Intimbereich  
* Verletzungen im Intimbereich  


===Knöcherne Verletzungen===  
===Knöcherne Verletzungen===  
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Als Folgen eines Schütteltraumas kommen in Betracht:  
Als Folgen eines Schütteltraumas kommen in Betracht:  


Erblindung
* Erblindung
Schwere geistige und/oder körperliche Behinderung bis zum apallischen Syndrom durch direkte Gehirnverletzungen oder als Folgeschäden des Hirndrucks
* Schwere geistige und/oder körperliche Behinderung bis zum apallischen Syndrom durch direkte Gehirnverletzungen oder als Folgeschäden des Hirndrucks
Epilepsie
* Epilepsie
Begleitverletzungen der Halswirbelsäule  
* Begleitverletzungen der Halswirbelsäule  


Ca. 10% aller Todesfälle durch Kindesmisshandlung sollen durch Schütteltrauma verursacht werden. Bis zu 25% der Schütteltrauma-Opfer versterben. Wichtig ist hier eine Abgrenzung zwischen Todesfällen durch Schütteln und dem plötzlichen Kindstod.     
Ca. 10% aller Todesfälle durch Kindesmisshandlung sollen durch Schütteltrauma verursacht werden. Bis zu 25% der Schütteltrauma-Opfer versterben. Wichtig ist hier eine Abgrenzung zwischen Todesfällen durch Schütteln und dem plötzlichen Kindstod.     
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Die Tatopfer sind in der Regel Kinder bis zum 4./5. Lebensjahr. Die Täter männlich (Kindsvater, Lebensgefährte der Mutter).  
Die Tatopfer sind in der Regel Kinder bis zum 4./5. Lebensjahr. Die Täter männlich (Kindsvater, Lebensgefährte der Mutter).  
Bei ca. 10% der tödlichen Kindesmisshandlung sind äußerlich keine Verletzungen zu erkennen. Gerade bei Kindern sind spurenarme Tötungsdelikte möglich. Zu denken ist an:  
Bei ca. 10% der tödlichen Kindesmisshandlung sind äußerlich keine Verletzungen zu erkennen. Gerade bei Kindern sind spurenarme Tötungsdelikte möglich. Zu denken ist an:  
Todesfälle durch Schütteltrauma  
* Todesfälle durch Schütteltrauma  
Stumpfes Bautrauma mit Organrupturen (Verbluten nach Innen)  
* Stumpfes Bautrauma mit Organrupturen (Verbluten nach Innen)  
Ersticken durch weiche Bedeckung  
* Ersticken durch weiche Bedeckung  


Bei plötzlichen und unerwarteten Todesfällen sollte daher immer eine ungeklärte Todesart bescheinigt werden.   
Bei plötzlichen und unerwarteten Todesfällen sollte daher immer eine ungeklärte Todesart bescheinigt werden.   
Anonymer Benutzer