Kinderdelinquenz: Unterschied zwischen den Versionen

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===Begriffliche Abgrenzung Kinderdelinquenz / Kinderkriminalität===
===Begriffliche Abgrenzung Kinderdelinquenz / Kinderkriminalität===
Der Begriff "Kriminalität" beinhaltet einen bewussten Normenverstoß, insofern ein "tatbestandliches, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten", welches einer Strafverfolgung und ggf. Bestrafung zugänglich ist. Kinder unter 14 Jahren können sich in Deutschland "tatbestandlich" und "rechtswidrig", aber nicht "schuldhaft" verhalten, da nach § 19 StGB eine "unwiderlegbare Vermutung der Schuldunfähigkeit" für bei Begehung einer Tat unter 14-jährige vorliegt; Kinder unter 14 Jahren sind in Deutschland strafunmündig.<br>
Es gibt weltweit Kinder, die gegen die in dem jeweiligen Land bzw. der jeweiligen Gesellschaft geltenden Norman verstoßen und Handlungen begehen, die als Straftatbestände definiert sind. Die Reaktionen auf ein normverletzendes Verhalten von Kindern sind dabei sowohl in den verschiedenen Ländern / Gesellschaften als auch im zeitlichen Verlauf gesehen verschieden.<br>
Von Kindern realisiertes von Normen abweichendes Verhalten ist unter Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Aspekte im Rahmen der kindlichen Sozialisation einzuordnen: Um eine gesellschaftlich festgelegte Norm befolgen zu können, muss diese zunächst kennengelernt, verstanden und ausprobiert werden, ggf. müssen Erfahrungen mit Konsequenzen auf Normverstöße gemacht werden. Erst durch einen Prozess des Internalisierens von außen vorgegebener Normen wird eine Grundlage dafür geschaffen, bei Verstößen gegen die Norm eine Vorwerfbarkeit (im Sinne eines absichtsvollen normübertretenden Verhaltens) annehmen zu können. <br>
Von Kindern realisiertes von Normen abweichendes Verhalten ist unter Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Aspekte im Rahmen der kindlichen Sozialisation einzuordnen: Um eine gesellschaftlich festgelegte Norm befolgen zu können, muss diese zunächst kennengelernt, verstanden und ausprobiert werden, ggf. müssen Erfahrungen mit Konsequenzen auf Normverstöße gemacht werden. Erst durch einen Prozess des Internalisierens von außen vorgegebener Normen wird eine Grundlage dafür geschaffen, bei Verstößen gegen die Norm eine Vorwerfbarkeit (im Sinne eines absichtsvollen normübertretenden Verhaltens) annehmen zu können. <br>
Um geltende Normen brechendes Verhalten von Kindern auch verbal nicht im Bereich der strafrechtlich verstandenen [[Kriminalität]] anzusiedeln, wird in der Literatur der neutralere Begriff der "Delinquenz" bevorzugt: Kinder handeln danach delinquent, wenn sie gegen die Strafrechtsnormen verstoßen, auch wenn dieses nicht vorwerfbar (also nicht schuldhaft) ist. Kinderdelinquenz wird danach als ein kindliches Verhalten definiert, das im Sinne des Strafrechts als eine Straftat verstanden werden würde, wenn es durch einen Erwachsenen (bzw. eine über 14 Jahre alte Person) gezeigt werden würde.<br>
Der Begriff "Kriminalität" beinhaltet einen bewussten Normenverstoß, insofern ein "tatbestandliches, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten", welches einer Strafverfolgung und ggf. Bestrafung zugänglich ist. Kinder unter 14 Jahren können sich in Deutschland "tatbestandlich" und "rechtswidrig", aber nicht "schuldhaft" verhalten, da nach § 19 StGB eine "unwiderlegbare Vermutung der Schuldunfähigkeit" für bei Begehung einer Tat unter 14-Jährige vorliegt. Um geltende Normen brechendes Verhalten von Kindern auch verbal nicht im Bereich der strafrechtlich verstandenen [[Kriminalität]] anzusiedeln, wird in der Literatur der neutralere Begriff der "Delinquenz" bevorzugt: Kinder handeln danach delinquent, wenn sie gegen die Strafrechtsnormen verstoßen, auch wenn dieses nicht vorwerfbar (also nicht schuldhaft) ist. Kinderdelinquenz wird danach als ein kindliches Verhalten definiert, das im Sinne des Strafrechts als eine Straftat verstanden werden würde, wenn es durch einen Erwachsenen (bzw. eine über 14 Jahre alte Person) gezeigt werden würde.<br>
Die begriffliche Unterscheidung weist auch auf eine unterschiedliche Reaktionsweise gegenüber kindlichen vs. erwachsenen Normen brechenden Verhaltens hin: Während auf (erwachsene) Kriminalität repressiv zu reagieren ist, soll auf (kindliche) Delinquenz präventiv reagiert werden.
Die begriffliche Unterscheidung weist auch auf eine unterschiedliche Reaktionsweise gegenüber kindlichen vs. erwachsenen Normen brechenden Verhaltens hin: Während auf (erwachsene) Kriminalität repressiv zu reagieren ist, soll auf (kindliche) Delinquenz präventiv reagiert werden.


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====Deutschland====
====Deutschland====
Auf ''verfassungsrechtlicher Ebene'' sind Kinder laut BVerfG von Geburt an wie Erwachsene Träger aller Grundrechte. Bezogen auf Grundrechte für Personen, die sich in einem Strafverfahren befinden, kommen verschiedene Artikel des Grundgesetzes (GG) zur Anwendung. Kinder sind nach § 19 StGB nicht strafmündig und damit von einem Strafverfahren ausgeschlossen. Sie können sich nicht auf die angeführten grundrechtlichen Garantien berufen, sind aber über die Grundrechte hinaus geschützt.<br>
Auf ''verfassungsrechtlicher Ebene'' sind Kinder laut BVerfG von Geburt an wie Erwachsene Träger aller Grundrechte. Bezogen auf Grundrechte für Personen, die sich in einem Strafverfahren befinden, kommen verschiedene Artikel des Grundgesetzes (GG) zur Anwendung. Kinder sind nach § 19 StGB und '''§ xxxxxxxxx''' nicht strafmündig und damit von einem Strafverfahren ausgeschlossen. Sie können sich nicht auf die angeführten grundrechtlichen Garantien berufen, sind aber über die Grundrechte hinaus geschützt.<br>
In der einfachen Rechtsordnung besteht ein abgestuftes System rechtlicher Verantwortung, orientiert an einer zunehmenden Selbstständigkeit von Kindern und Jugendlichen: Es bestehen Altersgrenzen bezogen auf eine Geschäftsfähigkeit, auf eine Verantwortlichkeit Minderjähriger im zuvilrechtlichen Haftungsrecht und auf die Strafmündigkeit. <br>
In der ''einfachen Rechtsordnung'' besteht ein abgestuftes System rechtlicher Verantwortung, orientiert an einer zunehmenden Selbstständigkeit von Kindern und Jugendlichen: Es bestehen Altersgrenzen bezogen auf eine Geschäftsfähigkeit, auf eine Verantwortlichkeit Minderjähriger im zuvilrechtlichen Haftungsrecht und auf die Strafmündigkeit. <br>
Bezogen auf den Umgang mit einem einer Tat verdächtigen Kindes ist aufgrund der Regelung des § 19 StGB umstritten, ob die Strafprozessordnung (StPO) Anwendung finden kann. So stellt bereits die Aufnahme einer Strafanzeige gegen ein Kind oder die Abgabe des Vorganges an die Staatsanwaltschaft im Prinzip eine Ermittlungstätigkeit der Polizei dar. Da eine solche vom Willen getragen ist, ein Strafverfahren gegen einen einer Straftat Verdächtigen zu betreiben, ist zu fragen, ob ein Kind unter Beachtung von § 19 StGB überhaupt eine Beschuldigteneigenschaft innehaben kann und entsprechend von Ermittlungen betroffen werden darf. Strafunmündigkeit stellt aufgrund einer normativ bindenden Schuldlosigkeitsvermutung bezogen auf Kinder ein Strafverfolgungshindernis dar.
Bezogen auf den Umgang mit einem einer Tat verdächtigen Kindes ist aufgrund der Regelung des § 19 StGB umstritten, ob die Strafprozessordnung (StPO) Anwendung finden kann. So stellt bereits die Aufnahme einer Strafanzeige gegen ein Kind oder die Abgabe des Vorganges an die Staatsanwaltschaft im Prinzip eine Ermittlungstätigkeit der Polizei dar. Da eine solche vom Willen getragen ist, ein Strafverfahren gegen einen einer Straftat Verdächtigen zu betreiben, ist zu fragen, ob ein Kind unter Beachtung von § 19 StGB überhaupt eine Beschuldigteneigenschaft innehaben kann und entsprechend von Ermittlungen betroffen werden darf. Strafunmündigkeit stellt aufgrund einer normativ bindenden Schuldlosigkeitsvermutung bezogen auf Kinder ein Strafverfolgungshindernis dar.


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