Kinderdelinquenz: Unterschied zwischen den Versionen

keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 8: Zeile 8:
== Umfang und Erscheinungsformen ==
== Umfang und Erscheinungsformen ==


== Verlauf ==
== Prognostik ==
==Sanktionierung==


=== Deutschland ===
=== Deutschland ===
Zeile 34: Zeile 28:




== Verlauf ==


== Prognostik ==
==Sanktionierung==


===Erscheinungsformen delinquenten Verhaltens von Kindern===
===Formen von Kinderdelinquenz===
====Überblick über Formen von Kinderdelinquenz====
Delikte von Kindern, die nach strafrechtlichen Definitionen als Straftaten angesehen werden, treten meist nicht als bewusste Normbrüche, sondern im Rahmen aus entwicklungspsychologischer Sicht normalen kindlichen, explorativen Verhaltens auf, wobei es zu Grenzüberschreitungen kommen kann. Kinderdelinquenz tritt häufig in der Freizeit auf und ist durch typisch kindliche Motive, emotional gesteuerte Begehensweisen und eine Verteilung der Verantwortung auf die Gruppe gekennzeichnet. Häufig stehen ein Streben nach Anerkennung insbesondere in der peer-group und nach Statussymbolen im Vordergrund. Delinquente Verhaltensweisen sind häufig Laden- und Fahrraddiebstahl, Sachbeschädigung oder leichte Körperverletzung, sie werden meist spontan und unüberlegt realisiert. <br>
Delikte von Kindern, die nach strafrechtlichen Definitionen als Straftaten angesehen werden, treten meist nicht als bewusste Normbrüche, sondern im Rahmen aus entwicklungspsychologischer Sicht normalen kindlichen, explorativen Verhaltens auf, wobei es zu Grenzüberschreitungen kommen kann. Kinderdelinquenz tritt häufig in der Freizeit auf und ist durch typisch kindliche Motive, emotional gesteuerte Begehensweisen und eine Verteilung der Verantwortung auf die Gruppe gekennzeichnet. Häufig stehen ein Streben nach Anerkennung insbesondere in der peer-group und nach Statussymbolen im Vordergrund. Delinquente Verhaltensweisen sind häufig Laden- und Fahrraddiebstahl, Sachbeschädigung oder leichte Körperverletzung, sie werden meist spontan und unüberlegt realisiert. <br>
Kinderdelinquenz richtet sich häufig gegen etwa gleichaltrige Opfer. Vor allem Gewaltdelikte, bei denen Kinder Täter sind, ereignen sich in der Regel im näheren Wohnumfeld, so dass von Täter-Opfer-Beziehungen auszugehen ist.   
Kinderdelinquenz richtet sich häufig gegen etwa gleichaltrige Opfer. Vor allem Gewaltdelikte, bei denen Kinder Täter sind, ereignen sich in der Regel im näheren Wohnumfeld, so dass von Täter-Opfer-Beziehungen auszugehen ist.   


====Kinderdelinquenz nach Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS)====
===Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS)===
In der [[PKS]] erfasste Daten des sog. Hellfeldes bedürfen vor einer Interpretation bezogen auf die Entwicklung der Kriminalität der Ergänzung und Kontrastierung durch weitere Datenquellen (z.B. durch eine statistikbegleitende Dunkelfeldforschung oder Daten aus Staatsanwaltschaft und Justiz). Auf diese Weise können z.B. Veränderungen im Anzeigeverhalten, institutionelle Bewertungsvorgänge oder Veränderungen normativer Rahmenbedingungen einbezogen werden, die Auswirkungen auf die erhobenen Zahlen haben (können).<br>
In der [[PKS]] erfasste Daten des sog. Hellfeldes bedürfen vor einer Interpretation bezogen auf die Entwicklung der Kriminalität der Ergänzung und Kontrastierung durch weitere Datenquellen (z.B. durch eine statistikbegleitende Dunkelfeldforschung oder Daten aus Staatsanwaltschaft und Justiz). Auf diese Weise können z.B. Veränderungen im Anzeigeverhalten, institutionelle Bewertungsvorgänge oder Veränderungen normativer Rahmenbedingungen einbezogen werden, die Auswirkungen auf die erhobenen Zahlen haben (können).<br>


Zeile 57: Zeile 54:
Soweit (eine vergleichsweise kleine Zahl) Kinder in großem Umfang oder durch besonders gravierende Delikte auffällig werden, finden sich dagegen Hinweise auf eine Kumulation familiärer, individueller und sozialer Belastungsfaktoren sowie häufig eine Vorgeschichte nicht erfolgreicher Interventions- und Hilfeangebote. Einzubeziehen ist, dass ggf. nicht "schwierige Kinder", sondern "Kinder in schwierigen Situationen" durch häufige Delinquenz auffällig werden.Einzubeziehen ist weiter, dass sozial benachteiligte Kinder aus verschiedenen Gründen (größere Aufmerksamkeit seitens der Institutionen, geringere Fähigkeiten zur Vermeidung einer Entdeckung) ggf. vermehrt als mit delinquentem Verhalten auffällig registriert werden, so dass sie im Hellfeld der registrierten Kinderdelinquenz überrepräsentiert sein können. <br>
Soweit (eine vergleichsweise kleine Zahl) Kinder in großem Umfang oder durch besonders gravierende Delikte auffällig werden, finden sich dagegen Hinweise auf eine Kumulation familiärer, individueller und sozialer Belastungsfaktoren sowie häufig eine Vorgeschichte nicht erfolgreicher Interventions- und Hilfeangebote. Einzubeziehen ist, dass ggf. nicht "schwierige Kinder", sondern "Kinder in schwierigen Situationen" durch häufige Delinquenz auffällig werden.Einzubeziehen ist weiter, dass sozial benachteiligte Kinder aus verschiedenen Gründen (größere Aufmerksamkeit seitens der Institutionen, geringere Fähigkeiten zur Vermeidung einer Entdeckung) ggf. vermehrt als mit delinquentem Verhalten auffällig registriert werden, so dass sie im Hellfeld der registrierten Kinderdelinquenz überrepräsentiert sein können. <br>


===Kinderdelinquenz in der öffentlichen Wahrnehmung / Einfluss von Politik und Medien===
===Öffentliche Wahrnehmung / Einfluss von Politik und Medien===
Die Problematik der Kinderdelinquenz wird (in der jüngeren Vergangenheit z.B. im Zeitraum des Regierungswechsel in Hamburg von der SPD zur CDU/ Schill-Partei im Jahr 2001 sowie CDU/ Schill-Partei zur CDU im Jahr 2004) z.T. massiv als Wahlkampfthema benutzt, wobei Erkenntnisse z.B. der Psychologie, der Kriminologie oder der Pädagogik kaum einbezogen werden. Anlass für eine starke Medienpräsenz des Themas Kinderdelinquenz bieten auch spektakuläre Einzelfälle (z.B. Amokläufe in Schulen oder ausgeprägte Mobbingvorfälle unter Kindern). Soweit Bezug auf Daten der PKS genommen wird, um einen Anstieg einer "Kinderkriminalität" zu belegen, ist dies ohne die gleichzeitige Darstellung der möglichen Verzerrungsfaktoren dieser Daten ggf. geeignet, in der Öffentlichkeit eine falsche - überzogene - Vorstellung des Ausmaßes delinquenten Verhaltens von Kindern zu erzeugen. Zusammen mit (durch Studien nicht belegten) Behauptungen z.B. zu Persönlichkeitsvariablen bei kindlichen Normverletzern, die ein solches Verhalten quasi bedingen, kann dies zu Tendenzen in der Meinungsbildung führen, den Präventionsgedanken als Reaktion auf delinquentes kindliches Verhalten allgemein zugunsten einer Betonung repressiver Vorgehensweisen zurückzustellen. Da zudem die Altersgrenze eher normativ-politisch als z.B. entwicklungspsychologisch begründet ist und für andere Bereiche gesellschaftlichen Handelns (z.B. eine zivilrechtliche Volljährigkeit) andere - höhere - Altersgrenzen festgelegt sind, wird wiederkehrend über eine Veränderung der Strafmündigkeitsgrenze nach oben oder unten (je nach aktueller Situation und Interessenlage) diskutiert.
Die Problematik der Kinderdelinquenz wird (in der jüngeren Vergangenheit z.B. im Zeitraum des Regierungswechsel in Hamburg von der SPD zur CDU/ Schill-Partei im Jahr 2001 sowie CDU/ Schill-Partei zur CDU im Jahr 2004) z.T. massiv als Wahlkampfthema benutzt, wobei Erkenntnisse z.B. der Psychologie, der Kriminologie oder der Pädagogik kaum einbezogen werden. Anlass für eine starke Medienpräsenz des Themas Kinderdelinquenz bieten auch spektakuläre Einzelfälle (z.B. Amokläufe in Schulen oder ausgeprägte Mobbingvorfälle unter Kindern). Soweit Bezug auf Daten der PKS genommen wird, um einen Anstieg einer "Kinderkriminalität" zu belegen, ist dies ohne die gleichzeitige Darstellung der möglichen Verzerrungsfaktoren dieser Daten ggf. geeignet, in der Öffentlichkeit eine falsche - überzogene - Vorstellung des Ausmaßes delinquenten Verhaltens von Kindern zu erzeugen. Zusammen mit (durch Studien nicht belegten) Behauptungen z.B. zu Persönlichkeitsvariablen bei kindlichen Normverletzern, die ein solches Verhalten quasi bedingen, kann dies zu Tendenzen in der Meinungsbildung führen, den Präventionsgedanken als Reaktion auf delinquentes kindliches Verhalten allgemein zugunsten einer Betonung repressiver Vorgehensweisen zurückzustellen. Da zudem die Altersgrenze eher normativ-politisch als z.B. entwicklungspsychologisch begründet ist und für andere Bereiche gesellschaftlichen Handelns (z.B. eine zivilrechtliche Volljährigkeit) andere - höhere - Altersgrenzen festgelegt sind, wird wiederkehrend über eine Veränderung der Strafmündigkeitsgrenze nach oben oder unten (je nach aktueller Situation und Interessenlage) diskutiert.
    
    
31.738

Bearbeitungen