Kinderdelinquenz: Unterschied zwischen den Versionen

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Vgl. auch: Begriff [[Delinquenz]]  
Vgl. auch: Begriff [[Delinquenz]]  


===Begriffsgeschichte===
===Historischer Hintergrund===
Im Rahmen der Industrialisierung im 19. verbreitete sich in den westlichen Gesellschaften langsam die Überzeugung, dass „Kindheit“ ein vom Jugend- und Erwachsenalter abzugrenzender eigenständiger Lebensabschnitt im Leben eines jeden Menschen ist, der besonderen Schutz bedarf.
Im Rahmen der Industrialisierung im 19. verbreitete sich in den westlichen Gesellschaften allmählich die Überzeugung, dass „Kindheit“ ein vom Jugend- und Erwachsenalter abzugrenzender eigenständiger Lebensabschnitt im Leben eines jeden Menschen ist, der besonderen Schutz z.B. vor Ausbeutung und anderen schädlichen Einflüssen bedarf.<br>  
Die Entwicklung der modernen Entwicklungspsychologie und allgemeinen Psychologie betrachtete und betrachtet die sich verändernden Lebensbedingungen für Kinder (d.h. zunehmende Berufstätigkeit der Eltern, Auflösung der sog. Großfamilie, Entstehung der Kern-/ Kleinfamilie bis hin zu den heute existierenden vielfältigen Formen von Familie: Klein-, Patchwork-, Ein- Elternfamilie etc., damit verbunden ein zunehmender Verlust elterlicher Kontrolle über die Kinder, sich  verändernde und variierende Erziehungsformen, wachsende Zahl außerfamilialer Sozialisationsinstanzen wie Schule, Freunde/ peer- group, Medien usw., die neben den Eltern Einfluss auf die Sozialisation der Kinder ausüben etc.) und führte zu der allgemeinen Ansicht, dass Kindern die Reife fehle, um die volle Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Vor diesem Hintergrund setzten Diskussionen hinsichtlich der Höhe der [[Strafmündigkeitsgrenze]] um das 19. Jahrhundert ein.<br>
Zu diesem Zeitpunkt galt in Deutschland gemäß dem Strafgesetzbuch von 1871 noch die [[Strafmündigkeitsgrenze]] von 12 Jahren. D.h. abweichendes, strafrechtlich relevantes Verhalten von Kindern wurde ab ihrem 12. Lebensjahr als ebenso kriminelles Verhalten verstanden, wie abweichendes, Strafgesetze brechendes Verhalten von Jugendlichen und Erwachsenen. Die [[Strafmündigkeitsgrenze]] von 12 Jahren wurde mit dem ersten Jugendgerichtsgesetz von 1923 auf 14 Jahre heraufgesetzt. Es wurde und wird jedoch auch heute noch immer wieder darüber diskutiert, ob die [[Strafmündigkeitsgrenze]] auf 12 Jahre gesenkt oder aber auf 16 Jahre erhöht werden sollte.


Der Begriff Kinderdelinquenz wird heute gemäß der im Abschnitt „Definition Kinderdelinquenz“ dargestellten Fassung verstanden und steht in einem zeitlichen Zusammenhang zu dem sich seit dem 19. Jahrhundert wandelnden Verständnis von Kindheit (s.o.). Seit wann genau dieser Begriff zur Bezeichnung strafrechtlich relevanten normbrechenden Verhaltens von Kindern verwendet wird, ist (m.E.) jedoch unklar.
Im Verlauf der Zeit veränderte sich das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, z.B. mit der Auflösung der Großfamilie, veränderten Erziehungsstilen oder einer zunehmenden Berufstätigkeit der Eltern außer Haus. Damit einhergehend verringerten sich die innerfamiliären Kontakte und die Beaufsichtigung der Kinder durch die Eltern, aber auch die innerfamiliären Identifikationsmöglichkeiten für die Kinder. Kinder orientier(t)en sich zunehmend an außerfamiliären Personen, z.B. in der Gleichaltrigengruppe (peer group), an Lehrkräften oder Rollenvorbildern in den Medien (Fernsehen, Internet). Eine Sozialisation und damit auch die Vermittlung von Normen erfolgt(e) insofern zunehmend nicht mehr (vorwiegend) innerhalb des familiären Verbandes.  


Im Strafgesetzbuch von 1871 wird die Altersgrenze für eine Strafmündigkeit mit 12 Jahren festgelegt. Psychologische Erkenntnisse, insbesondere der Entwicklungspsychologie, zeigten eine Unreife von Kindern, für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen. Um die Jahrhundertwende wurde mit Bezug auf diesen Aspekt die [[Strafmündigkeitsgrenze]] von 12 Jahren diskutiert. MIt dem ersten Jugendgerichtsgesetz von 1923 wurde die Strafmündigkeitsgrenze auf 14 Jahre heraufgesetzt.Dabei trat die Zielsetzung einer Erziehung (anstelle des Gedankens einer milderen Bestrafung) von Kindern in den Vordergrund.<br>
Eine Festlegung auf diese Altersgrenze erfolgte u.a. mit Argumenten wie dem Volksschulabschluss. Da die Altersgrenze eher normativ-rechtlich als z.B. entwicklungspsychologisch begründet ist und für andere Bereiche gesellschaftlichen Handelns (z.B. eine Volljährigkeit) andere - höhere - Altersgrenzen festgelegt sind, wird wiederkehrend über eine Veränderung der Strafmündigkeitsgrenze nach oben oder unten diskutiert.
Um eine Abgrenzung von strafrechtlich verfolgbarem Verhalten (welches für Kinder aufgrund der Strafunmündigkeit nicht angenommen werden kann) zu erreichen, wird heute anstelle der Bezeichnung eines kindlichen, gegen geltende Strafnormen verstoßendes Verhalten als "kriminell" von einem "delinquenten" Verhalten gesprochen.


===Zusammenhänge mit anderen Begriffen===
===Zusammenhänge mit anderen Begriffen===
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