Killer Drohnen, auch Kampfdrohnen sind unbemannte Luftfahrzeuge (unmanned aerial vehicles), welche zur gezielten Tötung von "wertvollen Personen" (high value individuals) dienen sollen. Technologisch stellen sie eine recht neue Entwicklung dar (ab Jahrtausendwende). Ihr Einsatz wird kriegsrechtlich begründet; gewisse Einschränkungen folgen aus dem "humanitären Völkerrecht". Weitergehende Einschränkungen lassen sich menschenrechtlich ableiten, stellen heute aber eher rechtspolitische Forderungen dar.

Zur Geschichte der Kampfdrohnen (nach Cockburn)

Vorgeschichte

Zunächst gab es nur Aufklärungsdrohnen, die vor allem vom CIA (aber auch von Israel) eingesetzt wurden:

  • "the CIA began watching the world via drone-fed video imagery" (40).
  • Aber schon 1973 hatte CIA-Chef Dulles die Vision wiederholt von "remotely controlled vehicles that can perform that surveillance and the attack missions". Cockburn fügt hinzu: "The age of drones was not far off" (49).
  • "Boeing and other defense corporations mobilized support in Congress for various drone projects...none got further than the test stage" (50).
  • Die cruise missiles der Navy waren "essentially self-guiding drones" mit enormer Präzision und Reichweite. "But the Navy had no way of finding the enemy's precise location in real time" (52).
  • Dann kam Avraham Karem, 1977 aus Israel nach Kalifornien. Er hatte sich mit seinem bisherigen Arbeitgeber, den Israeli Aircraft Industries, überworfen (51). Karem entwickelte mit seiner Firma Leading Systems eine Antwort, musste aber Konkurs anmelden, weil die Navy seinen Vertrag kündigte. Die Firma General Atomics kaufte die Firma und Karem selbst auf und nannte die geplante Drohne "Predator". Sowohl die Entwicklung von GPS als auch die exponentielle Entwicklung der Kommunikationstechnologie kamen dem Projekt zu Hilfe (56). Im Kosovo-Krieg wurde Predator erstmal getestet und zu einem Hype (64). Aber in Wahrheit konnte auch er nur 1/3 seiner Ziele finden(68).

Entwicklung und erste Einsätze (nach Cockburn)

Bei der Suche nach Bin Laden im Herbst 2000 zeigte ein von Usbekistan eingesetzter Aufklärungs-Predator Bilder einer weißgekleideten Person, in der man Bin Laden zu erkennen glaubte. Jetzt ging die Entwicklung schnell: Predator wurde mit einer Hellfire-Rakete ausgerüstet. Schon im Januar 2001 gab es erste Testflüge (70). Einige Monate später war man so weit, dass ein Pilot in Nevada einen tausende Meilen entfernten Predator fliegen und von ihm schießen konnte.

  • Unmittelbar nach 09/11, am 21.09. 2001 legalisierte Präsident George W. Bush den gezielten Einsatz von Killerdrohnen (115):

"President George W. Bush signed a secret 'Memorandum of Notification" giving the CIA carte blanche to hunt down and kill high-value Targets in the al-Qaeda leadership. Bush also approved a list of about twi dozen people whom the CIA was authorized to kill or capture without further presidential Review and allowed the Addition of names to that list with no permission necessary. On the day he signed the document, Bush spoke with Reporters at the Pentaton saying: 'I want justice, and there's an old poster out West, as I recall, saying WANTED, DEAD OR ALIVE'. Reporting on the presidential 'kill list', the New York Times noted: ' Despite the authority given to the agancy, Mr. Bush has not waived the executive order banning assassinations, officials said. The presidential authority to kill terrorists defines operatives of Al Qaeda as enemy combatants and thus legitimate targets for lethal force" (115)

Rechtfertigung

Unter der Präsidentschaft von Barack Obama ist die schon von Präsident George W. Bush insgeheim erteilte Erlaubnis zum Einsatz der Killer-Drohnen öffentlich gerechtfertigt worden. Dies geschah durch Harold Hongju Koh, Legal Adviser des State Department, in einem Vortrag vor der American Society of International Law. Darin heißt es u.a

Bilanz des Einsatzes von Killer Drohnen ( diverse Quellen)

Im November 2001 wurde eine raketenbestückte Drohne erstmals in Afghanistan eingesetzt (Paech, 2013, 209).

  • Während ursprünglich nur die USA, Israel und Großbritannien Kampfdrohen produzierten und einsetzten (Strutynski 2013, 11), angeblich werden sie inzwischen aber auch von Russland, China, Indien und Frankreich eingesetzt (Löffelmann 2013, unter Berufung auf Richter SWP-Aktuell, Mai 2013). Deutschland, Frankreich und Italien haben im Mai 2015 eine gemeinsame Declaration of Intent (DOI), eine Art Vorvertrag zur Entwicklung einer eigenen Kampfdrohne unterzeichnet, die bis zum Jahre 2025 Deutschland fertig gestellt werden soll (Spiegel-Online, 12.05.2015).
  • Zwischen 2002 und 2011 hat sich die Zahl amerikanischer Kampfdrohnen von 167 auf über 7000 vervielfacht (Löffelmann 2013). Seit 2004 hat die CIA mindestens 371 verdeckte Drohnenangriffe in Pakistan durchgeführt und dabei zwischen 2.514 und 3.584 Menschen getötet (Strutynski 2013, 7). Allein vom Januar bis November 2012 sind nach einer Statistik der US Air Force 447 US-Drohnenangriffe in Afghanistan durchgeführt worden. "Von 2009 bis 2012 seien es insgesamt 1.273 Angriffe gewesen,, ein Mehrfaches der Großbritannien zugeschriebenen Drohnenattacken (Strutynski 2013, 8).

Während die offizielle Begründung nach wie vor auf die kingpin-Theorie abstellt, geben auch hier die Zahlen ein anderes Bild. Nach Berechnungen der New American Foundation wurden in Pakistan zwischen 2004 und April 2013 55 Führungspersonen getötet, was aber nur einen Bruchteil der durch Drohnenangriffe Getöteten ausmacht (die Schätzungen bewegen sich zwischen 2003 und 3321 Personen). Die präzise Tötung anhand von Listen besonders gefährlicher Täter wird durch signature strikes abgelöst, d.h. der Tötung aufgrund von actuarial probability calculations. Es gibt aber keine wirklich zuverlässigen Statistiken.

Weblinks und Literatur

Sachkunde

Rechtslage

  • Arnold, Graham: Extra-judicial targeted Killings. In: International Review of Law, Computers & Technology, Bd.. 27, Nr. 3, 2013, 319-32.
  • Bergen, P.: Drone Wars: The Constitutional and Counterterrorism Implications of Targeted Killings. Testimony presented before the U.S. Senate Committee on the JUdicialry, Subcommittee on the Constitution, Civil Rights and Human Rights, 23.April 2013, 4 f.
  • Boyle, Michael: The Race for Drones, in: Orbis, Bd. 59, Heft 1, 2015, 76-94.
  • Heyns, Christofer: Report of the Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions (specifically on lethal autonomous robotics) UN, General Assembly, 09.April 2013.[1].
  • Heyns, Christofer: Report of the Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions (specifically on armed drones). UN, General Assembly, 13.September 2013.[2].
  • Löffelmann, Markus: Gezielte Tötungen durch Kampfdrohnen. In. recht|politik. unabhängiges Forum für gute Rechtspolitik, 21.08.2013
  • Löffelmann, Markus: Rechtfertigung gezielter Tötungen durch Kampfdrohnen, in: Juristische Rundschau 2013, 496-513.
  • Löffelmann, Markus: Der Einsatz von Kampfdrohnen zur Terrorismusbekämpfung im Schnittpunkt von humanitärem Völkerrecht und Menschenrechtsstandards, in: Kritische Justiz, 2013, 372-382.
  • Rudolf, Peter: Töten durch Drohnen. Zur problematischen Praxis des amerikanischen Drohnenkriegs. In: Ethik und Milität 1/2014, 41-45.
  • Rudolf, Peter/Schaller, Christian: Targeted Killing. Zur völkerrechtlichen, ethischen und strategischen Problermatik des gezielten Tötens in der Terrorismus- und Aufstandsbekämpfung. Stiftung Wissenschaft und * Politik: Berlin Januar 2012.
  • Rudolf, Peter: Präsident Obamas Drohnenkrieg, Stiftung Wissenschaft und Politik: Berlin Juni 2013.
  • Warrior, Lindsay Cohn: Drones and Targeted Killing: Costs, Accountability, and U.S. Civil-Military Relations, in: Orbis, Bd. 59, Heft 1, 2015, 95-110.

Rechtspolitik

  • Verbot der Verwendung von Killerdrohnen von deutschem Boden aus. Aufruf zur Demonstration in Ramstein am 26.09.2015 [3]
  • Verbot des Einsatzes von Killerdrohnen.Campaign to stop Killer RobotsAufruf von Human Rights Watch, PAX, Pugwash etc
  • Verbot von vollautomatischen Lethal autonomous robotics (LARs):

- "The Special Rapporteur recommends that States establish national moratoria on aspects of LARs, and calls for the Establishment of a high Level Panel on LARSs to articulate a policy for the international community on the issue" Christofer Heyns, 09.04.2013, vor der UNO Generalversammlung

- Open letter to ban autonomous weapons Aufruf von Stuart Russel, Stephen Hawking, Noam Chomsky et al., July 28, 2015