Justiz: Unterschied zwischen den Versionen

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== Begriff und Aufgaben der Justiz ==
Die Aufgabe der Justiz besteht in der Herstellung von (Rechts-) Frieden durch die Anwendung von Normen zur Streitschlichtung, bzw. zur Sanktionierung von Straftätern. Akteur der Justiz ist häufig ein "Dritter", d.h. eine nicht unmittelbar in den Konflikt involvierte Person/Institution, der eine gewisse Befähigung und Berechtigung für diese Aufgabe zugeschrieben wird. Das kann ein Stammesältester, ein Schamane, eine religiöse Autorität oder - in modernen Staaten - ein Gericht sein. Wo eine solche dritte Partei nicht involviert ist, spricht man von Selbstjustiz. Diese erfolgt allerdings häufig aufgrund unverhüllter Machtverhältnisse und verfügt im Allgemeinen über weniger Legitimität. Ein Einfluss der Machtverhältnisse auf die Justizgewährung (oder -verweigerung) durch Dritte ist allerdings auch nicht auszuschließen und Thema der empirischen Justizforschung sowie unter anderem auch des Theorems der Klassenjustiz. Ein weiteres Grundproblem der Justiz besteht in dem Spannungsverhältnis (und Zielkonflikt) zwischen der Ermöglichung materieller Gerechtigkeit im Einzelfall und der Gewährung von Rechtssicherheit.
Die Aufgabe der Justiz besteht in der Herstellung von (Rechts-) Frieden durch die Anwendung von Normen zur Streitschlichtung, bzw. zur Sanktionierung von Straftätern. Dabei besteht in der Regel ein Zielkonflikt zwischen der Herstellung von Rechtssicherheit und generellem Rechtsfrieden einerseits und der Herstellung von materieller Gerechtigkeit im Einzelfall andererseits.  


=== Selbstjustiz und Privatstrafrecht ===
 
==== Lynchjustiz ====
== Justiz ohne Staat ==
Wo eine Staatsmacht nicht vorhanden oder nicht stark genug ist, um eine Art Justizmonopol zu schaffen, werden Konflikte meist unmittelbar zwischen den Beteiligten gelöst - oder es werden dritte Parteien, denen eine gewisse Überparteilichkeit zugetraut wird (Schamanen, religiöse Führer, Ältestenrat o.ä.), mit der Regulierung von Streitigkeiten und der Sanktionierung mit moralischem Unwerturteil beauftragt. Sie üben gewissenmaßen Justizfunktionen ''avant la lettre'' aus.
 
=== Lynchjustiz ===
Lynchjustiz dient der Sanktionierung von vermeintlichen Straftätern durch die Bevölkerung ohne Einschaltung der dafür vorgesehenen staatlichen Institutionen. Oftmals werden die vermeintlichen Delinquenten im Rahmen der Lynchjustiz erst gewaltsam aus dem Gewahrsam bei Polizei, Untersuchungs- oder Strafhaft geholt (vgl. Garland 2010: 27 ff.; Allen u.a. 2000).
Lynchjustiz dient der Sanktionierung von vermeintlichen Straftätern durch die Bevölkerung ohne Einschaltung der dafür vorgesehenen staatlichen Institutionen. Oftmals werden die vermeintlichen Delinquenten im Rahmen der Lynchjustiz erst gewaltsam aus dem Gewahrsam bei Polizei, Untersuchungs- oder Strafhaft geholt (vgl. Garland 2010: 27 ff.; Allen u.a. 2000).
 
==== Justizfunktionen in vorstaatlichen Gesellschaften ====
In vorstaatlichen Gesellschaften werden Justizfunktionen häufig von dritten Parteien, denen eine gewisse Unabhängigkeit zugetraut wird, ausgeübt (Religionsführer, Ältestenrat, Schamanen u.ä.).


=== Justiz im modernen Rechtsstaat ===
=== Justiz im modernen Rechtsstaat ===
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*Hesse, Hans Albrecht: ''Einführung in die Rechtssoziologie.'' Wiesbaden: VS-Verlag 2004.
*Hesse, Hans Albrecht: ''Einführung in die Rechtssoziologie.'' Wiesbaden: VS-Verlag 2004.
*Kaiser, Günther; Kerner, Hans-Jürgen; Sack, Fritz; Schellhoss, Hartmut [Hrsg.]: ''Kleines Kriminologisches Wörterbuch.'' 3. Auflage. Heidelberg: C. F. Müller 1993.
*Kaiser, Günther; Kerner, Hans-Jürgen; Sack, Fritz; Schellhoss, Hartmut [Hrsg.]: ''Kleines Kriminologisches Wörterbuch.'' 3. Auflage. Heidelberg: C. F. Müller 1993.
*Lautmann, Rüdiger (1972) Justiz - die stille Gewalt. Teilnehmende Beobachtung und entscheidungssoziologische Analyse. Frankfurt: Fischer. 
*Meier, Bernd-Dieter: ''Kriminologie.'' 4. Auflage. München: C. H. Beck 2010.
*Meier, Bernd-Dieter: ''Kriminologie.'' 4. Auflage. München: C. H. Beck 2010.
*Rehbinder, Manfred: ''Max Weber und die Rechtswissenschaft.'' In: Rehbinder, Manfred; Tieck, Klaus-Peter [Hrsg.]: ''Max Weber als Rechtssoziologe'' Berlin: Duncker & Humblot 1987.
*Rehbinder, Manfred: ''Max Weber und die Rechtswissenschaft.'' In: Rehbinder, Manfred; Tieck, Klaus-Peter [Hrsg.]: ''Max Weber als Rechtssoziologe'' Berlin: Duncker & Humblot 1987.
*Rehbinder, Manfred: ''Rechtssoziologie''. 5. Auflage. München: C. H. Beck 2003.
*Rehbinder, Manfred: ''Rechtssoziologie''. 5. Auflage. München: C. H. Beck 2003.
*Roberts, Simon (1979) Order and Dispute. Introduction to Legal Anthropology. Harmondsworth: Pelican.
*Schilken, Eberhard: ''Gerichtsverfassungsrecht''. (Academia iuris). 4. Auflage. Köln: Carl Heymanns 2007.
*Schilken, Eberhard: ''Gerichtsverfassungsrecht''. (Academia iuris). 4. Auflage. Köln: Carl Heymanns 2007.
*Weinberger, Ota: ''Neo-Institutionalismus versus Systemtheorie. Ein Streit um die philosophischen Grundlagen der Rechtstheorie und Rechtssoziologie''. In Merz-Benz, Peter-Ulrich; Wagner, Gerhard [Hrsg.]: ''Die Logik der Systeme. Zur Kritik der systemtheoretischen Soziologie Niklas Luhmanns''. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2000.
*Weinberger, Ota: ''Neo-Institutionalismus versus Systemtheorie. Ein Streit um die philosophischen Grundlagen der Rechtstheorie und Rechtssoziologie''. In Merz-Benz, Peter-Ulrich; Wagner, Gerhard [Hrsg.]: ''Die Logik der Systeme. Zur Kritik der systemtheoretischen Soziologie Niklas Luhmanns''. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2000.
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