Jugendstrafvollzug: Unterschied zwischen den Versionen

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Tabelle: Gefangene im Jugendstrafvollzug 1992- 2006 (jeweils am 31. 3. eines Jahres)
Tabelle: Gefangene im Jugendstrafvollzug 1992- 2006 (jeweils am 31. 3. eines Jahres)


 
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! Jahr      ||      insgesamt  ||    männlich  ||  weiblich
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|    1992  ||      3898      ||    3789      ||  109
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|    1993  ||      4284      ||    4165      ||  119
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|    1994  ||      4757      ||    4622      ||  135
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|    1995  ||      4980      ||    4851      ||  129
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|    1996  ||      5253      ||    5142      ||  111
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|    1997  ||      5742      ||    5592      ||  132
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|    1998  ||      6438      ||    6247      ||  191
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|    1999  ||      7150      ||    6953      ||  197
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|    2000  ||      7326      ||    7192      ||  204
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|    2001  ||      7482      ||    7250      ||  232
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|    2002  ||      7455      ||    7178      ||  277
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|    2003  ||      7276      ||    7010      ||  266
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|    2004  ||      7304      ||    7000      ||  304
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|    2005  ||      7061      ||    6797      ||  264
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|    2006  ||      6995      ||    6705      ||  290
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Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 4.1, für 2006.


==='''Altersstruktur im Jugendstrafvollzug'''===  
==='''Altersstruktur im Jugendstrafvollzug'''===  

Version vom 9. April 2008, 01:04 Uhr

Unter Jugendstrafvollzug versteht man die Durchführung von Verurteilungen zu Arrest und Jugendstrafe bei Jugendlichen und Heranwachsenden. Zeitlich umfasst er den Bereich vom Strafantritt in der Justizvollzugsanstalt bis zur Entlassung.


Deutschland

Bisherige Rechtslage

Rechtsgrundlage des Strafvollzugs für Erwachsene ist das am 1. Januar 1977 in Kraft getretene Strafvollzugsgesetz (StVollzG). Im Gegensatz zum Strafvollzugsgesetz für Erwachsene, war der Vollzug der Jugendstrafe allerdings nur ansatzweise gesetzlich geregelt. Trotz verschiedener Gesetzesentwürfe ist keiner dieser Entwürfe als Jugendstrafvollzugsgesetz in Kraft getreten. Der Vollzug der Jugendstrafe war nur in Grundzügen im Jugendgerichtsgesetz (JGG) und StVollzG gesetzlich geregelt.


Strafvollzugsgesetz (StVollzG)

Gemäß dem Wortlaut des § 1 StVollzG bezieht sich das Strafvollzugsgesetz primär auf den Vollzug der Erwachsenenstrafe. Allein die Regelungen zum Arbeitsentgelt und zum unmittelbaren Zwang galten gemäß den § 176 und § 178 StVollzG auch für den Vollzug der Jugendstrafe. Damit sollte eine ungerechtfertigte Benachteiligung junger Gefangener vermieden werden.


Bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften zum Jugendstrafvollzug (VVJuG)

Lediglich um die Übergangszeit bis zum Erlass umfassender gesetzlicher Regelung zu überbrücken, erließen die Justizminister der Länder am 15. Dezember 1976 „Bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften zum Jugendstrafvollzug (VVJug).“ Diese waren weitestgehend dem Strafvollzugsgesetz angelehnt. Allerdings wiesen diese Verwaltungsvorschriften nicht den Charakter einer Rechtsverordnung auf und waren somit für einen Richter nicht bindend.


Jugendgerichtsgesetz (JGG)

Neben den Vorgaben der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften wurde der Vollzug der Jugendstrafe im Wesentlichen durch §§ 91 und 92 des Jugendgerichtsgesetz gesetzlich geregelt. § 91 JGG beschreibt die Aufgaben und Grundlagen des Jugendstrafvollzuges.


Vollzugsziel: Erziehungsaufgabe

Das Jugendstrafrecht wird vom Erziehungsgedanken beherrscht. Nach § 91 Abs. 1 JGG hat aber auch der Vollzug der Jugendstrafe als ultima ratio die Aufgabe, den Verurteilten zu einem „rechtschaffenen und verantwortungsbewussten Lebenswandel“ zu erziehen. Deshalb müssen gem. § 91 Abs. 4 JGG die Vollzugsbeamten für die Erziehungsaufgabe des Vollzugs geeignet und ausgebildet sein.

Als Mittel zur Erreichung dieses Vollzugziels werden Ordnung, Arbeit, Unterricht, Leibesübungen und sinnvolle Beschäftigung in der Freizeit festgesetzt. Zudem stehen die Förderung der beruflichen Leistungen des Verurteilten und die Einrichtung von Ausbildungsstätten im Vordergrund (§ 91 Abs. 2 JGG).

Ebenfalls um das angestrebte Erziehungsziel zu erreichen gestattet Abs. 3 den Jugendstrafvollzug aufzulockern und in geeigneten Fällen in freien Formen durchzuführen. Aufgelockerte und freiere Vollzugsformen können sowohl durch die Öffnung der Anstalten nach innen wie auch nach außen erprobt werden.


Trennungsprinzip

Gem. § 92 I JGG ist die Jugendstrafe in gesonderten Anstalten zu vollziehen.

Hier findet sich eine Konkretisierung des Trennungsprinzips, wonach die jungen Gefangenen von denen nach Allgemeinen Strafrecht Verurteilten fernzuhalten sind. Durchbrochen wird das Trennungsprinzip bei jungen weiblichen Gefangenen. Grund hierfür ist einerseits die zu geringe Zahl der verurteilten jungen Frauen für Sonderanstalten oder auch nur für Sonderabteilungen. Zum anderen erscheint die Gefährdung der jungen Gefangenen durch ältere Mitgefangene im Frauenvollzug weniger gravierend.

Abs. 2 ermöglicht Heranwachsenden, die sich nicht für den Jugendstrafvollzug eignen, nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene untergebracht zu werden. Die Jugendstrafe wird an ihnen wie Freiheitsstrafe vollzogen. Es gelten die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes für sie. Hat der Verurteilte das 24. Lebensjahr vollendet, so soll ebenfalls eine Verlegung in eine Anstalt des Erwachsenvollzuges erfolgen. Ausnahmen hiervon können beispielsweise gemacht werden, wenn der Verurteilte an einer beruflichen Maßnahme im Jugendstrafvollzug teilnimmt.


Problematik der bisherigen Rechtslage

Auch die Behandlung von Gefangenen im Erwachsenenstrafvollzug war nicht immer unproblematisch. Bis 1977 gab es hier ebenfalls keine gesetzliche Grundlage. Bereits mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. 3. 1972 (BVerfGE 33, 1 ff.) zur Verfassungswidrigkeit eines nicht gesetzlich geregelten Strafvollzuges und der Schaffung eines Strafvollzugsgesetzes für Erwachsene war ebenso zunehmend eine Diskussion über die Notwendigkeit eines Jugendstrafvollzugsgesetzes entbrannt.

Durch das Fehlen eines Jugendstrafvollzugsgesetz entstand in den letzten Jahren verstärkt das Problem den Jugendstrafvollzug gegenüber den Regelungen des Erwachsenenstrafvollzuges abzugrenzen.

Die Rechtsprechung plädierte für eine relativ pauschale Übernahme der Normen des Strafvollzugsgesetz und dessen Auslegung auf das Jugendstrafvollzugsrecht.

Der Gesetzgeber hat aber in § 1 StVollzG gerade zum Ausdruck gebracht, die Vorschriften des StVollzG nicht generell auf den Vollzug der Jugendstrafe anzuwenden. Desweiteren widerspricht eine pauschale Heranziehung von Normen des StVollzG der Selbstständigkeit des Jugendstrafvollzugs, denn der Erziehungsvollzug nach dem JGG kann nicht mit Erwachsenenstrafvollzug verglichen werden. Eine Analogie, also die Heranziehung der Normen des StVollzG auch für den Jugendstrafvollzug, bedarf als Voraussetzung einer unbeabsichtigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat mit §§ 176 und 178 StVollzG jedoch absichtlich nur einzelne Vorschriften dieses Gesetzes auch für den Jugendstrafvollzug ausdrücklich für anwendbar erklärt. Außerdem wurden immer wieder Anläufe zur Erarbeitung eines eigenen Jugendstrafvollzugsgesetzes unternommen. Die für eine Analogie notwendige planwidrige Regelungslücke fehlt. Daher kann das StVollzG nicht generalisierend auf den Jugendstrafvollzug angewendet werden


Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 31. Mai 2006

Nunmehr hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG NJW 2006, 2093 ff.) in einem Urteil vom 31. Mai 2006 dieses Regelungssystem für verfassungswidrig erklärt. Nach der Auffassung des BVerfG genügte der Rechtszustand nicht den rechtstaatlichen Anforderungen. Jugendliche seien Grundrechtsträger wie jeder andere Gefangene auch. Demzufolge sei eine hinreichend bestimmte gesetzliche Basis für einen Eingriff in die Freiheitsrechte der jungen Inhaftierten unentbehrlich. Die wenigen Einzelvorschriften genügen hierfür nicht. Das BVerfG lehnt ebenfalls eine analoge Anwendung des StVollzG ab. Somit bleibt für den Gesetzgeber nur die Möglichkeit, eine völlig neue Gesetzesgrundlage für den Jugendstrafvollzug zu schaffen. In seinem Urteil machte das Gericht auch eine Reihe von inhaltlichen Vorgaben, welche bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden sollten. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis Ende 2007 den Vollzug der Jugendstrafe auf gesetzliche Grundlage zu stellen.


Förderalismusreform

Seit Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1. September 2006 sind die Bundesländer für die Gesetzgebung im Bereich des Strafvollzuges zuständig. Damit ist auch die Gesetzgebungskompetenz für den Jugendstrafvollzug vom Bund auf die Länder übergegangen.


Geltende Rechtslage

Sämtliche Bundesländer sind der zeitlichen Vorgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gefolgt. Seit dem 1. 1. 2008 gelten 16 Jugendstrafvollzugsgesetze in Deutschland. In Bayern, Hamburg und Niedersachsen sind diese zugleich Gesetze für den Erwachsenenstrafvollzug mit einem Abschnitt über den Jugendstrafvollzug. Zudem gibt es in Niedersachsen auch einen weiteren Abschnitt über den Untersuchungshaftvollzug. In allen übrigen Bundesländern gilt im Erwachsenenvollzug weiterhin das (Bundes-) Strafvollzugsgesetz vom 1. 1. 1977.

Seit dem 1. 1. 2008 gelten §§ 91, 92 JGG in ihrer alten Fassung nicht mehr.


Jugendarrest

Für den Vollzug des Jugendarrestes gilt ausschließlich § 90 JGG, sowie die Jugendarrestvollzugsordnung vom 30. 11. 1976.


Vollzugsleiter

Vollzugsleiter ist bei der Jugendstrafe der Jugendstrafanstaltsleiter, beim Arrest der Jugendrichter (§ 90 II JGG).


Vollzugsziel in den neuen Jugendstrafvollzugsgesetzen

In Baden- Württemberg, Bayern und Hamburg wird dem Schutz der Allgemeinheit eindeutig Vorrang vor dem Resozialisierungsziel gegeben.

Niedersachsen erklärt den Schutz der Allgemeinheit und die Resozialisierung des Inhaftierten zu gleichwertigen Vollzugszielen.

Die anderen Bundesländer belassen es in der Tendenz bei dem aus § 2 StVollzG bekannten vorrangigen Resozialisierungsziel. Gleichermaßen ist der Schutz der Allgemeinheit als weitere Aufgabe des Vollzugs zu beachten.


Anzahl der Gefangenen im Jugendstrafvollzug

Am 31.3.2006 befanden sich insgesamt 6995 Gefangene im Jugendstrafvollzug. Davon waren 6705 männlich und nur 290 weiblich. Im Jahr 1992 waren am gleichen Stichtag 3998 Inhaftierte in Jugendstrafanstalten. Damit hat sich Anzahl der jungen Insassen im Strafvollzug seitdem fast verdoppelt (siehe Tabelle).


Tabelle: Gefangene im Jugendstrafvollzug 1992- 2006 (jeweils am 31. 3. eines Jahres)

Jahr insgesamt männlich weiblich
1992 3898 3789 109
1993 4284 4165 119
1994 4757 4622 135
1995 4980 4851 129
1996 5253 5142 111
1997 5742 5592 132
1998 6438 6247 191
1999 7150 6953 197
2000 7326 7192 204
2001 7482 7250 232
2002 7455 7178 277
2003 7276 7010 266
2004 7304 7000 304
2005 7061 6797 264
2006 6995 6705 290

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 4.1, für 2006.

Altersstruktur im Jugendstrafvollzug

Abbildung : Altersstruktur im Jugendstrafvollzug 1980-2005



Quelle: Frieder Dünkel/ Bernd Geng, Rechtstatsächliche Befunde zum Jugendstrafvollzug in Deutschland, Forum Strafvollzug 2/ 2007, Seite 70.

Im Jugendstrafvollzug werden Gefangene im Alter zwischen 14 und 25 Jahren untergebracht. Am 31. 3. 2005 waren knapp 90 % mindestens 18- jährige junge Erwachsene. Nur 10, 3 % der am Stichtag gezählten Insassen waren Jugendliche. Vergleicht man die Jahre 1980, 1990, 2000 und 2005 so stellt man fest, dass in der Vollzugswirklichkeit Jugendliche im Jugendstrafvollzug die Minderheit darstellen. So liegt deren Anteil aller im Jugendstrafvollzug untergebrachten Gefangenen in den Jahren von 1980 bis 2005 zwischen 7 % und 12 % . Überwiegend vom Jugendstrafvollzug betroffen sind heranwachsende und jung erwachsene Inhaftierte. Damit handelt es sich nicht um einen „Jugend-“ Strafvollzug sondern streng genommen um den Sonderstrafvollzug für junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 25 Jahre.


Deliktstruktur bei Jugendstrafgefangenen

Die Zusammensetzung der Jugendstrafvollzugspopulation hat sich im Laufe der Zeit teilweise erheblich verändert.

Wurden im Jahr 1980 noch fast die Hälfte (49 %) der jungen Gefangenen wegen Diebstahls verurteil, so sank deren Anteil im Jahr 2005 auf 28 %.


Die Zahl der jungen Gefangenen, die aufgrund eines Sexualdelikts inhaftiert wurden, blieb über die letzten 25 Jahre bei etwa 3 – 4 % konstant. Der Anteil der Sexualdelinquenten im Erwachsenvollzug liegt mit etwa 8 % etwas höher.

Der Anteil der begangenen Tötungsdelikte stieg von 1980 bis 1990 (von 4,5 % auf 5,7 %) leicht an. Ist seitdem aber bis zum Jahr 2005 wieder auf seinen Ausgangswert gesunken (2005: 4, 2 %).

Fasst man die Tötungs-, Körperverletzungs-, Raub- und Sexualdelikte als Gewaltdelikte zusammen, so entfielen 1980 25, 5 % auf diese Gruppe. Bis 2005 hat sich dieser Anteil mit 52, 2 % mehr als verdoppelt. Der Anteil von Gewalttätern im Erwachsenenvollzug beträgt dagegen „nur“ 30 %.

In den 80-er Jahren war ein Rückgang der wegen Betäubungsmittelkriminalität jungen Inhaftierten zu verzeichnen. Allerdings stieg die Zahl in den 90- Jahren wieder an und lag im Jahr 1999 bei 8, 9 %. Bis 2005 ist deren Anteil wieder leicht auf 7, 4 % gesunken. Zu berücksichtigen ist, dass die Veränderung im Laufe der Jahre unter Umständen nur die unterschiedliche polizeiliche und justizielle Strafverfolgungspraxis in diesem Bereich widerspiegelt.


Rechtsschutz des jungen Inhaftierten

Bisheriger Rechtschutz

Im Vollzug der Jugendstrafe verblieb dem jungen Inhaftierten für gerichtliche Einwendungen gegen jugendstrafvollzugliche Maßnahmen grundsätzlich nur die Rechtsweggarantie über Art. 19 IV Grundgesetz (GG) (nach §§ 23 ff. EGGVG) zum Oberlandesgericht. Allerdings ermöglichte § 92 Abs. 2 JGG ausnahmsweise dann ein Vorgehen gem. § 109 ff. StVollzG, wenn der Verurteilte nach dieser Norm als für den Jugendstrafvollzug ungeeignet oder aus Altersgründen aus diesem ausgenommen ist und seine Strafe in einer Erwachsenenanstalt verbüßt. Denn innerhalb einer Vollzugsanstalt sollen nicht verschiedene Gerichte für die Entscheidung gleichartiger Vollzugsfragen zuständig sein.


Geltende Rechtslage

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 31. Mai 2006 auch eine jugendgerechtere Ausgestaltung des Rechtswegs im Jugendstrafvollzug gefordert.

Diesem Bedürfnis nach jugendgerechterer Ausgestaltung ist der Gesetzgeber durch die Änderung des JGG nachgekommen. Am 1. Januar 2008 ist eine Neuregelung des Rechtsschutzes im Jugendstrafvollzug in § 92 JGG in Kraft getreten.

Das verabschiedete Gesetz verlagert die Zuständigkeit für Anträge von Gefangenen auf gerichtliche Entscheidung auf die ortsnäheren Jugendkammern, die in der Regel durch einen Einzelrichter entscheiden werden. Zudem erhalten die Gefangenen im Jugendstrafvollzug ein Recht auf Anhörung, über das sie belehrt werden müssen. Die Anhörung findet in der Regel in der Vollzugsanstalt selbst und nur ausnahmsweise im Gericht statt. Zudem eröffnet das Bundesgesetz den Landesgesetzgebern die Möglichkeit, ein dem gerichtlichen Verfahren vorgeschaltetes Schlichtungsverfahren einzuführen.

Ungeachtet der Föderalismusreform liegt die Ausgestaltung des gerichtlichen Rechtsschutzes der jungen Inhaftierten weiterhin in der Kompetenz des Bundes.

Dennoch hat der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg in seinem Jugendstrafvollzugsgesetz eine eigene, abweichende Regelung getroffen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Kompetenzkonflikt auswirken wird. Unterschiede in der Ausgestaltung Verschiedene Faktoren nehmen Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung des Jugendvollzugs. Eine große Bedeutung kommt der konzeptuellen Gestaltung der Jugendstrafanstalt sowie deren baulichen Rahmenbedingungen zu. Im Wesentlichen hängt die Ausgestaltung aber von der aktuellen Politik der jeweiligen Landesregierung ab. Daher differieren die Haftbedingungen von Bundesland zu Bundesland und teilweise bereits sogar je nach Anstalt.



Jugendstrafvollzugeinrichtungen in Deutschland

Es gibt insgesamt 44 Jugendstrafvollzugeinrichtungen in Deutschland. Und zwar die folgenden:

in Baden- Württemberg die JVA Adelsheim, JVA Freiburg (Jugend-U-Haft)), JVA Pforzheim, JVA Karlsruhe, JVA Rottweil (Jugend-U- Haft), JVA Schwäbisch- Hall (Jugend-U-Haft) und JVA Stuttgart (Jugend-U-Haft);

in Bayern die JVA Aichach, JVA Ebrach, JVA Laufen- Lebenau und JVA Neuburg- Herrenwörth;

in Berlin die JSA Berlin und den Untersuchungshaftbereich Kieferngrund;

in Brandenburg die JVA Oranienburg, JVA Prenzlau und JVA Spremberg;

in Bremen die Teilanstalt VI (Jugend-, Frauenvollzug Blockland);

in Hamburg die JVA Hahnöfersand;

in Hessen die JVA Rockenberg, JVA Wiesbaden und JVA Frankfurt III – Jugendabteilung Frauenanstalt;

in Mecklenburg- Vorpommern die JVA Neustrelitz und JVA Neubrandenburg;

in Niedersachsen die Jugendanstalt Göttingen Leineberg, Jugendanstalt Hameln und JVA für Frauen Vechta;

in Nordrhein-Westfalen die JVA mit Jugendhaus Düsseldorf, JVA Heinsberg, JVA Herford, JVA Hövelhof, JVA Iserlohn, JVA Köln und JVA Siegburg;

in Rheinland-Pfalz die Jugendstrafanstalt Wittlich und Jugendstrafanstalt Schifferstadt;

im Saarland die JVA Ottweiler;

in Sachsen/ Sachsen- Anhalt die JVA Zeithain, JVA Zwickau, JVA Halle und JVA Dresden;

in Schleswig-Holstein die Jugendanstalt Neumünster;

in Thüringen die Jugendstrafanstalt Ichtershausen, JVA Erfurt und JVA Untermaßfeld;

USA

Bei dem amerikanischen Jugendrecht verhält es sich ähnlich wie bei dem deutschen Jugendrecht. Jugendliche Straftäter sollen vor dem Volljährigkeitsalter eine Sonderstellung im Vergleich zu den Erwachsenen Straftätern einnehmen. Erzieherische Maßnahmen stehen hier im Vordergrund vor Bestrafungen.

Ein großer Unterschied besteht jedoch in dem Gerichtswesen. In den USA ist immer ein einheitliches Jugendgericht(juvenile court)für alle Taten, ob Straftaten oder jugendtypisches deviantes Verhalten wie Schulschwänzen zuständig. Bei Strafsachen hat das "juveline court" die Möglichkeit, eine Verzichtserklärung über die Zuständigkeit unter Einhaltung allgemeiner Prozessgrundsätze sowie vom "Supreme Court" festgelegter Kriterien zur Aburteilung an das Erwachsenengericht zu überweisen.

1991 wurden 176.000 Jugendliche nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt.

Der Jugendvollzug stellt sich entweder in eine Einweisung in offene Erziehungscamps oder geschlossene Anstalten dar, die den "medium - security penitentiaries" (mittlere Sicherheitsstufe) ähnlich sind.

Ein weitere gravierender Unterschied ist die Zuständigkeit der Polizei. Die Jugendabteilungen haben einen Ermessensspielraum, ob sie festgenommene Jugendliche lediglich verwarnen, unter Verzicht auf ein formales Strafverfahren in ein polizeiliches Diversionsprogramm (police-based diversion program), bei dem die Erziehung im Vordergrund steht, oder zur Durchführung des Gerichtsverfahrens in Haft nimmt.

Alle Einrichtungen des Jugendvollzuges verfügen über Behandlungsprogramme wie Schul- und Berufsausbildung. Dabei stehen sie aber unter ständiger Kritik, dass es sich trotz aller Möglichkeiten um ein Gefängnis handelt, mit der Wirklichkeit als "legalisierter Kindesmißbrauch".


"juvenile courts" Zivilgericht im Kinderinteresse

Literatur

Alpmann Brockhaus: Fachlexikon Recht, Verlag Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, Mannheim 2004.

Bereswill, Mechthild/ Höynck, Theresia (Hrsg): Jugendstrafvollzug in Deutschland Grundlagen, Konzepte, Handlungsfelder, Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach 2002.

Böhm, Alexander: Strafvollzug, Luchterhand Verlag, 3. Auflage, Neuwied 2003.

Eisenberg: Kommentar zum Jugendgerichtsgesetz, 11. Auflage, München 2005.

Dünkel, Frieder: Die Farce der Föderalismusreform – ein Vergleich der vorliegenden Ge¬setzesentwürfe zum Jugendstrafvollzug, Stand: 24.9.2007.

Internet-Publikation www.jura.uni-greifswald.de/duenkel Publikationen, Internet, Jugendstrafrecht.

Dünkel, Frieder/ Geng, Bernd: Rechtstatsächliche Befunde zum Jugendstrafvollzug in Deutschland, Forum Strafvollzug -Zeitschrift für Strafvollzug und Straffälligenhilfe 2/ 2007, Seite 65- 79.

Kaiser, Günther/ Schöch, Heinz: Strafvollzug, C. F. Müller Verlag, 5. Auflage, Heidelberg 2002.

Laubenthal, Klaus/ Baier, Helmut: Jugendstrafrecht, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2006.

Laubenthal, Klaus: Strafvollzugsgesetz, Springer-Verlag, 4. Auflage, Berlin Heidelberg 2007.

Meier, Bernd- Dieter/ Rössner, Dieter/ Schöch, Heinz: Jugendstrafrecht, Verlag C. H. Beck, 2. Auflage,München 2007.

Schaffstein, Friedrich/ Beulke, Werner: Jugendstrafrecht, Verlag. W. Kohlhammer, 14. Auflage, Stuttgart 2002.

Streng, Franz, Jugendstrafvollzug, C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2003.

Quellenhinweis

Strafvollzug in den USA