Jugendgewalt in Deutschland: Unterschied zwischen den Versionen

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Mit dem Begriff der '''Jugendgewalt''' ist in der Regel die direkte physische Gewaltanwendung von einzeln oder in Gruppen agierenden Jugendlichen gegen andere Personen, gelegentlich aber zusätzlich auch die mutwillige Sachbeschädigung, gemeint. Zu den Jugendlichen werden in Deutschland im engeren, juristischen Sinn alle 14- bis 17-Jährigen, nach einer weiteren, [[Soziologie|soziologischen]] Definition aber auch die 18- bis unter 21-Jährigen (die "Heranwachsenden" im rechtlichen Sinne) gezählt.  
 
== Definition Jugendgewalt ==
 
Jugendgewalt ist eine spezielle Form von [[Jugendkriminalität]]. Wenn von Jugendgewalt gesprochen wird, ist in der Regel die direkte physische Gewaltanwendung durch einzelne oder Gruppen von Jugendlichen gegen andere Personen gemeint. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden teilweise auch Akte mutwilliger Sachbeschädigung zur Jugendgewalt gezählt. Der Begriff der Jugendgewalt ist unscharf, da seine Bestandteile Jugend und [[Gewalt]] je nach akademischer Disziplin sowie historischem und kulturellem Kontext unterschiedlich definiert werden.
 
Nach dem deutschen [http://bundesrecht.juris.de/jgg/index.html Jugendgerichtsgesetz] sind Jugendliche Personen, die mindestens 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Als Heranwachsende werden 18- bis unter 21-Jährige bezeichnet. Auf jugendliche Täter wird in jedem Falle das [[Jugendstrafrecht]] angewandt, während bei Heranwachsenden je nach psychosozialem Reifegrad die Wahl zwischen Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht besteht. Der allgemeine Sprachgebrauch schließt in den Begriff der Jugendgewalt zumeist auch Heranwachsende mit ein.


== Ubiquität und Spontanbewährung ==
== Ubiquität und Spontanbewährung ==
 
Ein Großteil der erfassten Gewalttaten weltweit wird von männlichen Jugendlichen oder jungen Männern verübt. Diese werden aber auch am häufigsten Opfer von Gewalt (WHO, 2002). Besonders bei Gewaltdelikten der sogenannten Straßenkriminalität sind Jugendliche oder Heranwachsende typischerweise sowohl Täter als auch Opfer (Spiess, 2007).  
Jugendgewalt ist ein überwiegend männliches Phänomen. Ein Großteil der erfassten Gewalttaten weltweit wird von männlichen Jugendlichen oder jungen Männern verübt. Diese werden aber auch am häufigsten Opfer von Gewalt (WHO, 2002). Besonders bei Gewaltdelikten der sogenannten Straßenkriminalität sind Jugendliche oder Heranwachsende typischerweise sowohl Täter als auch Opfer (Spiess, 2007).  


Die höhere Gewalt- und Kriminalitätsbelastung im Jugendalter ist allgegenwärtig (ubiquitär), jedoch in der Regel ein episodenhaftes, d.h. vorübergehendes Phänomen. Die große Mehrzahl derjenigen, die als Jugendliche und Heranwachsende zu Gewalthandlungen neigen, legt dieses Verhaltensmuster mit zunehmendem Alter ab. Nur eine kleine Minderheit verübt auch im Erwachsenenalter wiederholt Gewalttaten.
Die höhere Gewalt- und Kriminalitätsbelastung im Jugendalter ist allgegenwärtig (ubiquitär), jedoch in der Regel ein episodenhaftes, d.h. vorübergehendes Phänomen. Die große Mehrzahl derjenigen, die als Jugendliche und Heranwachsende zu Gewalthandlungen neigen, legt dieses Verhaltensmuster mit zunehmendem Alter ab. Nur eine kleine Minderheit verübt auch im Erwachsenenalter wiederholt Gewalttaten.
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Im Anschluss an Einzelfälle besonders schwerer jugendlicher Gewalttaten werden in den Medien sowie der Politik regelmäßig Forderungen nach Strafverschärfungen laut. Ein prominentes Beispiel ist die im Jahr 2008 während des hessischen Landtagswahlkampfes vom damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch angestoßene Strafverschärfungsdebatte (für eine Zusammenfassung, siehe die Beiträge zu [[Jugendkriminalität]] und[[ Jugendstrafrecht]]). Diese Debatte hat Koch zwar politisch mehr geschadet als genutzt, und die meisten der geforderten Verschärfungen („Warnschussarrest“, Heraufsetzung der Höchststrafe auf 15 Jahre, regelmäßige Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende etc.) wurden bis her nicht umgesetzt, mit Ausnahme der nachträglichen [[Sicherungsverwahrung]] für Jugendliche (siehe auch [[Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht]]). Dennoch bleiben solche Strafverschärfungsforderungen in der kriminalpolitischen Diskussion und werden bei jedem von den Medien dramatisierten Einzelfall wieder neu diskutiert.  
Im Anschluss an Einzelfälle besonders schwerer jugendlicher Gewalttaten werden in den Medien sowie der Politik regelmäßig Forderungen nach Strafverschärfungen laut. Ein prominentes Beispiel ist die im Jahr 2008 während des hessischen Landtagswahlkampfes vom damaligen Ministerpräsidenten Roland Koch angestoßene Strafverschärfungsdebatte (für eine Zusammenfassung, siehe die Beiträge zu [[Jugendkriminalität]] und[[ Jugendstrafrecht]]). Diese Debatte hat Koch zwar politisch mehr geschadet als genutzt, und die meisten der geforderten Verschärfungen („Warnschussarrest“, Heraufsetzung der Höchststrafe auf 15 Jahre, regelmäßige Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende etc.) wurden bis her nicht umgesetzt, mit Ausnahme der nachträglichen [[Sicherungsverwahrung]] für Jugendliche (siehe auch [[Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht]]). Dennoch bleiben solche Strafverschärfungsforderungen in der kriminalpolitischen Diskussion und werden bei jedem von den Medien dramatisierten Einzelfall wieder neu diskutiert.  


Allerdings lassen in den vergangenen Jahren erfolgte Änderungen des Jugendgerichtsgesetzes eine Tendenz zu Strafverschärfungen sowohl bezüglich des Jugendstrafrechts als auch des Jugendstrafvollzugs erkennen (Ostendorf, 2010). Dass es sich bei dieser Entwicklung um symbolische Kriminalpolitik bzw. symbolisches Strafrecht handelt, zeigt sich zum einen daran, dass sie vor dem Hintergrund einer tatsächlichen Abnahme der Jugendgewalt und –kriminalität stattfindet. Zum anderen haben Rückfalluntersuchungen gezeigt, dass harte Strafen für jugendliche Gewalttäter in der Regel keinen abschreckenden Effekt haben, sondern im Gegenteil eher entsozialisierend als resozialisierend wirken (Ostendorf, 2008).  
Allerdings lassen in den vergangenen Jahren erfolgte Änderungen des Jugendgerichtsgesetzes eine Tendenz zu Strafverschärfungen sowohl bezüglich des Jugendstrafrechts als auch des Jugendstrafvollzugs erkennen (Ostendorf, 2010). Dass es sich bei dieser Entwicklung um [[symbolische Kriminalpolitik]] bzw. [[symbolisches Strafrecht]] handelt, zeigt sich zum einen daran, dass sie vor dem Hintergrund einer tatsächlichen Abnahme der Jugendgewalt und –kriminalität stattfindet. Zum anderen haben Rückfalluntersuchungen gezeigt, dass harte Strafen für jugendliche Gewalttäter in der Regel keinen abschreckenden Effekt haben, sondern im Gegenteil eher entsozialisierend als resozialisierend wirken (Ostendorf, 2008).


== Prävention ==
== Prävention ==
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[http://www.uni-konstanz.de/rtf/gs/G.Spiess-Jugendkriminalitaet.htm Spiess, G. (2007). Jugendkriminalität in Deutschland – zwischen Fakten und Dramatisierung. Kriminalistatistische und kriminologische Befunde. Universität Konstanz]
[http://www.uni-konstanz.de/rtf/gs/G.Spiess-Jugendkriminalitaet.htm Spiess, G. (2007). Jugendkriminalität in Deutschland – zwischen Fakten und Dramatisierung. Kriminalistatistische und kriminologische Befunde. Universität Konstanz]
[[Kategorie:Gewaltkriminalität]]
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