Jeremy Bentham: Unterschied zwischen den Versionen

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Der liberale kriminalpolitische Ideenfabrikant '''Jeremy Bentham''' (* 15. Februar 1748 in Spitalfields, London; † 6. Juni 1832 in London) - ein Gegner der Todesstrafe - war ein engagierter Gefängnisfreund, dessen Plan für ein Modell-Gefängnis (Panoptikum) die Gefängnisarchitektur des 19. Jahrhunderts beeinflusste und noch im 20. Jahrhundert zum Gegenstand einer scharfsinnigen Kritik seitens des französischen Philosophen [[Michel Foucault]] wurde. Seine sterblichen Überreste befinden sich in einem mit mehreren Türen gesicherten Schrank im University College in London. Seine [http://www.ucl.ac.uk/Bentham-Project/who/autoicon/Virtual_Auto_Icon Selbst-Ikone ist im Internet] zu sehen.
[[File:Jeremy Bentham by Henry William Pickersgill detail.jpg|thumb|Jeremy Bentham by Henry William Pickersgill detail]]Der liberale kriminalpolitische Ideenfabrikant '''Jeremy Bentham''' (* 15. Februar 1748 in Spitalfields, London; † 6. Juni 1832 in London) - ein Gegner der Todesstrafe - war ein engagierter Gefängnisfreund, dessen Plan für ein Modell-Gefängnis (Panoptikum) die Gefängnisarchitektur des 19. Jahrhunderts beeinflusste und noch im 20. Jahrhundert zum Gegenstand einer scharfsinnigen Kritik seitens des französischen Philosophen [[Michel Foucault]] wurde. Seine sterblichen Überreste befinden sich in einem mit mehreren Türen gesicherten Schrank im University College in London. Seine [http://www.ucl.ac.uk/Bentham-Project/who/autoicon/Virtual_Auto_Icon Selbst-Ikone ist im Internet] zu sehen.




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So widmete er sich der Wissenschaft und der politischen Reform. Der zunächst in seiner Heimat wenig beachtete Bentham erhielt 1792 gemeinsam mit George Washington, Friedrich Schiller und Johann Heinrich Pestalozzi die französische Ehrenstaatsbürgerschaft. In England wurde er später zum Kopf der radicals (der späteren Liberal Party). Durch seine Anhänger – darunter James Mill und dessen Sohn John Stuart Mill, David Ricardo und John Austin – hatten seine Lehren großen politischen Einfluss.
So widmete er sich der Wissenschaft und der politischen Reform. Der zunächst in seiner Heimat wenig beachtete Bentham erhielt 1792 gemeinsam mit George Washington, Friedrich Schiller und Johann Heinrich Pestalozzi die französische Ehrenstaatsbürgerschaft. In England wurde er später zum Kopf der radicals (der späteren Liberal Party). Durch seine Anhänger – darunter James Mill und dessen Sohn John Stuart Mill, David Ricardo und John Austin – hatten seine Lehren großen politischen Einfluss.


Gegner schuf sich Bentham vor allem in Deutschland. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand Benthams radikaler Atheismus, Materialismus und Demokratismus quer zum romantisch-idealistischen Zeitgeist. Aber auch in der idealistisch und historistisch geprägten Philosophie konnte sich Benthams utilitaristische Ethik nur sehr schwer durchsetzen. Profanes Glücksstreben und Nützlichkeitskalküle standen im Widerspruch zum Zeitgeist der Klassik und des Biedermeier. Goethe bezeichnete als 80-Jähriger den ungefähr gleichaltrigen Bentham etwa als „höchst radikalen Narren“ und bemerkte: „In seinem Alter so radikal zu sein, ist der Gipfel aller Tollheit.“ Aber auch weniger idealistische Zeitgenossen wie Karl Marx fanden für die Lehren Benthams nur drastische Worte: Im Kapital schreibt Marx: „Wenn ich die Courage meines Freundes H[einrich]. Heine hätte, würde ich Herrn Jeremias ein Genie der bürgerlichen Dummheit nennen.“
Gegner schuf sich Bentham vor allem in Deutschland. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand Benthams radikaler Atheismus, Materialismus und Demokratismus quer zum romantisch-idealistischen Zeitgeist. Aber auch in der idealistisch und historistisch geprägten Philosophie konnte sich Benthams utilitaristische Ethik nur sehr schwer durchsetzen. Profanes Glücksstreben und Nützlichkeitskalküle standen im Widerspruch zum Zeitgeist der Klassik und des Biedermeier. Goethe bezeichnete als 80-Jähriger den ungefähr gleichaltrigen Bentham etwa als „höchst radikalen Narren“ und bemerkte: „In seinem Alter so radikal zu sein, ist der Gipfel aller Tollheit.“ Aber auch weniger idealistische Zeitgenossen wie Karl Marx fanden für die Lehren Benthams nur drastische Worte: Im Kapital schreibt Marx: „Wenn ich die Courage meines Freundes H[einrich]. Heine hätte, würde ich Herrn Jeremias ein Genie der bürgerlichen Dummheit nennen.“[[File:Jeremy Bentham Auto-Icon.jpg|thumb|Jeremy Bentham Auto-Icon]]Nach seinem Tod wurde Bentham in der Anwesenheit von Anatomiestudenten und seinen engsten Vertrauten seziert. Gemäß seinem letzten Willen wurde sein Leichnam „auto-ikonisiert“. Durch die Auto-Ikonisierung wird der Leichnam – entweder ganz oder nur der Kopf – nach den Methoden der neuseeländischen Maori mumifiziert, um ihn für die Nachwelt zu erhalten. Den Begriff der Auto-Ikone definiert Bentham als „a man who is his own image“. Durch die Auto-Ikonisierung sollte jeder Mensch über seinen Tod hinaus als Auto-Ikone sein eigenes, lebensechtes Monument bilden. Benthams Skelett wurde mit seinen Kleidern angezogen, die man mit Stroh ausstopfte. Benthams Kopf wurde durch die Auto-Ikonisierung dermaßen verunstaltet, dass man für die Auto-Ikone ein Wachsmodell anfertigte. Mit dem Wachskopf und seinem Spazierstock in der Hand wurde Benthams Auto-Ikone in einer Vitrine des University College in London auf einem Stuhl sitzend ausgestellt. Der mumifizierte Kopf wurde zunächst zu Füßen der Auto-Ikone mit in die Vitrine gelegt. Heute wird der Kopf im College-Archiv aufbewahrt. [http://www.ucl.ac.uk/Bentham-Project/who/autoicon/Virtual_Auto_Icon Hier] ist Benthams Selbst-Ikone zu sehen: ein Zwischending zwischen Mumie und Wachsfigur (authentische Knochen und Kleider, nachgebildeter Kopf).
 
Nach seinem Tod wurde Bentham in der Anwesenheit von Anatomiestudenten und seinen engsten Vertrauten seziert. Gemäß seinem letzten Willen wurde sein Leichnam „auto-ikonisiert“. Durch die Auto-Ikonisierung wird der Leichnam – entweder ganz oder nur der Kopf – nach den Methoden der neuseeländischen Maori mumifiziert, um ihn für die Nachwelt zu erhalten. Den Begriff der Auto-Ikone definiert Bentham als „a man who is his own image“. Durch die Auto-Ikonisierung sollte jeder Mensch über seinen Tod hinaus als Auto-Ikone sein eigenes, lebensechtes Monument bilden. Benthams Skelett wurde mit seinen Kleidern angezogen, die man mit Stroh ausstopfte. Benthams Kopf wurde durch die Auto-Ikonisierung dermaßen verunstaltet, dass man für die Auto-Ikone ein Wachsmodell anfertigte. Mit dem Wachskopf und seinem Spazierstock in der Hand wurde Benthams Auto-Ikone in einer Vitrine des University College in London auf einem Stuhl sitzend ausgestellt. Der mumifizierte Kopf wurde zunächst zu Füßen der Auto-Ikone mit in die Vitrine gelegt. Heute wird der Kopf im College-Archiv aufbewahrt. [http://www.ucl.ac.uk/Bentham-Project/who/autoicon/Virtual_Auto_Icon Hier] ist Benthams Selbst-Ikone zu sehen: ein Zwischending zwischen Mumie und Wachsfigur (authentische Knochen und Kleider, nachgebildeter Kopf).


Vorteile der Auto-Ikonisierung sah Bentham im Hinblick auf die:
Vorteile der Auto-Ikonisierung sah Bentham im Hinblick auf die:
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Basierend auf und in dieser Fassung noch fast identisch mit: „http://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Bentham“. Dieser Beitrag wartet auf Ausdifferenzierung der kriminologisch relevanten Teile.
Basierend auf und in dieser Fassung noch fast identisch mit: „http://de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Bentham“. Dieser Beitrag wartet auf Ausdifferenzierung der kriminologisch relevanten Teile.
[[Kategorie:Brite]]
[[Kategorie:Engländer]]
[[Kategorie:Geboren 1748]]
[[Kategorie:Gestorben 1832]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Philosoph (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Philosoph (18. Jahrhundert)]]
{{DEFAULTSORT:Bentham, Jeremy}}