Internationale Kriminalistische Vereinigung (IKV): Unterschied zwischen den Versionen

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== Standpunkt ==
== Standpunkt ==
Die Gründung der IKV fand zu einem Zeitpunkt neuer starker Strömungen auf dem Gebiet der Strafrechtspflege und der Strafrechtswissenschaft statt. In diese Zeit fallen sowohl die Ansätze der kriminalanthropologischen Schule als auch die Anfänge der kriminalsoziologischen Forschung. Die IKV wollte sich aber nicht auf bestimmte Grundsätze festlegen und vor allem dem Schulenstreit neutral gegenüberstehen. Ihr Anliegen war es, dass sich grundsätzlich alle diejenige, denen es um die wissenschaftliche Erforschung der Kriminalität und der Mittel zu ihrer Bekämpfung geht, egal welcher wissenschaftlichen Überzeugung sie sind, in der Vereinigung zu gemeinsamer Arbeit zusammenfinden können.  
Die Gründung der IKV fand zu einem Zeitpunkt neuer starker Strömungen auf dem Gebiet der Strafrechtspflege und der Strafrechtswissenschaft statt. In diese Zeit fallen sowohl die Ansätze der kriminalanthropologischen Schule als auch die Anfänge der kriminalsoziologischen Forschung. Die IKV wollte sich aber nicht auf bestimmte Grundsätze festlegen und vor allem dem Schulenstreit neutral gegenüberstehen. Ihr Anliegen war es, dass sich grundsätzlich alle, denen es um die wissenschaftliche Erforschung der Kriminalität und der Mittel zu ihrer Bekämpfung geht, in der Vereinigung zu gemeinsamer Arbeit zusammenfinden können, egal welcher wissenschaftlichen Überzeugung sie sind.  


Zu Beginn der IKV war jedoch in der Satzung Gegenteiliges festgeschrieben. Durch sie wurden die Mitglieder verpflichtet, sich mit ihrem Eintritt in die Vereinigung auf bestimmte kriminalpolitische Grundanschauungen festzulegen. So zum Beispiel, dass der Zweck der Strafe nicht vorrangig die Vergeltung der Tat ist. Vielmehr sei die Aufgabe der Strafe die Bekämpfung des Verbrechens als soziale Erscheinung. Auch sollte die Strafe zwar als wirksames Mittel zur Bekämpfung des Verbrechens gesehen werden, aber nicht als das Einzige. Man müsse sie im Zusammenhang mit anderen Mitteln zur Bekämpfung des Verbrechens, v.a. denen zur Verhütung, sehen. Die IKV schloss damit zwar keine Andersdenkenden aus, stellte sich aber deutlich auf den Standpunkt der modernen Schule.  
Zu Beginn der IKV war jedoch Gegenteiliges in der Satzung festgeschrieben. Durch sie wurden die Mitglieder verpflichtet, sich mit ihrem Eintritt in die Vereinigung auf bestimmte kriminalpolitische Grundanschauungen festzulegen. So zum Beispiel, dass der Zweck der Strafe nicht vorrangig die Vergeltung der Tat ist. Vielmehr sei die Aufgabe der Strafe die Bekämpfung des Verbrechens als soziale Erscheinung. Auch sollte die Strafe zwar als wirksames Mittel zur Bekämpfung des Verbrechens gesehen werden, nicht aber als das Einzige. Man müsse sie im Zusammenhang mit anderen Mitteln zur Bekämpfung des Verbrechens, v.a. mit denen zur Verhütung, sehen. Die IKV schloss damit zwar keine Andersdenkenden aus, stellte sich aber deutlich auf den Standpunkt der modernen Schule.  


Nachdem die Satzung durch die Vorgabe dieser verbindlichen Glaubensaussagen sowohl aus den eigenen Reihen als auch in Fachzeitschriften scharf kritisiert wurde, wurde sie 1897 dahingehend verändert, dass auf die Aufstellung kriminalpolitischer Dogmen und die Normierung eines bestimmten Strafzwecks verzichtet wurde. Nach ihrer rechtlichen Wertung verhielt sich die IKV folglich dem Prinzipienstreit gegenüber auch satzungsmäßig neutral. Die Satzung konnte nun von Anhängern aller Schulen ohne weiteres akzeptiert werden. Auch im Kampf zwischen Indeterminismus und Determinismus bezog die IKV einen ähnlichen Standpunkt. Zwar gab es im Inneren der Vereinigung immer wieder bestimmte vorherrschende Tendenzen und gelegentliche Äußerungen, doch nach Außen war die Vereinigung neutral. Durch dieses Auftreten konnte die Vereinigung die Basis ihrer Organisation weiter ausbauen und verhindern, dass potentielle Interessenten von vornherein abgeschreckt wurden.
Nachdem die Satzung durch die Vorgabe dieser verbindlichen Glaubensaussagen sowohl aus den eigenen Reihen als auch in Fachzeitschriften scharf kritisiert wurde, wurde sie 1897 dahingehend verändert, dass auf die Aufstellung kriminalpolitischer Dogmen und die Normierung eines bestimmten Strafzwecks verzichtet wurde. Nach ihrer rechtlichen Wertung verhielt sich die IKV folglich dem Prinzipienstreit gegenüber auch satzungsmäßig neutral. Die Satzung konnte nun von Anhängern aller Schulen ohne Weiteres akzeptiert werden. Auch im Kampf zwischen Indeterminismus und Determinismus bezog die IKV einen ähnlichen Standpunkt. Zwar gab es im Inneren der Vereinigung immer wieder bestimmte vorherrschende Tendenzen und gelegentliche Äußerungen, doch nach Außen war die Vereinigung neutral. Durch dieses Auftreten konnte die Vereinigung die Basis ihrer Organisation weiter ausbauen und verhindern, dass potentielle Interessenten von vornherein abgeschreckt wurden.


Diese „Mischung“ des Mitgliederstabes mit Anhängern unterschiedlicher Schulen innerhalb der IKV verlieh der Vereinigung ihren besonderen Wert. Theoretiker und Praktiker mit den verschiedensten Ansichten konnten sich zur gemeinsamen Arbeit vereinen, deren gemeinsames Ziel, über den Schulenstreit hinweg, ein besonders segensreiches Wirken der Vereinigung war. Vor allem in den Gutachten und Beratungen der IKV bewährten sich die umfassenden Kenntnisse der verschiedenen Mitglieder.  
Diese „Mischung“ des Mitgliederstabes mit Anhängern unterschiedlicher Schulen innerhalb der IKV verlieh der Vereinigung ihren besonderen Wert. Theoretiker und Praktiker mit den verschiedensten Ansichten konnten sich zur Arbeit vereinen, deren gemeinsames Ziel, über den Schulenstreit hinweg, ein besonders segensreiches Wirken der Vereinigung war. Vor allem in den Gutachten und Beratungen der IKV bewährten sich die umfassenden Kenntnisse der verschiedenen Mitglieder.  


Die unterschiedlichen Überzeugungen innerhalb der IKV brachten die gemeinsame Arbeit jedoch auch immer wieder zum Stocken. So musste zum Beispiel die Arbeit an der Untersuchung des Einflusses der neuen Schule auf die Grundbegriffe des Strafrechts ohne Ergebnisse oder Forderungen aufgegeben werden, da die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Vereinigung nicht überwunden werden konnten. Das Ziel, den wirklichen oder vermeintlichen Gegensatz zwischen der klassisch- juristischen und kriminalsoziologischen oder kriminalanthropologischen Schule zu präzisieren und die Stellung der Vereinigung im Schulenstreit zu bestimmten, konnte nicht erreicht werden. Die gleichfalls mit dem Schulgegensatz zusammenhängende Frage der rechtlichen Verantwortlichkeit hat die Vereinigung ebenfalls vergeblich versucht zu klären.  
Die unterschiedlichen Überzeugungen innerhalb der IKV brachten die gemeinsame Arbeit jedoch auch immer wieder zum Stocken. So musste zum Beispiel die Arbeit an der Untersuchung des Einflusses der neuen Schule auf die Grundbegriffe des Strafrechts ohne Ergebnisse oder Forderungen aufgegeben werden, da die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Vereinigung nicht überwunden werden konnten. Das Ziel, den wirklichen oder vermeintlichen Gegensatz zwischen der klassisch- juristischen und kriminalsoziologischen oder kriminalanthropologischen Schule zu präzisieren und die Stellung der Vereinigung im Schulenstreit zu bestimmten, konnte nicht erreicht werden. Die gleichfalls mit dem Schulgegensatz zusammenhängende Frage der rechtlichen Verantwortlichkeit versuchte die Vereinigung ebenfalls vergeblich zu klären.  


Im Gegensatz dazu schien jedoch in praktischen Fragen der Gesetzgebung eine bemerkenswerte Übereinstimmung der Mitglieder bestanden zu haben und so wurde trotz aller Verschiedenheit in den Grundfragen in der Vereinigung wirkungsvoll zusammengearbeitet.
Im Gegensatz dazu schien jedoch in praktischen Fragen der Gesetzgebung eine bemerkenswerte Übereinstimmung der Mitglieder bestanden zu haben und so wurde trotz aller Verschiedenheit in den Grundfragen in der Vereinigung wirkungsvoll zusammengearbeitet.


== Arbeit ==
== Arbeit ==
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