Holocaust

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Der Begriff Holocaust (griechisch ὁλοκαύτωμα holokaútoma „vollständig Verbranntes“) bezeichnete im Altertum ursprünglich ein Brandopfer von Tieren. Er ging über verschiedene Bibelübersetzungen zuerst in den französischen und englischen Wortschatz, von da aus auch in andere Sprachen Europas ein. Seit dem späten 16. Jahrhundert bezeichnete holocaustum den Feuertod vieler Menschen, sei es als Brandkatastrophe, sei es als außergewöhnliches Verbrechen. Seit dem Völkermord an den Armeniern (1909; 1915-1917; 1919) wurde der Begriff auch für ethnische Vernichtung in der Dimension eines Völkermords verwendet.

Seit 1942 im Vereinigten Königreich, seit 1972 in den Vereinigten Staaten und seit 1979 auch in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet der Holocaust oder die Shoa die systematische industrielle Ausrottung der europäischen Juden in der Zeit des Nationalsozialismus, die die Nationalsozialisten selbst zynisch „Endlösung der Judenfrage“ nannten.

Heute wird der Begriff in deutschsprachiger Fachliteratur nur selten als Oberbegriff für alle NS-Massenmorde verwendet, sondern meist für den systematischen Judenmord; manchmal schließt er auch die „Zigeuner“ ein. Der Völkermord an dieser Opfergruppe wird heute oft als Roma-Holocaust oder Porajmos bezeichnet. Das Übertragen des Holocaustbegriffs auf andere Völkermorde oder Massentötungen wird oft als gewolltes oder ungewolltes Verharmlosen und Relativieren der Judenvernichtung kritisiert.

Das Wort Holocaust ist eine Transliteration des griechischen Substantivs holokautoma und des dazugehörigen Adjektivs holókauston, die sich aus ὅλος holos („ganz, vollständig“) und καῦσις kausis („Brand, Verbrennung“) zusammensetzen. Es bedeutet wörtlich „vollständig verbrannt/Verbranntes“. Erstmals überliefert ist es bei dem griechischen Historiker Xenophon (ca. 426-355 v. Chr.) für ein Tieropfer. Die um 250 v. Chr. begonnene griechische Bibelübersetzung, die Septuaginta, verwendete es etwa 200 mal für die im hebräischen Tanach oft nebeneinander stehenden Worte olah (עלה) und kalil („das, was ganz in Rauch zum Himmel aufsteigt“). Gemeint sind Tieropfer, bei denen alle Körperteile und Innereien eines geschlachteten und zerteilten Opfertieres auf einem Altar verbrannt wurden, wie es Lev 9,12ff EU beschreibt. In diesem Sinn heißt es z.B. in 1_Sam 7,9 EU: "Da nahm Samuel ein junges Lamm und brachte es dem Herrn als Ganzopfer dar. Er rief zum Herrn für Israel und der Herr erhörte ihn." - In der Bibel wird der Begriff nur einmal, in der Geschichte von der Beinahe-Opferung Isaaks, für ein unausgeführtes Menschenopfer, das dann durch das Brandopfer eines Widders ersetzt wird, verwendet (Gen 22,2 EU):"Gott sprach zu Abraham: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du liebhast, und geh hin in das Land Morija und bringe ihn dort als Brandopfer dar auf einem Berge, den ich dir sagen werde." - Die Vulgata - die lateinische Übersetzung der Septuaginta - übernahm den im Lateinischen unbekannten Begriff als holocaustum. In dieser Form drang er in das Französische und Englische, von dort aus in weitere europäische Sprachen ein. Die Lutherbibel dagegen, die die Entwicklung zum Hochdeutschen maßgeblich vorantrieb, übersetzte den ursprünglichen hebräischen Wortlaut mit Brand- oder Ganzopfer. 1189 übertrug ein englischer Chronist das Wort anlässlich der Thronbesteigung von König Richard I. an einem Karfreitag auf ein damaliges Pogrom an Juden, die lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden: Am Krönungstag, etwa zu der Stunde, da der Sohn geopfert wurde, begann man in London, die Juden ihrem Vater, dem Teufel, zu opfern. Dabei konnte [...] man das Brandopfer [lat. holocaustum] erst am anderen Tag zu Ende bringen. Der italienische Jurist Andrea Alciati kritisierte die damals verbreitete Verbrennung von als Hexen geltenden Personen nach Folterprozessen 1515 als Holocaustum. Seit 1583 (erster Nachweis) wird das Wort im englischen Sprachraum auch im übertragenen Sinn verwendet, etwa für Großbrände mit vielen Todesopfern oder für Massenmorde. - m 20. Jahrhundert wurden sowohl menschengemachte Geschichts- wie Naturkatastrophen im Englischen als Holocaust bezeichnet, zuerst der Völkermord an den Armeniern in der Türkei, der mit einem Massaker in Adana 1909 seine Schatten vorauswarf. Dazu veröffentlichte der Brite Ducket Ferriman 1913 in London das Buch The Young Turks and the Truth about the Holocaust in Asia Minor during April 1909. Damit nahm der Begriff den Sinn eines auf Totalauslöschung zielenden Verbrechens an. Später wurden auch andere Völkermorde, Natur- und Geschichtskatastrophen so bezeichnet, darunter beide Weltkriege, das Erdbeben in San Francisco 1917 sowie auch kleinere Ereignisse. Dieser allgemeine Wortgebrauch setzte sich fort, nachdem auch die nationalsozialistische Judenvernichtung bereits als Holocaust bezeichnet wurde. So schrieb die jüdische Palestine Post 1947 über einen „holocaust of war, with its toll of 30 million victims of whom six million were Jews.“