Der Hamburger Strafvollzug galt über Jahrzehnte als vorbildlich. Nach dem Jahr 2000 begann allerdings eine Wende in Richtung auf "law and order".

(1) Fehlprognosen über einen erheblichen Anstieg der Gefangenenzahlen führten zur Expansion des geschlossenen Vollzugs. Kosten: 30 Mio. für die Erweiterung der JVA Billwerder um 400 Plätze. Betriebsmittelkosten pro Jahr: 1,4 Mio. Die Fehlprognose war erkennbar. Man hielt aber an der Realisierung der Pläne fest. Finanzbehörde, Planungsstab der Senatskanzlei, Bürgerschaftsmehrheit und Senat versagten. Unklar ist, warum sie die Realisierung der Planungen nicht an den jährlichen Nachweis der Belegungsentwicklung knüpften (wie sie es bei der Vorgängerregierung getan hatten).

Eine Wende hin zu "law and order" hat ihn allerdings galt während der Weimarer Republik und dann wieder in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1980er Jahre hinein als innovativ, liberal und human. Dann wurden zahlreiche Entscheidungen getroffen, die den Zielkonflikt zwischen Sicherheit und Resozialisierung zugunsten einer deutlichen Betonung des Sicherheitsdenkens aufzulösen suchten. Gerhard Rehn kritisiert diese Politik durch die Benennung von "5 Hauptsünden":

  • Geld verschleudert: Ausbau der JVA Billwerder um weitere ca. 400 auf rund 800 Plätze.
  • Umbau um jeden Preis: die offene Anstalt Billwerder wird gechlossener Vollzug.
  • Die Lust am Einsperren: Der offene Vollzug als Nadelöhr.
  • Abbau von Eingliederungschancen: Ausgang, Urlub, Freigang als Ausnahme.
  • Es war einmal: Sozialtherapie und Übergangsvollzug.

"Mit der Schließung/Verlagerung der drei kleinen, langjährig außerordentlich erfolgreichen und bundesweit vorbildlichen Übergangs- und Sozialtherapieanstalten erreichte die radikal restaurative 'Vollzugspolitik' des Gespanns Kusch/Lüdemann einen schmachvollen Höhepunkt. Im einzelnen: Im Februar 2005 wurde die Übergangsanstalt Moritz-Liepmann-Haus (MLH) ersatzlos gestrichen. ... Im Dezember 2005 wurde die Sozialtherapeutische Anstlat HH-Altengamme nach 21jähriger Tätigkeit geschlossen. Sie verfügte über 54 Plätze für Mäner und 6 für Frauen. Die traditionsreiche, seit 1969 bestehende Sozialtherapie Bergedorf mit ihren 42 Haftplätzen wurde Außenstelle der JVA Fuhlsbüttel. Ihre ganz eigene Existenz wurde zerstört; viele MitarbeiterInen mussten in andere Anstalten wechseln" (Rehn 2008: 36).



Literatur

  • Rehn, Gerhard (2008) Hamburger Strafvollzug - Wege und Irrwege. Zentrale Fakten einer verfehlten Strafvollzugspolitik. Neue Kriminalpolitik 20.2008: 34-36.