Hamburger Strafvollzug: Unterschied zwischen den Versionen

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(4) Rückgang von Lockerungen in Hamburg zwischen 2001 und 2006: Urlaub aus der Haft -69%, Ausgang -59%, Freigang -64%. Justizsenator Lüdemann: "Strafvollzug und Urlaub passen nicht zusammen. Ich kann mir nicht auf der einen Seite Gedanken machen über sechs Meter hohe Mauern und Außensicherung, so dass keiner ... entweichen kann, und gleichzeitig sagen: '21 Tage im jahr hast Du Urlaub und kannst raus'" (Die Welt, 31.6.06; zit. n. Rehn 2008: 35). Immerhin ging auch die Versagerquote bei Urlaub und Ausgang zwischen 2001 und 2007 von 0,5 auf 0,1 % zurück.
(4) Rückgang von Lockerungen in Hamburg zwischen 2001 und 2006: Urlaub aus der Haft -69%, Ausgang -59%, Freigang -64%. Justizsenator Lüdemann: "Strafvollzug und Urlaub passen nicht zusammen. Ich kann mir nicht auf der einen Seite Gedanken machen über sechs Meter hohe Mauern und Außensicherung, so dass keiner ... entweichen kann, und gleichzeitig sagen: '21 Tage im jahr hast Du Urlaub und kannst raus'" (Die Welt, 31.6.06; zit. n. Rehn 2008: 35). Immerhin ging auch die Versagerquote bei Urlaub und Ausgang zwischen 2001 und 2007 von 0,5 auf 0,1 % zurück.


(5) Schließung der Übergangsanstalt Moritz-Liepmann-Haus (38 Plätze für Männer und 7 für Frauen) im Februar 2005. Schließung der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg-Altengamme nach 21jähriger Tätigkeit im Dezember 2005 (54 Plätze für Mäner und 6 für Frauen). Die seit 1969 bestehende Sozialtherapeutische Anstalt Bergedorf mit 42 Haftplätzen wurde Außenstelle der JVA Fuhlsbüttel: "In Bergedorf befanden sich schwerpunktmäßig eher neurotisch schwer gestörte Sexualstraftäter, aber auch Gewalttäter anderer Art, in Altengamme eher jüngere, dissozial ausagierende Personen mit oft gravierenden psychischen Strukturdefiziten und gefangene Frauen mit z.T. schwerer Delinquenz. Die Praxis beider Anstalt war strikt an den empirisch ermittelten Wirkfaktoren der integrativen Sozialtherapie orientiert: Dies umfasste vor allem intensiv strukturierte Therapie-, Trainigs- und Wohngruppenkonzepte, ein hohes fachliches Niveau der Mitarbeiterschaft, ein behandlungsförderliches therapeutisches Milieu, die Einbeziehung der Bezugspersonen der Gefangenen und eine in jedem Einzelfall aufwendig begleitete Eingliederung in das Leben in Freiheit. - Mit der Schließung/Verlagerung der Sozialtherapie in die hoch gesicherte Großanstalt Fuhlsbüttel (ca. 1000 Haftplätze, davon ca. 100 Sozialtherapie) ging, wie vorauszusehen war, ihre spezifische Fachlichkeit weitgehend verloren. Es dominieren nun die baulichen, administrativen und sichernden Strukturen der Großanstalt, die davon geprägten Einstellungen traditioneller Art und die therapeibehindernden Strukturen der Gefangenensubkultur. Für den Therapieerfolg wesentliche Handlungsgrundlagen und Umgangsformen wurden knasttypisch zurechtgestutzt. Beiläufig wurde auch das in Altengamme vorhandene Therapieangebot für straffällige Frauen und die Vorteile eines behutsam koedukativen Strafvollzuges, den es sonst bundesweit nicht gibt, abgeschafft. Was bleibt, verdient, ohne grundlegende Änderungen, kaum noch den Namen 'Sozialtherapie' ..." (Rehn 2008:36).
(5) Schließung der Übergangsanstalt Moritz-Liepmann-Haus (38 Plätze für Männer und 7 für Frauen) im Februar 2005. Schließung der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg-Altengamme nach 21jähriger Tätigkeit im Dezember 2005 (54 Plätze für Mäner und 6 für Frauen). Die seit 1969 bestehende Sozialtherapeutische Anstalt Bergedorf mit 42 Haftplätzen wurde Außenstelle der JVA Fuhlsbüttel: "In Bergedorf befanden sich schwerpunktmäßig eher neurotisch schwer gestörte Sexualstraftäter, aber auch Gewalttäter anderer Art, in Altengamme eher jüngere, dissozial ausagierende Personen mit oft gravierenden psychischen Strukturdefiziten und gefangene Frauen mit z.T. schwerer Delinquenz. Die Praxis beider Anstalt war strikt an den empirisch ermittelten Wirkfaktoren der integrativen Sozialtherapie orientiert: Dies umfasste vor allem intensiv strukturierte Therapie-, Trainigs- und Wohngruppenkonzepte, ein hohes fachliches Niveau der Mitarbeiterschaft, ein behandlungsförderliches therapeutisches Milieu, die Einbeziehung der Bezugspersonen der Gefangenen und eine in jedem Einzelfall aufwendig begleitete Eingliederung in das Leben in Freiheit. - Mit der Schließung/Verlagerung der Sozialtherapie in die hoch gesicherte Großanstalt Fuhlsbüttel (ca. 1000 Haftplätze, davon ca. 100 Sozialtherapie) ging, wie vorauszusehen war, ihre spezifische Fachlichkeit weitgehend verloren. Es dominieren nun die baulichen, administrativen und sichernden Strukturen der Großanstalt, die davon geprägten Einstellungen traditioneller Art und die therapeibehindernden Strukturen der Gefangenensubkultur. Für den Therapieerfolg wesentliche Handlungsgrundlagen und Umgangsformen wurden knasttypisch zurechtgestutzt. Beiläufig wurde auch das in Altengamme vorhandene Therapieangebot für straffällige Frauen und die Vorteile eines behutsam koedukativen Strafvollzuges, den es sonst bundesweit nicht gibt, abgeschafft. Was bleibt, verdient, ohne grundlegende Änderungen, kaum noch den Namen 'Sozialtherapie' ... - Die drei Anstalten waren für Gefangene (und mittelbar für die mit ihnen arbeitenden Mitarbeiter/innen) eine erstrebenswerte Perspektive, ein solider Weg in eine bessere Zukunft. Jahr für Jahr wurden viele hoch vorbelastete Gefangene intensiv beraten und therapiert. Kaum einer wurde ohne Arbeits- oder Ausbildungsplatz und einen auch sonst geordneten sozialen Empfangsraum entlassen. So wurde in vielen Fällen ein sonst wahrscheinlicher Rückfall verhindert und weiteres Unglück von potentiellen Opfern, den Familien der Gefangenen und von ihnen selbst abgewendet. Der Erfolg dieser Arbeit ist wissenschaftlich belegt. Es bleibt unbegreiflich, warum dem Führungsduo in der Justizbehörde gestattet wurde, diese hoch komplexen und anspruchsvollen, dabei aber, auf alles gesehen, kostengünstigen Einrichtungen zu schließen, zu verlegen, zu vernichten." (Rehn 2008:36).  
 
* Geld verschleudert: Ausbau der JVA Billwerder um weitere ca. 400 auf rund 800 Plätze.
* Umbau um jeden Preis: die offene Anstalt Billwerder wird gechlossener Vollzug.
* Die Lust am Einsperren: Der offene Vollzug als Nadelöhr.
* Abbau von Eingliederungschancen: Ausgang, Urlub, Freigang als Ausnahme.
* Es war einmal: Sozialtherapie und Übergangsvollzug.  
 
"Mit der Schließung/Verlagerung der drei kleinen, langjährig außerordentlich erfolgreichen und bundesweit vorbildlichen Übergangs- und Sozialtherapieanstalten erreichte die radikal restaurative 'Vollzugspolitik' des Gespanns Kusch/Lüdemann einen schmachvollen Höhepunkt. Im einzelnen:
Im Februar 2005 wurde die Übergangsanstalt Moritz-Liepmann-Haus (MLH) ersatzlos gestrichen.  
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Im Dezember 2005 wurde die Sozialtherapeutische Anstlat HH-Altengamme nach 21jähriger Tätigkeit geschlossen. Sie verfügte über 54 Plätze für Mäner und 6 für Frauen. Die traditionsreiche, seit 1969 bestehende Sozialtherapie Bergedorf mit ihren 42 Haftplätzen wurde Außenstelle der JVA Fuhlsbüttel. Ihre ganz eigene Existenz wurde zerstört; viele MitarbeiterInen mussten in andere Anstalten wechseln" (Rehn 2008: 36).  




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