Glücksspiel
Glücksspiele sind Spiele, deren Spielausgang wesentlich vom Zufall abhängig ist.
Rechtliche Klassifikation
In Deutschland wird Glücksspiel durch den 2006 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) geregelt. In § 3 Begriffsbestimmungen wird Glücksspiel folgendermaßen definiert:
- (1) Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.[1]
Bekannte Glücksspiele
Nahezu jedes Spiel kann gemäß der oben angeführten Definition als Glücksspiel gelten. Bekannte Glücksspiele sind:
- Lotterien: hierzu zählen das in Deutschland beliebte Lotto 6aus49, Spiel 77, Super 6, Sofortlotterien (Rubbellose) aber auch Keno, Bingo, Klassenlotterien, Fernsehlotterien usw.
- Casinospiele: zu den klassischerweise im Casiono angebotenen Spielen zählen Roulette und Black Jack, aber auch Baccara und Poker. Neben diesem sog. Großem Spiel bieten Casinos in der Regel auch ein Automatenspiel - das sog. Kleine Spiel an.
- Wetten: bei Wetten handelt es sich zumeist um Wetten auf den Ausgang von Sportereignissen. Der Lotto- und Toto Block tritt in Deutschland als derzeit einziger staatlich lizenzierter Wettanbieter der Sportwette ODDSET auf.
- Automatenspiel/ Geldspielautomaten: Spielautomaten sind in Spielbanken (das sog. Kleine Spiel), in Spielhallen und auch in Gaststätten zu finden. Sofern es sich bei einem Automatenspiel um kein ausschließliches Geschicklichkeitsspiel handelt und für die Spielteilnahme ein Geldeinsatz getätigt werden muss, handelt es sich definitionsgemäß um ein Glücksspiel. In Deutschland gelten Geldspielautomaten rechtlich jedoch nicht als Glücksspiel, sondern als Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit. Gesetzliche Vorschriften zu Geldspielautomaten finden sich in der Gewerbeordnung [2] als auch der Spielverordnung [3].
Prävalenzen
Rangreihen der Lebenszeit- (LT) und 12-Monatsprävalenzen von einzelnen Glücksspielen und Glücksspiel- kategorien nach Geschlecht bei 16- bis 65-Jährigen in der Befragung 2011 durch die BZgA[4]
Glücksspielart | LTP gesamt | LTP männlich | LTP weiblich | 12-Monatsprävalenz gesamt | 12-Monatsprävalenz männlich | 12-Monatsprävalenz weiblich |
---|---|---|---|---|---|---|
Glücksspiele im engeren Sinne (1) | 84,1 | 87,3 | 80,8 | 46,5 | 51,6 | 41,3 |
Lotto "6 aus 49" | 64,9 | 68,0 | 61,7 | 31,5 | 36,5 | 26,3 |
Sofortlotterien (2) | 50,7 | 52,5 | 48,8 | 12,9 | 13,0 | 12,8 |
Spiel 77/ Super 6 (3) | 40,6 | 44,8 | 36,3 | 21,0 | 24,7 | 17,2 |
Lotterien insg. (4) | 37,3 | 38,5 | 36,2 | 16,0 | 16,4 | 15,7 |
privates Glücksspiel | 23,3 | 33,2 | 13,0 | 9,2 | 13,7 | 4,6 |
Geldspielautomaten | 23,0 | 30,5 | 15,3 | 2,9 | 4,6 | 1,2 |
Glücksspirale | 19,6 | 22,8 | 16,3 | 4,5 | 5,5 | 3,6 |
Spielbank insg. | 18,9 | 21,6 | 16,1 | 2,0 | 2,7 | 1,3 |
Fernsehlotterien | 17,1 | 16,0 | 18,1 | 7,3 | 7,4 | 7,2 |
Quizsendungen im Fernsehen | 14,9 | 15,1 | 14,7 | 3,9 | 3,4 | 4,4 |
großes Spiel in der Spielbank | 14,5 | 17,1 | 11,8 | 1,6 | 2,2 | 0,9 |
Sportwetten insg. | 11,1 | 16,3 | 5,9 | 3,4 | 5,7 | 1,1 |
Klassenlotterien | 10,3 | 11,6 | 9,0 | 1,2 | 1,2 | 1,2 |
kleines Spiel in der Spielbank | 8,6 | 9,8 | 7,3 | 1,0 | 1,2 | 0,7 |
"andere Lotterien" (5) | 7,4 | 7,4 | 7,5 | 4,9 | 4,5 | 5,4 |
Casinospiele im Internet (6) | 6,9 | 10,5 | 3,3 | 0,8 | 1,4 | 0,2 |
Oddset-Spielangebote | 5,5 | 9,0 | 2,0 | 1,9 | 3,3 | 0,4 |
Bingo | 5,0 | 4,4 | 5,5 | 1,2 | 0,8 | 1,5 |
riskante Börsenspekulationen | 3,3 | 4,9 | 1,8 | 1,0 | 1,6 | 0,4 |
Toto | 3,1 | 5,1 | 1,2 | 0,6 | 1,0 | 0,2 |
Pferdewetten | 2,8 | 3,3 | 2,4 | 0,4 | 0,5 | 0,2 |
Live-Wetten | 2,1 | 3,0 | 1,2 | 0,9 | 1,6 | 0,3 |
"andere Sportwetten" (7) | 2,0 | 3,4 | 0,6 | 0,7 | 1,2 | 0,1 |
Keno | 1,7 | 1,7 | 1,6 | 0,4 | 0,4 | 0,4 |
Plus 5 | 0,3 | 0,4 | 0,3 | 0,2 | 0,2 | 0,2 |
(1) ohne riskante Börsenspekulation, Quizsendungen und privates Glücksspiel; (2) Rubbel- und Aufreißlose, Lose auf Jahrmärkten, Instant-Games im Internet, Angebote von den Lottogesellschaften und anderen Anbietern; (3) Spiel 77/Super 6 kann im Jahr 2011 nicht nur in Kombination mit Lotto „6 aus 49“ gespielt werden, sondern zu- dem auch mit der Glücksspirale, Bingo oder Toto; (4) Fernsehlotterien, Klassenlotterien, ‘andere Lotterien’, Bingo, Glücksspirale (ohne Lotto „6 aus 49“ und Sofortlot- terien); (5) Soziallotterien, Lotterie-Sparen (PS- oder S-Sparen), Gewinnsparen o. ä.; (6) inkl. Spielen um Spielgeld oder Punkte; (7) nicht weiter ausdifferenzierte Restkategorie von Sportwetten (ohne Oddset-Spielangebote, Toto, Live- und Pferdewetten).
problematisches und pathologisches Spielverhalten
Klassifikation nach ICD-10
Das Klassifakationsschema ICD-10 ordnet das pathologische Spielen neben der Pyromanie, der Klepomanieund, der Trichotillomanie und sonstigen näher bezeichneten Störungen den "Abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle" zu. Unter dem Diagnoseschlüssel F.63.0 ist das pathologische Spielen definiert als häufiges und wiederholtes episodenhaftes Glücksspiel, das die Lebensführung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt.[5]
Klassifikation nach DSM-IV
Ein pathologisches Spielverhalten(Diagnoseschlüssel 312.31) liegt nach den Diagnostische Kriterien des DSM IV vor, wenn mindestens fünf der unten aufgeführten zehn Merkmale erfüllt sind. Liegen drei bis vier der Merkmale vor, spricht man von einem problematischen Spielverhalten.
Dauerndes, wiederholtes Spielen Anhaltendes und oft noch gesteigertes Spielen trotz negativer sozialer Konsequenzen, wie
- Verarmung
- gestörte Familienbeziehungen
- Zerrüttung der persönlichen Verhältnisse
A Andauerndes und wiederkehrendes, fehlangepasstes Spielverhalten, was sich in mindestens fünf der folgenden Merkmale ausdrückt
- Starke Eingenommenheit vom Glücksspiel (z.B. starke gedankliche Beschäftigung mit Geldbeschaffung)
- Steigerung der Einsätze, um gewünschte Erregung zu erreichen
- Wiederholte erfolglose Versuche, das Spiel zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben
- Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, das Spiel einzuschränken oder aufzugeben
- Spielen, um Problemen oder negativen Stimmungen zu entkommen
- Wiederaufnahme des Glücksspiels nach Geldverlusten
- Lügen gegenüber Dritten, um das Ausmaß der Spielproblematik zu vertuschen
- Illegale Handlungen zur Finanzierung des Spielens
- Gefährdung oder Verlust wichtiger Beziehungen, von Arbeitsplatz und Zukunftschancen
- Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte
B Ausgenommen ist das Spielen während einer manischen Episode.
Epidemiologie
Regulation
Umsätze der Glücksspielanbieter und Einnahmen des Staates
Umsätze auf dem Glücksspiel-Markt (in Mio. €)[6]
1982 | 1992 | 2002 | 2008 | 2009 | 2010 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Gesamt | - | - | 27.359 | 31.493 | 31.771,8 | 31.509,9 (-0,8%) |
davon entfallen | ||||||
auf Spielbanken | 3.426 | 6.854 | 10.900 | 8.030 | 6.862 | 6.187 (-9,8%) |
auf Geldpielautomaten mit Gewinnmöglichkeit | - | - | 5.710 | 14.720 | 16.160 | 17.210 (+6,5%) |
auf den Deutschen Lotto- und Toto-Block | 3.239 | 5.788 | 8.311 | 6.792 | 7.002,6 | 6.500 (-7,2%) |
in Klammern: Veränderungen gegenüber Vorjahr in % Quelle: Archiv- und Informationsstelle der deutschen Lotto- und Toto-Unternehmen Institut für Wirtschaftsforschung, Meyer: eigene Erhebung, 2012
Anteile am Gesamtumsatz der Glücksspiel-Anbieter in 2010[7]
2002 | 2004 | 2005 | 2008 | 2009 | 2010 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Spielbanken | 40,2% | 38,4% | 39,7% | 32,3% | 28,6% | 19,6% |
Geldspielautomaten | 20,3% | 21,3% | 20,6% | 32,6% | 34,9% | 54,7% |
Lotto- und Totoblock | 30,6% | 30,8% | 39,2% | 27,3% | 29,2% | 20,6% |
Klassenlotterien | 4,9% | 5,1% | 5,1% | 3,2% | 2,4% | 1,5% |
Fernsehlotterien | 1,6% | 2,0% | 2,2% | 2,5% | 2,6% | 1,9% |
Prämien- und Gewinnsparen | 1,6% | 1,9% | 1,8% | 1,9% | 2,0% | 1,5% |
Pferderennen | 0,9% | 0,5% | 0,5% | 0,3% | 0,3% | 0,2% |
Quelle: Meyer, 2012
Einnahmen des Staates aus Vergnügungs, Umsatz2)- und Gewerbesteuerzahlung der Unterhaltungsautomatenwirtschaft[8]
2003 | 2005 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 |
---|---|---|---|---|---|
696 Mio. € | 250 Mio. € | 1.25 Mrd. € | 1.25 Mrd. € | 1.2 Mrd. € | 1.5 Mrd. €1) |
1) davon Vergnügungssteuer: 376 Mio. € 2) Umsatzsteuern sind erst nach dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltung" ab 5. Mai 2006 zu entrichten. Quelle: Verband der Deutschen Automatenindustrie, s. Meyer, 2012
Einnahmen der Bundesländer 2010 aus Glücksspiel gemäß IWD[9]
Bundesland | Einnahmen in Mio Euro |
---|---|
Nordrhein-Westfalen | 725 |
Bayern | 469 |
Baden-Württemberg | 422 |
Niedersachsen | 313 |
Rheinland-Pfalz | 280 |
Hessen | 274 |
Hamburg | 152 |
Schleswig-Holstein | 136 |
Berlin | 131 |
Sachsen | 119 |
Brandenburg | 79 |
Sachsen-Anhalt | 56 |
Mecklenburg-Vorpommern | 42 |
Thüringen | 40 |
Saarland | 33 |
Bremen | 27 |
Insgesamt | 3.331 |
Illegales Glücksspiel
Das Strafgesetzbuch stellt das Veranstalten oder auch die Teilnahme an illegalem Glücksspiel unter Strafe:
- § 284 StGB Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels
- (1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden. (3) Wer in den Fällen des Absatzes 1 1. gewerbsmäßig oder 2. als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.[10]
- § 285 StGB Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel
- Wer sich an einem öffentlichen Glücksspiel (§ 284) beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.[11]
Weblinks
Journals
- Journal of Gambling Studies Journal of Gambling Studies
- Journal of Gambling Issues
- Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht
- Gaming Law Review
Institutionen/ Fachgesellschaften
- Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim
- Universität Hamburg, Institut für Recht der Wirtschaft, Arbeitsbereich Glücksspiele
- Fachbeirat Glücksspielsucht
- Fachverband Glücksspielsucht
Sonstiges
Einzelnachweise
- ↑ Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV)
- ↑ Gewerbeordnung
- ↑ Spielverordnung
- ↑ BZgA (2012): Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2007, 2009 und 2011. Ergebnisse aus drei repräsentativen Bevölkerungsbefragungen
- ↑ http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2006/index.htm
- ↑ DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
- ↑ DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
- ↑ DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
- ↑ Institut der deutschen Wirtschaft
- ↑ http://dejure.org/gesetze/StGB/284.html
- ↑ http://dejure.org/gesetze/StGB/285.html