Glücksspiel

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Glücksspiele sind Spiele, deren Spielausgang wesentlich vom Zufall abhängig ist. Damit sind Glücksspiele von Geschicklichkeitsspielen abgegrenzt, deren Ausgang alleine vom Können der Spieler abhängig ist (z.B. Schach). Viele der rechtlich als Glücksspiel klassifizierten Spiele stellen Mischformen dar, die sowohl durch Zufalls- als auch Geschicklichkeitsmerkmale charakterisiert sind (z.B. Poker).

Rechtliche Klassifikation

In Deutschland wird Glücksspiel durch den 2006 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV)[1] bzw. den im Juli 2012 in Kraft getretenen Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV)[2] geregelt. In § 3 Begriffsbestimmungen wird Glücksspiel folgendermaßen definiert:

(1) Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.[1]

Soziologische Klassifikationen

Trotz der großen Präsenz von Glückspiel in unserer zeitgenössischen Kultur wurden nur wenige Versuche unternommen das Phänomen (Glücks-)Spiel aus einer soziologischen Perspektive zu verstehen und zu erklären.[3] Eine der ältesten und meistzitierten soziologischen/ kulturwissenschaftlichen Abhandlungen ist der 1938 erschienene Essay "Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel". Hierin beschreibt der niederländische Kulturwissenschaftler Johan Huizinga die Omnipräsenz des Spiels in unserer Kultur. Er sieht Spiel als Vorläufer der Kultur, da "Kultur in Form von Spiel entsteht" in dem Sinne, dass "Kultur anfänglich gespielt wird"[4].

Huizinga definiert Spiel als eine

freie Handlung [..], die als nicht so gemeint und außerhalb des gewöhnlichen Lebens stehend empfunden und trotzdem den Spieler völlig in Beschlag nehmen kann, an die kein materielles Interesse geknüpft ist und mit der kein Nutzen erworben wird, die sich innerhalb einer eigens bestimmten Zeit und eines eigens bestimmten Raums vollzieht, die nach bestimmten Regeln ordnungsgemäß verläuft und Gemeinschaftverbände ins Leben ruft, die ihrerseits sich gern mit einem Geheimnis umgeben oder durch Verkleidung als anders von der gewöhnlichen Welt abheben.[5]

Roger Caillois[6] definiert - bezugnehmend auf die Definition von Huizinga - seinerseits Spiel (play) als:

  1. freiwillig - Die Teilnahme am Spiel erfolgt aus freien Stücken. Eine erzwungene Teilnahme oder ein zwanghaftes Spiel ließe die Attraktivität des Spiels sinken und es verlöre seinen Charakter als freudvolle Zerstreuung.
  2. separiert - Das Spiel erfolgt innerhalb zeitlicher und räumlicher Grenzen, die im Vorfeld festgelegt werden. Das Spiel grenzt sich durch diese Festlegung von dem Alltäglichen ab.
  3. unsicher - Der Ausgang des Spiels steht nicht von vornherein fest.
  4. unproduktiv - Es werden mit dem Spiel weder Güter produziert noch Werte geschaffen. Es findet ggf. lediglich ein Austausch von Eigentum unter den Spielern statt.
  5. Regeln unterliegend - Die Spielregeln setzen gewöhnliche Gesetze aus und sind für den Moment des Spieles alleine gültig.
  6. eine Phantasiewelt - Das Spiel geht einher mit eines besonderen Bewusstseins für eine zweite Realität oder einer freien Nicht-Realität, die im Gegensatz zum realen Leben steht.
  • Agôn
  • Alea
  • Mimicry
  • Iliinx
  • Paidia
  • Ludus

Goffman, E. (1986). Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag.

Bekannte Glücksspiele

Nahezu jedes Spiel kann gemäß der oben angeführten Definition als Glücksspiel gelten. Bekannte Glücksspiele sind:

  • Lotterien: hierzu zählen das in Deutschland beliebte Lotto 6aus49, Spiel 77, Super 6, Sofortlotterien (Rubbellose) aber auch Keno, Bingo, Klassenlotterien, Fernsehlotterien usw.
  • Casinospiele: zu den klassischerweise im Casiono angebotenen Spielen zählen Roulette und Black Jack, aber auch Baccara und Poker. Neben diesem sog. Großem Spiel bieten Casinos in der Regel auch ein Automatenspiel - das sog. Kleine Spiel an.
  • Wetten: bei Wetten handelt es sich zumeist um Wetten auf den Ausgang von Sportereignissen. Der Lotto- und Toto Block tritt in Deutschland als derzeit einziger staatlich lizenzierter Wettanbieter der Sportwette ODDSET auf.
  • Automatenspiel/ Geldspielautomaten: Spielautomaten sind in Spielbanken (das sog. Kleine Spiel), in Spielhallen und auch in Gaststätten zu finden. Sofern es sich bei einem Automatenspiel um kein ausschließliches Geschicklichkeitsspiel handelt und für die Spielteilnahme ein Geldeinsatz getätigt werden muss, handelt es sich definitionsgemäß um ein Glücksspiel. In Deutschland gelten Geldspielautomaten rechtlich jedoch nicht als Glücksspiel, sondern als Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit. Gesetzliche Vorschriften zu Geldspielautomaten finden sich in der Gewerbeordnung [7] als auch der Spielverordnung [8].

Prävalenzen

84,1% der Befragten geben laut einer 2011 durchgeführten repräsentativen Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)[9] an, bereits einmal in ihrem Leben an einem Glücksspiel teilgenommen zu haben. Mit 46,5 % gibt knapp die Hälfte der Befragten an, innerhalb der letzten 12 Monate ein Glücksspiel gespielt zu haben.

Die Zahlenlotterie "6 aus 49" ist das populärste Glücksspiel in Deutschland, das 64,9% der Deutschen bereits schon einmal in ihrem Leben gespielt haben, fast ein Drittel (31,5%) innerhalb der letzten zwölf Monate. Bezogen auf die Spielteilnahme innerhalb der letzten 12 Monate sind Sofortlotterien (wie etwa Rubbellose) das zweitpopulärste Glücksspiel in Deutschland (12,9%). An dritter Stelle dieser Popularitätsrangfolge stehen die Sportwetten (3,4%). Es folgen Geldspielautomaten (2,9%), Casinospiele (2,0%) und Pferdewetten (0,4%).

Männer spielen im Allgemeinen häufiger als Frauen. Die wenigen (wiederum auf die 12-Monats-Prävalenz bezogenen) Ausnahmen bilden "andere Lotterien" (Soziallotterien, Lotterie-Sparen), Quizsendungen im Fernsehen und Bingo.

Rangreihen der Lebenszeit- (LT) und 12-Monatsprävalenzen von einzelnen Glücksspielen und Glücksspiel- kategorien nach Geschlecht bei 16- bis 65-Jährigen in der Befragung 2011 durch die BZgA[9]

Glücksspielart LTP gesamt LTP männlich LTP weiblich 12-Monatsprävalenz gesamt 12-Monatsprävalenz männlich 12-Monatsprävalenz weiblich
Glücksspiele im engeren Sinne (1) 84,1 87,3 80,8 46,5 51,6 41,3
Lotto "6 aus 49" 64,9 68,0 61,7 31,5 36,5 26,3
Sofortlotterien (2) 50,7 52,5 48,8 12,9 13,0 12,8
Spiel 77/ Super 6 (3) 40,6 44,8 36,3 21,0 24,7 17,2
Lotterien insg. (4) 37,3 38,5 36,2 16,0 16,4 15,7
privates Glücksspiel 23,3 33,2 13,0 9,2 13,7 4,6
Geldspielautomaten 23,0 30,5 15,3 2,9 4,6 1,2
Glücksspirale 19,6 22,8 16,3 4,5 5,5 3,6
Spielbank insg. 18,9 21,6 16,1 2,0 2,7 1,3
Fernsehlotterien 17,1 16,0 18,1 7,3 7,4 7,2
Quizsendungen im Fernsehen 14,9 15,1 14,7 3,9 3,4 4,4
großes Spiel in der Spielbank 14,5 17,1 11,8 1,6 2,2 0,9
Sportwetten insg. 11,1 16,3 5,9 3,4 5,7 1,1
Klassenlotterien 10,3 11,6 9,0 1,2 1,2 1,2
kleines Spiel in der Spielbank 8,6 9,8 7,3 1,0 1,2 0,7
"andere Lotterien" (5) 7,4 7,4 7,5 4,9 4,5 5,4
Casinospiele im Internet (6) 6,9 10,5 3,3 0,8 1,4 0,2
Oddset-Spielangebote 5,5 9,0 2,0 1,9 3,3 0,4
Bingo 5,0 4,4 5,5 1,2 0,8 1,5
riskante Börsenspekulationen 3,3 4,9 1,8 1,0 1,6 0,4
Toto 3,1 5,1 1,2 0,6 1,0 0,2
Pferdewetten 2,8 3,3 2,4 0,4 0,5 0,2
Live-Wetten 2,1 3,0 1,2 0,9 1,6 0,3
"andere Sportwetten" (7) 2,0 3,4 0,6 0,7 1,2 0,1
Keno 1,7 1,7 1,6 0,4 0,4 0,4
Plus 5 0,3 0,4 0,3 0,2 0,2 0,2

(1) ohne riskante Börsenspekulation, Quizsendungen und privates Glücksspiel; (2) Rubbel- und Aufreißlose, Lose auf Jahrmärkten, Instant-Games im Internet, Angebote von den Lottogesellschaften und anderen Anbietern; (3) Spiel 77/Super 6 kann im Jahr 2011 nicht nur in Kombination mit Lotto „6 aus 49“ gespielt werden, sondern zu- dem auch mit der Glücksspirale, Bingo oder Toto; (4) Fernsehlotterien, Klassenlotterien, ‘andere Lotterien’, Bingo, Glücksspirale (ohne Lotto „6 aus 49“ und Sofortlot- terien); (5) Soziallotterien, Lotterie-Sparen (PS- oder S-Sparen), Gewinnsparen o. ä.; (6) inkl. Spielen um Spielgeld oder Punkte; (7) nicht weiter ausdifferenzierte Restkategorie von Sportwetten (ohne Oddset-Spielangebote, Toto, Live- und Pferdewetten).

Problematisches und pathologisches Spielverhalten

Klassifikation nach ICD-10

Das Klassifikationsschema ICD-10 ordnet das pathologische Spielen neben der Pyromanie, der Klepomanie und, der Trichotillomanie und sonstigen nicht näher bezeichneten Störungen den "Abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle" zu. Unter dem Diagnoseschlüssel F.63.0 ist das pathologische Spielen definiert als häufiges und wiederholtes episodenhaftes Glücksspiel, das die Lebensführung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt.[10]

Die diagnostischen Kriterien lauten:

A. Wiederholte (2 oder mehr) Episoden von Glücksspiel über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr.
B. Diese Episoden bringen den Betroffenen keinen Gewinn, sondern werden trotz subjektivem Leidensdruck und Störung der Funktionsfähigkeit im täglichen Leben fortgesetzt.
C. Die Betroffenen beschreiben einen intensiven Drang, zu spielen, der nur schwer kontrolliert werden kann. Sie schildern, dass sie nicht in der Lage sind, das Glücksspiel durch Willensanstrengung zu unterbrechen.
D. Die Betroffenen sind ständig mit Gedanken oder Vorstellungen vom Glücksspiel oder mit dem Umfeld des Glücksspiels beschäftigt.


Das Pathologische Spielen wird abgegrenzt von exzessivem Spielen manischer Patienten (F30, nicht näher bezeichnetem Spielen und Wetten (Z72.6) und schließlich dem Spielen bei dissozialer Persönlichkeitsstörung (F60.2).

Klassifikation nach DSM-IV

Ein pathologisches Spielverhalten (Diagnoseschlüssel 312.31) liegt nach den Diagnostische Kriterien des DSM IV vor, wenn mindestens fünf der unten aufgeführten zehn Merkmale erfüllt sind. Liegen drei bis vier der Merkmale vor, spricht man von einem problematischen Spielverhalten.

Dauerndes, wiederholtes Spielen Anhaltendes und oft noch gesteigertes Spielen trotz negativer sozialer Konsequenzen, wie

  • Verarmung
  • gestörte Familienbeziehungen
  • Zerrüttung der persönlichen Verhältnisse

A Andauerndes und wiederkehrendes, fehlangepasstes Spielverhalten, was sich in mindestens fünf der folgenden Merkmale ausdrückt

  1. Starke Eingenommenheit vom Glücksspiel (z.B. starke gedankliche Beschäftigung mit Geldbeschaffung)
  2. Steigerung der Einsätze, um gewünschte Erregung zu erreichen
  3. Wiederholte erfolglose Versuche, das Spiel zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben
  4. Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, das Spiel einzuschränken oder aufzugeben
  5. Spielen, um Problemen oder negativen Stimmungen zu entkommen
  6. Wiederaufnahme des Glücksspiels nach Geldverlusten
  7. Lügen gegenüber Dritten, um das Ausmaß der Spielproblematik zu vertuschen
  8. Illegale Handlungen zur Finanzierung des Spielens
  9. Gefährdung oder Verlust wichtiger Beziehungen, von Arbeitsplatz und Zukunftschancen
  10. Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte

B Ausgenommen ist das Spielen während einer manischen Episode, das soziale und professionelle Spielen und Probleme mit dem Spielen bei einer "Antisozialen Persönlichkeitsstörung"

Screeninginstrumente

In der therapeutischen Praxis haben sich eine Reihe von Screeninginstrumenten bewährt, mitels derer das Vorliegen einer glücksspielbezogenen Störung getestet werden kann[11]. Drei gebräuchliche Instrumente sind:

  • Brief Biosocial Gambling Screen (BBGS)[12]
  • Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG)[13]
  • South Oaks Gambling Screen (SOGS)[14]


Epidemiologie

Für Deutschland existieren derzeit sieben repräsentative Studien zum Anteil der pathologischen und problematischen Glücksspieler. Der in in den Studien ermittelte Anteil pathologischer Spieler rangiert zwischen 0,2 und 0,56 Prozent. Das entspricht 103.000 bis 290.000 Betroffenen. Der Anteil der Personen mit einem problematischen Spielverhalten beträgt zwischen 0,19 bis 0,64 Prozent, was - ausgedrückt in absoluten Zahlen - 103.000 bis 350.000 Personen entspricht.

Prävalenz problematischen und pathologischen Glückspielens in Deutschland – Übersicht über repräsentative Studien

(Die Prävalenzangaben beziehen sich jeweils auf einen Zeitraum von 12 Monaten.)

Studie Erhebungsjahr Stichprobengröße Instrument Anteil problematischer Spieler (in %) Anteil pathologischer Spieler (in %)
PAGE [15] 2010/11 15.023 DSM-IV 0,35 0,31
BZgA 2012[9] 2011 10.002 SOGS 0,51 0,49
BZgA 2010[16] 2009 10.000 SOGS 0,64 0,45
Sassen et al. 2009[17] 2009 8.006 DSM-IV 0,19 0,27
BZgA 2008[18] 2007 10.001 SOGS 0,41 0,19
Buth & Stöver 2008[19] 2006 7.981 DSM-IV 0,64 0,56
Bühringer, Kraus et al. 2007[20] 2006 7.817 DSM-IV-TR 0,29 0,20

Pathologisches und problematisches Spielverhalten nach Spielform

Kritik

Obwohl es sich bei den hier zitierten Studien um repräsentative Studien handelt, ist die absolute Zahl der erreichten Personen mit einem pathologischen Spielverhalten relativ klein. Die in den epidemiologischen Studien angegeben Fallzahlen bewegen sich zwischen 14 (Bühringer et.al. 2007) und knapp 50 pathologischen Spielern (BZgA,2010 47 und Buth & Stöver, 2009 45 pathologische Spieler). Vor allem in von der Automatenindustrie finanzierten Studien wird darauf hingewiesen, dass „Auf Grund dieser Fallzahlen [...] sich nicht auf die Bedeutung einzelner Glücksspielformen für das pathologische Spielverhalten schließen [lässt]. Dafür sind die jeweiligen Stichproben viel zu klein“.[21] (zitiert nach[22])

Regulation

In Bezug auf den Glücksspielmarkt lassen sich drei regulatorische Perspektiven benennen:

  • Laizzes-faire Ansatz: Hier findet keine Regulation durch staatliche Organe statt und es wird voll auf den sich selbst-regulierenden Markt gesetzt.
  • Prohibitiver Ansatz: Glücksspiel gilt als moralisches Übel, das es zu bekämpfen und zu verbieten gilt.
  • pragmatischer Ansatz: Der Annahme folgend, dass Glücksspiel historisch und kulturell verankert und somit fester gesellschaftlicher Bestandteil sei, dient die Regulation der Abwehr unerwünschter Folgeerscheinungen des Glücksspiels wie etwa Kriminalität oder Abhängigkeitserkrankungen.

Marktregulatorische Perspektiven

Innerhalb des oben erwähnten Pragmatischen Ansatzes" lassen sich drei marktregulatorische Perspektiven ausmachen:

  • Monopol:
  • Konzession:
  • Wettbewerb:

Glücksspielrecht in Deutschland

Grundlagen

Verschiedenen gesetzliche Vorschriften regeln die Ausgestaltung der legalen Glücksspielangebote in Deutschland.

  • Glücksspielstaatsvertrag (regelt Lotterien, Sportwetten und Spielcasinos)
  • Ausführungsgesetze der Länder zum Glücksspielstaatsvertrag (in Ergänzung zum Glücksspielstaatsvertrag regeln die Ausführungsgesetze der 16 Bundesländer landesspezifische Bestimmungen z.B. hinsichtlich der Einsatz- und Gewinnhöhe von Rubbellosen oder die Zulässigkeit bestimmter Lotterieformen (Quckie)
  • Spielbankengesetze der Länder (anders als beispielsweise die Lotterien unterliegen die Spielbanken in den einzelnen Bundesländern einem unterschiedlichen Regulierungsgrad, der von staatlichen Spielbanken (Bayern) über Spielbanken unter staatlicher Aufsicht (Baden-Württemberg) bis hin zu Spielbanken in privatem Besitz (Sachsen-Anhalt) reicht.
  • Rennwett- und Lotteriegesetz des Bundes von 1922 regelt Pferdewetten und die Besteuerung von Wetten und Lotterien.
  • Gewerbeordnung des Bundes (Abgrenzung Glücksspiel und gewerbliches Spiel)
  • Umsatzsteuer bei gewerblichen Geldspielgeräten
  • Vergnügungssteuer der Kommunen bei gewerblichen Geldspielgeräten

Kritik

  1. Unvereinbarkeit mit EU-Recht

Derzeit (2015) laufen in Deutschland 20 Klagen von privaten Sportwettenanbietern. Rückenwind erhalten sie von der EU-Kommission, die zur Zeit in einem Pilotverfahren dem Verdacht auf Verstöße gegen die Regeln des EU-Binnenmarkts nachgeht.

  1. Unvereinbarkeit mit deutschem Verfassungsrecht

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hält (wie das VG Wiesbaden) Teile des Glücksspiel-Staatsvertrags für verfassungswidrig. Insbesondere wird die Limitierung der Sportwettenkonzessionen auf 20 Stück und die Existenz des Glücksspielkollegiums in Frage gestellt (2015)

  1. Wirtschaftlicher Schaden

Die Beschränkung auf 20 Lizenzen drängt über 100 Anbieter in die Illegalität. "In Deutschland offerieren mehr als 130 Anbieter ihre Wetten - meist illegal. 39 von ihnen uzahl allerdings freiwllig Steuern in Deutschland, als Zeichen an die Politik, dass sie an einer einvernehmichen Lösung mit einer marktfähigen Regulierung interessiert sind" Ashelm 2015). Dennoch entgehen dem deutschen Fiskus um die 230 Mio. € im Jahr an Steuern.


Reformbestrebungen

Im Oktober 2015 startete das Land Hessen eine Initiative zur Abschaffung des Glücksspielkollegiums und dessen Ersetzung durch eine Aufsichtsbehörde ähnlich der Bafin.

Umsätze der Glücksspielanbieter und Einnahmen des Staates

Umsätze auf dem Glücksspiel-Markt (in Mio. €)[23]

1982 1992 2002 2008 2009 2010
Gesamt - - 27.359 31.493 31.771,8 31.509,9 (-0,8%)
davon entfallen
auf Spielbanken 3.426 6.854 10.900 8.030 6.862 6.187 (-9,8%)
auf Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit - - 5.710 14.720 16.160 17.210 (+6,5%)
auf den Deutschen Lotto- und Toto-Block 3.239 5.788 8.311 6.792 7.002,6 6.500 (-7,2%)

in Klammern: Veränderungen gegenüber Vorjahr in % Quelle: Archiv- und Informationsstelle der deutschen Lotto- und Toto-Unternehmen Institut für Wirtschaftsforschung, Meyer: eigene Erhebung, 2012

Anteile am Gesamtumsatz der Glücksspiel-Anbieter in 2010[23]

2002 2004 2005 2008 2009 2010
Spielbanken 40,2% 38,4% 39,7% 32,3% 28,6% 19,6%
Geldspielautomaten 20,3% 21,3% 20,6% 32,6% 34,9% 54,7%
Lotto- und Totoblock 30,6% 30,8% 39,2% 27,3% 29,2% 20,6%
Klassenlotterien 4,9% 5,1% 5,1% 3,2% 2,4% 1,5%
Fernsehlotterien 1,6% 2,0% 2,2% 2,5% 2,6% 1,9%
Prämien- und Gewinnsparen 1,6% 1,9% 1,8% 1,9% 2,0% 1,5%
Pferderennen 0,9% 0,5% 0,5% 0,3% 0,3% 0,2%

Quelle: Meyer, 2012

Einnahmen des Staates aus Vergnügungs, Umsatz2)- und Gewerbesteuerzahlung der Unterhaltungsautomatenwirtschaft[23]

2003 2005 2007 2008 2009 2010
696 Mio. € 250 Mio. € 1.25 Mrd. € 1.25 Mrd. € 1.2 Mrd. € 1.5 Mrd. €1)

1) davon Vergnügungssteuer: 376 Mio. € 2) Umsatzsteuern sind erst nach dem Inkrafttreten des "Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltung" ab 5. Mai 2006 zu entrichten. Quelle: Verband der Deutschen Automatenindustrie, s. Meyer, 2012

Einnahmen der Bundesländer 2010 aus Glücksspiel gemäß IWD[24]

Bundesland Einnahmen in Mio Euro
Nordrhein-Westfalen 725
Bayern 469
Baden-Württemberg 422
Niedersachsen 313
Rheinland-Pfalz 280
Hessen 274
Hamburg 152
Schleswig-Holstein 136
Berlin 131
Sachsen 119
Brandenburg 79
Sachsen-Anhalt 56
Mecklenburg-Vorpommern 42
Thüringen 40
Saarland 33
Bremen 27
Insgesamt 3.331

Illegales Glücksspiel

Das Strafgesetzbuch stellt das Veranstalten oder auch die Teilnahme an illegalem Glücksspiel unter Strafe:

§ 284 StGB Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels
(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden. (3) Wer in den Fällen des Absatzes 1 1. gewerbsmäßig oder 2. als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.[25]
§ 285 StGB Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel
Wer sich an einem öffentlichen Glücksspiel (§ 284) beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.[26]


Wissenschaftliche Zeitschriften und Datenbanken

Institutionen/ Fachgesellschaften

Weblinks und Literatur

  • Ashelm, Michael (2015) Hessen will staatliches Glücksspiel-Monopol beenden, in: FAZ 08.10.2015:26
  • Ashelm, Michael (2015a) Die große Farce, in: FAZ 08.10.2015:26
(Private Anbieter) "werden mit dem Argument des Suchtschutzes von denjenigen gezielt ausgebremst, die seit Jahren eigentlich nur ihre Pfründe und das staatliche Glücksspielmonopol mit fast allen Mitteln verteidigen. Hier geht es vor allem um alte Seilschaften zwischen staatlichen Lottogesellschaften und Landespolitikern, vom kleinen Saarland bis zum großen Nordrhein-Westfalen. Der Vorstoß der federführenden hessischen Landesregierung zur Auflösung dieses unmöglichen Zustandes und zur Öffnung des Marktes ist deshalb ein richtiger Schritt - auch aus Wettbewerbssicht."

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV)
  2. Erster Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - GlüÄndStV
  3. Downes, D., Davies, B. P., David, M. E., & Stone, P. (2006). Gambling as a Sociological Problem. In J. F. Cosgrave (Ed.), The sociology of risk and gambling reader (pp. 101-119). New York, Abingdon: Routledge.
  4. Huizinga, J. (2011). Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel (22. Auflage ed.). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S.57.
  5. Huizinga, J. (2011). Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel (22. Auflage ed.). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S.22.
  6. Caillois, R. (2001). Man, Play and Games. Urbana and Chicago: University of Illinois Press.
  7. Gewerbeordnung
  8. Spielverordnung
  9. 9,0 9,1 9,2 BZgA (2012): Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2007, 2009 und 2011. Ergebnisse aus drei repräsentativen Bevölkerungsbefragungen
  10. http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2006/index.htm
  11. Erbas, B., & Buchner, U. G. (2012). Pathologisches Glücksspielen: Prävalenz, Komorbidität, Diagnose und Hilfsangebote in Deutschland. Deutsches Ärteblatt, 109(10). doi:10.3238/arztebl.2012.00173
  12. Gebauer L, LaBrie RA, Shaffer HJ: Optimizing DSM-IV classification accuracy: A brief bio-social screen for gambling disorders among the general household population. Can J Psychiatry 2010; 55: 82–90.
  13. Petry J: Psychotherapie der Glücksspielsucht. Weinheim: Psychologie Verlags Union 1996.
  14. Lesieur HR, Blume S: The South Oaks Gambling Screen (SOGS): A new instrument for the identification of pathological gamblers. Am J Psychiatry 1987; 144: 1184–8.
  15. Meyer C., Rumpf H.J., Kreuzer A., et al.: Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie (PAGE): Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung. Endbericht 2011.
  16. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten in Deutschland 2007 und 2009, Ergebnisbericht 2010.
  17. Sassen M., Kraus L., Bühringer G., Pabst A., Piontek D., Taqi Z.: Gambling among adults in Germany: Prevalence, disorder and risk factors, in: Sucht 57, 2011, S. 249‐257
  18. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und problematisches Glücksspielen in Deutschland 2007, Ergebnisbericht 2008.
  19. Buth, S., H. Stöver, Glücksspielteilnahme und Glücksspielprobleme in Deutschland: Ergebnisse einer bundesweiten Repräsentativbefragung, in: Suchttherapie 2008, S. 3‐11.
  20. Bühringer G., Kraus L., Sonntag D., Pfeiffer-Gerschel T., Steiner S.: Pathologisches Glücksspiel in Deutschland: Spiel- und Bevölkerungsrisiken. Sucht 2007; 53: 296–308.
  21. Becker, T. (2011): Soziale Kosten des Glücksspiels. Gutachten für den Bundesverband privater Spielbanken (BupriS), Stuttgart, S. 73.
  22. Peren, F. W. & Clement, R. (2011). Pathologie-Potenziale von Glücksspielprodukten: Eine komparative Bewertung von in Deutschland angebotenen Spielformen. Wirtschaftswissenschaftliches Kurzgutachten ausgearbeitet für die AWI Automaten-Wirtschaftsverbände-Info GmbH. Berlin. S. 14
  23. 23,0 23,1 23,2 DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
  24. Institut der deutschen Wirtschaft
  25. http://dejure.org/gesetze/StGB/284.html
  26. http://dejure.org/gesetze/StGB/285.html