Gezielte Tötung: Unterschied zwischen den Versionen

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==Begriff==
==Begriff==
Eingeführt wurde der - vor allem im Zusammenhang mit dem "War on Terror" benutzte - Begriff zur Bezeichnung der "Israeli policy of intentionally killing individuals who are on their way to commit a terrorist attack or those who are behind such attacks" (David 2002). Er klingt neutraler als "targeted assassination" und präjudiziert insbesondere kein Urteil über die Rechtmäßigkeit oder Moralität der Taktik. Das unterscheidet den Begriff auch von dem Terminus "extrajudicial killing".  
Eingeführt wurde er zur Bezeichnung der "Israeli policy of intentionally killing individuals who are on their way to commit a terrorist attack or those who are behind such attacks" (David 2002).
 
Der Begriff der gezielten Tötung ist bewußt wertneutral gewählt und soll eine Alternative darstellen zu wertenden Begriffen wie "assassination policy" und "extrajudicial killing". Anders als letztere präjudiziert der Begriff kein Urteil über die Rechtmäßigkeit oder Moralität dieser Taktik. Das begünstigt die Diskussion über die Frage, ob diese Taktik unter bestimmten Voraussetzungen rechtmäßig ist oder durch entsprechende legislative Akte legalisiert werden kann oder soll.
 
===Entstehung===
 
 
 
 
===Abgrenzung zur Hinrichtung===
 
Der Begriff bezeichnet eine hinrichtungsartige Tötung durch staatliche Stellen, die sich von einer Hinrichtung in Ausführung einer Todesstrafe jedoch in manchem unterscheidet.
Hinrichtungen sind Strafen für begangene Taten, sind also repressiv. Gezielte Tötungen sind Liquidierungen zur Verhinderung künftiger Taten, sind also präventiv.
Hinrichtungen vollziehen ein gerichtliches Urteil und sind Teil der rechtsprechenden Gewalt. Gezielte Tötungen vollziehen eine ohne Einschaltung der Justiz zustande gekommene Entscheidung der Exekutive, d.h. der Regierung. Unmittelbar ausgeführt werden Hinrichtungen von Henkern an dafür vorgesehenen Hinrichtungsstätten (z.B. innerhalb von Gefängnisgebäuden), gezielte Tötungen hingegen von Angehörigen der Polizei, des Militärs und/oder der Geheimdienste im Umfeld des Betroffenen (im Wohnhaus, im Straßenverkehr). Diese Vorgehensweise bringt es mit sich, dass nicht nur die Zielperson getötet wird, sondern häufig auch weitere Personen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Hinrichtungen werden gegenüber "gewöhnlichen" und gegenüber "politischen" Tätern durchgeführt, gezielte Tötungen hingegen gelten als Mittel gegen "Terroristen". , um dieser Taktik nicht von vornherein einen Beigeschmack der Illegitimität zu verleihen (wie z.B. bei "targeted assassination"). Vornehmlich im Zusammenhang mit dem "War on Terror" werden Praxis und Begriff der gezielten Tötung auch außerhalb der israelischen Politik benutzt. Sowohl Israel als auch die USA praktizieren gezielte Tötungen auch außerhalb ihres eigenen Staatsgebiets. All dies macht sie in rechtlicher, politischer und moralischer Hinsicht umstritten.
 
 


Der wertneutrale Begriff begünstigt die Diskussion über die Frage, ob diese Taktik unter bestimmten Voraussetzungen rechtmäßig ist oder durch entsprechende legislative Akte legalisiert werden kann oder soll.


==Geschichte==
==Geschichte==
Der Einsatz von Scharfschützen, um einzelne Feinde gezielt zu töten, ist sehr viel älter als der sicherheitspolitische Begriff der "gezielten Tötung". Der Begriff der gezielten Tötung hängt zusammen mit der Tatsache, dass die israelische Armee (IDF) als Reaktion auf die sog. zweite Intifada im Jahre 2000 begann, Scharfschützen für diese nunmehr systematisch angewandte Anti-Terror-Taktik auszubilden und einzusetzen.  
Der Einsatz von Scharfschützen, um einzelne Feinde gezielt zu töten, ist sehr viel älter als der sicherheitspolitische Begriff der "gezielten Tötung". Der Begriff der gezielten Tötung hängt zusammen mit der Tatsache, dass die israelische Armee (IDF) als Reaktion auf die sog. zweite Intifada im Jahre 2000 begann, Scharfschützen für diese nunmehr systematisch angewandte Anti-Terror-Taktik auszubilden und einzusetzen.  
==Erscheinungsformen==
Zu den Staaten, die sich explizit der Taktik der gezielten Tötung im Anti-Terror-Kampf bedienen, gehören Israel und die USA.
==Häufigkeit==


==Effektivität==
==Effektivität==
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Dazwischen befindet sich eine juristisch-politische Kampfzone, in der die juristische Bewertung umstritten ist.
Dazwischen befindet sich eine juristisch-politische Kampfzone, in der die juristische Bewertung umstritten ist.


==Erziehung zum Töten==
==Ausbildung==


Der Militärpsychologe David Grossman (1995; 1999) - Erfinder des Begriffs "Killologie" (als Bezeichnung für die wissenschaftliche Erforschung des destruktiven Akts, bzw. für die Lehre von der Erziehung zum Töten in Militär und Gesellschaft) - geht davon aus, dass Menschen einen biologisch machtvollen Widerstand gegen den Akt des Tötens besitzen. Wenn Soldaten nicht speziell geschult würden, dann würden sie - wie im Zweiten Weltkrieg geschehen - selbst im Ernstfall nur in 10 bis 15 Prozent der Fälle auf einen gut sichtbar exponierten Feind schießen. Auch aufgrund dieser Erfahrung habe man in den USA vier effektive Mechanismen entwickelt, um das Töten zu trainieren:
Der Militärpsychologe David Grossman (1995; 1999) - Erfinder des Begriffs "Killologie" (als Bezeichnung für die wissenschaftliche Erforschung des destruktiven Akts, bzw. für die Lehre von der Erziehung zum Töten in Militär und Gesellschaft) - geht davon aus, dass Menschen einen biologisch machtvollen Widerstand gegen den Akt des Tötens besitzen. Wenn Soldaten nicht speziell geschult würden, dann würden sie - wie im Zweiten Weltkrieg geschehen - selbst im Ernstfall nur in 10 bis 15 Prozent der Fälle auf einen gut sichtbar exponierten Feind schießen. Auch aufgrund dieser Erfahrung habe man in den USA vier effektive Mechanismen entwickelt, um das Töten zu trainieren:
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==Psychische Belastungen der Akteure==
==Psychische Belastungen==
Die psychische Belastung der Scharfschützen und sonstigen Akteure, die mit gezielten Tötungen beauftragt wurden und diese - in manchen Fällen dutzendfach - ausführten, scheint sich in engen Grenzen zu halten. Post-traumatische Belastungssymptome sind ebenso selten wie das Leiden unter starken Schuldgefühlen.
Die psychische Belastung der Scharfschützen und sonstigen Akteure, die mit gezielten Tötungen beauftragt wurden und diese - in manchen Fällen dutzendfach - ausführten, scheint sich in engen Grenzen zu halten. Post-traumatische Belastungssymptome sind ebenso selten wie das Leiden unter starken Schuldgefühlen.
==Abgrenzung zur Hinrichtung==
Der Begriff bezeichnet eine hinrichtungsartige Tötung durch staatliche Stellen, die sich von einer Hinrichtung in Ausführung einer Todesstrafe jedoch in manchem unterscheidet.
Hinrichtungen sind Strafen für begangene Taten, sind also repressiv. Gezielte Tötungen sind Liquidierungen zur Verhinderung künftiger Taten, sind also präventiv.
Hinrichtungen vollziehen ein gerichtliches Urteil und sind Teil der rechtsprechenden Gewalt. Gezielte Tötungen vollziehen eine ohne Einschaltung der Justiz zustande gekommene Entscheidung der Exekutive, d.h. der Regierung. Unmittelbar ausgeführt werden Hinrichtungen von Henkern an dafür vorgesehenen Hinrichtungsstätten (z.B. innerhalb von Gefängnisgebäuden), gezielte Tötungen hingegen von Angehörigen der Polizei, des Militärs und/oder der Geheimdienste im Umfeld des Betroffenen (im Wohnhaus, im Straßenverkehr). Diese Vorgehensweise bringt es mit sich, dass nicht nur die Zielperson getötet wird, sondern häufig auch weitere Personen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Hinrichtungen werden gegenüber "gewöhnlichen" und gegenüber "politischen" Tätern durchgeführt, gezielte Tötungen hingegen gelten als Mittel gegen "Terroristen". , um dieser Taktik nicht von vornherein einen Beigeschmack der Illegitimität zu verleihen (wie z.B. bei "targeted assassination"). Vornehmlich im Zusammenhang mit dem "War on Terror" werden Praxis und Begriff der gezielten Tötung auch außerhalb der israelischen Politik benutzt. Sowohl Israel als auch die USA praktizieren gezielte Tötungen auch außerhalb ihres eigenen Staatsgebiets. All dies macht sie in rechtlicher, politischer und moralischer Hinsicht umstritten.


== Einzelfälle ==
== Einzelfälle ==
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