Fritz Sack: Unterschied zwischen den Versionen

2 Bytes hinzugefügt ,  18:08, 7. Mär. 2011
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 42: Zeile 42:
1974 folgt Fritz Sack dem Ruf an die Rechtsfakultät der Universität Hannover. Der Lehrstuhl „Kriminologie" wird auf Bestreben Sacks hin umbenannt in Professur für „Deviantes Verhalten und Soziale Kontrolle". Sack wird ein Jahr später Dekan der Fakultät.
1974 folgt Fritz Sack dem Ruf an die Rechtsfakultät der Universität Hannover. Der Lehrstuhl „Kriminologie" wird auf Bestreben Sacks hin umbenannt in Professur für „Deviantes Verhalten und Soziale Kontrolle". Sack wird ein Jahr später Dekan der Fakultät.


In Hannover fand Sack zunächst wieder zu dem von König vermittelten französischen Einfluss zurück und engagierte sich u.a. bei der Zeitschrift [[Déviance et Société]]. Er erkannte, dass der von Émile Durkheim auf den Ursprung zurück führende soziologische Zugriff auf die Kriminaltität in der deutschen Diskussion vernachlässigt wurde und greift die Tradition in seiner Lehre wieder auf.
In Hannover fand Sack zunächst wieder zu dem von König vermittelten französischen Einfluss zurück und engagierte sich u. a. bei der Zeitschrift [[Déviance et Société]]. Er erkannte, dass der von Émile Durkheim auf den Ursprung zurück führende soziologische Zugriff auf die Kriminalitität in der deutschen Diskussion vernachlässigt wurde und greift die Tradition in seiner Lehre wieder auf.
In der Aufarbeitung der Geschehnisse im Verlauf des [http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Herbst Deutschen Herbst] übernahm Fritz Sack 1978 die Leitung eines Projekts zur Erforschung der Ursachen des Terrorismus im Auftrag des Bundesministers des Innern. Einem Ruf auf den Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie an die Universität Bielefeld im gleichen Jahr folgt Sack nicht.  
In der Aufarbeitung der Geschehnisse im Verlauf des [http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Herbst Deutschen Herbst] übernahm Fritz Sack 1978 die Leitung eines Projekts zur Erforschung der Ursachen des Terrorismus im Auftrag des Bundesministers des Innern. Einem Ruf auf den Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie an die Universität Bielefeld im gleichen Jahr folgt Sack nicht.  


Zeile 48: Zeile 48:




1984 nahm Fritz Sack den Ruf auf den Lehrstuhl für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg an, wobei dieser Teil dem Fachbereich II in der reformierten einstufigen Juristenausbildung angehörte. Dieser Lehrstuhl Kriminologie war der erste und einzige auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Fritz Sack führte die Arbeit von [[Lieselotte Pongratz]] fort und gründete den Aufbaustudiengang Kriminologie als zweijähriges Postgraduierten Studium. Fritz Sack emiritierte 1996.  
1984 nahm Fritz Sack den Ruf auf den Lehrstuhl für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg an, wobei dieser Teil dem Fachbereich II in der reformierten einstufigen Juristenausbildung angehörte. Dieser Lehrstuhl Kriminologie war der erste und einzige auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Fritz Sack führte die Arbeit von [[Lieselotte Pongratz]] fort und gründete den Aufbaustudiengang Kriminologie als zweijähriges Postgraduierten Studium. Fritz Sack emeritierte 1996.  




Zeile 71: Zeile 71:
   
   


Die Arbeit von Fritz Sack ist geprägt davon, die herrschende Meinung in Frage zu stellen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Wo die Meinung eine Position der Herrschenden einnimmt und zu Repression und Ausgrenzung führt, bleibt Fritz Sack ein akribischer Arbeiter, der keine Scheu kennt gegen die Mehrheit zu argumentieren, wobei er durchaus politisch motiviert agiert. Er zeichnet sich durch eine "kritische Distanz und intellektuelle Unzufriedenheit mit dem Status Quo" (Kreissl 2001: 3) aus. Unermüdlich weist Sack in den Jahren seines Schaffens die „Medikalisierung der Abweichung“ als alternatives Subsystem zum Strafrecht innerhalb der Sozialkontrolle nach (Sack 1972a). Sack formuliert, dass der Täter als solcher „das Endprodukt eines komplexen sozialen Geschehens“ ist, „um dessen Analyse der Kriminologe zu allererst bemüht sein muss“ (Sack 1972a). Diese Ansicht und Herangehensweise zieht sich wie ein roter Faden durch alle Werke und kennzeichnet bereits 1969 den „Kernpunkt der Kritik an der bisherigen Kriminologie“. Aufbauend auf „Überwachen und Strafen“ <ref>Überwachen und Strafen Frankfurt am Main 1977. (fr. Ausgabe Surveiller et punir– la naissance de la prison, Paris 1975)</ref> von [[Michel Foucault]] postulierte Sack einen radikalen Paradigmenwechsel in der Kriminologie. Dabei scheute sich Sack auch nicht, gelegentlich Wegbegleitern vor den Kopf zu stossen und auf Konfrontationskurs zur „korrumpierende Nähe der Kriminologie zum Strafrecht“ (Sack 1978: 385) zu gehen.  
Die Arbeit von Fritz Sack ist geprägt davon, die herrschende Meinung in Frage zu stellen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Wo die Meinung eine Position der Herrschenden einnimmt und zu Repression und Ausgrenzung führt, bleibt Fritz Sack ein akribischer Arbeiter, der keine Scheu kennt gegen die Mehrheit zu argumentieren, wobei er durchaus politisch motiviert agiert. Er zeichnet sich durch eine "kritische Distanz und intellektuelle Unzufriedenheit mit dem Status Quo" (Kreissl 2001: 3) aus. Unermüdlich weist Sack in den Jahren seines Schaffens die „Medikalisierung der Abweichung“ als alternatives Subsystem zum Strafrecht innerhalb der Sozialkontrolle nach (Sack 1972a). Sack formuliert, dass der Täter als solcher „das Endprodukt eines komplexen sozialen Geschehens“ ist, „um dessen Analyse der Kriminologe zu allererst bemüht sein muss“ (Sack 1972a). Diese Ansicht und Herangehensweise zieht sich wie ein roter Faden durch alle Werke und kennzeichnet bereits 1969 den „Kernpunkt der Kritik an der bisherigen Kriminologie“. Aufbauend auf „Überwachen und Strafen“ <ref>Überwachen und Strafen Frankfurt am Main 1977. (fr. Ausgabe Surveiller et punir– la naissance de la prison, Paris 1975)</ref> von [[Michel Foucault]] postulierte Sack einen radikalen Paradigmenwechsel in der Kriminologie. Dabei scheute sich Sack auch nicht, gelegentlich Wegbegleitern vor den Kopf zu stoßen und auf Konfrontationskurs zur „korrumpierende Nähe der Kriminologie zum Strafrecht“ (Sack 1978: 385) zu gehen.  


Leitmotiv seines Denkens und intellektuellen Handelns ist dabei ein „tiefsitzendes Misstrauen gegen kanonisierte und konsentierte Positionen“ (Kaiser 1996: 183) und wird dadurch zur Inspiration für einen kleinen Kreis von Kriminologen. Während sich Anfang der 1980er Jahre abzeichnet, dass die wissenschaftliche Erkenntnisse sich von der tatsächlichen Kriminalpolitik trennen, erkennt Fritz Sack bereits früh die Morgendämmerung der [[Punitivität]].
Leitmotiv seines Denkens und intellektuellen Handelns ist dabei ein „tiefsitzendes Misstrauen gegen kanonisierte und konsentierte Positionen“ (Kaiser 1996: 183) und wird dadurch zur Inspiration für einen kleinen Kreis von Kriminologen. Während sich Anfang der 1980er Jahre abzeichnet, dass die wissenschaftliche Erkenntnisse sich von der tatsächlichen Kriminalpolitik trennen, erkennt Fritz Sack bereits früh die Morgendämmerung der [[Punitivität]].
122

Bearbeitungen