Franz Exner: Unterschied zwischen den Versionen

608 Bytes hinzugefügt ,  20:10, 18. Feb. 2009
→‎Überblick: Versuch einer Neuformulierung, Makro- und Mikroebene?
K (Formulierungsnuancen)
(→‎Überblick: Versuch einer Neuformulierung, Makro- und Mikroebene?)
Zeile 24: Zeile 24:
Exner setzte sich für eine Fortführung der von Franz von Liszt und Carl Stooß inspirierten Bemühungen um eine [[Strafrechtsreform]] ein. Im Gegensatz zu von Liszt, der eine „präventive Schutzstrafe“ – und somit ein einspuriges Kriminalstrafsystem – propagierte, schlug Exner jedoch - hierbei an Ideen von Carl Stooß anknüpfend - eine Zweispurigkeit des Kriminaljustizsystems vor: Dem System der repressiven, [[Generalprävention|generalpräventiv]] orientierten Strafen sei ein eigenständiges System von [[Spezialprävemtion|spezialpräventiven]] „Sicherungsmitteln“ gegenüberzustellen.[6] Insoweit war Exner ein Vordenker des heute geltenden Strafrechts, das auf eben dieser Unterscheidung zwischen „Strafen“ und „Maßnahmen“ (von Exner als „Sicherungsmittel“ bezeichnet) aufbaut.
Exner setzte sich für eine Fortführung der von Franz von Liszt und Carl Stooß inspirierten Bemühungen um eine [[Strafrechtsreform]] ein. Im Gegensatz zu von Liszt, der eine „präventive Schutzstrafe“ – und somit ein einspuriges Kriminalstrafsystem – propagierte, schlug Exner jedoch - hierbei an Ideen von Carl Stooß anknüpfend - eine Zweispurigkeit des Kriminaljustizsystems vor: Dem System der repressiven, [[Generalprävention|generalpräventiv]] orientierten Strafen sei ein eigenständiges System von [[Spezialprävemtion|spezialpräventiven]] „Sicherungsmitteln“ gegenüberzustellen.[6] Insoweit war Exner ein Vordenker des heute geltenden Strafrechts, das auf eben dieser Unterscheidung zwischen „Strafen“ und „Maßnahmen“ (von Exner als „Sicherungsmittel“ bezeichnet) aufbaut.


Er betonte zumindest während der Weimarer Republik [[Kriminalitätstheorien|die Vorrangigkeit sozialer Ursachen für die Entstehung von Kriminalität]].[9] Später rückten die "Anlagefaktoren" wieder stärker in den Vordergrund, verdrängten Exners Annahme, die Kriminalität werde in vielerlei Hinsicht auch durch soziale Ursachen mitbewirkt, jedoch niemals vollständig.  
Als Kriminologe betrachtete Exner Kriminalität sowohl auf der Makroebene als ein gesamtgesellschaftliches Phänomen (''das Verbrechen im Leben des Volkes'') als auch auf der Mikroebene als Persönlichkeitsäußerung des individuellen Täters.  Die jeweilige Tat betrachtete Exner sodann als ein auf komplexe Weise aus  ''Anlage''- und ''Umweltfaktoren'' resultierendes Produkt: Was aus der "Anlage" eines Menschen werde, hänge einerseits von der ihn umgebenden Umwelt ab, andererseits seien Art und Wirkungsweise der jeweiligen Umwelt auch wiederum als von der "Anlage" beeinflußt zu denken. Hierbei betonte Exner während der Weimarer Republik [[Kriminalitätstheorien|zunächst die Vorrangigkeit sozialer Ursachen für die Entstehung von Kriminalität]].[9] Später rückten die "Anlagefaktoren" deutlich stärker in den Vordergrund, verdrängten Exners Annahme, die Kriminalität werde in vielerlei Hinsicht auch durch soziale Ursachen mitbewirkt, jedoch niemals vollständig.  


Die deutschsprachige Kriminologie und Strafrechtswissenschaft rezipierte Exner bis in die siebziger Jahre hinein zunächst positiv. Neben seinen Abhandlungen und seinen internationalen Aktivitäten war es vor allem sein Lehrbuch (1. und 2. Auflage von 1939/1944: „Kriminalbiologie“; 3. Auflage 1949: „Kriminologie“), das ihm den Tübinger Professoren Karl Peters (Strafrechtler) und [[Hans Göppinger]] (Kriminologe) zufolge eine herausgehobene Stellung innerhalb der deutschen Kriminologie sicherte.[7] Dies änderte sich, als die Kriminologie sich seit den achtziger Jahren verstärkt um eine Aufarbeitung ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit bemühte. Autoren wie Franz Streng und Ina Pfennig lasen Exners Texte nunmehr verstärkt unter dieser Prämisse. Hiebei "entdeckten" sie viel kriminalbiologisch-rassistisches Gedankengut und stellten Exner - wenn auch etwas wohlwollender - im wesentlichen dem nationalsozialistisch-kriminologischen "Chefideologen" (Klaus Rehbein) Edmund Mezger zur Seite. Seit Richard Wetzells Würdigung vor allem der kriminal''soziologischen'' Beiträge Franz Exners ist teilweise erneut eine wohlwollendere - und auf wissenschaftsgeschichtlich innovative Bestandteile seines Schaffens hinweisende - Bewertung seines Werkes zu konstatieren.
Die deutschsprachige Kriminologie und Strafrechtswissenschaft rezipierte Exner bis in die siebziger Jahre hinein zunächst positiv. Neben seinen Abhandlungen und seinen internationalen Aktivitäten war es vor allem sein Lehrbuch (1. und 2. Auflage von 1939/1944: „Kriminalbiologie“; 3. Auflage 1949: „Kriminologie“), das ihm den Tübinger Professoren Karl Peters (Strafrechtler) und [[Hans Göppinger]] (Kriminologe) zufolge eine herausgehobene Stellung innerhalb der deutschen Kriminologie sicherte.[7] Dies änderte sich, als die Kriminologie sich seit den achtziger Jahren verstärkt um eine Aufarbeitung ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit bemühte. Autoren wie Franz Streng und Ina Pfennig lasen Exners Texte nunmehr verstärkt unter dieser Prämisse. Hiebei "entdeckten" sie viel kriminalbiologisch-rassistisches Gedankengut und stellten Exner - wenn auch etwas wohlwollender - im wesentlichen dem nationalsozialistisch-kriminologischen "Chefideologen" (Klaus Rehbein) Edmund Mezger zur Seite. Seit Richard Wetzells Würdigung vor allem der kriminal''soziologischen'' Beiträge Franz Exners ist teilweise erneut eine wohlwollendere - und auf wissenschaftsgeschichtlich innovative Bestandteile seines Schaffens hinweisende - Bewertung seines Werkes zu konstatieren.
1.480

Bearbeitungen