Franz Exner: Unterschied zwischen den Versionen

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Exner fasste den Begriff der „Kriminalsoziologie“ − wie er ihn in seinem Artikel ''Kriminalsoziologie'' (1932/33) definierte – für die damalige Zeit überraschend weit.[10] Er stellte der „Kriminalsoziologie im engeren Sinne“ eine „Kriminalsoziologie im weiteren Sinne“ gegenüber:
Exner fasste den Begriff der „Kriminalsoziologie“ − wie er ihn in seinem Artikel ''Kriminalsoziologie'' (1932/33) definierte – für die damalige Zeit überraschend weit.[10] Er stellte der „Kriminalsoziologie im engeren Sinne“ eine „Kriminalsoziologie im weiteren Sinne“ gegenüber:


Bereits Exners Definition der „Kriminalsoziologie im engeren Sinne“ kann für die damalige Zeit als durchaus innovativ angesehen werden: Er betrachtete die Kriminalsoziologie als eine wertfreie Tatsachenwissenschaft. Ihre Aufgabe sei es, das Verbrechen als eine gesellschaftliche Erscheinung zu beschreiben und in seiner  gesellschaflichen Bedingtheit zu erklären. [11] Diese Herangehensweise entsprach zwar dem Paradigma einer [[Ätiologie|ätiologischen]] (verursachungsgemäßen) Kriminologie. Vor Franz Exner hatte jedoch noch kein deutschsprachiger Kriminologe eine ähnliche, sich rein auf die gesellschaftlichen Ursachen der Kriminalität beziehende Definition der Kriminalsoziologie dargelegt. Franz von Liszt beispielsweise, der das Verbrechen ebenfalls bereits als eine "gesellschaftliche Erscheinung" bezeichnete, hatte unter Kriminalsoziologie noch eine Art Oberdisziplin unter Einschluß der Kriminalanthropologie verstanden. Auch die Wertfreiheit der Disziplin war keineswegs unumstritten. So betrachtete es zeitgleich [[Wilhelm Sauer]] – ebenso wie Franz Exner Strafrechtler und Kriminologe – als die Aufgabe der KS, zu einer Ethisierung des Strafrechts beizutragen; sie sei eine "nicht für, sondern gegen den Verbrecher" eintretende, mithin ausdrücklich nicht wertfreie, Wissenschaft.
Bereits Exners Definition der „Kriminalsoziologie im engeren Sinne“ kann für die damalige Zeit als durchaus innovativ angesehen werden: Er betrachtete die Kriminalsoziologie als eine wertfreie Tatsachenwissenschaft. Ihre Aufgabe sei es, das Verbrechen als eine gesellschaftliche Erscheinung zu beschreiben und in seiner  gesellschaflichen Bedingtheit zu erklären. [11] Diese Herangehensweise entsprach zwar dem Paradigma einer [[Ätiologie|ätiologischen]] (verursachungsgemäßen) Kriminologie. Vor Franz Exner hatte jedoch noch kein deutschsprachiger Kriminologe eine ähnliche, sich rein auf die gesellschaftlichen Ursachen der Kriminalität beziehende Definition der Kriminalsoziologie dargelegt. Franz von Liszt beispielsweise, der das Verbrechen ebenfalls bereits als eine "gesellschaftliche Erscheinung" bezeichnete, hatte unter Kriminalsoziologie noch eine Art Oberdisziplin unter Einschluß der Kriminalanthropologie verstanden.[11a] Auch die Wertfreiheit der Disziplin war keineswegs unumstritten. So betrachtete es zeitgleich [[Wilhelm Sauer]] – ebenso wie Franz Exner Strafrechtler und Kriminologe – als die Aufgabe der KS, zu einer Ethisierung des Strafrechts beizutragen; sie sei eine "nicht für, sondern gegen den Verbrecher" eintretende, mithin ausdrücklich nicht wertfreie, Wissenschaft.[11b]


Endgültig über den von Franz von Liszt gezogenen Rahmen hinaus begab sich Exner sodann mit der „Kriminalsoziologie im weiteren Sinne“. Intendiert war damit eine teilweise Abwendung des kriminalsoziologischen Untersuchungsprogramms vom "Täter" und der "Tat" hin zu einer  Beschäftigung mit den gesellschaftlichen und staatlichen Bezügen des Phänomens Kriminalität. Die Instanzen der sozialen Kontrolle und "die Gesellschaft" sollten gleichberechtigt mit dem Handeln "der Kriminellen" als kriminologische Forschungsobjekte analysiert werden.
Endgültig über den von Franz von Liszt gezogenen Rahmen hinaus begab sich Exner sodann mit der „Kriminalsoziologie im weiteren Sinne“. Intendiert war damit eine teilweise Abwendung des kriminalsoziologischen Untersuchungsprogramms vom "Täter" und der "Tat" hin zu einer  Beschäftigung mit den gesellschaftlichen und staatlichen Bezügen des Phänomens Kriminalität. Die Instanzen der sozialen Kontrolle und "die Gesellschaft" sollten gleichberechtigt mit dem Handeln "der Kriminellen" als kriminologische Forschungsobjekte analysiert werden.
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