Franz Exner: Unterschied zwischen den Versionen

32 Bytes hinzugefügt ,  12:41, 28. Dez. 2008
K (→‎Exner als Kriminalsoziologe: nervige Tippfehler)
Zeile 33: Zeile 33:
Endgültig über den von Franz von Liszt gezogenen Rahmen hinaus begab sich Exner sodann mit der „Kriminalsoziologie im weiteren Sinne“. Diese (Sub-)Disziplin sollte zusätzlich auch die gesellschaftlichen und staatlichen Bezüge des Phänomens Kriminalität untersuchen. Der „Soziologie der Verbrechensverfolgung“ fiel hierbei die Aufgabe einer empirischen Erforschung des Kriminaljustizsystems und der in ihm tätigen Personen (Richter, Staatsanwälte usw.) zu. Seine Studie über die "Strafzumessungspraxis der deutschen Gerichte" (1931) kann in diesem Zusammenhang auch als ein früher Beitrag zur kriminologischen [[Justizforschung]] angesehen werden. Darüber hinaus sollte eine „Soziologie der Verbrechensauffassung“ herausarbeiten, wie die „Gesellschaft“ das Verbrechen definiert und auf kriminelle Handlungen reagiert, um diese Betrachtungsweise der staatlichen Herangehensweise wissenschaftlich gegenüberstellen zu können.[12]
Endgültig über den von Franz von Liszt gezogenen Rahmen hinaus begab sich Exner sodann mit der „Kriminalsoziologie im weiteren Sinne“. Diese (Sub-)Disziplin sollte zusätzlich auch die gesellschaftlichen und staatlichen Bezüge des Phänomens Kriminalität untersuchen. Der „Soziologie der Verbrechensverfolgung“ fiel hierbei die Aufgabe einer empirischen Erforschung des Kriminaljustizsystems und der in ihm tätigen Personen (Richter, Staatsanwälte usw.) zu. Seine Studie über die "Strafzumessungspraxis der deutschen Gerichte" (1931) kann in diesem Zusammenhang auch als ein früher Beitrag zur kriminologischen [[Justizforschung]] angesehen werden. Darüber hinaus sollte eine „Soziologie der Verbrechensauffassung“ herausarbeiten, wie die „Gesellschaft“ das Verbrechen definiert und auf kriminelle Handlungen reagiert, um diese Betrachtungsweise der staatlichen Herangehensweise wissenschaftlich gegenüberstellen zu können.[12]


Indem Exner der Kriminalsoziologie bereits 1931 ein solch weites Forschungsgebiet eröffnete, nahm er wichtige Forderungen der sich im deutschsprachigen Raum erst in den 1960er Jahren formierenden „Kritischen Kriminologie“ und des Labeling Approach vorweg. Richard Wetzell zog daher den Schluss, dass Exner sich bereits damals der „teilweisen sozialen Konstruktion des Phänomens Kriminalität“ bewusst gewesen sein müsse.[13] Dieser Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß Exner auch weiterhin an einer kriminalpolitisch praktischen Anwendung seiner Forschungsergebnisse interessiert blieb. Die Kriminalsoziologie blieb für Exner Zeit seines Lebens eine - wenn auch weitgehend autonome - "Hilfswissenschaft des Strafrechts". Kritische Absichten sind somit auch Exners "weitem Verständnis von Kriminalsoziologie" nicht zu unterstellen.
Indem Exner der Kriminalsoziologie bereits 1931 ein solch weites Forschungsgebiet eröffnete, nahm er wichtige Forderungen der sich im deutschsprachigen Raum erst in den 1960er Jahren formierenden „[[Kritische Kriminologie|Kritischen Kriminologie]]“ und des [[Labelling Approach]] vorweg. Richard Wetzell zog daher den Schluss, dass Exner sich bereits damals der „teilweisen sozialen Konstruktion des Phänomens Kriminalität“ bewusst gewesen sein müsse.[13] Dieser Auffassung ist jedoch entgegenzuhalten, daß Exner auch weiterhin an einer kriminalpolitisch praktischen Anwendung seiner Forschungsergebnisse interessiert blieb. Die Kriminalsoziologie blieb für Exner Zeit seines Lebens eine - wenn auch weitgehend autonome - "Hilfswissenschaft des Strafrechts". Kritische Absichten sind somit auch Exners "weitem Verständnis von Kriminalsoziologie" nicht zu unterstellen.


Während der Herrschaft des Nationalsozialismus griff Exner auf diese weitreichenden Fragestellungen nicht mehr zurück. Die kriminalsoziologischen Kapitel seines 1939 erschienen Hauptwerkes „Kriminalbiologie“ beschränkten sich auf die ätiologischen Fragestellungen der „Kriminalsoziologie im engeren Sinne“. Zudem entdifferenzierte Exner seinen kriminalsoziologischen Ansatz, indem er den Terminus "gesellschaftliche Bedingtheit" fallenließ und durch den schwammigeren Ausdruck "umweltliche Bedingtheit" ersetzte. Sämtliche innovatorischen Komponenten seiner Kriminalsoziologie gingen auf diese Weise wieder verloren.
Während der Herrschaft des Nationalsozialismus griff Exner auf diese weitreichenden Fragestellungen nicht mehr zurück. Die kriminalsoziologischen Kapitel seines 1939 erschienen Hauptwerkes „Kriminalbiologie“ beschränkten sich auf die ätiologischen Fragestellungen der „Kriminalsoziologie im engeren Sinne“. Zudem entdifferenzierte Exner seinen kriminalsoziologischen Ansatz, indem er den Terminus "gesellschaftliche Bedingtheit" fallenließ und durch den schwammigeren Ausdruck "umweltliche Bedingtheit" ersetzte. Sämtliche innovatorischen Komponenten seiner Kriminalsoziologie gingen auf diese Weise wieder verloren.
1.480

Bearbeitungen