Feindstrafrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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<p align="justify">In seinem 1985 erschienen Aufsatz setzt sich Jakobs [http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtstheorie rechtsdogmatisch] mit dem Phänomen des Feindstrafrechts auseinander, indem er die Illegitimität der [[Kriminalisierung]] von Vorfeldverhalten im [http://gesetze-im-internet.de Deutschen Strafgesetzbuch] bestimmt (vgl. Jakobs 1985, S.752) und feststellt, dass dort Bestimmungen feindstrafrechtlicher Natur zu finden sind, welche eine Rechtsmaterie eigener Art bezeichnen und einen [http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsgut Rechtsgüterschutz] optimieren - im Gegenzug zum Bürgerstrafrecht, welches die Freiheitsphären der Bürger des Staates zur Grundlage hat (Jakobs 1985, S. 756). Diese Tendenzen sind dort verortet, wo materielle Vorbereitungen für eine Straftat kriminalisiert werden noch während "das Vorbereitungsverhalten im Privatbereich vollzogen" (Jakobs 1985, S. 756f.) wird.
<p align="justify">In seinem 1985 erschienen Aufsatz setzt sich Jakobs [http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtstheorie rechtsdogmatisch] mit dem Phänomen des Feindstrafrechts auseinander, indem er die Illegitimität der [[Kriminalisierung]] von Vorfeldverhalten im [http://gesetze-im-internet.de Deutschen Strafgesetzbuch] bestimmt (vgl. Jakobs 1985, S.752) und feststellt, dass dort Bestimmungen feindstrafrechtlicher Natur zu finden sind, welche eine Rechtsmaterie eigener Art bezeichnen und einen [http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsgut Rechtsgüterschutz] optimieren - im Gegenzug zum Bürgerstrafrecht, welches die Freiheitsphären der Bürger des Staates zur Grundlage hat (Jakobs 1985, S. 756). Diese Tendenzen sind dort verortet, wo materielle Vorbereitungen für eine Straftat kriminalisiert werden noch während "das Vorbereitungsverhalten im Privatbereich vollzogen" (Jakobs 1985, S. 756f.) wird.<br>


Dies ist in einem freiheitlichen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland mit seinem [http://gesetze-im-internet.de Grundgesetz] dem Sinn nach nicht legitimierbar, exisitiert aber in der Praxis und ''verschleiert'' den Übertritt über die Grenzen eines freiheitlichen Staates (vgl. Jakobs 1985, S. 784). Damit birgt es die Gefahr, dass wenn der Rechtsgüterschutz weitere Optimierung im StGB erfährt, der Täter zunehmend als Feind und mit abnehmenden Internbereich bzw. Privatheit definiert wird (vgl. Jakobs 1985, S. 751 und 784). Er argumentiert weiter, dass ''auf diesem Weg [...] alles Strafrecht zum Feindstrafrecht'' wird, bis hin, dass vor einer Kriminalisierung von Gedanken kein Halt gemacht werden müsste (Jakobs 1985, S. 757 und 778).
Dies ist in einem freiheitlichen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland mit seinem [http://gesetze-im-internet.de Grundgesetz] dem Sinn nach nicht legitimierbar, exisitiert aber in der Praxis und ''verschleiert'' den Übertritt über die Grenzen eines freiheitlichen Staates (vgl. Jakobs 1985, S. 784). Damit birgt es die Gefahr, dass wenn der Rechtsgüterschutz weitere Optimierung im StGB erfährt, der Täter zunehmend als Feind und mit abnehmenden Internbereich bzw. Privatheit definiert wird (vgl. Jakobs 1985, S. 751 und 784). Er argumentiert weiter, dass ''auf diesem Weg [...] alles Strafrecht zum Feindstrafrecht'' wird, bis hin, dass vor einer Kriminalisierung von Gedanken kein Halt gemacht werden müsste (Jakobs 1985, S. 757 und 778).<br>


Um diesem Dilemma zu entgehen, bedarf es seiner Meinung nach einer Trennung des ''Täters als Rechtsgutfeind'' und des ''Täters als Bürger'' und zwar in Form eines extra kodierten Feindstrafrechts, abgetrennt vom Bürgerstrafrecht. Dieses dann ''nur als ein ausnahmsweise geltendes Notstandsstrafrecht'' legitimierbare Recht, würde dann dort seine Anwendung finden, wo Gefahr besteht, dass ''[[Normen]], die für einen freiheitlichen Staat unverzichtbar sind, ihre Geltungskraft verlieren, wenn man mit der [[Repression]] wartet, bis der Täter aus seiner Privatheit heraustritt'' (Jakobs 1985, S. 753 und 784).
Um diesem Dilemma zu entgehen, bedarf es seiner Meinung nach einer Trennung des ''Täters als Rechtsgutfeind'' und des ''Täters als Bürger'' und zwar in Form eines extra kodierten Feindstrafrechts, abgetrennt vom Bürgerstrafrecht. Dieses dann ''nur als ein ausnahmsweise geltendes Notstandsstrafrecht'' legitimierbare Recht, würde dann dort seine Anwendung finden, wo Gefahr besteht, dass ''[[Normen]], die für einen freiheitlichen Staat unverzichtbar sind, ihre Geltungskraft verlieren, wenn man mit der [[Repression]] wartet, bis der Täter aus seiner Privatheit heraustritt'' (Jakobs 1985, S. 753 und 784).<br>


Ist diese Sichtweise noch als rechtsdogmatische Kritik an der bestehenden Rechtsmaterie zu verstehen - wobei er eben kein Verfechter der Rechtsgutlehre (vgl. Greco 2010, S.13 sowie Aponte 2004, S.133) ist, welche die Vorfeldkriminalisierung seiner Meinung nach ermöglicht - folgt er spätestens ab 1999/2000 einer eher affirmativen Sichtweise (vgl. Vormbaum 2009, S. VIII) auf die Möglichkeiten und die Notwendigkeiten eines Feindstrafrechtes.
Ist diese Sichtweise noch als rechtsdogmatische Kritik an der bestehenden Rechtsmaterie zu verstehen - wobei er eben kein Verfechter der Rechtsgutlehre (vgl. Greco 2010, S.13 sowie Aponte 2004, S.133) ist, welche die Vorfeldkriminalisierung seiner Meinung nach ermöglicht - folgt er spätestens ab 1999/2000 einer eher affirmativen Sichtweise (vgl. Vormbaum 2009, S. VIII) auf die Möglichkeiten und die Notwendigkeiten eines Feindstrafrechtes.<br>


Sein 2000 erschienener Kommentar zu einer Tagung in Berlin an der Akademie der Wissenschaft konkretisiert dann diesen Ansatz, aber drastischer, bis dahin, dass ''es zu einem Feindstrafrecht keine heute ersichtliche Alternative'' mehr geben könnte (Jakobs 2000, S. 53).  
Sein 2000 erschienener Kommentar zu einer Tagung in Berlin an der Akademie der Wissenschaft konkretisiert dann diesen Ansatz, aber drastischer, bis dahin, dass ''es zu einem Feindstrafrecht keine heute ersichtliche Alternative'' mehr geben könnte (Jakobs 2000, S. 53).<br>


In seinem 2004 erschienen Aufsatz ''Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht'' leitet er [http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsphilosophie rechtsphilosopisch]unter Zurückgriff auf die Philosophen [http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hobbes T.Hobbes] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant I.Kant] die tradierte Notwendigkeit eines Bürgerstrafrecht - abgetrennt vom Feindstrafrecht - her, gegen die nicht beharrlich und prinzipiell delinquierende Person bzw. eben gegen den prinzipiellen Abweichler (vgl. Jakobs 2004, S.97).
In seinem 2004 erschienen Aufsatz ''Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht'' leitet er [http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsphilosophie rechtsphilosopisch]unter Zurückgriff auf die Philosophen [http://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hobbes T.Hobbes] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant I.Kant] die tradierte Notwendigkeit eines Bürgerstrafrecht - abgetrennt vom Feindstrafrecht - her, gegen die nicht beharrlich und prinzipiell delinquierende Person bzw. eben gegen den prinzipiellen Abweichler (vgl. Jakobs 2004, S.97).<br>


Das [[Verbrechen]] folgt bei Jakobs aus dem Bruch einer Norm, welche in eine praktizierte Ordnung (dem Staat, der Gesellschaft) ihre Gültigkeit besitzt. Solange dem Verbrecher dabei ein ''generell personales Verhalten'' unterstellt werden kann, verliert er nicht seinen Personenstatus, bleibt also Bürger. Derjenige aber, der die bestehende Rechtsordnung prinzipiell leugnet, verliert diesen Status, wird als Feind behandelt (vgl. Jakobs 2004, S.98f.) und wird zur Unperson (Jakobs 2000, S. 53) erklärt.  
Das [[Verbrechen]] folgt bei Jakobs aus dem Bruch einer Norm, welche in eine praktizierte Ordnung (dem Staat, der Gesellschaft) ihre Gültigkeit besitzt. Solange dem Verbrecher dabei ein ''generell personales Verhalten'' unterstellt werden kann, verliert er nicht seinen Personenstatus, bleibt also Bürger. Derjenige aber, der die bestehende Rechtsordnung prinzipiell leugnet, verliert diesen Status, wird als Feind behandelt (vgl. Jakobs 2004, S.98f.) und wird zur Unperson (Jakobs 2000, S. 53) erklärt.>br>


Die Reaktion auf die Tat, also den Normbruch, transformiert oder verkürzt sich dann dann zu einer Reaktion gegen einen Feind, ohne ein kommunikatives Element der Strafe (vgl. Jakobs 2000, S. 50).
Die Reaktion auf die Tat, also den Normbruch, transformiert oder verkürzt sich dann dann zu einer Reaktion gegen einen Feind, ohne ein kommunikatives Element der Strafe (vgl. Jakobs 2000, S. 50).<br>


Der Bruch einer Norm mit ihren externalen Folgen (Bürgerstrafrecht) ist dann nicht notwendig um einen Feind zu stellen, sondern wird mit dem Anspruch des Bürgers auf [[Innere Sicherheit|Sicherheit]] legitimiert (Feindstrafrecht). Sicherheit ist hierbei ein Rechtsgut (vgl. Jakobs 2004, S.106), wobei Jakobs den argumentativen Kreis schließt: ''Wer dem Bürgerstrafrecht seine rechtsstaatliche Eigenschaften - Bändigung der Affekte; Reaktion nur auf externalisierte Taten, nicht auf bloße Vorbereitungen, Achtung der Personalität des Verbrechers im Strafverfahren u.a.m. -, wer ihm also diese Eigenschaften nicht nehmen will, sollte das was man gegen Terroristen tun ''muß'', wenn man nicht untergehen will, anders nennen, eben Feindstrafrecht, gebändigten Krieg'' (Jakobs 2004, S.101).
Der Bruch einer Norm mit ihren externalen Folgen (Bürgerstrafrecht) ist dann nicht notwendig um einen Feind zu stellen, sondern wird mit dem Anspruch des Bürgers auf [[Innere Sicherheit|Sicherheit]] legitimiert (Feindstrafrecht). Sicherheit ist hierbei ein Rechtsgut (vgl. Jakobs 2004, S.106), wobei Jakobs den argumentativen Kreis schließt: ''Wer dem Bürgerstrafrecht seine rechtsstaatliche Eigenschaften - Bändigung der Affekte; Reaktion nur auf externalisierte Taten, nicht auf bloße Vorbereitungen, Achtung der Personalität des Verbrechers im Strafverfahren u.a.m. -, wer ihm also diese Eigenschaften nicht nehmen will, sollte das was man gegen Terroristen tun ''muß'', wenn man nicht untergehen will, anders nennen, eben Feindstrafrecht, gebändigten Krieg'' (Jakobs 2004, S.101).<br>


In seinen Mitteln des gebändigten Krieges, also zur Behandlung des aus dem Personenstatus Exkludierten, wäre der Staat in soweit frei, dass er lediglich Rechte des Eigentums einräumt und in seinem Zwang so zurückhaltend agiert, dass ein späterer Friedensschluss noch möglich sein könnte (vgl. Jakobs 2004, S.97). Dies bedeutet bei ihm, dass die Einführung eines Feindstrafrechtes nicht heißen kann, ''nunmehr sei '"alles'" erlaubt'' und dass man ''über das Erforderliche'' hinausgehen dürfe, so er (Jakobs 2000, S.137).</p>
In seinen Mitteln des gebändigten Krieges, also zur Behandlung des aus dem Personenstatus Exkludierten, wäre der Staat in soweit frei, dass er lediglich Rechte des Eigentums einräumt und in seinem Zwang so zurückhaltend agiert, dass ein späterer Friedensschluss noch möglich sein könnte (vgl. Jakobs 2004, S.97). Dies bedeutet bei ihm, dass die Einführung eines Feindstrafrechtes nicht heißen kann, ''nunmehr sei '"alles'" erlaubt'' und dass man ''über das Erforderliche'' hinausgehen dürfe, so er (Jakobs 2000, S.137).</p>
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