Faisal bin Jaber gegen Bundesrepublik Deutschland: Unterschied zwischen den Versionen

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"Dem folgte das Gericht im Ergebnis nicht. In der mündlichen Urteilsbegründung führte die Vorsitzende Richterin aus, die Kläger könnten sich zwar im Grundsatz auf eine Pflicht der Beklagten zum Schutz von Leib und Leben berufen. Eine solche Pflicht bestehe dann auch gegenüber ausländischen Staatsangehörigen, die im Ausland leben, wenn die Gefährdung vom deutschen Hoheitsgebiet ausgehe. Aus der Schutzpflicht folge aber nicht zwingend die von den Klägern begehrte Handlungspflicht. Vielmehr stehe der Beklagten bei der Erfüllung der Schutzpflicht – gerade wenn außenpolitische  Angelegenheiten betroffen seien – ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Handlungsspielraum zu. Dieser Spielraum umfasse auch die völkerrechtliche Bewertung der Drohnenangriffe und dürfe aus Gründen der Gewaltenteilung gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden. Die Bundesregierung habe auch in jüngerer Vergangenheit regelmäßig darauf gedrungen, dass bei der Nutzung der Air Base Ramstein das deutsche Recht und das Völkerrecht beachtet werden. Dies habe die amerikanische Regierung auch zugesagt. Das Gericht könne aufgrund seiner eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten keine weitergehende Verpflichtung aussprechen.
"Dem folgte das Gericht im Ergebnis nicht. In der mündlichen Urteilsbegründung führte die Vorsitzende Richterin aus, die Kläger könnten sich zwar im Grundsatz auf eine Pflicht der Beklagten zum Schutz von Leib und Leben berufen. Eine solche Pflicht bestehe dann auch gegenüber ausländischen Staatsangehörigen, die im Ausland leben, wenn die Gefährdung vom deutschen Hoheitsgebiet ausgehe. Aus der Schutzpflicht folge aber nicht zwingend die von den Klägern begehrte Handlungspflicht. Vielmehr stehe der Beklagten bei der Erfüllung der Schutzpflicht – gerade wenn außenpolitische  Angelegenheiten betroffen seien – ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Handlungsspielraum zu. Dieser Spielraum umfasse auch die völkerrechtliche Bewertung der Drohnenangriffe und dürfe aus Gründen der Gewaltenteilung gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden. Die Bundesregierung habe auch in jüngerer Vergangenheit regelmäßig darauf gedrungen, dass bei der Nutzung der Air Base Ramstein das deutsche Recht und das Völkerrecht beachtet werden. Dies habe die amerikanische Regierung auch zugesagt. Das Gericht könne aufgrund seiner eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten keine weitergehende Verpflichtung aussprechen.


Zudem sähen die Verträge über die Stationierung befreundeter Streitkräfte im Bundesgebiet nur eine sehr eingeschränkte Einwirkungsmöglichkeit deutscher Behörden auf die Liegenschaftsnutzung durch fremde Truppen vor. Ein zielgerichtetes Einschreiten gegen die Satellitenrelaisstation auf der Air Base Ramstein sei deshalb ausgeschlossen. Ein Anspruch der Kläger auf Kündigung dieser Verträge bestehe offenkundig nicht, zumal durch eine Kündigung zahlreiche vitale und berechtigte außen- und verteidigungspolitische Interessen der Beklagten beeinträchtigt würden".<ref>[http://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/28_150527/index.php Pressemitteilung vom 27.05.2015]</ref>.
Zudem sähen die Verträge über die Stationierung befreundeter Streitkräfte im Bundesgebiet nur eine sehr eingeschränkte Einwirkungsmöglichkeit deutscher Behörden auf die Liegenschaftsnutzung durch fremde Truppen vor. Ein zielgerichtetes Einschreiten gegen die Satellitenrelaisstation auf der Air Base Ramstein sei deshalb ausgeschlossen. Ein Anspruch der Kläger auf Kündigung dieser Verträge bestehe offenkundig nicht, zumal durch eine Kündigung zahlreiche vitale und berechtigte außen- und verteidigungspolitische Interessen der Beklagten beeinträchtigt würden". Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats Berufung eingelegt werden.<ref>[http://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/28_150527/index.php Pressemitteilung vom 27.05.2015]</ref>.
 
==Hintergrundinformation==
* Der Vertreter des Verteidigungsministeriums sagte im Prozess, die USA hätten der Bundesregierung noch kürzlich erneut versichert, dass von amerikanischen Stützpunkten in Deutschland aus Drohnenangriffe weder geflogen noch gesteuert würden.
* In der Vergangenheit gab es mehrfach Medienberichte, wonach US-Stützpunkte in Deutschland an Drohneneinsätzen im Kampf gegen Terror beteiligt seien. Dabei soll Ramstein eine wichtige Rolle spielen, weil das Funksignal über die dortige Satelliten-Relaisstation geleitet werden müsse, um die große Entfernung zwischen den USA und dem Zielort zu überbrücken. "Ohne Deutschland wäre der gesamte Drohnenkrieg des US-Militärs nicht möglich", sagte der ehemalige Drohnenpilot Brandon Bryant vor einem Jahr NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung.<ref>[http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/drohnenkrieg-prozess-ramstein-deutschland-klage-abgewiesen DIE ZEIT vom 27.05.2015]</ref>.
* Eine ausführliche Recherche zum gesamten Komplex hat Matthias Monroy am 22.Juni 2015 auf Netzpolitik.org veröffentlicht<ref>[https://netzpolitik.org/2015/die-nutzung-der-us-basis-ramstein-als-relais-station-fuer-toedliche-drohnenangriffe-eine-faktensammlung/Matthias Monroy: Die Nutzung der US-Basis Ramstein als Relais-Station für tödliche Drohnenangriffe - eine Faktensammlung (mit Ergänzungen]</ref>.
* Die Menschenrechtsorganisationen Reprieve und ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights), die die Klage der Jemeniten unterstützen, sehen die Bundesregierung dagegen in der Verantwortung. "Mit dieser Haltung macht sich Deutschland mitschuldig am Tod von Zivilisten im US-Drohnenkrieg", sagte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck. "Das heutige Urteil erlaubt der Bundesregierung, weiter die Rolle der Ahnungslosen einzunehmen."


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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