Edwin Sutherland: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Weiterentwicklung'''  
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Auf der Grundlage der Erkenntnisse Sutherlands wurde seine Theorie wurde vielfach fortentwickelt. Vor allem durch die Kombination differentiellen Assoziation mit entsprechenden Theorien.
Diese Erkenntnissen wurde vielfach fortgeführt. C. Ray Jeffery und Ronald L. Akers formulieren die "Therorie des sozialen Lernens" indem sie an Sutherland Theorie ankknüpften und die Frage stellten, wie gelernt wird. Sie nehmen dafür auf die Prinzipien Bezug, die die allgemeine Lernpychologie zur Erklärung von Lernvorgängen entwickelt hat.  


sowie auf die von Roland
Die "Therorie der Neutralisationstechniken" von Gresham Sykes und David Matza greift die Frage auf, was gelernt werden muss? Sie knüpft dabei an Sutherlands Begriff der "Rationlalisierung" an, der von Sykes/Matza "Neutralisierung" genannt wird. Die Antwort wird in den subjektiven Rechtsfertigungen (Ausreden), den Neutralisationstechniken gesehen. 


Albert K. Cohen, Richard A. Cloward, und Lloyd E. Ohlin schufen die bedeutende "Theorien vom straffälligen Bandenverhalten" durch die Kombination der "Theorie differentiellen Kontakte" mit Robert K. Mertons "Anomietheorie".  
Ebenso folgten zahlreiche Weiterentwicklungen Sutherlands Theorie mit entsprechenden Theorien. Beispielsweise schufen Albert K. Cohen, Richard A. Cloward, und Lloyd E. Ohlin die "Theorie vom straffälligen Bandenverhalten" durch die Kombination der "Theorie differentiellen Kontakte" mit Robert K. Mertons "Anomietheorie".  


C. Ray Jeffery und Ronald L. Akers formulieren die "Therorie des sozialen Lernens" indem sie an Sutherland Theorie ankknüpften und die Frage stellten, wie gelernt wird. Sie nehmen dafür auf die Prinzipien Bezug, die die allgemeine Lernpychologie zur Erklärung von Lernvorgängen entwickelt hat.


Die "Therorie der Neutralisationstechniken" von Gresham Sykes und David Matza greift die Frage auf, was gelernt werden muss? Sie knüpft dabei an Sutherlands Begriff der "Rationlalisierung" an, der von Sykes/Matza "Neutralisierung" genannt wird. Die Antwort wird in den subjektiven Rechtsfertigungen (Ausreden), den Neutralisationstechniken gesehen. 
=== White Collar Crime ===
=== White Collar Crime ===



Version vom 26. Oktober 2007, 17:39 Uhr

Edwin Hardin Sutherland (* 13. August 1883 in Gibbon (Nebraska); † 11. Oktober 1950 in Bloomington (Indiana) war Soziologe. Er zählt zu den bedeutensten Kriminologen des 20. Jahrhunderts.


Leben

Als Sohn eines College Präsidenten wuchs Sutherland in Ottawa (Kansas) und Grand Island (Nebraska) auf. 1904 erwarb er den B.A.-Grad am Grand Island College. Danach unterrichtete er zunächst für zwei Jahre Latain, Griechisch, Geschichte und Stenographie am Sioux Fall College (South Dakota).

1906 ging Sutherland an die University of Chicago und studierte Soziologie. Es folgte 1913 die Promotion zum Dokor (PhD) der Soziologie und politischen Ökonomie. In dieser Zeit wirkte er an der Ausprägung des ökologischen Ansatz der Chicagoer Schule mit.

Von 1913 - 1919 folgte eine Professor für Soziologie am William Jewell College (Missouri). Anschließend war er von 1919 - 1925 Assistenzprofessor und von 1925 - 1926 Assozierter Professor für Soziologie an der University of Illinois, von 1926 - 1929 Professor der Soziologie an der University of Minnesota, von 1930 - 1935 an der University of Chicago und

Schließlich war er von 1935 - 1945 Dekan der Soziologiefakultät an der Indiana University. Während dieser Zeit veröffentlichte er drei Bücher, "Zwanzig Obdachlose Männer" (1936), "Der Professionelle Dieb" (1937) und die die dritte Auflage der "Grundlagen der Kriminologie" (1939).

Sutherland war Gastprofessor an der University of Kansas (1918), Northwestern University (1922), University of Washington, (1942).

Er begleitete zahlreiche Präsidentenämter, z. B. des "Indiana University Institute of Criminal Law and Criminology" (Indiana Universitätsinstituts für Strafrecht und Kriminologie), der "American Prison Association" (Amerikanischen Gefängnis Vereinigung), der "Chicago Academy of Criminology" (Chicago Akademie der Krimonologie) und der "Sociological Research Association" (Soziologische Forschungsvereinigung).

Sein wohl bedeutsamtetes Amt war das des 29. Präsidenten der der "American Sociological Association" (Amerikanischen Soziologischen Gesellschaft). Bei deren Einführungsrede

Zu seinen Studenten gehörten Albert Cohen, Lloyd Ohlin, Karl Schuessler, sowie Donald Cressey. Letztere entwickelte sein Lehrbuch weiter.

In der Anerkennung seiner, wird jährlich der wichtigste Preis der Amerikanischen Gesellschaft der Kriminologie vergeben, der seinen Namen trägt.


Werk

Allgemein

Sutherlands schärfste Angriffe richteten sich gegen biologische Erklärungen von krimiellen Verhaltens. Voraussetzung von Kriminalität war Lernen, als soziales Produkt, getrennt vom funktionale Bereich von Körper und Geist. In einer Reihe von Buchbesprechungen, die im Zeitraum von 1934 - 1951 veröffentlicht wurden, griff er scharf die mit biologischen Elementen verbunden Theorien unter anderen die von E.A.Hooton, William H. Sheldon, Sheldon und Eleonore Glueck an. Diese Rezensionen waren für Sutherland ein wesentlicher Bestandteil zur Fundamentierung der Kriminalität als soziales Verhalten.

Theorie der differentiellen Kontakte

Inhalt

Die "Theorie der differentiellen Kontakte" wurde ab Ende der 20er Jahre von Sutherland erarbeitet, allerdings erst in den 30er Jahren veröffentlicht.

Sutherland geht davon aus, das kriminelles Verhalten in Interaktion mit anderen Personen in einem Kommunikationsprozess gelernt wird. Aus dieser Annahme erklärt sich der Name der Theorie: Unter Kontakte, die teilweise mit Assoziationen übersetzt werden, sind Kontakte zu anderen Personen bzw. Verhaltensmustern gemeint. Das Erlernen krimineller Verhaltensweisen findet nach Sutherland hauptsächlich in kleinen persönlichen Gruppen statt. Den Medien misst er nur eine relativ unbedeutende Rolle bei der Entstehung kriminellen Verhaltens bei.

Wichtig ist für Sutherland, was gelernt werden muss, damit es zu kriminellem Verhalten kommt. Für ihn schließt das Lernen kriminellen Verhaltens zweierlei ein: das Erlernen der Techniken zur Ausführung des Verbrechens und das Erlernen der spezifischen Richtung von Motiven, Trieben, Rationalisierungen (d. h. verstandesmäßigen Rechtfertigungen) und Attitüden (Einstellungen). Welche spezifische Richtung die Motive und Triebe nehmen, ob sie also mehr zu normkonformem oder zu normabweichendem Verhalten drängen, ist dabei von der Bedeutung abhängig, die die unmittelbare Umgebung des Betreffenden den Rechtsnormen beimisst. Aus diesen Vorüberlegungen leitet Sutherland seine zentrale These ab:

„Eine Person wird delinquent infolge des Überwiegens der die Verletzung begünstigenden Einstellungen über jene, die Gesetzesverletzungen negativ beurteilen.“

Er geht dabei davon aus, dass jeder Mensch sowohl kriminalitätsbegünstigende als auch konformes Verhalten begünstigende Kontakte habe (dies ist mit dem Begriff der „differentiellen“ Kontakte gemeint), und dass es für die Frage, ob ein Mensch selbst kriminell werde, auf das Überwiegen der kriminalitätsbegünstigenden Kontakte ankomme. Welche Art von Kontakten überwiege, sei von der Häufigkeit, Dauer, Priorität und Intensität der Kontakte abhängig.

Kritik

Empirisch ist die Theorie nur schwer zu überprüfen, da Sutherland keine genauen Angaben dazu macht, wie die kriminalitätsbegünstigenden Kontakte beschaffen sein müssen, damit sie die gegenläufigen, konformes Verhalten begünstigenden Kontakte überwiegen. Der vage Hinweis auf „Häufigkeit, Dauer, Priorität und Intensität“ lasst offen, wie sich diese Kategorien zueinander verhalten. Auch in theoretischer Hinsicht ist die Theorie Einwänden ausgesetzt, denn sie lässt offen, wie die kriminalitätsbegünstigenden Kontakte zustande kommen. Sozialstrukturelle Aspekte, wie sie insbersondere von der Anomietheorie thematisiert worden sind, werden von Sutherland vernachlässigt. Zudem fällt es schwer, mit Sutherlands Theorie die Kriminalität von solchen Tätern zu erklären, die allenfalls über geringe Kontakte zum kriminalitätsbegünstigenden Milieu verfügen; angesprochen ist insbesondere der Bereich der Wirtschaftskriminalität, der wesentlich durch rein ökonomische Überlegungen und Gewinnerwartungen geprägt ist. Der gewichtigste Einwand, der sich aus heutiger Sicht gegen Sutherlands Theorie erheben lässt, geht indessen dahin, dass ihr jeder Bezug zu den Prinzipien fehlt, die die allgemeine Lernpsychologie zur Erklärung von Lernvorgängen entwickelt hat. Diesem Einwand trägt erst die erst später entwickelte Theorie des sozialen Lernens von Akers Rechnung.

Weiterentwicklung

Diese Erkenntnissen wurde vielfach fortgeführt. C. Ray Jeffery und Ronald L. Akers formulieren die "Therorie des sozialen Lernens" indem sie an Sutherland Theorie ankknüpften und die Frage stellten, wie gelernt wird. Sie nehmen dafür auf die Prinzipien Bezug, die die allgemeine Lernpychologie zur Erklärung von Lernvorgängen entwickelt hat.

Die "Therorie der Neutralisationstechniken" von Gresham Sykes und David Matza greift die Frage auf, was gelernt werden muss? Sie knüpft dabei an Sutherlands Begriff der "Rationlalisierung" an, der von Sykes/Matza "Neutralisierung" genannt wird. Die Antwort wird in den subjektiven Rechtsfertigungen (Ausreden), den Neutralisationstechniken gesehen.

Ebenso folgten zahlreiche Weiterentwicklungen Sutherlands Theorie mit entsprechenden Theorien. Beispielsweise schufen Albert K. Cohen, Richard A. Cloward, und Lloyd E. Ohlin die "Theorie vom straffälligen Bandenverhalten" durch die Kombination der "Theorie differentiellen Kontakte" mit Robert K. Mertons "Anomietheorie".


White Collar Crime

In einem 1939 gehaltenen Vortrag wies Edwin Sutherland darauf hin, dass Straftaten nicht nur von Unterschicht-, sondern auch von Mittel- und Oberschichtangehörigen begangen würden – den Straftätern mit einem „weißen Kragen“.

Das Verständnis und die Erklärung von Kriminalität seien unvollständig und verzerrt, wenn die Kriminalität dieser Tätergruppe in der Kriminologie nicht berücksichtigt würde.

Als „white collar crime“ bezeichnete Sutherland die Straftaten, die von „Personen mit hohem Status im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit“ begangen würden. Dabei handelte es sich jedoch um keine trennscharfe Definition, sondern eher um ein heuristisches Konzept, das auf die besondere Bedeutung des bis dahin von der Kriminologie vernachlässigten Gegenstandsbereichs aufmerksam machen sollte. Sutherland ging es in erster Linie darum, der Kriminalität der „kleinen Leute“ die Kriminalität der wirtschaftlich und sozial Mächtigen gegenüber zu stellen und damit ein schichtadäquates Gleichgewicht in der kriminologischen Betrachtung herzustellen; die begrifflich-konzeptionelle Durchdringung der Materie war ihm weniger wichtig.

Aus heutiger Sicht ist Sutherlands Bergriffsbestimmung einerseits zu weit geraten, da sie ohne weitere Differenzierung alle Straftaten erfasst, die von den Angehörigen der prestigeträchtigen Berufe begangen werden, auch wenn sie keinen Bezug zum Wirtschaftsleben aufweisen (bspw. den Prozessbetrug eines Rechtsanwaltes oder den strafbaren Kunstfehler eines Arztes). Andererseits ist sie für die vollständige Erfassung der Wirtschaftkriminalität zu eng, da sie mit der Beschränkung auf die Kriminalität der sozial mächtigen Täter diejenigen Täter aus der Betrachtung ausschließt, die in der Unternehmenshierarchie unterhalb der Führungsebene tätig sind und in Ausübung ihres Berufes Delikte mit Bezug zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens begehen (z.B. Bestechlichkeit und Bestechung im mittleren Management). Sutherlands Definition hat sich deshalb in der Kriminologie nicht durchsetzen können.

Neuere Konzepte bemühen sich darum, Wirtschaftskriminalität nicht von der Person her zu definieren (Täter mit „weißem Kragen“), sondern an das Verhalten anzuknüpfen, da einen Vorgang zu einem Gegenstand von wirtschaftskriminologischem Interesse macht. Die neuere amerikanische Kriminologie unterscheidet dabei meist zwischen Straftaten, die im wirtschaftlichen Interesse von Unternehmen und Verbänden begangen werden (corporate crimes), und Straftaten, die aus Eigennutz im Kontext der Berufsausübung begangen werden (occupational crimes).


Bedeutung Sutherlands

Mehrerer seiner Dokoranten wurden einflussreiche Kriminologen, so Donald R. Cressey, Mary Owen Camer, Albert K. Cohen und Karl Schuessler.

Sutherland Auswirkungen auf die Kriminologie waren revolutionär. Am Anfang seiner Laufbahn war die Kriminologie eine schwache Wissenschaft und von mehreren Fachrichtungen beeinflusst. Vor allem ist es ihm zu verdanken, dass die amerikanische Kriminologie heute fest unter soziologischem Einfluss steht.

Edwin H. Sutherland war in der Kriminologie, wie Albert Einstein in der Physik. Er hat eine ganze Disziplin verwandelt.

Literatur

Ausgewählte Werle von Sutherland

Sutherland, Edwin H. (1924) 'Principles of Criminology' Chicago: University of Chicago Press.

Sutherland, Edwin H. (1936) With Locke, H.J. '24,000 Homeless Men' Philadelphia: J.B. Lippincott

Sutherland, Edwin H. (1937) 'The Professional Thief' Chicago: University of Chicago Press.

Sutherland, Edwin H. (1942) `Development of the Theory,' in Karl Schuessler (ed.) Edwin H. Sutherland on Analyzing Crime, pp. 13-29. Chicago: University of Chicago Press.

Sutherland, Edwin H. (1949) 'White Collar Crime' New York: Holt Rinehart and Winston.

Sutherland, Edwin H. (1950) 'The Diffusion of Sexual Psychopath Laws' American Journal of Sociology, Issue 56: pp. 142-8


Quellen

Kaiser G. (1996), Kriminologie. Ein Lehrbuch, 3. Auflage, § 72 Rn. 5

Kunz, in Ackermann, J.B./Donatsch, A./Rehberg, J. (Hrsg.). (2001), Wirtschaft und Strafrecht, Festschrift für Niklaus Schmidt, S. 87 ff.

Sutherland, Edwin H. (1968): Die Theorie der differentiellen Kontakte. In: Sack, Fritz, Rene König, Hrsg. (1968): Kriminalsoziologie. Frankfurt/M.: Akad. Verl. Gesellschaft: S. 395-399

Sutherland/Cressey/Luckenbill (1992), Principles of Criminology, 11. Auflage, S. 88 ff.

Sutherland, ASR 5 (1940), 1 ff.



Weblinks

http://www.asanet.org/page.ww?name=Edwin+H.+Sutherland&section=Presidents

http://www.criminology.fsu.edu/crimtheory/sutherland.html

http://www.indiana.edu/~theory/index2.html

http://www.routledge-ny.com/ref/criminology/sutherland.html