Edwin Sutherland: Unterschied zwischen den Versionen

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'''White Collar Crime (WCC)'''
'''White Collar Crime (WCC)'''


Sutherland prägte 1949 den Begriff "White Collar Crime" (Weiße-Kragen-Kriminalität)und gilt seither als Begründer des Wirtschaftsstrafrechts. Er definierte den Begriff folgendermaßen:
In einem 1939 gehaltenen Vortrag wies Edwin Sutherland darauf hin, dass Straftaten nicht nur von Unterschicht-, sondern auch von Mittel- und Oberschichtangehörigen begangen würden – den Straftätern mit einem „weißen Kragen“.  


"... sozialwidriges, auf persönliche Bereicherung angelegtes Verhalten, das von Personen in Stellungen von sozialem Ansehen innerhalb ihres Berufes dadurch praktiziert wird, dass sie unter gleichzeitiger Voraussetzung des gesetzestreuen Verhaltens aller übrigen Menschen das öffentliche Vertrauen hintergehen."
Das Verständnis und die Erklärung von Kriminalität seien unvollständig und verzerrt, wenn die Kriminalität dieser Tätergruppe in der Kriminologie nicht berücksichtigt würde.  
 
Als „white collar crime“ bezeichnete Sutherland die Straftaten, die von „Personen mit hohem Status im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit“ begangen würden. Dabei handelte es sich jedoch um keine trennscharfe Definition, sondern eher um ein heuristisches Konzept, das auf die besondere Bedeutung des bis dahin von der Kriminologie vernachlässigten Gegenstandsbereichs aufmerksam machen sollte. Sutherland ging es in erster Linie darum, der Kriminalität der „kleinen Leute“ die Kriminalität der wirtschaftlich und sozial Mächtigen gegenüber zu stellen und damit ein schichtadäquates Gleichgewicht in der kriminologischen Betrachtung herzustellen; die begrifflich-konzeptionelle Durchdringung der Materie war ihm weniger wichtig.
 
Aus heutiger Sicht ist Sutherlands Bergriffsbestimmung einerseits zu weit geraten, da sie ohne weitere Differenzierung alle Straftaten erfasst, die von den Angehörigen der prestigeträchtigen Berufe begangen werden, auch wenn sie keinen Bezug zum Wirtschaftsleben aufweisen (bspw. den Prozessbetrug eines Rechtsanwaltes oder den strafbaren Kunstfehler eines Arztes). Andererseits ist sie für die vollständige Erfassung der Wirtschaftkriminalität zu eng, da sie mit der Beschränkung auf die Kriminalität der sozial mächtigen Täter diejenigen Täter aus der Betrachtung ausschließt, die in der Unternehmenshierarchie unterhalb der Führungsebene tätig sind und in Ausübung ihres Berufes Delikte mit Bezug zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens begehen (z.B. Bestechlichkeit und Bestechung im mittleren Management). Sutherlands Definition hat sich deshalb in der Kriminologie nicht durchsetzen können.
 
Neuere Konzepte bemühen sich darum, Wirtschaftkriminalität nicht von der Person her zu definieren (Täter mit „weißem Kragen“), sondern an das Verhalten anzuknüpfen, da einen Vorgang zu einem Gegenstand von wirtschaftskriminologischem Interesse macht. Die neuere amerikanische Kriminologie unterscheidet dabei meist zwischen Straftaten, die im wirtschaftlichen Interesse von Unternehmen und Verbänden begangen werden (corporate crimes), und Straftaten, die aus Eigennutz im Kontext der Berufsausübung begangen werden (occupational crimes).




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