Ebracher Knast-Camp: Unterschied zwischen den Versionen

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Anlass für das Knast-Camp war die Inhaftierung des 22-jährigen Münchner Studenten und SDS-Mitglieds Reinhard Wetter, der wegen Aufruhrs und Landfriedensbruchs zu 9 Monaten Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Nach einem Monat Haft in der JVA Stadelheim/München wurde er in die Jugendstrafanstalt in Ebrach verlegt, wo er noch sechs Monate seiner Strafe verbüßte.  
Anlass für das Knast-Camp war die Inhaftierung des 22-jährigen Münchner Studenten und SDS-Mitglieds Reinhard Wetter, der wegen Aufruhrs und Landfriedensbruchs zu 9 Monaten Gefängnisstrafe verurteilt worden war. Nach einem Monat Haft in der JVA Stadelheim/München wurde er in die Jugendstrafanstalt in Ebrach verlegt, wo er noch sechs Monate seiner Strafe verbüßte.  


Bereits am 15. Mai 1969 kamen etwa 80 Menschen nach Ebrach, um Reinhard Wetter mit Holzbohlen und Rammböcken aus der Justizvollzugsanstalt symbolisch zu befreien.<ref>Carini: ''Fritz Teufel: Wenn's der Wahrheitsfindung dient.'' 2003, S.138</ref> Nach den unbefriedigenden Ergebnissen dieses Aktionstages plante man für die Woche vom 15. bis 21. Juli 1968 eine zweite, größere Veranstaltung in Ebrach.
Bereits am 15. Mai 1969 kamen etwa 80 Menschen nach Ebrach, um Reinhard Wetter mit Holzbohlen und Rammböcken symbolisch aus der Justizvollzugsanstalt zu befreien.<ref>Carini, Marco: ''Fritz Teufel: Wenn's der Wahrheitsfindung dient.'' 2003, S.138</ref> Nach den unbefriedigenden Ergebnissen dieses Aktionstages plante man für die Woche vom 15. bis 21. Juli 1968 eine zweite, größere Veranstaltung in Ebrach.


== Organisatoren ==
== Organisatoren ==
Die Initiative für das Knast-Camp ging von Fritz Teufel aus, dessen Mitbewohner Reinhard Wetter war. Nach der missglückten Solidaritätsaktion vom 15. Mai 1969 organisierte seine Münchner Kommune "Wacker Einstein" zusammen mit der Münchner Rechtshilfe der APO das Ebracher Knast-Camp.
Die Initiative für das Knast-Camp ging von Fritz Teufel aus, dessen Mitbewohner Reinhard Wetter war. Nach der missglückten Solidaritätsaktion vom 15. Mai 1969 organisierte seine Münchner Kommune "Wacker Einstein" zusammen mit der Münchner Rechtshilfe der APO das Ebracher Knast-Camp.
Als lokale Mitveranstalter trat der Bamberger Politladen "Smash" auf. Um diesmal mehr Aktivisten nach Ebrach zu locken, nahm Teufel zu den Mitgliedern seiner ehemaligen Berliner Kommune 1 Kontakt auf.<ref>Kohn, Werner (''In Bamberg war der Teufel los: k(l)eine 68er Apologie : ein Collage aus mehre oder weniger zufälligen Makulatur-, Flug- und Volksblättern, Gesprächsfetzen und Momentaufnahmen.''Bamberg. 1993. S.112</ref>  "Der Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen", wie sich die Gruppe um die ehemaligen Kommune 1-Mitglieder Dieter Kunzelmann,Thomas Weisbecker oder Ingrid "Ina" Siepmann in der Zwischenzeit nannte, mobilisierte weitere APO-Aktivisten aus Berlin.
Als lokale Mitveranstalter trat der Bamberger Politladen "Smash" auf. Um diesmal mehr Aktivisten nach Ebrach zu locken, nahm Teufel zu den Mitgliedern seiner ehemaligen Berliner Kommune 1 Kontakt auf.<ref>Kohn, Werner ''In Bamberg war der Teufel los: k(l)eine 68er Apologie : ein Collage aus mehre oder weniger zufälligen Makulatur-, Flug- und Volksblättern, Gesprächsfetzen und Momentaufnahmen.''Bamberg. 1993. S.112</ref>  "Der Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen", wie sich die Gruppe um die ehemaligen Kommune 1-Mitglieder Dieter Kunzelmann,Thomas Weisbecker oder Ingrid "Ina" Siepmann in der Zwischenzeit nannte, mobilisierte weitere APO-Aktivisten aus Berlin.


== Beteiligte ==
== Beteiligte ==
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===Donnerstag, 17. Juli 1969===
===Donnerstag, 17. Juli 1969===
Am Vormittag zogen kleinere Gruppen durch die Stadt und verteilten ein Solidaritätsflugblatt mit dem Aufruf "Schüler, Lehrlinge, Jungarbeiter, zerschlagt den Terror", dass die Schülergruppe des Bamberger Franz-Ludwig-Gymnasiums verfasst hatte.<ref>Kohn, Werner (''In Bamberg war der Teufel los: k(l)eine 68er Apologie : ein Collage aus mehre oder weniger zufälligen Makulatur-, Flug- und Volksblättern, Gesprächsfetzen und Momentaufnahmen.''Bamberg. 1993. S.72</ref>  
Am Vormittag zogen kleinere Gruppen durch die Stadt und verteilten ein Solidaritätsflugblatt mit dem Aufruf "Schüler, Lehrlinge, Jungarbeiter, zerschlagt den Terror", dass die Schülergruppe des Bamberger Franz-Ludwig-Gymnasiums verfasst hatte.<ref>Kohn, Werner ''In Bamberg war der Teufel los: k(l)eine 68er Apologie : ein Collage aus mehre oder weniger zufälligen Makulatur-, Flug- und Volksblättern, Gesprächsfetzen und Momentaufnahmen.''Bamberg. 1993. S.72</ref>  
Im Bamberger Gefängnis in der Sandstraße waren unterdessen drei Richter, zwei Staatsanwälte und zwei Kriminalbeamte mit der Vernehmung der Festgenommenen beschäftig. Als ab 14.00 Uhr die Haftprüfungstermine begannen, waren bereits über 100 APO-Sympathisanten vor dem Gefängnis versammelt. Jeder, der aus dem Gefängnistor in die Freiheit kam, wurde mit lautem Beifall empfangen.
Im Bamberger Gefängnis in der Sandstraße waren unterdessen drei Richter, zwei Staatsanwälte und zwei Kriminalbeamte mit der Vernehmung der Festgenommenen beschäftig. Als ab 14.00 Uhr die Haftprüfungstermine begannen, waren bereits über 100 APO-Sympathisanten vor dem Gefängnis versammelt. Jeder, der aus dem Gefängnistor in die Freiheit kam, wurde mit lautem Beifall empfangen.
Am frühen Abend zogen sich die Camp-Teilnehmer zum großen Teil wieder aus Bamberg zurück. In einem Konvoi von 20 Fahrzeugen, die mit Plakate bestückt waren, die zu einer Demonstration in Ebrach am 19. Juli aufriefen, fuhr man wieder nach Füttersee auf die Wiese. Dort verbrachte man - im Freien kampierend und von "Bereitschaftspolizei umzingelt"<ref>''Der Spiegel.'' Nr.37/1969, S. 62</ref> - die Nacht.
Am frühen Abend zogen sich die Camp-Teilnehmer zum großen Teil wieder aus Bamberg zurück. In einem Konvoi von 20 Fahrzeugen, die mit Plakate bestückt waren, die zu einer Demonstration in Ebrach am 19. Juli aufriefen, fuhr man wieder nach Füttersee auf die Wiese. Dort verbrachte man - im Freien kampierend und von "Bereitschaftspolizei umzingelt"<ref>''Der Spiegel.'' Nr.37/1969, S. 62</ref> - die Nacht.
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