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Eine neue Vorstellung von den Zielen der Freiheitsstrafe erfordert auch eine neue Organisationsform und Infrastruktur. In den vorgeschlagenen Hafthäusern leben maximal drei Gruppen à zehn Personen. Dabei ist die richtige Differenzierung von zentraler Bedeutung. Die Ausgestaltung der Haft erfolgt entsprechend den Empfehlungen des UNO-Instituts für soziale Verteidigung (UNSDRI) aus dem Jahre 1975 - auch in einem solchen überschaubaren Rahmen, um eine stärkere Ausrichtung der Haft an der Reintegration zu ermöglichen.
Eine neue Vorstellung von den Zielen der Freiheitsstrafe erfordert auch eine neue Organisationsform und Infrastruktur. In den vorgeschlagenen Hafthäusern leben maximal drei Gruppen à zehn Personen. Dabei ist die richtige Differenzierung von zentraler Bedeutung. Die Ausgestaltung der Haft erfolgt entsprechend den Empfehlungen des UNO-Instituts für soziale Verteidigung (UNSDRI) aus dem Jahre 1975 - auch in einem solchen überschaubaren Rahmen, um eine stärkere Ausrichtung der Haft an der Reintegration zu ermöglichen.
UNSDRI 1975: "Große Strafanstalten können nicht auf Managementprozesse und Standardisierung verzichten. Alles, vom Essen bis zur Entspannung, muss in den Zeitplan aufgenommen werden. Die individuelle Wahl muss der Planung weichen. Die anonyme Atmosphäre in diesen großen Strafanstalten weckt Gefühle von Ohnmacht und Sinnlosigkeit, von Bitterkeit und Isolation. Die Institutionen betonen die Ablehnung derjenigen, denen sie zur Reintegration dienen, durch die Außenwelt. Sie tun also das Gegenteil von dem, was sie versuchen zu tun."


Im Gegensatz zu den derzeitigen Gefängnissen mit ihren Prinzipien der Schließung und Isolation sind die Hafthäuser als Einladung an die Inhaftierten konzipiert, sich als Teil der Gesellschaft zu begreifen und zu entwickeln. Das fängt mit dem Treffen von Vereinbarungen über die Modalitäten des Zusammenwohnens an (Reinigung, Kochen etc.), hört damit aber nicht auf, zumal die Häuser auch für Familienangehörige, Sozialarbeiter sowie die von Taten Betroffenen und deren Familien zugänglich sind.
Im Gegensatz zu den derzeitigen Gefängnissen mit ihren Prinzipien der Schließung und Isolation sind die Hafthäuser als Einladung an die Inhaftierten konzipiert, sich als Teil der Gesellschaft zu begreifen und zu entwickeln. Das fängt mit dem Treffen von Vereinbarungen über die Modalitäten des Zusammenwohnens an (Reinigung, Kochen etc.), hört damit aber nicht auf, zumal die Häuser auch für Familienangehörige, Sozialarbeiter sowie die von Taten Betroffenen und deren Familien zugänglich sind.


Eine dritte Säule neben der ''Übersichtlichkeit'' (dem "Kleinen") und der ''Differenzierung'' ist die Verankerung des Strafvollzugs in der Gesellschaft. Die Hafthäuser versuchen auch, einen sozialen und wirtschaftlichen Beitrag zu den Wohnquartieren zu leisten, in denen sie sich befinden. So können Häftlinge beispielsweise ihr Küchendiplom in einem Sozialrestaurant erwerben oder das Obst und Gemüse aus ihrem Gemüsegarten sozial verkaufen. Auf diese Weise bereitet eine sinnvolle Inhaftierung auch auf das Leben danach vor. Dieser Rahmen bietet nicht nur dauerhafte Lösungen für Häftlinge und professionelle Helfer an, sondern ermöglicht auch eine differenziertere Sicht auf "Abweichungen" überhaupt.
Eine dritte Säule neben der ''Übersichtlichkeit'' (dem "Kleinen") und der ''Differenzierung'' ist die Verankerung des Strafvollzugs in der Gesellschaft. Die Hafthäuser versuchen auch, einen sozialen und wirtschaftlichen Beitrag zu den Wohnquartieren zu leisten, in denen sie sich befinden. So können Häftlinge beispielsweise ihr Küchendiplom in einem Sozialrestaurant erwerben oder das Obst und Gemüse aus ihrem Gemüsegarten sozial verkaufen. Auf diese Weise bereitet eine sinnvolle Inhaftierung auch auf das Leben danach vor. Dieser Rahmen bietet nicht nur dauerhafte Lösungen für Häftlinge und professionelle Helfer an, sondern ermöglicht auch eine differenziertere Sicht auf "Abweichungen" überhaupt.
== Zitate von Hans Claus ==
"Natürlich braucht man den Zeitgeist, um etwas zu verändern. Das Gefängnis wird sich nicht von selbst entwickeln, aber ich sehe, dass in vielen Bereichen ein Übergang stattfindet. Eine Rückkehr in den kleinen Rahmen ist heute überall in der Gesellschaft zu beobachten. Und es gibt nichts, was für den kleinen Maßstab besser geeignet ist, als die Vollstreckung der Strafe, die dem Menschen so nah wie möglich ist. Dies ist auch für die Opfer von Vorteil. Was der Täter während seiner Haft genau tut, muss den (Familienangehörigen der) Opfer bekannt sein. Das ist viel besser als eine blinde, versteckte und groß dimensioneirte Inhaftierung. Als Opfer steht man in der Kälte und hat viele Fragen."
"Ein Mensch ist ein räumliches Wesen und ein Gefängnis ist ein Raum. Wenn du also ein anderes Gefängnis willst, brauchst du ein anderes Gebäude. Du musst die grundlegende Form ändern. Und das ist es, was den heutigen Gefängnissen fehlt."
"Sehr oft kopieren Menschen die Gesellschaft im Gefängnis, aber so funktioniert das nicht; man muss sich auf die unmittelbare Umgebung einlassen, damit eine solche Inhaftierung auch in dieser Umgebung akzeptiert wird."
*[https://detoekomstmakers.be/2018/04/11/hans-claus-pleit-met-detentiehuizen-voor-kleinschaligheid-in-de-strafuitvoering/ Maarten Vanhee (2018) Hans Claus Pleit met Detentiehuizen voor kleinschaligheid in de Strafuitvoering]
"Unsere Gefängnisse, wie wir sie heute kennen, sind veraltet. Sie sind ein typisches Produkt der Industriegesellschaft. Eine solche befestigte Burg, was ist das außer der Massenproduktion von Zellen für einsame Isolation? Aber einsame Isolation funktioniert nicht, das ist durch unsere heutigen Kenntnisse über die Psyche des Menschen bewiesen. Darüber hinaus ist unsere Gesellschaft viel komplexer geworden. Die Gefangenen sind besser ausgebildet und informiert, und sie sind in vielerlei Hinsicht Teil des Gemeinschaftslebens. Die Vorstellung eines Allheilmittels - und dann noch durch Isolation - ist einfach anachronistisch. Jeder in der Justiz weiß das. Jeder weiß auch, dass die Zeit reif ist ...Alle beteiligten Parteien und alle entscheidenden Parteien wissen, dass konstruktive Veränderungen notwendig sind. Es hat keinen Sinn, weiter zu bauen, wie wir es seit Jahrzehnten getan haben. Und der Bau von noch mehr Gefängnissen nach der Architektur des 19. Jahrhunderts, wie es bisher der Fall war, ist ein Zeichen des Fiaskos."
"Was wollen wir von Sträflingen? Dass sie besser werden, dass sie mit den Fehlern und auch den Gaben, die sie haben, in der Lage sind, ein Leben zu führen, in dem sie niemandem mehr schaden und zu einer besseren Gesellschaft beitragen. In einer Fabrik voller Gefangener wirst du dieses Ergebnis nicht erreichen. Im Gegenteil, du machst die Dinge noch schlimmer. Das ist nichts Neues."
"Gefangene, die nicht auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereitet sind, sind nur teuer, das haben wir berechnet."
"Eine der vielen Folgen davon ist, dass jeder Gefangene sowohl Angreifer als auch Beute ist. Niemand vertraut niemandem. Dies ist kein Biotop, das zur Erholung oder zum Ein- und Aussteigen einlädt. In einem solchen Umfeld baut ein Häftling eine subkulturelle Macht auf, schon allein um des reinen Überlebens willen. Er will die Macht unter den Gefangenen. Und wie bekommt er es? Indem man das System tritt, das ihn einsperrt. Danach ergreift das System Disziplinarmaßnahmen gegen den Häftling. Und der Gefangene wird noch aggressiver reagieren.
Diesen Teufelskreis nachhaltig durchbrechen zu wollen, ist keine Angelegenheit der Rechten oder Linken. Es ist eine Frage des Realismus. In fast allen Fällen ist die Inhaftierung eine vorübergehende Angelegenheit. Wir müssen an dem arbeiten, was nach der Inhaftierung kommt."


== Aktivitäten==
== Aktivitäten==
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== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
 
*[[Hans Claus]] (in: Krimpedia)
*[[Rescaled]] (in: Krimpedia)
*[[Rescaled]] (in: Krimpedia)
*[https://rondomprison.wordpress.com/2018/01/29/vrijheidsberoving-anno-2018/ Rondom Prison 29 Jan 2018  Vrijheidsberoving anno 2018]
*[https://rondomprison.wordpress.com/2018/01/29/vrijheidsberoving-anno-2018/ Rondom Prison 29 Jan 2018  Vrijheidsberoving anno 2018]
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*[https://www.nytimes.com/2019/03/15/movies/matthias-schoenaerts-the-mustang.html Shattuck, Kathryn (2019) Matthias Schoenaerts Knows You’re Ogling Him. But He Has Grander Goals, Too. NYT 15 March 2019]
*[https://www.nytimes.com/2019/03/15/movies/matthias-schoenaerts-the-mustang.html Shattuck, Kathryn (2019) Matthias Schoenaerts Knows You’re Ogling Him. But He Has Grander Goals, Too. NYT 15 March 2019]
*Vander Beken, Tom (2016) The Role of Prison in Europe. Travelling in the Footsteps of John Howard. London.
*Vander Beken, Tom (2016) The Role of Prison in Europe. Travelling in the Footsteps of John Howard. London.
[[Kategorie:Strafvollzug]]
[[Kategorie:Verein]]
[[Kategorie:Belgien]]